Stolpersteine Caspar-Theyß-Straße 26

Hausansicht Caspar-Theyß-Str. 26

Die Stolpersteine für Elsbeth, Dr. Agathe und Margarete Lasch wurden am 11.5.2010 verlegt.

Die Stolpersteine für die Familie Bütow wurden am 16.4.2013 verlegt.

Stolperstein für Elsbeth Lasch

Stolperstein für Elsbeth Lasch

HIER WOHNTE
ELSBETH LASCH
JG. 1877
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Elsbeth Lasch (auch Elisabeth, Rufname Else) wurde am 23. Oktober 1877 in Berlin geboren. Die Eltern hießen Emma (gestorben 1922) und Siegbert (gestorben 1918), er war Inhaber einer Lederhandlung. Sie hatten vier Kinder zusammen: Elsbeth, Agathe, Albert und Margarete. Albert Lasch wurde am 12. August 1883 in Berlin geboren und starb am 20. April 1921. Den Berliner Adressbüchern von 1914 und 1915 ist zu entnehmen, dass Albert zunächst als Elektroingenieur, ab 1916 dann als Kaufmann und Mitinhaber der Lederhandlung seines Vaters tätig war. Eine ältere Stiefschwester aus der ersten Ehe des Vaters war Hedwig Lasch, am 3. August 1875 in Berlin geboren und später mit Adolf (eigentlich: Abraham) Kauffmann (am 26. Januar 1857 geboren) verheiratet. Er war Chefbuchhalter bei der AG für chemische Produkte.

Ex-Líbris

Wie ihre beiden Schwestern Agathe und Margarete besuchte Elsbeth Lasch eine höhere Mädchenschule. Sie war an verschiedenen Schulen Zeichen- und Turnlehrerin. Außerdem betätigte sich Elsbeth als Kunstgewerblerin, Malerin und Graphikerin. Unter anderem entwarf sie ein Ex Libris für ihre Schwester Agathe:

In den Berliner Adressbüchern war Elsbeth Lasch ab 1897 mit einem Eintrag als Zeichen- und Turnlehrerin verzeichnet. Zunächst Schönhauser Straße 12, dann Rosenthaler Staße 45, danach Seesener Straße 29. Schließlich zog sie nach dem Tod der Mutter mit Margarete in deren ehemalige Wohnung in die Caspar-Theyß-Straße 26, wohin auch Agathe zog.

Am 13. August wurde Elsbeth Lasch wie ihre beiden Schwestern abtransportiert und von der Sammelstelle in der einstigen Synagoge Levetzowstraße am 15. August 1942 vom Güterbahnhof Moabit in einem mit 938 oder 1004 Menschen vollgestopften Zug nach Riga-Skirotava deportiert, eine qualvolle Fahrt, die vier Tage dauerte. Dort in der Nähe wurde sie am 18. August 1942 wie fast alle sofort erschossen.

Stolperstein für Dr. Agathe Luise Lasch

Stolperstein für Dr. Agathe Luise Lasch

HIER WOHNTE
DR. AGATHE LUISE
LASCH
JG. 1879
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMODET 18.8.1942

Agathe Luise Lasch ist am 4. Juli 1879 in Berlin geboren. Sie war eines von vier Kindern einer jüdischen Kaufmannsfamilie. Die Eltern hießen Siegbert (26. November 1841 bis 28. Januar 1918) und Emma geb. Fränkel (3. Februar 1850 bis 1922), die Geschwister Elsbeth, Albert und Margarete. Wie ihre Schwestern absolvierte sie eine Lehrerinnenausbildung und war danach an verschiedenen Mädchen- und Gewerbeschulen tätig. 1906 machte sie das Abitur am Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Charlottenburg, danach studierte sie in Halle und Heidelberg Germanistik und promovierte 1909. In Berlin war sie aber als Frau nicht zu Lehrveranstaltungen zugelassen. Agathe Lasch hatte jedoch einen herausragenden Ruf und wurde Associate Professor an der Frauenuniversität Bryn Mawr College in Pennsylvania/USA.

