85. Kiezspaziergang am 10.1.2009
Vom Rathaus Wilmersdorf zur Lindenkirche
Bürgerdienste-Stadtrat Joachim Krüger
Treffpunkt: Vor dem Rathaus Wilmersdorf, Fehrbelliner Platz 4
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 85. Kiezspaziergang. Mein Name
ist Joachim Krüger. Ich bin im Bezirksamt
Charlottenburg-Wilmersdorf für die Abteilung Bürgerdienste,
Ausbildungsförderung und Personal verantwortlich. Da
Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen sich noch im Urlaub
befindet, habe ich gerne den heutigen Kiezspaziergang
übernommen. Unser Ziel ist heute die Lindenkirche, wo wir uns
aufwärmen können. Aber nicht nur das: Die Küsterin, Frau
Zwank, hat uns eingeladen. Sie wird uns ihre Kirche vorstellen.
Und sie wollte Kaffee und Kuchen und einen Organisten für uns
organisieren. Wir dürfen also gespannt sein.
Bevor wir beginnen will ich Ihnen aber wie gewohnt mitteilen,
wo der Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang sein wird,
den dann wieder Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen
übernehmen wird. Der 86. Kiezspaziergang am 14. Februar wird
einen Überblick über die Museen am Schloss Charlottenburg
geben. Unter der Bezeichnung “Museen und Sammlung am
Schloss Charlottenburg” haben sich vor kurzem insgesamt
11 Museen zusammengeschlossen und einen gemeinsamen Flyer
herausgegeben.
Dazu gehören das Museum Berggruen, die Sammlung
Scharf-Gerstenberg, das Bröhan-Museum, das Schloss
Charlottenburg, die Villa Oppenheim und das Museum
Charlottenburg-Wilmersdorf (Heimatmuseum). Die
Museumslandschaft rund um das Schloss Charlottenburg ist
vielfältig und attraktiv. Sie kann sich neben der Museumsinsel
im Bezirk Mitte als zweites großes kulturelles Zentrum Berlins
sehen lassen.
Der Treffpunkt für diesen Kulturspaziergang ist am Samstag,
dem 14. Februar, um 14.00 Uhr in der Eingangshalle des
Rathauses Charlottenburg am U-Bahnhof Richard-Wagner-Platz. Und
wer von Ihnen schon lange nicht mehr im Rathaus war, der wird
staunen, denn es ist neu renoviert, und mit hellen Wänden
wirkt es viel freundlicher und angenehmer als zuvor.
Fehrbelliner Platz
Der Fehrbelliner Platz wurde 1892 benannt nach dem Ort
Fehrbellin im Neuruppiner Land. Passend zum Hohenzollerndamm
und zur Brandenburgischen Straße, die sich hier kreuzen,
handelt es sich dabei um den Ort, an dem eine entscheidende
Schlacht der preußischen Geschichte stattfand: In der Schlacht
bei Fehrbellin besiegte 1675 Kurfürst Friedrich Wilhelm mit
seinen brandenburgischen Reitern die schwedische Armee unter
Feldmarschall Wrangel. Dadurch wurde die Mark Brandenburg von
der schwedischen Besatzung befreit, und Friedrich Wilhelm
erhielt den Beinamen “Großer Kurfürst”.
Seit 1904 plante die extrem schnell wachsende Stadt Wilmersdorf auf dem Gelände des heutigen Parkplatzes am Parkcafé ein neues Rathaus. Das alte Wilmersdorfer Rathaus an der Gasteiner Straße Ecke Sigmaringer Straße war zu klein geworden. Es gab zwei Architekturwettbewerbe mit ersten Preisen. Das neue Rathaus sollte einen hohen Turm erhalten, höher als der Turm des Rathauses Schöneberg, das 1911-14 gebaut wurde. Die Wilmersdorfer Stadtherren aber waren zu langsam. Der Erste Weltkrieg machte schließlich einen Strich durch die Rathausplanung. Sie wurde nie realisiert.
1913 wurde hier der U-Bahnhof eröffnet. Aber das Gelände ringsherum war unbebaut. Nur Laubenkolonien und ein großer Sportplatz befanden sich hier. 1920-25 wurde der Preußenpark angelegt, und die Randbebauung des Platzes begann 1923 mit dem ersten Verwaltungsgebäude der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte an der Ruhrstr. 1-2, 1930 wurde es erweitert um den Bau an der Ruhrstr. 3. Alle anderen großen Verwaltungsgebäude am Platz wurden in den 30er Jahren gebaut. Vor allem der Fassadenschmuck zeigt teilweise noch die Vorlieben der nationalsozialistischen Bauherren.
