HIER WOHNTE
MARTIN KNOPF
JG. 1891
DEPORTIERT 19.4.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Martin Knopf machte in Berlin eine ungewöhnliche Karriere. Nach dem Schulabschluss arbeitete er als Ermittlungsbeamter bei der Firma Siemens & Halske.
Aus dem ersten Weltkrieg, in den er als Kriegsfreiwilliger eingetreten war, kam Martin Knopf verwundet zurück. Wieder zurück in Berlin, machte er sich als Detektiv selbstständig und gründete 1919 die Firma „Ermittlungs Zentrale Martin Knopf – Jerusalemer Straße 22“.
Am 30. März 1922 heiratete er die am 26. August 1885 in Gestenhof bei Nürnberg geborene Emilie Busse geborene Lauinger. Emilie hatte zwei Töchter aus ihrer ersten Ehe, Bertha und Eva Gertrud.
Emilie erinnerte sich, dass Martin Knopf vor der Eheschließung in einer gut eingerichteten Junggesellenwohnung im Bayrischen Viertel in Schöneberg lebte. Die Familie zog dann in eine 4-Zimmerwohnung in der Hardenbergstraße 13 und später in eine 5-Zimmerwohnung in der Flotowstraße 6, „mit allem Komfort“. Es ging der Familie finanziell gut. „Mein Ehemann besaß einen Personenkraftwagen. Ich beschäftigte in der Wohnung ein Mädchen und eine Aufwartefrau…..Wir lebten damals sorgenfrei.“, erklärte Emilie später gegenüber dem Entschädigungsamt.
Martin Knopf kaufte 1927 die alteingesessene Firma „Auskunftei Schmeisser & Co“ auf und wurde deren alleiniger Inhaber. Die Räume in der Jerusalemer Straße waren nach der Ausweitung seiner Firmen zu klein geworden und er zog mit seinen Ermittlungszentralen um in die Friedrichstraße 167.
Martin Knopf galt in seinem Fach als Spezialist und wurde von der Großindustrie und Großbanken zur Aufklärung von Scheckfälschungen herangezogen. Für die IG Farben klärte er unter anderem einen Patentdiebstahl auf, ausgeführt von einem Direktor des Konzerns.
Der Bankoberbeamte und Kriminalist der Deutschen Bank, Franz Barczel, fand nur lobende Worte für ihn:
bq. Abgesehen davon, daß Knopf Schwindler und Schwindlerinnen, von denen die Welt sprach, entlarvt hat oder zu ihrer Entlarvung Wesentliches beigetragen hat, so z.B. die Affären des falschen Prinzen Wilhelm von Preussen alias Domela, der Anastasia, des ‚Kronprinzen‘ von Kurdistan u.a. mehr, hat er auch bei der Aufklärung von Fälscher – Affären größten Ausmaßes oft mitgewirkt.
Laut Angaben von Emilie Knopf erschien in der Illustrierten „Der Stern“ Nr. 16 vom 21. April 1956 ein Foto von Martin Knopf und er wurde in seiner Eigenschaft als Privatdetektiv im Zusammenhang mit dem Fall „Anastasia“ erwähnt.
Er arbeitete auch eng mit dem Berliner Polizeipräsidium am Alexanderplatz zusammen. Zu verschiedenen Kriminalbeamten unterhielt er freundschaftliche Beziehungen, der Kriminalrat Karl Herrmann Krüger war sogar sein Trauzeuge. Im Fall der bekannten Bankräuber Sass war Martin Knopf ebenfalls in die Ermittlungen eingeschaltet, auch wenn er die Brüder damals nicht überführen konnte. Natürlich bearbeitete er auch eine große Anzahl von Einzelaufträgen, u.a. für bekannte Strafverteidiger.