1917 kehrte sie nach Deutschland zurück und wurde Assistentin am Deutschen Seminar in Hamburg. Nach ihrer Habilitation 1919 wurde Dr. Lasch 1923 die erste Professorin an der Universität Hamburg sowie die erste des Faches Germanistik in Deutschland. 1917 kehrte sie nach Deutschland zurück und wurde Assistentin am Deutschen Seminar in Hamburg. Lasch erhielt 1923, wiederum als erste Frau in Deutschland, den Professorentitel. 1926 wurde für Prof. Dr. Lasch an der Hamburger Universität ein außerordentlicher Lehrstuhl für Niederdeutsche Philologie geschaffen. Sie begründete die historische Erforschung der mittelniederdeutschen Sprache und arbeitete an zwei Wörterbuchprojekten.

Ihre Entlassung nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus konnte zunächst kurze Zeit durch Intervention ausländischer Wissenschaftler verhindert werden. 1934 verlor sie dann doch ihren Lehrstuhl. Sie war unverheiratet und zog 1937 zu zwei ihrer drei ebenfalls nicht verheirateten Schwestern Elsbeth und Margarete nach Berlin in den Stadtteil Wilmersdorf in die Caspar-Theyß-Straße 26. Im Berliner Adressbuch 1939 war sie eingetragen als Prof. a.D. Sie bekam Publikationsverbot ihre Bibliothek von etwa 4000 Bänden wurde am 9. Juli 1942 beschlagnahmt. Die Annahme von Rufen an ausländische Universitäten (1939 nach Dorpat und später nach Oslo) wurde von der deutschen Regierung verhindert.

Am 13. August 1942 wurde sie zusammen mit ihren Schwestern ins Sammellager Levetzowstraße 7-8 abgeholt. Am 15. August 1942 wurden alle drei nach Riga deportiert. Die Fahrt dauerte vier Tage und drei Nächte. Ihr Todesort war Riga. Den Todestag gab das Bundesarchiv mit dem 18. August 1942 an. Sie wurde erschossen.

In Hamburg wurde der Agathe-Lasch-Weg nach ihr benannt. Seit 1992 wird der Agathe-Lasch-Preis für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Norddeutschen Sprachforschung verliehen. In der Universität Hamburg trägt ein Hörsaal seit 1999 ihren Namen. In Berlin-Halensee wurde 2004 ein Agathe-Lasch-Platz nahe dem Kurfürstendamm an der Ecke Joachim-Friedrich-Straße/JohannGeorg-Straße nach ihr benannt. 2007 wurde ein Stolperstein in Hamburg vor der Gustav-Leo-Straße 9 verlegt. Auch vor dem Hauptgebäude der Universität Hamburg in der Edmund-Siemers-Allee 1 liegt ein Stolperstein zum Gedenken an sie.

Stolperstein für Margarete Lasch

Stolperstein für Margarete Lasch

HIER WOHNTE
MARGARETE LASCH
JG. 1880
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMODET 18.8.1942

Das Geburtsjahr wurde auf dem Stolperstein aufgrund eines inzwischen korrigierten Eintrags im Gedenkbuch fälschlicherweise mit 1890 angegeben

Margarete Lasch wurde am 17. September 1880 in Berlin geboren. Mit weiteren Vornamen hieß sie Hermine Jenny. Sie war die Tochter von Emma und Siegbert Lasch und die jüngste Schwester der seinerzeit berühmten Germanistin Alice Luise Lasch und von Elsbeth Lasch sowie von Albert Lasch (gestorben 1921). Wie ihre beiden Schwestern besuchte sie eine höhere Mädchenschule und anschließend ein Berliner Lehrerinnenseminar. Die erste Lehramtsprüfung bestand sie am 25. November 1901, ein Jahr danach am 1. Dezember 1902 auch die Turnlehrerinnenprüfung.