Fehrbelliner Pl. Nr.1 wurde 1936 als Karstadt-Kontorhaus gebaut, 1963 zog hier das neu geschaffene Landesverwaltungsamt ein und ist bis heute an diesem Standort geblieben.
1954/55 bauten Werry Roth und Richard von Schuberth im Anschluss an dieses Gebäude an der Württembergischen Straße das Hochhaus für den Bausenat, der bis heute hier residiert, allerdings jetzt unter dem Namen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.
Fehrbelliner Platz Nr.2 wurde 1939 von Otto Firle für die Nordstern-Versicherung gebaut, 1939-45 war hier außerdem die Reichsstelle für Milch- und Fettwirtschaft untergebracht, in der Nachkriegszeit die Senatsverwaltung für Inneres. Nach deren Umzug in die Klosterstraße in Mitte übernahm die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung das Gebäude.
Fehrbelliner Platz Nr.3 wurde 1938 von der Reichsbaudirektion als Reichsgetreidestelle errichtet, in der Nachkriegszeit wurden verschiedene Bundesinstitutionen darin untergebracht, zum Beispiel das Gesamtdeutsche Institut. Heute befindet sich darin ein Teil des Bundesarchivs und das Hauptzollamt für Prüfungen.
Das Haus am Fehrbelliner Platz Nr.4 wurde nicht als Rathaus
gebaut. Das können Sie schon daran erkennen, dass es keinen
Turm hat. Wilmersdorf war einer der wenigen Bezirke Berlins
ohne Rathausturm. Das Haus wurde 1940 als letztes großes
Verwaltungsgebäude von der Deutschen Arbeitsfront
(DAF) in Auftrag gegeben und mitten
im Zweiten Weltkrieg 1941-43 von A. Remmelmann gebaut. Es
sollte die DAF-Zentrale nebenan am
Hohenzollerndamm 177 ergänzen.
Bei Fertigstellung zog aber nicht die DAF ein, sondern das Haus wurde als
Dienstgebäude für das Oberkommando des Heeres
requiriert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus 1945 von den Briten
beschlagnahmt und als Hauptquartier eingerichtet. 1954 zog hier
das Rathaus Wilmersdorf ein, die Briten bezogen ihr neues
Hauptquartier beim Olympiastadion.
Noch bis zum 28.02.2009 zeigt die Kommunale Galerie im Rundhof des Rathauses die Installation “vorübergehend gemietet” von Hein Spellmann. Er ist von Haus aus Objektkünstler. Seit gut 10 Jahren befasst er sich mit Häuserfronten. Er fotografiert Details der Fassaden, vorwiegend Fenster und entwickelt sie in seinem Atelier zu dreidimensionalen Bildobjekten. Mit seiner Installation hier im Rundhof greift er ein weiteres architektonisches Thema auf. Um die winterliche Verschalung des Brunnens im Innenhof hat Spellmann eine zweite Schalenform mit grobem gehacktem Brennholz zu einer ordentlichen, runden Miete aufgeschichtet. Sie bedeckt die erste Schalenform und hat einen etwa 3-4 m großen Durchmesser. Hein Spellmann meint dazu: “Die ländliche Holzmiete passt bildlich hervorragend in die kalte Jahreszeit, wärmt und vermittelt auch ein Stück Natur an diesem städtischen Ort. Der Holzstapel ist temporär, funktional, das Holz wird gut abgelagert, bevor die warme Zeit wieder anbricht, ist die Miete verschwunden. Aus der letzten Verschalung wird der Brunnen wieder neu ans Licht gebracht.”
Fehrbelliner Platz Nr.5 Deutsche Rentenversicherung Bund
Am 7.8.1953 wurde die Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte als personell stärkste Bundesbehörde mit Sitz in
Berlin eröffnet. Natürlich war das ein Politikum und ein
wichtiges Zeichen für die Zugehörigkeit West-Berlins zur
Bundesrepublik Deutschland. In den folgenden Jahren
vergrößerte sich die BfA mit einer Reihe von Neubauten am
Fehrbelliner Platz und in seiner Umgebung. Das Hauptgebäude
hier am Fehrbelliner Platz 5 wurde 1970-73 von Jan und Rolf
Rave gebaut. Weil es in den 70er Jahren üblich war, wurden in
diesem Bau auf fast allen Etagen Großraumbüros
eingerichtet.
