Stolpersteine Emser Straße 15

Hausansicht Emser Str. 15

Hausansicht Emser Str. 15

Diese Stolpersteine sind Teil der zehn Stolpersteine, die in der Emser Str. 15 – 17 a verlegt wurden und die von Erika Traube (Emser Straße 17) vorbereitet wurden, die auch Spenden hierfür sammelte. Schülerinnen und Schüler der Johann-Peter-Hebel-Grundschule (Emser Straße 50) begleiteten mit Gesang das Gedenken am 29. Oktober 2013.

Stolperstein für Charlotte Friedemann

Stolperstein für Charlotte Friedemann

HIER WOHNTE
CHARLOTTE
FRIEDEMANN
JG. 1898
DEPORTIERT 14.4.1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

Charlotte Friedemann wurde am 23. Oktober 1898 in Köslin (Pommern) geboren. Es nicht bekannt, wann und warum sie nach Berlin kam und welcher frei gewählten Tätigkeit sie nachgegangen ist. Sie war ledig.
1939 lebte sie in der Emser Straße 15 als Untermieterin bei Martha Salinger. Nach deren Deportation und der Auflösung der Wohnung im November 1941 wohnte sie als Untermieterin in der Königsallee 37a im Grunewald. Wahrscheinlich musste sie in dieser Zeit Zwangsarbeit leisten.
Charlotte Friedemann wurde am 14. April 1942 in das Ghetto Warschau deportiert. Dort wurde sie ermordet.
Text: Erika Traube

Stolperstein für Martha Salinger

Stolperstein für Martha Salinger

HIER WOHNTE
MARTHA SALINGER
GEB. SOLMS
JG. 1880
DEPORTIERT 14.11.1941
MINSK
ERMORDET DEZ. 1941

Martha Salinger wurde am 31. August 1880 als Martha Solms in Stettin geboren.
Sie heiratete den Arzt Louis Salinger (geboren am 12. April 1869 in Stettin). Ihre Tochter Edith wurde am 3. Juni 1902 in Berlin geboren. Die Eheleute Salinger waren wohlhabend und sammelten Kunst. Zu ihrer Sammlung gehörten Gemälde, auch von Max Liebermann und Lesser Ury, sowie japanische Kunstobjekte. Die Familie lebte in Berlin-Friedrichshain.

Louis Salinger starb am 10. Januar 1914, doch konnten seine Witwe und seine Tochter weiterhin in gesicherten finanziellen Verhältnissen leben. Martha Salinger zog 1915 nach Wilmersdorf in die Düsseldorfer Straße 22, wo sie bis 1933 wohnte. Vielleicht wollte sie nach dem Tod ihres Mannes in der Nähe ihres Bruders in der Joachimsthaler Straße 11 sein. Ab 1934/35 lebte sie bis zu ihrer Deportation in einer Vier-Zimmerwohnung in der Emser Straße 15, die sie einige Zeit mit Charlotte Friedemann als Untermieterin teilte.

Ihre Tochter Edith, verheiratete Rosenthal, konnte rechtzeitig nach Australien emigrieren und war im Juli 1939 das letzte Mal zu Besuch bei ihrer Mutter.
Auch dem Bruder von Martha Salinger, Dr. Ernst Solms (geboren am 12. April 1878 in Stettin), gelang die Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland. Er war Arzt und hatte eine kleine gynäkologische Privatklinik in Berlin geleitet. An der wissenschaftlichen gynäkologischen Diskussion nahm er durch zahlreiche Veröffentlichungen teil. Nachdem ihm am 25.7. 1938 wie allen jüdischen Ärzten die Approbation entzogen worden war, durfte nur noch unter der Nazi-Bezeichnung „Krankenbehandler“ jüdische Patientinnen betreuen. Am 2. August 1939 konnte Ernst Solms in die Niederlande fliehen, wo er Gewaltherrschaft und Krieg überstand und bis zu seinem Tod (1. Dezember 1977) überlebte.

