Stolpersteine Westfälische Straße 31

Hauseingang Westfälische Str. 31

Hauseingang Westfälische Str. 31

Die Stolpersteine für Elsbeth und Rudolf Leseritz wurden am 11. Mai 2010 verlegt.

Die Stolpersteine für Heinrich und Susi Moses wurden von A. Schmitz (Berlin), der für Mary Krueger vom Verein der Geschäftsleute Westfälische Straße e.V. gespendet. Sie wurden am 6. Mai 2014 verlegt.

Der Stolperstein für Dr. Eugen Raven-Rosen-Baum wurde am 11. April 2024 verlegt.

Stolperstein Mary Krueger, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Mary Krueger

HIER WOHNTE
MARY KRUEGER
GEB. LIACHOWSKY
JG. 1884
DEPORTIERT 4.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Mary Krueger, geb. Liachowsky kam am 11. November 1884 in Königsberg (Ostpreußen) zur Welt. Sie heiratete Emil Adolf Krueger. Der Sohn Gerhard Krueger wurde am 12. Oktober 1914 in Berlin-Charlottenburg geboren. Bald danach fiel der Vater im Ersten Weltkrieg. Er war nach der Rassenideologie der Nationalsozialisten „Arier“, während sie „Jüdin“ war. Ihr Sohn galt dadurch als Mischling 1. Grades.

Mary Krueger arbeitete als Bürovorsteherin einer Notariatskanzlei. Bis 1. Januar 1936 wohnte sie mit ihrem Sohn zusammen, der dann nach Schöneberg zog und am Leben blieb. Die Gestapo versiegelte ihre Wohnung am 27.2.1943. Das Vermögen wurde laut Verfügung der Gestapo vom 28.2.1943 eingezogen. Sie musste sich im Sammellager an der Großen Hamburger Straße 26, einem von den Nazis zweckentfremdeten jüdischen Altersheim, registrieren lassen und wurde am 4. März 1943 im Alter von 58 Jahren in einem mit 1143 Menschen überfüllten Zug vom Bahnhof Grunewald nach Auschwitz deportiert, wo sie ermordet worden ist.

Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten

Text: Vanessa Hylton/Josephine Omotoye

Stolperstein Rudolf Leseritz, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Rudolf Leseritz

HIER WOHNTE
RUDOLF LESERITZ
JG. 1882
DEPORTIERT 2.3.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Stolperstein Elsbeth Leseritz, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Elsbeth Leseritz

HIER WOHNTE
ELSBETH LESERITZ
GEB. CORTY
JG. 1893
DEPORTIERT 2.3.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Stolperstein Heinrich Moses, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Heinrich Moses

HIER WOHNTE
HEINRICH MOSES
JG. 1892
VERHAFTET 24.7.1941
ZUCHTHAUS BRANDENBURG
DEPORTIERT 26.6.1942
ERMORDET IN
MINSK

Heinrich Moses , geboren am 20. Januar 1892 in Berlin, hat eine Ausbildung in der Konfektionsbranche bei der Firma Simon & Co. in der Leipziger Straße gemacht und dort als Einrichter, Kalkulator und Konfektionär gearbeitet. Abends besuchte er eine Handelsschule. Mit 20 Jahren wurde er zum Militär eingezogen. Er diente von 1912 bis 1917 bei einem Infanterieregiment in Lötzen (Ostpreußen). Sein Einsatz für Deutschland im Ersten Weltkrieg hatte bleibende gesundheitliche Schäden. Infolge eines Hirnabszesses musste er sich mehreren Operationen unterziehen. Auf einem Ohr war er taub und er hatte rheumatische Beschwerden. Deswegen erhielt er eine kleine Invalidenrente.

Er arbeitete als selbstständiger Kaufmann und besaß ein Grundstück in Gumbinnen (Ostpreußen), Bismarckstr. 8, Ecke Lange Reihe 8 (heute Gussev in der russischen Enklave Kaliningrad zwischen Polen und Litauen). Dort betrieb er ein Warenhaus. 1915 heiratete er Susi Kaulbars. Mit ihr hatte er drei Kinder: Alexander (Horst), geboren am 7. Juli 1917 in Lötzen, Werner (Avner), geboren am 14. März 1919, und Ruth, geboren am 31. Januar 1922, beide in Gumbinnen.

Das Grundstück und Warenhaus in Gumbinnen musste er 1934 zwangsweise verkaufen und siedelte dann nach Berlin über. 60 Prozent vom Erlös aus diesem Zwangsverkauf musste er an den nationalsozialistischen Staat zahlen. Die beiden Söhne wanderten Mitte 1934 als Minderjährige nach Palästina aus. Ihre Schwester Ruth verließ Deutschland im September 1938.