Inzwischen trägt er nicht mehr das BfA-Logo, sondern das neue
Logo der Deutschen Rentenversicherung Bund, so der neue Name
der früheren Bundesanstalt für Angestellte. Derzeit wird das
gesamte Gebäude etagenweise komplett saniert. Es ist übrigens
das einzige Gebäude der Deutschen Rentenversicherung Bund mit
Großraumbüros. In diesem Haus ist unter anderem das
Rechenzentrum und in den unteren Etagen ist das Vortragszentrum
untergebracht. Hier werden zum Beispiel die Rentenbescheide
gedruckt.
U-Bahnhof
In den 60er Jahren wurde der U-Bahnhof zum Kreuzungsbahnhof der
U-Bahnlinien 1 und 7 umgebaut. 1967-72 baute Rainer Gerhard
Rümmler den neuen Eingangspavillon mit der knallroten
Keramikfliesenverkleidung im Kontrast zu den
Verwaltungsgebäuden ringsum. Der gesamte Bahnhof wurde 1999
saniert.
Vor allem die unterirdische Ebene wurde komplett umgebaut und
mit einem Einkaufszentrum ausgestattet.
Die Sieben Schwaben von dem Bildhauer Hans-Georg Damm wurden
1978 auf dem Mittelstreifen des Hohenzollerndamms aufgestellt.
Parkcafé und Trödelmarkt
Vor einigen Jahren wurde der stadtbekannte Trödelmarkt auf dem
Parkplatz vor dem Preußenpark geschlossen und stattdessen das
Parkcafé eröffnet. Inzwischen gibt es hier samstags und
sonntags von 10 bis 16 Uhr auch wieder einen wenn auch etwas
kleineren Trödelmarkt. Aber das Parkcafé hat sich etabliert,
und jetzt ergänzen sich Trödelmarkt und Parkcafé ganz gut.
Hohenzollerndamm 174-177
1930-35 baute Emil Fahrenkamp das Gebäude im Stil der Neuen
Sachlichkeit als Haus des deutschen Versicherungskonzerns. Es
wurde nach der Fertigstellung 1935 von der Deutschen
Arbeitsfront (DAF) übernommen. Die
geschwungene Front ist ein Teil der ursprünglich sehr viel
größer geplanten kreisförmigen Anlage des Fehrbelliner
Platzes.
Viele kennen das Gebäude noch als
“Riverboat”-Haus, weil hier im obersten Geschoss
bis in die 70er Jahre eine stadtbekannte Diskothek gleichen
Namens untergebracht war.
Kommunale Galerie
1974 zog hier die Kommunale Galerie ein, die inzwischen über
großzügige Ausstellungsflächen verfügt. Am 1. Februar, um
12.00 Uhr wird die Kommunale Galerie nach einer halbjährigen
Umbaupause mit gleich drei Ausstellungen neu eröffnet. Seit
der Gründung vor 34 Jahren war es die erste Sanierung und
Renovierung. Eine neue Treppe wurde eingebaut, und die Räume
sind jetzt noch großzügiger und besser geeignet zur
Präsentation unterschiedlichster Ausstellungen. Die neu
gestalteten Ausstellungsräume werden auf zwei Ebenen mit 15
bis 20 Ausstellungen im Jahr ein Forum für die Präsentation
aktueller Strömungen der Kunst aus Berlin und weiteren
Partnerinstitutionen aus Deutschland und Europa sein. Die
Eröffnungsausstellungen widmen sich den Themenkomplexen Stadt
im Wandel und Leben in den Städten im Zeitalter der
Globalisierung.
Neben der Galerie gibt es das Theater Coupé, das vor allem von
freien Gruppen für Aufführungen genutzt wird.
Bürgeramt
Seit 2003 befindet sich in dem Haus eines der Bürgerämter
unsers Bezirks. Vor einigen Tagen war in der Berliner Woche
folgender Leserbrief von Herrn Hans-Joachim Kitzerow zu
lesen:
“Ich rief das Bürgeramt am Hohenzollerndamm an. Eine
nette Stimme meldete sich: “Was kann ich für Sie
tun?” Ich sagte, dass mein Personalausweis und mein
Reisepass demnächst ablaufen und fragte nach einem Termin.
Gegenfrage: “Wann möchten Sie denn kommen? Dienstag,
Mittwoch, Donnerstag?”
Wir einigten uns auf Mittwoch, 11 Uhr. Mit dem Hinweis, die
gültigen Papiere und zwei biometrische Passbilder und Geld
oder EC-Karte mitzubringen, wünschte mir die Dame noch einen
schönen Tag, was ich gern erwiderte. Am Mittwoch meldete ich
mich am Tresen. Eine Dame prüfte meine Passbilder und leitete
mich zum Platz 12. Dort wurde ich schon erwartet. Die Formalien
waren schnell und gekonnt erledigt. So geht es also auch!