Auch Martha Salinger hatte vor auszuwandern, doch ihr gelang die Flucht nicht mehr. Martha Salinger wurde in ihrer Wohnung in der Emser Straße von der Gestapo verhaftet und in das Sammellager Levetzowstr. 7-8 verschleppt. Von dort wurde sie am 14. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert. Der nationalsozialsozialistische Staat bereicherte sich an ihrem Besitz (Schmuck, Porzellan, Teppiche) mit 17 000 Reichsmark, an ihrem Aktien- und Bankvermögen mit 13 000 RM. Die in Australien lebende Tochter Edith wurde 1952 mit einem vergleichsweise geringen Betrag entschädigt.
Martha Salinger wurde am 1. Dezember 1941 ermordet.

Recherche, Text: Erika Traube

Stolperstein für Erna Herbst

Stolperstein für Erna Herbst

HIER WOHNTE
ERNA HERBST
GEB. WOLLMANN
JG. 1889
DEPORTIERT 12.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Erna Herbst geborene Wollmann wurde am 18. Juni 1889 als zweites Kind des Kaufmanns Samuel (* 1855) und dessen Ehefrau Charlotte Wollmann geborene Dobrzynski (* 17. Dezember 1863 in Hohensalza) in Krotoschin (Krotoszyn, Polen) geboren. Ihre vier Jahre ältere Schwester hieß Recha Amalia (* 19. März 1885). Die Familie wohnte am Markt 4 in Krotoschin. Die Stadt hatte im Jahre 1885 9.894 Einwohner, fast die Hälfte waren Katholiken, ca. 4.000 Protestanten und 1.000 Juden. Es ist anzunehmen, dass beide Töchter der Wollmanns eine höhere Bildung genossen.

Recha heiratete mit 24 Jahren am 10. August 1909 in Charlottenburg den Regisseur und Doktor der Rechte und Philosophie Arthur Rundt (* 14. August 1881 in Kattowitz). Ein Jahr später, am 10. September 1910, wurde ihr Sohn Stefan Jean, genannt Steffl, geboren. Kurz danach siedelte die kleine Familie nach Wien, Österreich über. 1915 übernahm Dr. Arthur Rundt zusammen mit dem Schriftsteller Stefan Großmann die Theaterdirektion der Freien Volksbühne Wien. Anfang der Zwanzigerjahre ließen sich Recha und Arthur scheiden. Ihr Sohn Stefan blieb bis zum Ende seiner Schulzeit 1927 bei seinem Vater in Wien. Danach reiste er zusammen mit seinem Vater, der dort als Korrespondent für verschiedene Zeitungen arbeitete, mehrmals nach Amerika und Kanada. 1932 emigrierte Stefan endgültig über Rotterdam nach New York. Als seinen Angehörigen in Deutschland gab er seinen Onkel Adolf Herbst an.

Recha Rundt geborene Wollmann wurde von Arthur Schnitzler, dem berühmten österreichischen Arzt und Schriftsteller, mehrmals in seinem Tagebuch als kluge Gesprächspartnerin erwähnt. Sie war damals in der Buchhandlung Heller in Wien beschäftigt. 1924 heiratete sie in zweiter Ehe Professor Oszkár Jászi (* 2. März 1875 in Nagykároly, Österreich-Ungarn) einen ungarischen Politiker und Professor der Soziologie, um mit ihm nach Amerika gehen zu können, wie Arthur Schnitzler vermutete. Tatsächlich wanderten die beiden 1924 in die USA aus, wo Oszkár Jászi zum Soziologieprofessor am Oberlin College in Ohio berufen wurde.

Erna Wollmann ließ sich Zeit mit der Eheschließung. Erst am 1. Dezember 1922, mit 33 Jahren, heiratete sie den zehn Jahre älteren Handelsunternehmer und Börsenmakler Adolf Herbst, dessen Vater Max Herbst ebenfalls aus Krotoschin stammte. Trauzeuge war ihr 65-jähriger Vater Samuel Wollmann, der zu der Zeit als Rentner zusammen mit seiner Ehefrau in Breslau in der Schillerstraße 27 wohnte.