Heinrich Moses und seine Frau Susi wollten ebenfalls nach Palästina auswandern. In einem Brief vom Januar 1939 bat er seinen ältesten Sohn ihm einen Beleg aus Palästina zu besorgen, so dass er dorthin einwandern könnte. Woran ihre Auswanderung letztlich scheiterte, ist nicht eindeutig nachvollziehbar.

Heinrich Moses

Heinrich Moses

Ab Juli 1941 war er in Brandenburg/Görden im Zuchthaus inhaftiert. Es wurde ihm ein Vergehen gegen die Kriegswirtschaftsordnung vom 4.9.1939 und gegen die Verordnung „zur vorläufigen Sicherstellung des lebenswichtigen Bedarfs des deutschen Volkes“ vom 5.9.1939 vorgeworfen.

Die Anklage lautete auf „Spinnstoffwarenschiebung“. Er hatte 41 Paar Damenstrümpfe ohne Erlaubnis weiterverkauft. Nach sechs Monaten Untersuchungshaft im Gefängnis Plötzensee wurde er zu einem Jahr und 6 Monaten Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Haftverbüßung wurde er nicht auf freien Fuß gesetzt, sondern aus dem Zuchthaus Brandenburg direkt in das Polizeigefängnis am Alexanderplatz überführt.

Von dort wurde er in das Sammellager an der Hamburger Straße gebracht, wo er wohl seine Frau wiedertraf. Sie wurden dann vom Bahnhof Grunewald nach Minsk deportiert. Der von den NS-Behörden als „16. Osttransport“ bezeichnete Zug, der in Berlin mit 202 Personen losfuhr und vom 24. bis 26. Juni unterwegs war, wurde wahrscheinlich in Königsberg mit einem zweiten Zug kombiniert. Dieser bestand dann aus 25 Güterwagen und erreichte Minsk mit 770 Deportierten, die von 18 Begleitern bewacht wurden. Ob Heinrich Moses, zu diesem Zeitpunkt 50 Jahre alt, gleich nach der Ankunft bei einer der Massenerschießungen der SS ermordet wurde oder ob er zu den 20 bis 50 Personen aus jedem Transport gehörte, die überwiegend auf dem Landgut der SS bei Maly Trostinec arbeiten mussten, wissen wir nicht.

Recherche/Text: Martina Dethloff
Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin, Bundesarchiv Berlin, Gottwaldt/Schulle: Die Judendeportationen. Wiesbaden 2005

Stolperstein Susi Moses, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Susi Moses

HIER WOHNTE
SUSI MOSES
GEB. KAULBARS
JG. 1896
DEPORTIERT 24.6.1942
ERMORDET IN
MINSK

Susi Moses wurde am 18. Januar 1896 in Mierunsken im Kreis Oletzko (Ostpreußen) als Tochter von Luis und Rachel Kaulbars geboren. Sie heiratete 1915 in einer sogenannten Kriegstrauung Heinrich Moses. Sie selbst hatte keinen Beruf erlernt und war nach der Eheschließung Hausfrau. Sie brachte drei Kinder zur Welt: Alexander (Horst), geboren am 7. Juli 1917 in Lötzen, Werner (Avner), geboren am 14. März 1919, und Ruth, geboren am 31. Januar 1922, beide in Gumbinnen Ihre beiden Söhne wanderten noch als Minderjährige Mitte 1934 nach Palästina aus. Ihre Tochter Ruth verließ Deutschland im September 1938.

Ein Schreiben ihres Mannes zeigt, dass sie auch auswandern wollten. Woran ihre Auswanderung scheiterte, ist nicht eindeutig nachvollziehbar. In einem Brief vom Januar 1939 bat er seinen ältesten Sohn ihm einen Beleg aus Palästina zu besorgen, so dass sie dorthin einwandern könnten. Nach 1939 musste sie ihre Dreizimmerwohnung in der Westfälischen Straße 31 verlassen und in ein Dachzimmer in der Nestorstraße 4 zur Untermiete bei Frau Alma Landshut ziehen.