Glückwunsch, liebe Mitarbeiter vom Bürgeramt
Wilmersdorf!”
Soweit der Leserbriefschreiber, Herr Kitzerow. Dem habe ich
glücklicherweise nichts hinzuzufügen.
Im obersten Stockwerk befindet sich das PC-Center der Volkshochschule City West. Außerdem betreibt dort die Künstlervereinigung Kulturplus e.V. in den ehemaligen Räumen der Diskothek Riverboat neun Künstlerateliers. 1995/6 wurden die Räume aus Mitteln des Ateliersofortprogramms zu Ateliers umgebaut, die über den Atelierbeirat der Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten vergeben wurden. 2005/6 hat der Verein kulturplus e.V. die Räume übernommen.
Julius-Morgenroth-Platz
Der Platz vor dem Haus wurde 1996 nach Julius Morgenroth
benannt. Diese Platzbenennung war das Ergebnis einer
jahrelangen Auseinandersetzung in der Wilmersdorfer
BVV über Straßennamen in Grunewald.
Dort war 1938 die Morgenrothstraße von den Nationalsozialisten
in Dünkelbergsteig umbenannt worden. Eine Rückbenennung war
nicht möglich. Schließlich wurde als Kompromiss dieser Platz
nach dem jüdischen Arzt und Bakteriologen Julius Morgenroth
benannt.
Auf dem Platz werden von der Kommunalen Galerie Skulpturen ausgestellt.
Die überlebensgroße Figur des kroatischen Dichters, Philosophen und Humanisten Marko Marulic wurde dem Bezirk von der kroatischen Stadt Split geschenkt zum 30jährigen Bestehen der Partnerschaft im Jahr 2000. Marulic lebte von 1450 bis 1524 in Split und gilt als einer der bedeutendsten Intellektuellen der europäischen Renaissance. Die Statue besteht aus einer Bronzelegierung.
Hohenzollerndamm 33 Hotel Albergo
Bereits 1928 wurde in Wilmersdorf eine Russisch-Orthodoxe
Kathedrale gebaut, damals am Hohenzollerndamm 33, dort, wo
später das Dom-Hotel einzog danach das Hotel und Restaurant 12
Apostel und inzwischen das Hotel Albergo von der Sorat-Gruppe
und das Restaurant Santini.
Brienner Straße
Die Straße wurde 1892 nach Brienne-le-Chateau benannt, wo in
den Befreiungskriegen gegen Frankreich eine Schlacht stattfand.
Brienner Str.12 Dänische Christianskirken
Die Dänische Christianskirken wurde 1967 eingeweiht. 1928 war
die erste dänische Kirche in Berlin in der damaligen
Königgrätzer (heute Stresemannstraße) am Anhalter Bahnhof
gebaut worden. Während des Nationalsozialismus war sie
Sammelpunkt für viele Pfarrer der Bekennenden Kirche. Die
Kirche musste 1965 ihr Grundstück an die Deutsche Bundespost
verkaufen und baute hier ihre neue Kirche. Auf diesem
Grundstück standen damals noch die Ruinen eines Altersheims
der schwedischen Victoriagemeinde. 1970 stiftete der Verleger
Axel Springer die Orgel zum Gedenken an den dänischen Pastor
und Dichter Kaj Munk, der 1944 von der Gestapo in Dänemark
ermordet wurde.
Brienner Str. 8 Berliner Moschee
1922 gründete der Inder Maulana Sadr-ud-Din die Berliner
Gemeinde der Lahore-Ahmadiyya-Bewegung zur Verbreitung
islamischen Wissens und initiierte den Bau der Berliner
Moschee. Die “Ahmadiyya Anjuman” ist eine
Religionsgemeinschaft mit Sitz in Lahore (heute in Pakistan).
Die Moschee wurde 1924-28 von K.A. Herrmann für nach dem
Vorbild des indischen Taj Mahal im “Mogulnstil” mit
einem Nebenhaus für den Imam erbaut. Über dem Kubus des
Unterbaus erheben sich die zentrale Kuppel, Kioske und
Türmchen. Zwei symmetrisch angeordnete Minarette sind durch
Blendmauern verbunden. Einweihung war am 23.3.1928. Damit ist
diese Berliner Moschee die älteste existierende Moschee
Deutschlands. Seit 1928 ist hier Deutsch die Sprache für
Predigten und Vorträge. Im Zweiten Weltkrieg ist die Moschee
weitgehend erhalten geblieben.