Erna wohnte vor der Heirat ganz in Adolfs Nähe in der Düsseldorfer Straße 14 und zog nach der Heirat zu ihm in die Pariser Straße 58. Die Ehe blieb kinderlos.

Am 29. Juli 1929 meldete Ernas Ehemann, der Bankier Adolf Herbst, auf dem Standesamt in Breslau den Tod seines 71-jährigen Schwiegervaters, des ehemaligen Kaufmanns Samuel Wollmann. Ernas Mutter Charlotte wurde mit 66 Jahren Witwe und blieb bis ca. 1939 in Breslau.

Bei der „Minderheiten-Volkszählung“ am 17. Mai 1939 wohnte sie vorübergehend und deshalb nicht gemeldet bei Erna in der Wohnung im zweiten Stock in der Emser Straße 15. Im August 1939 emigrierte sie über Genua nach New York, USA zu ihrer ältesten Tochter Recha.

Es ist anzunehmen, dass Erna und Adolf Ende 1939 in die Freisinger Straße 5 a in Berlin-Schöneberg zogen. Hier wohnte seit 26 Jahren die Witwe Hedwig Brühl geborene Wasser in einer Vier-Zimmer-Wohnung im 4. Stock des Vorderhauses. Ihr Ehemann war 1938 gestorben. Ihre Tochter hatte Berlin mit einem Kindertransport verlassen und ihr Sohn war in die Niederlande geflüchtet. Deshalb vermietete sie zwei Zimmer ihrer Wohnung unter. Seit dem 17. November 1939 wohnten in einem möblierten Zimmer Max Moses Goldschmidt und seine Ehefrau Lotte geborene Gans, die kurz zuvor aus Eschwege nach Berlin gekommen waren. Erna und Adolf Herbst hatten eigene Möbel, deshalb mieteten sie für 75 RM ein Leerzimmer. Hedwig Brühl stammte wie Erna aus Krotoschin und war nur knapp ein Jahr jünger als sie, deshalb ist anzunehmen, dass die beiden sich aus ihrer Kindheit und Jugend kannten.

Adolf musste ab 1941 Zwangsarbeit als Hilfsmechaniker bei der Firma Willi Popp in der Wiener Straße 1 – 10 in Berlin-Kreuzberg leisten.

Zu Beginn des Jahres 1943 wurden Erna und Adolf Herbst, Hedwig Brühl sowie Max und Lotte Goldschmidt aufgefordert, sich in der Sammelstelle Hamburger Straße 26 einzufinden. Auch Adolfs Schwägerin Elisabeth Herbst geborene Schreiber, die Witwe seines ältesten Bruders Bruno, hatte den Deportationsbefehl für diesen Transport erhalten. Am 7. Januar 1943 füllten Adolf und Erna Herbst ihre Vermögenserklärung aus.

Am 12. Januar 1943 verließ der 26. Osttransport mit 1.190 Personen den Güterbahnhof Berlin-Moabit. Der Zug erreichte das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau am 13. Januar 1943. Die meisten der Insassen wurden sofort in die Gaskammern geführt und ermordet.

Vermutlich starb Erna Herbst geborene Wollmann mit 53 Jahren und ihr Ehemann Adolf Herbst mit 63 Jahren.

Ernas Neffe Stefan Jean Rundt, der Sohn ihrer Schwester, wurde am 15. April 1943 in die US-Army für die Dauer des Krieges einberufen. Er arbeitete als Geheimdienst-Offizier.

Am 23. August 1944 stellte Ernas Schwester Recha in den USA einen Suchauftrag nach ihrer Schwester, der Hausfrau Erna Herbst, und dem Fotografen Adolf Herbst. Erst nach dem Krieg bekam sie die Nachricht vom Tod ihrer Schwester und ihres Schwagers.