Margarete Lasch tauchte ab 1923 mit einem eigenen Eintrag in den Berliner Adressbüchern auf. Ein Jahr nach dem Tod ihrer Mutter Emma war sie ebenso wie ihre Schwester Elsbeth als Lehrerin unter der ehemaligen Adresse der Mutter in der Seesener Straße 29 eingetragen. Zuletzt 1939, dem Jahr des Umzugs von Elsbeth und Margarete zu ihrer Schwester Agathe in die Caspar-Theyß-Straße 26. Sie wohnten zusammen.

1939 wurde Margarete Leiterin der von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin neugegründeten Jüdischen Hilfsschule, nachdem seit Mitte November 1938 jüdische Kinder auch keine Hilfsschulen mehr besuchen durften. Mit zwei weiteren Lehrkräften lehrte Margarete hier bis zur Schließung der Schule im Juli 1942. Die Schule sollte Kindern mit Lernschwächen gemäß ihren Fähigkeiten unterstützen und fördern. Als Leiterin vertrat Margarete das Prinzip, ihnen “die Schulzeit so schön wie möglich zu machen”, sicher nicht leicht unter den Bedingungen der Diskriminierung und Verfolgung.

Alle drei Schwestern wurden am 15. August 1942 aus dem Sammellager an der Levetzowstraße 7-8, einer teilweise zerstörten und zu diesem Zweck missbrauchten Synagoge, nach Riga deportiert.
Die Zugfahrt dauerte etwa 60 Stunden. Todestag war nach Angaben des Bundesarchivs der 18. August 1942.

Texte: Helmut Lölhöffel. Quellen: Bundesarchiv; Berliner Adressbücher; Deportationslisten Riga; Archive der Universität Hamburg; www.agathe-lasch.de, Christine M. Kaiser: Agathe Lasch (1879–1942): erste Germanistikprofessorin Deutschlands, Berlin 2007; Dagmar Drovs: Heilpädagogik im deutschen Judentum: eine Spurensicherung 1873-1942, LIT Verlag Münster, 2000, S. 91ff.

Stolperstein Hugo Bütow

Stolperstein Hugo Bütow

HIER WOHNTE
HUGO BÜTOW
JG. 1889
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Hugo Bütow wurde am 19. April 1889 in Döbern (Godkowo), einem Dorf in Ostpreußen, geboren – als Sohn von Bernhard und Hedwig, geb. Frankenstein. Bernhard Bütow war Kaufmann und lebte mit Frau und Kind in Allenstein, heute polnisch Olsztyn, als Hugos jüngere Brüder Max (*1890) und Bruno (*1895) auf die Welt kamen. Hugo wuchs in Allenstein auf und 1920 gründete er dort mit seinen Brüdern und dem Mitgesellschafter Max Krischanski die Firma Habeco Tabakwerk, Hugo Bütow & Co. in der Richtstraße 3. Die Beteiligung von Max Krischanski hat Hugos Bruder Bruno so verärgert, dass er sich vom Unternehmen löste und nach Lyck zog, um von dort aus den Großhandel und Außenvertrieb für HABECO zu managen. Die Beteiligung von Max Krischanski hatte zur Expansion geführt und der Großhandel und Außenvertrieb wurden nun von Bruno Bütow in Lyck geleitet. Als die Firma expandierte, hat man ein Gelände in dem Industriegelände in der Giseviusstraße 4 gekauft und dorthin die Produktion verlegt.

Etwa ein Jahr später heiratete Hugo Bütow Rosa Alexander und zog mit ihr in eine Villa in der Hindenburgstraße 6. Das Paar bekam drei Kinder: Judith, Kurt und Eva. Ab Ende der 20er Jahre zog die Familie in Allenstein mehrmals um, 1937 wohnten sie am Friedrich-Wilhelm-Platz 5. Im nächsten Jahr wurde die Firma „arisiert“.