Sie wurde mit Hilfe von Spenden aus Lahore wieder komplettiert,
später auch mit Mitteln des Berliner Denkmalschutzes
restauriert. Vorübergehend finden keine regelmäßigen
Freitagsgottesdienste statt. Gottesdienste, Führungen oder
Bildungsveranstaltungen können nach Absprache mit dem Berliner
Imam Muhammad Ali vereinbart werden. Ein Moscheeführer kann
bestellt werden.
Berliner Straße 81-103 Friedhof Wilmersdorf
Der Friedhof Wilmersdorf wurde 1886 als neuer Wilmersdorfer
Gemeindefriedhof außerhalb am Rand der damaligen Gemeinde
angelegt. Der Friedhof wäre einen eigenen Spaziergang wert.
Hier sind unter anderem begraben: Die früheren Landwirte und
Stifter Georg Christian und Amalie Auguste Blisse (gest. 1905
und 1907), der frühere Landwirt und Gründer eines Seebades am
Wilmersdorfer See Otto Schramm, der Architekt Heinrich Seeling
(gest.1932), die Bildhauerin Lilli Wislicenus-Finzelberg
(gest.1939), die Komponisten Leon Jessel (gest.1942), Theo
Mackeben (gest.1953) und Will Meisel (gest.1967), die
Pädagogin Hildegard Wegscheider (gest.1953) der Architekt
Richard Ermisch (gest.1960, Architekt d. Strandbades Wannsee u.
Messehalle am Funkturm), der Schriftsteller Kurt Pomplun
(gest.1977) und Sigrid Damm-Rüger (initiierte durch ihren
legendären “Tomatenwurf” auf dem SDS-Kongress 1968 die “alternative
Frauenbewegung”, gest.1995 )
Berliner Str. 81 Krematorium
Das Krematorium wurde 1919-22 von Otto Herrnring und
Bettenstedt als klassizistischer Kuppelbau mit Urnenhalle
(Kolumbarium) auf dem Gelände des Friedhofs Wilmersdorf
errichtet. Die Kuppel kaschiert den Schornstein, der sich
spiralförmig an ihrer Innenseite entlang windet. Nach einer
Renovierung wurde es am 27.7.1966 wiedereröffnet, 1990 aber
schließlich für Verbrennungen geschlossen. Die Trauerhalle
ist nach wie vor in Benutzung.
Die Trauerfigur links neben dem Eingang stammt von dem
Bildhauer Eberhard Encke.
Hoffmann-von-Fallersleben-Platz Russisch-Orthodoxe
Kathedrale
Die Russisch-Orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale wurde
1936-38 anstelle der abgerissenen Kirche am Hohenzollerndamm 33
von der Preußischen Bau- und Finanzdirektion durch Karl
Schellberg als dreischiffige Basilika im
russisch-byzantinischen Stil mit Dachkuppel, runder Laterne und
Zwiebelhaube, sowie vier kleinen Zwiebeltürmchen in den
Dachzwickeln erbaut. Die Ikonostase (reich verzierte Trennwand
zwischen Gemeinderaum und Altarraum) stammt aus dem
Vorgängerbau, ursprünglich aus einer alten Kirche bei
Warschau. Einweihung am 13.5.1938. Nach der russischen
Revolution im Oktober 1917 kamen viele Emigranten nach Berlin
und siedelten sich in großer Zahl im Berliner Westen an. Rund
um den Prager Platz in Wilmersdorf entstand ein russisches
Zentrum, und ganz Charlottenburg wurde in der russischen
Emigrantenszene als Charlottengrad eingemeindet.
Nach 1933 veranstaltete die Gemeinde jährlich am Tag der
Machtübernahme Adolf Hitlers Dankgottesdienste für den
Führer. Da die Deutsche Arbeitsfront weiteren Raumbedarf hatte
und das Gebäude am Hohenzollerndamm 33 übernehmen wollte,
wurde der Russisch-Orthodoxen Kirche dieser Platz als
Ersatzgelände zur Verfügung gestellt und der Kirchenbau
unterstützt. Zur Einweihung der neuen Kirche 1938 gab es nicht
nur eine Dankadresse an den Führer und Reichskanzler Hitler,
sondern die Dankadresse wurde auch in einer Tafel in einem der
Kirchenfenster in russischer und deutscher Sprache
festgehalten.
Hinter der Kirche ist das Alumunium-Hochhaus der Deutschen
Rentenversicherung Bund zu sehen, früher BfA.