Ernas Mutter Charlotte Wollmann starb 1950 mit 87 Jahren in Ohio, USA. Recha starb 20 Jahre später, im November 1970, mit 85 Jahren am gleichen Ort.

Recherche und Text: Gundula Meiering, Januar 2025

Quellen:
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischenGewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945;
Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin;
Arolsen Archives – Deportationslisten;
Mapping the Lives;
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über Ancestry;
My Heritage;
Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Potsdam – Vermögenserklärung, Reg.36A (II) 14538 Erna Herbst geborene Wollmann
https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at

Stolperstein für Adolf Herbst

Stolperstein für Adolf Herbst

HIER WOHNTE
ADOLF HERBST
JG. 1879
DEPORTIERT 12.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Adolf Herbst wurde am 24. November 1879 als jüngstes von insgesamt vier Kindern in Rackwitz (Rakoniewice, Polen) geboren. Bei seiner Geburt war sein Vater, der Kaufmann Max Herbst (* 1834), 45 Jahre und seine Mutter Johanna Herbst geborene Lazar (* 1844) 35 Jahre alt. Sein Bruder Bruno (* 1866) war 13 Jahre älter als er, sein Bruder Ludwig (* 1868) 11 Jahre und seine Schwester Lea (1872 – 1944) 7 Jahre.

Adolfs Mutter starb 1892 in Rackwitz, als er 13 Jahre alt war. Es ist anzunehmen, dass die Familie nach dem Tod der Mutter nach Berlin ging. 1900 war sein Vater Rentner und lebte mit seinen Kindern Ludwig, Adolf und Lea in der Yorckstraße 75 in Berlin-Kreuzberg.

Adolfs ältester Bruder Bruno war schon 1884 im Alter von 18 Jahren in die Berliner Handels-Gesellschaft eingetreten, eine auf die Finanzierung von Industrie ausgerichtete Bank. Er verlobte sich im August 1900 in Berlin mit Margarethe Bodenstein aus Posen. Die Hochzeit fand am 1. Dezember 1900 statt. Am 26. Oktober 1901 wurden die beiden Eltern einer Tochter, die sie nach Brunos verstorbener Mutter Johanna nannten. Gut einen Monat später, am 5. Dezember 1901, starb Margarethe. Bruno veranlasste daraufhin, dass Johanna nachträglich mit zweitem Namen Margarethe genannt wurde. Am 1. Dezember 1904 heiratete der 36-jährige Bruno die 24-jährige Elisabeth Schreiber, genannt Lisbeth, aus Königsberg. Sie zogen nach Charlottenburg in die Goethestraße 80. Ab 1907 wohnten sie in der Mommsenstraße 17 und spätestens ab 1917 in der Fasanenstraße 67 in Berlin-Wilmersdorf.

Adolfs ältere Schwester Lea heiratete am 12. April 1901 den Apotheker Oskar Skaller (* 31. Juli 1874 in Ostrowo). Ein Jahr später, am 16. Februar 1902, wurde ihre erste Tochter Hanna Judith geboren. Als diese 8 Jahre alt war, bekam sie am 3. Oktober 1910 eine kleine Schwester, Marianne. Oskar Skaller gelangte mit seinen um 1900 gegründeten Verbandsstoff- und Thermometer-Fabriken (seit Juni 1921 „Oskar Skaller AG“) in Berlin im Ersten Weltkrieg zu großem Reichtum.

Am 2. Januar 1903 starb Adolfs Vater, der Rentner Max Herbst, in Berlin-Charlottenburg in der Wohnung seines Sohnes Ludwig. Adolf war damals 23 Jahre alt.