Susi Moses

Susi Moses

Sie arbeitete bis zur ihrer Deportation nach Osten als zwangsverpflichtete Fabrikarbeiterin im Kabelwerk Wilhelminenhof in Schönweide. Im Juni 1942 wurde sie in das Sammellager Große Hamburger Straße gebracht und von dort nach Minsk deportiert. Ihr Mann, der vorher inhaftiert gewesen war, befand sich in demselben von den Nationalsozialisten als „16. Osttransport“ eingeordneten Zug. Sie hatten sich wohl bereits vor dem Transport in der Großen Hamburger Straße 26, einem als Sammelstelle der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) verwendeten jüdischen Altersheim, wieder getroffen.
Wahrscheinlich ist Susi Moses kurz nach der Ankunft in Minsk am 26. Juni 1942 von der SS erschossen worden. Sie war 46 Jahre alt.

Recherche/Text: Martina Dethloff
Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin, Bundesarchiv Berlin

Stolperstein Ernst Jakob Neustadt, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Ernst Jakob Neustadt

HIER WOHNTE
ERNST JAKOB
NEUSTADT
JG. 1899
VERHAFTET 1939
SACHSENHAUSEN
DEPORTIERT 29.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET 16.4.1942
POSEN
ZWANGSARBEITERLAGER

Stolperstein Eugen Raven-Rosen-Baum

HIER WOHNTE
DR. EUGEN
RAVEN-ROSEN-BAUM
JG. 1877
DEPORTIERT 12.1.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Text und Familienzeugnisse von Dr. Christian Siebert, Großneffe, Constanze Huber, meine Schwester, mein Cousin Professor Dr. Götz Klöcker und seine Schwester Anne Klöcker, alle Großneffen und Nichten von Onkel Eugen und Urgroßenkel von Henriette Henschel, geb Rosenbaum und Schwester von Onkel Eugen:

Dr. Eugen Raven – Rosen – Baum wurde am 2. Juli 1877 als Sohn des Dr. phil. Feodor Rosenbaum und Valeska Rosenbaum geb. Cohn in Berlin-Mitte geboren. Er hatte noch eine Schwester, Henriette Henschel, geb. Rosenbaum, geb. am 15. Mai 1879, unsere Urgroßmutter, mit der er innige Bande hatte und die leider 1938 vor Kummer verstarb.
Er besuchte die Schule in Berlin, absolvierte ein Ingenieursstudium und promovierte anschließend.
Nach seinem Studium in Berlin zog es ihn im Jahr 1903 in die USA. Dort arbeitete er als Ingenieur für die Firma Linde in Philadelphia, die gerade begann, sich auf dem amerikanischen Markt zu etablieren. Dort machte Eugen anscheinend auch durch eine technische Erfindung Furore.
Er heiratete in Philadelphia Frau Bertha Lehmann und hatte mit ihr eine Tochter, Lilian.
Nach der Scheidung der Ehe im Jahr 1921 zog es ihn nach Deutschland und besonders nach Berlin zurück.
Mit dem ersparten Geld aus den USA erwarb er nicht weit von Berlin entfernt ca. 1922 das Landgut „Ravenhorst“ Strubensee in Lindow, Mark, am Vielitzsee für 850 000 Goldmark. Dort kümmerte er sich um Landwirtschaft und Gutsverwaltung.

Dr. Eugen Raven-Rosen-Baum im Kreise seiner Familie

Viel Vergnügen und eine lebenslange Erinnerung bedeutete er für seinen Großneffen und meinen Vater, Dr. Carl Gerhard Raven Siebert, geboren 1925, der seine Jugend bis zum zehnten Lebensjahr zum Teil mit ihm auf dem Gut verbrachte und uns Kindern oft von ihm erzählte. Mein Vater ist auf den Fotos mit Onkel Eugen auf einem Spaziergang abgebildet als 5-Jähriger und auf dem Pferd sitzend als etwa 1-Jähriger.
Schon 1933, nach der Machtübergabe an die Nazis, übertrug er vorsichtshalber den Besitz des Landguts an seine Nichte und unsere halbjüdische Großmutter Helga Siebert, aber bis 1935 konnte er noch als Geschäftsführer des Gutes fungieren.

Ausweis von Dr. Eugen Raven – Rosen – Baum

Noch im selben Jahr 1935 folgte dann die Zwangsenteignung seiner Nichte.
Über die Zeit zwischen 1935 bis 1943 gibt es auch im Familienkreise keine Informationen.
Eugen wohnte in Westfälischen Straße 31 und bekam dort die Vermögenserklärung zugestellt, ein sicheres Zeichen für die bevorstehende Deportation.
Mit nahezu 1190 anderen Menschen wurde er am 12. Januar 1943 von der alten Schönhauser Straße 58 unter unwürdigsten Bedingungen in einen Deportationszug nach Auschwitz gezwängt und dort ermordet.

Textbearbeitung: Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf