Stolpersteine Reichsstraße 9

Hausansicht Reichsstraße 9

Hauseingang Reichsstraße 9

Die Stolpersteine wurden am 5. März 2013 verlegt.

Informationen von Frau Saskia Broekema, NL, 2024 erbrachten neue Erkenntnisse über Alfred Platz und seine Töchter Emma und Hanna. Zur Familie Chaim David Platz gehörte auch die Tochter Fanni. Daher wurden am 2. April 2025 neue Stolpersteine für beide Familien verlegt.

Stolperstein für Dr. Alfred Platz

Stolperstein für Dr. Alfred Platz

HIER WOHNTE
DR. ALFRED
PLATZ
JG. 1890
FLUCHT 1933 HOLLAND
1940 FRANKREICH
1943 PORTUGAL, JAMAIKA
USA

Ein Foto des aktualisierten Stolpersteins folgt.

Alfred Platz wurde am 26. Juni 1890 in Köln geboren. Er besuchte ein humanistisches Gymnasium und studierte Jura. Er interessierte sich besonders für internationales Recht, studierte auch in den Niederlanden und spezialisierte sich in niederländischem Recht – erforderliche Sprachkenntnisse inbegriffen. Er wurde ein erfolgreicher Rechtsanwalt und Notar in Berlin mit seiner Kanzlei in der Behrenstraße 20 in Berlin-Mitte. Zudem fungierte er als Rechtsberater der niederländischen Botschaft.

1918 heiratete er Anna (genannt Annie) Gerzon (1894-1929), die er während des Studiums kennengelernt hatte. Sie stammte aus einer begüterten Kaufmannsfamilie in Amsterdam, die mehrere Modehäuser besaß und Handel mit vielen Ländern trieb. Seit mindestens 1919 wohnte das Ehepaar in Charlottenburg im Haus Reichsstraße 9 in der 3. Etage. Am 9. Januar 1920 kam die erste Tochter Emma Ruth, genannt Emke, zur Welt. Am 31. März 1922 wurde ihre Schwester Hanna geboren. Die nicht-jüdische Gouvernante Elsbeth Maeder (1894-1993) gehörte zur Familie und sollte über die Jahre die wichtigste Bezugsperson für die Mädchen werden.

Als Hanna vier Monate alt war, trennte sich Annie Platz von ihrem Mann und zog mit den Töchtern und Elsbeth zu ihrem verwitweten Vater nach Amsterdam. Die Gouvernante führte den Haushalt, und Annie stieg in das Geschäft des Vaters ein. Die Ehe wurde einvernehmlich geschieden, und Alfred und Annie blieben sich freundschaftlich verbunden. Alfred besuchte seine Töchter monatlich in Amsterdam, und zweimal im Jahr verbrachten Emma, Hanna und Elsbeth drei Wochen bei ihm in Berlin

Nachdem Annies Vater Levie Lazarus Gerzon /gennannt Lion) im März 1929 verstorben war und Annie selbst im Juni desselben Jahres bei einem Flugzeugabsturz umkam, veranlasste Alfred Platz die Rückkehr seiner Töchter und der Gouvernante zu ihm nach Berlin. Er beobachtete die politische Entwicklung in Deutschland mit großer Sorge und ahnte, dass der Aufstieg der Nationalsozialisten bedrohlich werden würde. Als die beiden Mädchen um Weihnachten 1930 beim Eislaufen antisemitisch angepöbelt wurden, entschied er, sie wieder nach Amsterdam zu schicken, wo sie bei einer Schwester ihrer Mutter unterkamen. Auch dort besuchte er sie regelmäßig.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde Alfred Platz – wie allen jüdischen Rechtsanwälten und Notaren – aufgrund des “Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums” vom 7.4.1933 das Notariat sowie die Zulassung als Rechtsanwalt und damit seine Lebensgrundlage entzogen. Er zog in eine Wohnung am Kaiserdamm 77 und war im Adressbuch als Holländisch-Dolmetscher eingetragen. Als er nach einem Besuch in Amsterdam in seine Wohnung zurückkam, warnte ihn der Hauswart, dass die Gestapo bereits nach ihm gefragt habe. Alfred raffte schnell die wichtigsten Papiere zusammen und nahm den Fahrstuhl nach unten. Gleichzeitig stürmten Gestapo-Männer über die Treppe zu seiner Wohnung hinauf. Offenbar hatten Nachbarn Alfreds Anwesenheit schon gemeldet. Er flüchtete sich in die niederländische Botschaft. Einige Tage später eskortierten ihn Botschaftsangehörige problemlos über die niederländische Grenze. In Amsterdam mietete er für sich, seine Töchter und Elsbeth Maeder eine Wohnung, wo sie eine glückliche Zeit hatten.

Wochenden und Ferien verbrachten die Mädchen in einem Landhaus in Laren, das der Familie ihrer verstorbenen Mutter gehörte. Dort lernten sie die christliche Familie Ties und Agatha Kruize kennen, die ihnen später das Leben retten sollte. Die Kruizes wurden dafür im Fabruar 1989 posthum als “Gerechte unter den Völkern” von der Internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geehrt.

Als die Deutsche Wehrmacht am 10. Mai 1940 die Niederlande besetzte, befand sich Alfred Platz aus beruflichen Gründen in Frankreich. Er wollte natürlich nach Amsterdam zurückkehren, wurde aber in Brüssel verhaftet und in Perpignan inhaftiert. Da er als aktiver Nazigegner gelegentlich britischen und niederländischen Diensten Informationen zukommen lassen hatte, konnte er mit deren Hilfe aus Perpignan fliehen und nach Toulouse in die noch unbesetzte Zone Frankreichs gelangen. Von dort aus floh er weiter nach Lissabon und erhielt von der britischen Botschaft ein Visum für Jamaica, wo er bleiben sollte bis ihm im Sommer 1943 die Einwanderung in die USA erlaubt wurde. Elsbeth Maeder – und somit die Töchter – wurden darüber von einem entfernten Verwandten in der Schweiz informiert.

Alfred Platz aber wusste nicht, ob seine Töchter noch lebten und wo sie ggf. waren. Bei der Befragung durch das FBI 1943 wurde ihm gesagt, sie seien ok – ohne weitere Details. Hanna hatte sich im Juli 1945 bei der britischen Rheinarmee in Deutschland als Dolmetscherin verpflichtet und konnte ihren Vater im März 1946 in New York wiedersehen. Emma reiste schon Ende 1945 für sechs Monate zu ihrem Vater, kehrte aber in die Niederlande zurück, um Gerrit Kruize, einen Sohn ihrer Retter, zu heiraten.

Alfred Platz starb im Juni 1973 in New York.

Biografische Zusammenstellung: Gisela Morel-Tiemann auf der Basis der Informationen von Saskia Broekema, NL und des Lebensberichtes von Hanna Platz

Quellen:
  • Berliner Adressbücher 1919-1934
  • NIOD Institute for War, Holocaust and Genocide Studies, Amsterdam,
  • Yad Vashem: Kruize Ties & Agatha (Wegerif)
Stolperstein für Emma Ruth Platz

Stolperstein für Emma Ruth Platz

HIER WOHNTE
EMMA RUTH
PLATZ
JG. 1920
FLUCHT 1933 HOLLAND
AB 1942 VERSTECKT
ÜBERLEBT

Ein Foto des aktualisierten Stolpersteins folgt.

Emma Ruth (genannt Emke) Platz kam am 29. Januar 1920 als erste Tochter des Ehepaares Dr. Alfred Platz und seiner Frau Anna (genannt Annie), geb. Gerzon, in Berlin zur Welt. Ihre Schwester Hanna wurde am 31. März 1922 geboren. Der Vater war ein angesehener Rechtsanwalt und Notar mit einer Kanzlei in Berlin-Mitte. Die Familie wohnte in der Reichsstraße 9. Die Mutter stammte aus der niederländischen Familie Gerzon, Besitzer der großen Modehauskette “Gebr. Gerzon Modemagazijnen” in Amsterdam – mit etlichen Filialen in den Niederlanden, in Niederländisch Indien und insgesamt um die 3000 Angestellten. Auch die königliche Familie gehörte zu den Kunden.

Im Sommer 1922 trennte sich Annie Platz von ihrem Mann, den sie 1918 geheiratet hatte, und zog mit den zweieinhalb Jahre bzw. vier Monate alten Töchtern und deren nichtjüdischer Gouvernante Elsbeth Maeder (1894-1993) nach Amsterdam zu ihrem verwitweten Vater Levie Lazarus (genannt Lion) Gerzon. Die Eheleute Platz ließen sich scheiden, blieben sich aber freundschaftlich verbunden. Annie arbeitete fortan im Unternehmen ihres Vaters.

1929 trafen zwei schwere Schicksalsschläge die beiden kleinen Mädchen. Der Großvater starb am 8. März, und im Juni kam ihre Mutter bei einem Flugzeugabsturz um. Ihr Vater Alfred Platz veranlasste die Gouvernante daraufhin, mit seinen beiden Töchtern zu ihm nach Berlin zurück zu kommen. So lebten sie ab Oktober 1929 wieder mit ihm zusammen in der Reichsstraße 9. Die Gouvernante Elsbeth Maeder führte den Haushalt. Aber auch diese Berliner Zeit sollte nur eine kurze Episode bleiben.

Bereits vor der Machtübergabe an die Nationalsozialisten ahnte Alfred Platz, dass schlimme Zeiten auf Deutschland und insbesondere auf Menschen jüdischen Glaubens zukommen würden. Nachdem die beiden Mädchen um Weihnachten 1930 in einem Eisstadion von einem Jugendlichen antisemitisch angepöbelt worden waren, entschied er, sie wieder nach Amsterdam zu schicken. Ab Anfang 1931 kamen sie zusammen mit Elsbeth Maeder, die die engste Beziehungsperson und die einzige Kontinuität im Leben der Mädchen war, bei der Familie der älteren Schwester ihrer Mutter, Sara Erna Reens, geb. Gerzon, unter. Dort besuchte der Vater sie regelmäßig. Nachdem die Nazis an die Macht gekommen waren, floh Alfred Platz 1933 ebenfalls nach Amsterdam und wohnte fortan mit seinen Töchtern und der Gouvernante in einer eigenen Wohnung. Bis zur Besetzung der Niederlande durch die Deutsche Wehrmacht am 10. Mai 1940 hatten sie dort eine gute Zeit.

Wochenden und Ferien verbrachten die Mädchen in einem Landhaus in Laren, das den Hamburgers gehörte – der Familie von Annies jüngerer Schwester Clara Bertha Gerzon. Bei ihren vielen sportlichen Aktivitäten lernten sie die christliche Familie Ties und Agatha Kruize kennen. Ties Kruize (1893-1952) war Immobilienmakler, seine Frau Agatha Johanna geb. Wegerif (1893-1965) Hausfrau. Sie hatten vier Kinder mit denen Hanna und Emke sich eng befreundeten. Die Kruizes wohnten in Blaricum, einem Nachbarort von Laren in der Provinz Nordholland, und Emma und Hanna waren oft bei ihnen zu Gast und umgekehrt.

Die Tage nach dem Angriff der Deutschen Wehrmacht auf die Niederlande am 10. Mai 1940 verbrachten Emma, Hanna und Elsbeth in Amsterdam im Bombenhagel und in ständiger Angst, ob sie die nächsten Stunden und Tage überleben würden. Der Vater Alfred Platz befand sich zu diesem Zeitpunkt aus beruflichen Gründen in Frankreich. Die Familien Gerzon waren aus Amsterdam geflohen und erreichten später die USA. Elsbeth Maeder trug also allein die Verantwortung für die Mädchen, ohne jedoch in irgendeiner Weise formal entscheidungsberechtigt zu sein. Ihre materielle Situation wurde zunehmend prekär. Ties Kruize war klar, dass die beiden Mädchen über die Bombardierungen hinaus als Jüdinnen in höchste Gefahr kommen würden, und war immer zur Stelle, um zu helfen wo und wie es nur ging. Er versuchte, sie nach England zu schicken – ohne Erfolg – und bot sein Haus in Blaricum als Versteck im Notfall an.

Nach und nach wurden der niederländischen Verwaltung nationalsozialistische Gesetze aufgezwungen. Trotz allem konnte Emke bis zur Enteignung des Unternehmens der Gerzons im Frühjahr 1941 noch dort arbeiten. Hanna wurde von den Gebühren für die Privatschule befreit und konnte erfolgreich ihr Abitur machen. Ab Januar 1941 mussten sich alle jüdischen Menschen registrieren lassen und den “gelben Stern” tragen. Erste Verhaftungswellen und Deportationen folgten. Proteste der niederländischen Bevölkerung wurden brutal niedergeschlagen.

Im April 1942 wurde die Wohnung von Elsbeth, Emma und Hanna von der Polizei durchsucht mit dem Ziel, Alfred Platz zu finden und zu verhaften. Da die drei Frauen vorher gewarnt worden waren, hatten sie Papiere verbrannt und einige Wertsachen bei Freunden versteckt. Elsbeth hatte erreicht, dass die Wohnung samt Inventar als ihr Eigentum registriert worden war. Zudem hatte sie sich unter Druck dem Deutschen Roten Kreuz angeschlossen und Geld gesammelt. Dafür hatte sie eine Ausgabe von Hitlers “Mein Kampf” mit persönlichen Dankesworten erhalten. All dies zeigte sie den Polizisten vor und drohte wütend, sich als deutsche nichtjüdische Staatsbürgerin bei Vorgesetzten über die Männer zu beschweren. Das wirkte – zumindest für eine gewisse Zeit.

Im Juni 1942 wurden Emke und Hanna aufgefordert, sich beim zentralen Emigrationsbüro registrieren zu lassen. Während der Befragung u.a. über den Aufenthalt ihres Vaters, seine Bankkonten und Finanzen, die sie mit Unwissen beantworteten, wurden sie angeschrien und bedroht. Hanna fragte schließlich wütend den Verhörenden, ob er seinen Kindern solche Informationen gebe. Der war so überrascht, dass er die jungen Frauen gehen ließ. Elsbeth beschloss, sie zu anderen Verwandten ihrer verstorbenen Mutter Annie zu schicken, blieb aber selbst in der Wohnung in Amsterdam. Die Gefahr für Emke und Hanna wurde dramatisch. Am 12. Juli 1942 holte ein im Widerstand aktiver Freund sie ab und brachte sie zum Zug nach Blaricum – nicht ohne genaueste Anweisungen für “unverdächtiges” Verhalten gegeben zu haben. Den gelben Stern hatten sie von ihrer Kleidung entfernt.

Getrennt voneinander erreichten die beiden Mädchen das Haus der Familie Kruize, wo sie von diesem Tag an bis Kriegsende in einem von außen nicht einsehbaren Dachboden versteckt wurden. Sobald niemand außer der Familie Kruize anwesend war, konnten sie sich im Haus frei bewegen und nützlich machen. Nur nachts war es ihnen erlaubt, im Garten ein wenig frische Luft zu schnappen. Sie bekamen falsche Identitäten als angebliche Verwandte der Kruizes, die sie durch intensives Training verinnerlichen mussten. Im Laufe der Jahre wurden auch die Lebensumstände der Kruizes – wie aller Niederländer – z. B. durch Lebensmittelrationierung – immer schwieriger. Der Garten wurde zum Gemüsegarten, und auch Hühner, Schweine und Schafe wurden zur Versorgung der Familie und ihrer illegalen Gäste gehalten. Schwarzmarktgeschäfte trugen dazu bei, das Nötigste zum Überleben zu organisieren. Hanna entwickelte die Fähigkeit, Unterschriften zu fälschen und konnte so Ties Kruize bei seinen Widerstandsaktivitäten unterstützen.

Der Kontakt zu Elsbeth Maeder blieb erhalten, wurde aus Sicherheitsgründen aber auf ein Minimum reduziert. Elsbeth trug zum Unterhalt der Mädchen bei, indem sie u.a. die umfangreiche Bibliothek von Alfred Platz, Schmuck und andere Wertgegenstände verkaufte, die Wohnung vermietete und selbst zunächst zu entfernten Verwandten von Emke und Hanna zog. 1943 siedelte sie nach Laren über und wohnte in einem Cottage auf einem Grundstück, das die Deutschen requiriert hatten. Dort war sie als nichtjüdische Deutsche mehr oder weniger unverdächtig und engagierte sich ebenfalls im Widerstand.

Ties Kruize, der mit verschiedenen Widerstandsgruppen vernetzt war, und seine Frau Agatha gefährdeten durch die Aufnahme von Emke und Hanna Platz nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihrer vier Kinder Elsje, Sieke, Gerrit (genannt Ekkie) und Hendrik (genannt Roepie). Als Ekkie zur Zwangsarbeit nach Deutschland geschickt werden sollte, musste auch er untertauchen und lebte bis Kriegsende in seinem Elternhaus im Versteck. Dasselbe Schicksal traf seinen Bruder Roepie 1944. Im Schlafzimmer der Kruizes gab es einen begehbaren Schrank, der zum Versteck umgebaut und mit einem großen Spiegel getarnt wurde. Bei einer Razzia wurde zwar weder dieses Versteck noch das von Emke und Hanna entdeckt, Ties Kruize aber verhaftet. Er kam nach einer Woche aufgrund außerordentlich geschickter Bemühungen seiner Frau wieder frei.

So lebten die Kruizes, Emke und Hanna Platz und weitere versteckte Menschen – u.a. ein amerikanischer Pilot, der den Abschuss seines Flugzeugs überlebt hatte – unter ständiger Bedrohung bis sie im Sommer 1944 wg. der Landung der Alliierten, der Befreiung von Paris und Brüssel und des Kriegsverlaufs an der Ostfront wieder ein wenig Hoffnung schöpfen konnten. Im September 1944 zog auch Elsbeth Maeder in das Haus der Kruizes ein und deklarierte es bei weiteren Razzien erfolgreich als “deutschen Haushalt”. Gleichzeitig wurde in einem Raum das “Headquarter” des regionalen Widerstandes eingerichtet mit heimlichen Telefonleitungen etc., in dem verschiedene Personen unterschiedlicher Nationalitäten arbeiteten.

Als die Alliierten am 5. Mai 1945 die Niederlande vollständig befreiten, hissten die vielen Bewohner des Hauses Kruize im Garten die niederländische Flagge und die der Allierten, wobei die jeweilige Nationalhymne gesungen wurde. Tage darauf zogen Elsbeth Maeder, Emke und Hanna Platz in das Cottage in Laren. Elsbeth war eine der ersten Personen, die die niederländische Staatsbürgerschaft bekam, während Emke und Hanna ihre ursprünglichen deutschen Papiere, die im Garten vergraben waren, nicht wiederfanden. Wegen der guten Verbindungen von Ties Kruize und seiner Widerstandsgruppe wurde ihr Aufenthalt aber bald legalisiert. Sie lebten von Hilfslieferungen der Alliierten, insbesondere der Kanadier. Ihr Vater Alfred Platz in New York wurde vom Überleben seiner Töchter informiert. Er starb im Juni 1973 in New York.

Hanna Platz arbeitete ab August 1945 fünf Monate lang als Sekretärin und Dolmetscherin für die britische Rheinarmee und reiste im März 1946 in die USA zu ihrer Familie. Ab Juni 1946 war sie Mitarbeiterin des stv. Generalsekretärs der UN. Hanna Platz, verheiratete Roth, starb im Juni 1996 in der Schweiz.

Emke Platz war schon Ende 1945 zu ihrem Vater nach New York gezogen, aber Ekkie Kruize und sie hatten sich ineinander verliebt, sodass sie nach Holland zurückkehrte. Sie heirateten im November 1946. Emke Kruize-Platz starb am 23. März 2020 in Armonk, NY, USA.

Elsbeth Maeder lebte in den 1980er Jahren im Alter von 84 Jahren noch immer bei der Familie Platz in den USA. Sie starb am 5. Oktober 1993 – drei Tage nach ihrem 99sten Geburtstag – in Cary, NC, USA.

Ties Kruize starb – als Widerständler hoch dekoriert – im März 1952, seine Frau Agatha im Juni 1965. Sie wurden posthum für die Rettung von Emke und Hanna Platz am 22. Februar 1989 von der Internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem als “Gerechte unter den Völkern” anerkannt und geehrt.

Biografische Zusammenstellung: Gisela Morel-Tiemann auf der Basis der Informationen von Saskia Broekema, NL und des Lebensberichtes von Hannah Platz

Quellen:
  • Annie Gerzon

    Annie Gerzon

  • Auf der Kirmes v.l.n.r. Clara Hamburger, Peter Hamburger, Emke Platz, Sieke Kruize, Hannah + Dr Alfred Platz.

    Auf der Kirmes v.l.n.r. Clara Hamburger, Peter Hamburger, Emke Platz, Sieke Kruize, Hannah + Dr Alfred Platz.

  • Agatha und Ties Kruize 1943

    Agatha und Ties Kruize 1943

Stolperstein für Hanna Platz

Stolperstein für Hanna Platz

HIER WOHNTE
HANNA PLATZ
JG. 1922
FLUCHT 1933 HOLLAND
AB 1942 VERSTECKT
ÜBERLEBT

Ein Foto des aktualisierten Stolpersteins folgt.

Stolperstein für Chaim David Platz

Stolperstein für Chaim David Platz

HIER WOHNTE
CHAIM DAVID
PLATZ
JG. 1907
FLUCHT 1940 BELGIEN
INTERNIERT MECHELEN
DEPORTIERT 26.9.1942
AUSCHWITZ
1945 KZ BUCHENWALD
ERMORDET

Chaim David Platz wurde am 15. Mai 1907 in Deljatyn, einer kleinen Stadt, die damals zum österreichischen Galizien gehörte (heute Ukraine), geboren. Über seine Eltern, Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Ebenso wenig war herauszufinden, wann er Elisabeth Neubauer heiratete, die 1906 im thüringischen Meuselwitz zur Welt gekommen war, Nachdem die Familie zunächst in Sachsen lebte, kam sie wohl Mitte der 30er-Jahre nach Berlin. Unklar bleibt, ob und ggf. in welchem Verwandtschaftsverhältnis David Platz zu dem 17 Jahre älteren und aus Köln stammenden Dr. Alfred Platz stand.

In den Berliner Adressbüchern steht David Platz als Handelsvertreter von 1936 bis 1938 unter der Adresse Straßburger Straße 3 in Berlin-Prenzlauer Berg. Vermutlich war dies seine Firmenadresse.

State Archives, Brussels - digitized by Kazerne Dossin

Das Ehepaar Platz hatte drei Kinder. Die beiden älteren kamen in Dürrenberg in der damaligen preußischen Provinz Sachsen zur Welt Charles, am 11.September 1930 und Fanni am 22. Dezember 1933. Achim, der jüngste, wurde am 15. Dezember 1937 in Berlin geboren. Auch über deren Lebensweg war nichts herauszufinden

Familie Platz floh vermutlich 1939 nach Belgien und kam in Antwerpen in der Wipstraat 42 unter. Nachdem die Deutsche Wehrmacht im Mai 1940 das neutrale Königreich Belgien besetzt hatte, waren sie auch hier ihres Lebens nicht mehr sicher. Bei einer der Razzien in Antwerpen zwischen Juli und September 1942 wurde die Familie verhaftet und in der Kaserne Dossin in Mechelen interniert. Am 24. September wurden Elisabeth, Charles, Fanni und Achim unter den Nummern 1711-1714 für den Transport „nach Osten” registriert. Chaim wurde am 25. September unter der Nummer 2503 registriert. Der „Transport Nr. XI” mit über 1700 Verfolgten, von denen nur 30 überlebten, ging am 26. September 1942 von Mechelen in Richtung Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz ab und kam dort am 28. September 1942 an. Es ist zu vermuten, dass Elisabeth Platz und ihre Kinder unmittelbar nach Ankunft des Transports in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau umkamen. David Platz wurde als staatenloser Jude und Arbeiter unter der Nummer 66143 registriert und musste Zwangsarbeit leisten. In manchen Dokumenten wird seine Ehefrau genannt, bzw. er selbst als verheiratet bezeichnet. Von den Kindern ist nie mehr die Rede.