Kalischer Straße
Die Kalischer Straße wurde 1892 nach dem Ort Kalisch benannt,
heute Hauptstadt der Woiwodschaft Kalisz in Polen. Im Frieden
von Kalisch 1343 verzichtete Polen zugunsten des Deutschen
Ordens auf Pommerellen. 1813 schlossen Russland und Preußen in
Kalisch ein Bündnis gegen Napoleon.
Kraftwerk Wilmersdorf
Das Kraftwerk Wilmersdorf wurde 1977 auf dem Gelände des
ehemaligen Elektrizitätswerkes von 1911 errichtet. Es arbeit
nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung, das heißt Strom
und Wärme werden gleichzeitig aus einem Brennstoff produziert.
Weithin sichtbar sind die drei silbern leuchtenden, je 102 m
hohen Schornsteine. Am 2.1.1992 explodierte einer der
Kraftwerksblöcke. Heute wird das Kraftwerk von Vattenfall zur
Fernwärmeerzeugung mit Gas betrieben.
Fennsee
Erstreckt sich 650 m lang zwischen Uhlandstraße und
Stadtautobahn im westlichen Teil des Volksparks Wilmersdorf. In
der Mitte wird er überquert von der Barbrücke im Zuge der
Barstraße. 2006/2007 wurde der Fennsee im Rahmen des
Umweltentlastungsprogramms umfassend saniert.
Der See ist Teil einer eiszeitlichen Rinne, die sich von den
Grunewaldseen bis zum Volkspark Wilmersdorf erstreckt. Er wurde
im Jahre 1903 als langgestrecktes, naturnahes
Regenrückhaltebecken künstlich angelegt. Zur
Regenwasservorbehandlung wurde 1920 ein Grobfilter
vorgeschaltet, der allerdings in den letzten Jahren keine
Reinigungswirkung mehr hatte. Erhebliche Mengen ungereinigter
Straßenabläufe wurden in den See eingeleitet, was eine
erhebliche Belastung für das künstliche Gewässer darstellte,
die noch erhöht wurde durch die Biomasseeinträge der dichten
überhängenden Ufervegetation. Im Laufe der Jahre hatte sich
eine sehr hohe Schlammschicht im See abgelagert, die eine Senke
für Schad- und Nährstoffe darstellte.
In den Sommermonaten setzten im Fennsee durch Sauerstoffmangel
und Nährstoffüberlastung Faulprozesse ein, die die
Gewässerökologie stark schädigten und zu
Geruchsbelästigungen führten. Deswegen wurde der vorhandene
Grobfilter umgebaut, damit das Regenwasser wieder effektiv
gereinigt werden kann.
Barbrücke, Barstraße
Die Barbrücke im Zuge der Barstraße wurde bereits 1911-12 als
Stahlbetonbrücke zur Überquerung des Fennsees gebaut. 1934
erfolgte ein Neubau. Die Brücke ist 41 m lang und 22 m breit.
In das steinerne 1,30 m hohe Brückengeländer auf beiden
Seiten sind als Schmuckelemente kleine schwarze Vierecke
gemeißelt. Benannt wurde die Brücke 1935 nach der Barstraße,
die bereits 1892 nach dem franzöischen Ort Bar-sur-Aube
benannt worde, wo Napoleon am 27.2.1814 im Verlauf der
Befreiungskrieg eine Schlacht verlor.
Mecklenburgische Straße
Die Mecklenburgische Straße wurde 1888 benannt. Sie folgt
einer jahrhundertealten Wegeverbindung zwischen den Dörfern
Schmargendorf und Wilmersdorf. Auf alten Plänen ist sie
eingezeichnet al “Heideweg”, “Schmargendorfer
Weg” und “Wilmersdorfer Weg”.
Mecklenburgische Str. 80 Stadtbad Wilmersdorf I
Das Stadtbad wurde 1960/61 von Adolf Braunschweig vom
Hochbauamt Wilmersdorf erbaut. An den südlich gelegenen
Schwimmhallentrakt mit verglaster Südwand fügen sich nach
Norden eingeschossige Bauten um einen großen Innenhof an, und
zwar je ein Umkleideflügel und ein Flügel mit Eingangshalle
und Verwaltungsräumen. Das Dach ist in einem Bogen
geschwungen. Die Anlage soll Leichtigkeit und Transparenz zum
Ausdruck bringen. Seit einigen Jahren wird das Bad von den
Berliner Bäderbetrieben betrieben.
S-Bahnhof Heidelberger Platz
Der Bahnhof wurde 1883 als Ringbahnstation Schmargendorf
eröffnet. 1890 wurde das rot verklinkerte Empfangsgebäude an
der Mecklenburgischen Straße von Julius Holverding errichtet.