Wie sein Bruder Bruno wurde auch Adolf von Beruf Kaufmann und stieg ins Bankgeschäft ein. 1915 wohnte er in der Meinekestraße 22. Bruno war zu dem Zeitpunkt schon Direktor der Berliner Handels-Gesellschaft und ein Jahr später ihr Geschäftsinhaber. Am 27. Juni 1918 starb Bruno Herbst im Alter von 51 Jahren. Seine Witwe Elisabeth Herbst geborene Schreiber wohnte bis 1931 in der Fasanenstraße 67. Was aus ihrer Stieftochter Johanna Margarethe, genannt Gretel, wurde, konnte nicht recherchiert werden.

Adolf Herbst fand in der Pariser Straße 58 in Berlin-Wilmersdorf eine Wohnung mit Büro.
Hier gründete er 1919 mit 39 Jahren das Handelsunternehmen „Adolf Herbst Banken und Versicherungen“, welches er in das Handelsregister eintragen ließ.

Drei Jahre nach der Gründung seiner Firma heiratete der inzwischen 43-jährige Adolf Herbst am 8. Dezember 1922 die 33-jährige Erna Wollmann (* 18. Juni 1889) aus Krotoschin (Krotoszyn, Polen). Trauzeugen waren Ernas Vater, der Kaufmann Samuel Wollmann aus Breslau, und Adolfs Bruder Ludwig Herbst, der damals in der Westfälischen Straße 18 in Berlin-Wilmersdorf wohnte.

Erna wohnte vor der Heirat ganz in Adolfs Nähe in der Düsseldorfer Straße 14 und zog nach der Heirat zu ihm in die Pariser Straße 58. Die Ehe blieb kinderlos.

1931 meldete Adolf auf dem Standesamt in Berlin-Wilmersdorf den Tod seines Bruders Ludwig, der mit 63 Jahren gestorben war.

Das Berliner Adressbuch führte Adolf Herbst 1936 noch als Börsenmakler in der Pariser Straße 58 und erstmals 1937 als Kaufmann in der Emser Straße 15. Obwohl er sich im Berliner Adressbuch 1938 wieder Börsenmakler nannte, durfte er ab 1938 seinen Beruf nicht mehr ausüben und war gezwungen, sein Unternehmen im Handelsregister löschen zu lassen.

Bei der „Minderheiten-Volkszählung“ am 17. Mai 1939 wohnten Adolf und Erna noch in der Emser Straße 15. Es ist anzunehmen, dass sie Ende 1939 in die Freisinger Straße 5 a in Berlin-Schöneberg zogen. Hier wohnte seit 26 Jahren die Witwe Hedwig Brühl geborene Wasser in einer Vier-Zimmer-Wohnung. Ihr Ehemann, der Chemiker Dr. phil. Ernst Georg Brühl, war am 22. August 1938 im Jüdischen Krankenhaus mit 61 Jahren an einer Magenblutung gestorben.

Adolf und Erna Herbst wohnten bei Hedwig Brühl für 75 RM zur Untermiete in einem Leerzimmer im 4. Stock des Vorderhauses. Ein weiteres Zimmer hatte Hedwig Brühl seit dem 17. November 1939 an Max Moses Goldschmidt und seine Ehefrau Lotte geborene Gans aus Eschwege vermietet. Die Tochter der Goldschmidts hatte noch im November 1939 in Berlin geheiratet und emigrierte mit ihrem Ehemann im Februar 1940 nach New York, USA.

Adolfs Schwester Lea und ihrem Ehemann Oskar Skaller gelang noch am 29. Juli 1939 vollkommen mittellos die Flucht nach Südafrika, wo ihre Töchter Hanna und Marianne schon lebten. Marianne hatte in Berlin Reinhold Cassirer, einen Neffen des Kunsthändlers Paul Cassirer, geheiratet. Die Ehe wurde geschieden. In zweiter Ehe heiratete Reinhold Cassirer in Südafrika die spätere Literaturnobelpreisträgerin Nadine Gordimer.