Kurz bevor die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz befreite (27. Januar 1945), wurden Tausende Häftlinge auf sogenannte „Todesmärsche” nach Westen geschickt – teils in offenen Bahnwagen, teils zu Fuß. Viele erfroren oder starben aufgrund ihres desolaten Allgemeinzustandes. Etliche, die nicht mehr weitergehen konnten, wurden erschossen.

David Platz gehörte einer Kolonne an, die vermutlich am 16. Januar 1945 in Richtung KZ Buchenwald losgeschickt wurde und dort am 21. Januar 1945 ankam. In einer „Überstellungsmitteilung” vom KZ Auschwitz an das KZ Buchenwald, ist er unter der Nummer 117495 als polnischer Jude und Schuhmacher verzeichnet. Eine von ihm selbst unterschriebene Karteikarte, in der die „Effekten” aufgeführt wurden, die bei der Einlieferung in das KZ Buchenwald abzugeben waren, bestätigt, dass David Platz Buchenwald noch lebend erreichte. Es gab allerdings nichts, was er hätte abgeben müssen. Er besaß nur noch, was er am Leibe trug – die Häftlingskleidung aus Auschwitz. Danach verliert sich seine Spur. Chaim David Platz überlebte die Shoah nicht.

Recherche und Text: Gisela Morel-Tiemann

Quellen:
  • Berliner Adressbücher
  • Gedenkbuch des Bundesarchivs
  • ITS Arolsen: https://collections.arolsen-archives.org/de/document/500826 und weitere, u.a. Effektenkarte: DocID: 6835350
  • Felix Archief: FelixArchief ; 4031#8119 DetailPagina | FelixArchief
  • Antwerpen Gedenkt – Antwerpen gedenkt des Zweiten Weltkriegs
  • Kaserne Dossin: In memoriam – Kazerne Dossin MemorialKazerne Dossin Memorial
  • Namensliste XI Transport Mechelen-Auschwitz: Yad Vashem Collections
  • Todesmärsche; LeMO Zeitstrahl – Der Zweite Weltkrieg – Völkermord – Todesmärsche
Stolperstein für Elisabeth Platz

Stolperstein für Elisabeth Platz

HIER WOHNTE
ELISABETH
PLATZ
GEB. NEUBAUER
JG. 1906
FLUCHT 1940 BELGIEN
INTERNIERT MECHELEN
DEPORTIERT 26.9.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET

Stolperstein für Charles Platz

Stolperstein für Charles Platz

HIER WOHNTE
CHARLES PLATZ
JG. 1930
FLUCHT 1940 BELGIEN
INTERNIERT MECHELEN
DEPORTIERT 26.9.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET

Stolperstein für Fanni Platz

HIER WOHNTE
FANNI PLATZ
JG. 1933
FLUCHT 1940 BELGIEN
INTERNIERT MECHELEN
DEPORTIERT 26.9.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET

Stolperstein für Achim Platz

Stolperstein für Achim Platz

HIER WOHNTE
ACHIM PLATZ
JG. 1937
FLUCHT 1940 BELGIEN
INTERNIERT MECHELEN
DEPORTIERT 26.9.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET

Alle Texte und Bilder auf dieser Webseite sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nicht ohne Erlaubnis des/r Rechteinhaber*in verwendet werden.

Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf

Wegen der Wartezeit von 3 bis 4 Jahren können keine neuen Anträge für Stolpersteine angenommen werden. Bereits registrierte Anträge werden bearbeitet.

Because of a waitingtime of 3 to 4 years new requests for Stolpersteine cannot be accepted. Requests already registered will be processed.

Adresse

Stolperstein

Verkehrsanbindungen