Seit November 1928 wurde der Bahnhof mit einer dreimonatigen
Unterbrechung am Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Herbst
1980 von der S-Bahn genutzt. Das Bahnhofsgebäude wurde 1985/86
saniert. Es wird seit September 1987 von der Diskothek
Annabelle’s genutzt. Nach dem Mauerfall wurde Anfang der
1990er Jahre der Bahnsteig abgetragen und weiter östlich unter
der Schmargendorfer Brücke neu erbaut. Neben den Zugängen von
beiden Straßenseiten aus wurde ein Übergang zum U-Bahnhof
Heidelberger Platz geschaffen. 1993 wurde der S-Bahnhof
Heidelberger Platz wieder eröffnet.
Heidelberger Platz
Der Heidelberger Platz erhielt seinen Namen bereits 1892. Als
Schmuckplatz wurde er angelegt beim Bau des U-Bahnhofes der
Linie U1 in den Jahren 1910 bis 1913 von Wilhelm Leitgebel.
Wegen der benachbarten S-Bahn liegt der Bahnhof
außergewöhnlich tief. Auch die Ausstattung ist
außergewöhnlich reichhaltig. Das ist auch heute noch
sichtbar. Wer mit der U-Bahn angekommen ist, hat es sicher
bemerkt. Die zweischiffige Halle wurde überkuppelt mit einem
Kreuzrippengewölbe, getragen von Granitmittelstützen.
Die Assoziation mit einem Weinkeller ist gewollt, denn hier
beginnt das Rheingau-Viertel oder auch “rheinische
Viertel”, in dem fast alle Straßen nach rheinischen
Städten und Gemeinden benannt wurden.
Das “rheinische Viertel” wurde um 1910 geplant und
begonnen von Georg Haberland als “Gartenstadt
Wilmersdorf”, weitergeführt nach dem Ersten Weltkrieg in
den 20er Jahren. Georg Haberland war “Baulöwe”,
Direktor der Terrain-Gesellschaft Berlin-Südwest, Mitglied der
Wilmersdorfer Gemeindeverwaltung, Berliner Stadtverordneter und
noch einiges mehr. Die Wohnsiedlung gilt als vorbildliche
Frühform aufgelockerter Bauweise im Grünen.
Seit 1866 galt innerhalb des S-Bahn-Ringes der sogenannte
Hobrecht-Plan, nachdem die dicht bebaute Berliner Innenstadt
entstand. Für die fünfstöckigen Mietshäuser galt lediglich
die Regel, dass in den Innenhöfen eine Feuerspritze wenden
können musste. Entsprechend eng wurde oft gebaut. Um 1900
wurde diese Bebauung heftig wegen der gesundheitsgefährdenden
Verhältnisse mit wenig Licht und Durchlüftung kritisiert. Man
sprach von der Mietskasernenstadt.
Alternativen außerhalb des S-Bahn-Ringes gab es zunächst nur
für die Reichen in Form von Landhaus- und Villensiedlungen wie
Lichterfelde oder Westend. Hier, direkt am S-Bahn-Ring ließ
Georg Haberland nun erstmals eine Groß-Siedlung entstehen,
deren Mietwohnungen in Luft und Sonne auch für Menschen aus
der Mittelschicht erreichbar waren. Diese “Gartenstadt
Wilmersdorf” wurde zum Vorbild für viele ähnliche
Siedlungen der 20er Jahre. Wichtigste Voraussetzung dafür
waren öffentliche Verkehrsmittel.
Georg Haberland kämpfte lange für den Bau der U-Bahn. Sie
wurde als Luxus-U-Bahn schließlich von seiner
Terrain-Gesellschaft zur Erschließung des Rheingau-Viertels
gebaut, denn hier sollte Wohnraum für gut verdienende Berliner
geschaffen werden. Zuvor hatte es Streit mit der Stadt
Charlottenburg gegeben, die eine Abwanderung gut zahlender
Steuerbürger fürchtete. Der U-Bahnhof wurde 1913 gemeinsam
mit den anderen Bahnhöfen bis zum Thielplatz eröffnet.
Heidelberger Platz 3: Springer Verlag
Der hier ansässige Wissenschaftliche Springer Verlag hat
nichts mit dem großen Zeitungsverlag Springer zu tun. Mit 70
Verlagen und Niederlassungen in achtzehn Ländern Europas,
Asiens und den USA ist
“Springer Science and Business Media” eine der
weltweit führenden Verlagsgruppen für Wissenschafts- und
Fachliteratur aller Bereiche, vor allem in der Medizin, in den
Naturwissenschaften, Mathematik, Technik,
Wirtschaftswissenschaften und Jura. Die Produktpalette umfasst
das gesamte Medienspektrum von Büchern über CD-ROMs bis zu Online-Diensten.