Oskar Skaller hatte ab 1910 wertvolle Kunst, ostasiatische Keramik und impressionistische Gemälde von van Gogh, Lovis Corinth, Walter Leistikow u. a. gesammelt. Max Liebermann porträtierte ihn 1924. Einen Teil seiner Sammlung musste er schon 1927 versteigern lassen. Ca. 1938 wurde er gezwungen, seine Anlagebeteiligungen u. a. an der Firma M. Pech AG zu verkaufen.

Das für die Mitnahme ins Exil vorgesehene Umzugsgut der Skallers wurde von der Gestapo beschlagnahmt und auf Anweisung des Finanzamtes Berlin-Moabit durch den vereidigten Versteigerer Bernhard Schlüter in Berlin am 30. Juni 1942 für 8.000 RM versteigert. Dr. jur. Conrad Doebekke war seit 1931 Mitglied der NSDAP und kaufte im großen Stil Kunstwerke vorwiegend aus jüdischem Besitz. Als er sah, dass in dem Versteigerungsprotokoll vom 16. Januar 1942 das Gemälde „Mädchenakt“ von Lovis Corinth nicht aufgeführt war, erkundigte er sich am folgenden Tag brieflich bei Adolf Herbst, ob dieser etwas über den Verbleib des Bildes wisse. Sollte er, Doebekke, das Bild erwerben können, bliebe es bei ihrer Vereinbarung. Es ist anzunehmen, dass Adolf Herbst schon vorher Geschäfte mit Dr. jur. Conrad Doebekke gemacht hatte.

Adolf musste ab 1941 Zwangsarbeit als Hilfsmechaniker bei der Firma Willi Popp in der Wiener Straße 1 – 10 in Berlin-Kreuzberg leisten.

Zu Beginn des Jahres 1943 wurden Adolf und Erna Herbst sowie Hedwig Brühl und Max und Lotte Goldschmidt aufgefordert, sich in der Sammelstelle Hamburger Straße 26 einzufinden. Auch Adolfs Schwägerin, die Witwe seines ältesten Bruders Bruno, Elisabeth Herbst geborene Schreiber, hatte den Deportationsbefehl für diesen Transport erhalten. Am 7. Januar 1943 füllten Adolf und Erna Herbst ihre Vermögenserklärung aus. Als Vermögen gab Adolf zwei Ölbilder und vier Radierungen sowie 300 RM auf seinem Postscheckkonto an.

Am 12. Januar 1943 verließ der 26. Osttransport mit 1.190 Personen den Güterbahnhof Berlin-Moabit. Er erreichte das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau am 13. Januar 1943. Die meisten der Insassen des Zuges wurden sofort ermordet.

Vermutlich starb Adolf Herbst mit 63 Jahren, seine Ehefrau Erna mit 53 Jahren und seine Schwägerin Elisabeth Herbst mit 62 Jahren.

Die Räumung des untervermieteten Zimmers von Adolf und Erna Herbst erfolgte am 29. April 1943 durch den Obergerichtsvollzieher Engelmann. In der Auflistung des Inventars waren 10 Bilder mit einem geschätzten Wert von 20 RM angegeben.

Lea Skaller geborene Herbst starb am 9. Mai 1944 in Johannesburg, Südafrika. Nur wenige Monate später, am 21. Oktober 1944, starb auch Oskar Skaller in Johannesburg.

Für Elisabeth Herbst wurde am 15. August 2013 in der Mommsenstraße 4 in Berlin-Charlottenburg ein Stolperstein verlegt.

Recherche und Text: Gundula Meiering, Januar 2025

Quellen:
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945;
Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin;
Arolsen Archives – Deportationslisten;
Mapping the Lives;
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über Ancestry;
My Heritage;
Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Potsdam – Vermögenserklärung,Reg.36A (II) 14538
Adolf Herbst; Neumeister Website, Magazin Nr. 16, 4. Dez. 2024: Dr. Monika Tatzkow: Fakten-Check auf den Spuren der Kunstsammlung von Oskar Schaller