Martin Knopf wurde seit 1933 beruflich völlig aus der Bahn geworfen. Er vertraute Franz Barczel 1936 kurz nach der Olympiade an, er wolle schweren Herzens Berlin, das seine zweite Heimat geworden sei, verlassen und nach Frankreich gehen, wo er sowohl in Paris als auch in Marseille gute Beziehungen zur Sûreté unterhielt. 1937 gingen seine Geschäfte so schlecht, dass er im November einen Offenbarungseid leisten musste und die Firma im Mai 1938 aus dem Handelsregister gelöscht wurde.
Aus den Plänen, nach Frankreich zu emigrieren, wurde nichts. Emilie Knopf flüchtete im April 1939 nach England. Ihre Tochter Bertha war ebenfalls zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach England ausgewandert. Emilie wollte dort für Martin einen Bürgen finden, um seine Ausreise zu ermöglichen. Das misslang jedoch. Sie selbst arbeitete als Köchin und Sekretärin in den Londoner Hyde Park Mansions, Chapel Street 5. Martin wurde indessen in Berlin zur Zwangsarbeit bei Siemens & Schuckert im Labor für einen Hungerlohn von 22 RM monatlich herangezogen. Seine Wohnung hatte er aufgeben müssen. Er hatte schon seit 1936 in der Pariser Str. 6, vermutlich auch mit seiner Frau Emilie, gewohnt. Unklar ist, wer der Hauptmieter der Wohnung war, Hedwig Goldstein, die dort erst ab 1938 gemeldet war, oder Martin, der in seiner „Vermögenserklärung“ angab, ein Zimmer zur Untermiete bei seiner Schwester bewohnt zu haben.
Über Martins Knopfs Vermögen existieren widersprüchliche Aussagen. Er selbst gab in seiner „Vermögenserklärung“ an, der Eigentümer der Grundstücke und Häuser Kurfürstendamm 26 und Sakrower Landstraße 87 in Kladow gewesen zu sein. Das Haus am Kurfürstendamm habe einen Wert von 2 000 000 RM gehabt, belastet mit 300 000 RM von der „Zentral Boden Kredit“, und das unbelastete Grundstück mit vier Häusern und einer Scheune in Kladow sei 700 000 RM wert gewesen. Im Schriftverkehr zwischen dem Oberfinanzpräsidenten und anderen Behörden in den Jahren 1943 und 1944 wurde jedoch mehrfach darauf verwiesen, dass beide Immobilien seit 1925 im Besitz des jüdischen Gastwirts Karl Kutschera gewesen seien. Ob und wann Karl Kutschera Grundbesitz von Martin Knopf erworben haben soll, konnte nicht belegt werden.
Martin Knopf wurde als letzter der drei Geschwister am 19. April 1943 mit dem 37. Osttransport in das Konzentrations-und Vernichtungslager Auschwitz verschleppt. Insgesamt waren 681 Menschen aus Berlin, Potsdam und anderen kleineren Orten in Brandenburg in dem Zug. Ob Martin Knopf zu den Häftlingen gehörte, die nach der Ankunft registriert und in das Lager eingewiesen wurden, oder ob er sofort in einer der Gaskammern in Birkenau ermordet wurde, ist nicht bekannt.
Eva Gertrud Busse, die jüngste Tochter aus der ersten Ehe von Emilie Knopf, geboren am 07. Juni 1909 in Berlin emigrierte in die Niederlande. Am15. Juli 1942 wurde sie gefangen genommen und in das Sammellager Westerbork verbracht, von wo aus sie noch am selben Tag nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde.
Ihre ältere Schwester Bertha lebte in England, heiratete und bekam einen Sohn.
Recherche und Text: Karin Sievert
Quellen:
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945
Brandenburgisches Landeshauptarchiv www.blha.de
Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Entschädigungsbehörde
Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Landesarchiv Berlin WGA
Deportationslisten
Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“
Loose: „Berliner Juden im Getto Litzmannstadt 1941 – 1944
Scheer, Regina: “AHAWAH Das vergessene Haus“
http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/a-b/408-birnbaum-posen