Der Verlag bietet rund 25.000 lieferbare Bücher und 700
Zeitschriften an, mehr als die Hälfte aller Publikationen in
Englisch. Jährlich gibt es mehr als 2.000
Neuerscheinungen.
Julius Springer eröffnete 1842 an seinem 25. Geburtstag in
Berlin eine Buchhandlung. Bald darauf gründete er einen Verlag
mit staatstheoretischen und philosophischen Schriften, mit
Beiträgen zur Land- und Forstwirtschaft, Pharmazie und
Technik. Und mit Jugendliteratur: Julius Springer verlegte die
Lederstrumpf Erzählungen und Onkel Toms Hütte und wurde einer
der führenden Buchhändler und Verleger des 19. Jahrhunderts.
Ab 1881 bauen die Söhne Ferdinand und Fritz konsequent das
Technikprogramm aus. Richtungweisende Publikationen aus
Medizin, Biologie, Physik und Chemie schließen sich an.. 1917
veröffentlichte der Verlag Albert Einsteins berühmtestes Buch
sein Werk “Über die spezielle und allgemeine
Relativitätstheorie”.
Während des Nationalsozialismus wurden die jüdischen Inhaber
gezwungen, die Firma zu verlassen. Tönies Lange übernahm die
Leitung von Springer und trug dazu bei, das Überleben der
Firma sicherzustellen. Nach dem Krieg übergab er die Firma
wieder an Familie Springer, blieb aber bis an sein Lebensende
Mitbesitzer. Nach der weitgehenden Zerstörung der
Geschäftshäuser begannen die Enkel in Berlin mit dem
Wiederaufbau, hier am Heidelberger Platz. 1964 eröffnete
Springer eine Niederlassung in New York. 1999 übernahm
Bertelsmann 86,5 Prozent der Verlagsaktien, die es aber 2003 an
britische Finanzinvestoren verkaufte. Es gibt zahlreiche
Niederlassungen weltweit. Hier am Heidelberger Platz in der
Zentrale ist unter anderem das Management des Verlags
untergebracht.
Johannisberger Straße
Die Straße wurde 1892 nach Johannisberg im Rheingau benannt.
Seit 1971 ist der Ort ein Stadtteil von Geisenheim.
An der Straße entlang erstreckt sich die Kleingartenkolonie
Johannisberg.
Homburger Straße
Die Straße wurde 1902 nach Bad Homburg im Hochtaunuskreis in
Hessen benannt.
Johannisberger Str. 15A Ecke Homburger Straße:
Lindenkirche
1924 erwarb die Gemeinde der evangelischen Christen in der
“Gartenterrassenstadt” des
“Rheingauviertels” das Grundstück zur Errichtung
einer Kirche und eines Gemeindehauses. Die Lindenkirche wurde
dann 1935-36 von Carl Theodor Brodführer als einschiffige
Langhauskirche erbaut und am 24.5.1936 eingeweiht. Für die
Errichtung eines Pfarrhauses wurde 1937 das Grundstück an der
Johannisberger Straße 14A/15 erworben. In der Nacht vom 1. zum
2.3.1943 zerstörten Bomben den größten Teil der Lindenkirche
und des Gemeindehauses. Am 2811.1948 konnte der wieder
hergerichtete kleine Gemeindesaal für den Kindergarten und
Gemeindeveranstaltungen wieder eingeweiht werden, am 6.5.1951
schließlich die wieder aufgebaute Kirche für 600 Besucher.
1952/53 wurden das Gemeindehaus mit Schwesternstation und fünf
Wohnungen sowie der große Gemeindesaal mit Kindertagesstätte
und Jugendräumen wieder aufgebaut. 1962 folgten die beiden
Pfarrhäuser an der Johannisberger Straße.
Die neue Bosch-Orgel auf der Empore wurde am 26.9.1965 ihrer
Bestimmung übergeben. 1992 wurde eine historische italienische
Orgel in die Kapelle eingebaut, die 1983 umgestaltet worden
war.
Ich freue mich sehr, dass die Küsterin, Frau Zwank, uns
eingeladen hat, um uns ihre Kirche vorzustellen. Und sie hat
sogar ein paar Überraschungen für uns vorbereitet. Herzlichen
Dank dafür.