1938 war die Familie, nachdem sie Allenstein wegen des zunehmenden Antisemitismus den Rücken gekehrt hatten, in der Caspar-Theyß-Straße 26 im Berliner Stadtteil Schmargendorf (heute Grunewald) gemeldet. Hugo war noch eine Zeitlang in Allenstein geblieben, um den nichtjüdischen Käufer der Fabrik einzuarbeiten. In Berlin hatten Bütows allerdings auch unter den diskriminierenden und erniedrigenden Verordnungen des NS-Regimes zu leiden, die vor allem nach den Pogromen von November 1938 stark zugenommen hatten.
Bütows planten die Emigration, sie hofften auf ein Visum nach Chile. Aber bevor sie es erhalten konnten, wurde Hugo verhaftet, ihm wurden Devisenvergehen vorgeworfen, eine Anklage, die die NS-Justiz häufig gegen Juden, die auswandern mussten, erhob. Er wurde verurteilt, einem Antrag auf vorzeitige Entlassung wurde zwar stattgegeben, aber der Gefängnisleiter von Plötzensee lehnte dies ab. Als Hugo nach etwa 1,5 Jahren entlassen wurde, war es für die Flucht zu spät. Nach Ausbruch des Krieges war Juden die Ausreise verboten, sie gelang nur in seltenen Fällen. Wie sein Sohn Kurt, der inzwischen eine Schlosserausbildung im Jüdischen Landschulheim Herrlingen in Baden-Württemberg abgeschlossen hatte, wurde Hugo zur Zwangsarbeit in einer Stiefelfabrik herangezogen.

Am 15. August 1942 wurden schließlich vier der fünf Familienmitglieder nach Riga deportiert. Nur der Sohn Kurt Wolf blieb in Berlin, vermutlich wurde er noch als Zwangsarbeiter gebraucht. Bald nach der Ankunft des Deportationszuges vom Güterbahnhof Moabit aus zum Bahnhof Riga-Skirotava mit wahrscheinlich 997 Insassen sind Hugo, Rosa, Judith und Eva Bütow in den nahen Wäldern von Rumbula und Bikernieki ermordet worden.

Hugos Bruder Bruno überlebte den Krieg, starb aber bereits 1949 in Geldern. Max Bütow wurde Ende Oktober 1941 nach Łódź deportiert und erlag den dortigen Lebensbedingungen am 7. März 1942. Für ihn liegt ein Stolperstein vor der Friedrichstraße 50-55 in Berlin-Mitte. Max Krischanski, Hugos Mitgesellschafter und Freund, gelang es nach Australien zu flüchten.

Stolperstein Rosa Bütow

Stolperstein Rosa Bütow

HIER WOHNTE
ROSA BÜTOW
GEB. ALEXANDER
JG. 1899
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Rosa Bütow, geb. Alexander, wurde am 24. Dezember 1899 in Bartenstein (Bartoszyce) in Ostpreußen geboren, als zweites Kind des Kaufmanns Wilhelm Alexander und seiner Frau Mathilde, geb. Frankenstein. Rosa hatte einen ein Jahr älteren Bruder, Kurt, der im ersten Weltkrieg fiel und zwei jüngere Schwestern, Hertha und Erika, 1901 und 1904 geboren.

Rosa heiratete ihren Cousin Hugo Bütow, und bekam drei Kinder: Judith (1922), Kurt Wolf (1924) und Eva (1928). Judith war aufgrund einer Polioerkrankung gehbehindert, was der Mutter sicher viel Kummer bereitete.

In der Vorbereitung für die Auswanderung zog die Familie 1938 nach Berlin um. Die Auswanderung war für Australien und die USA bereits beantragt. Ein Affidavit für die USA lag vor, aber der amerikanische Konsul in Berlin weigerte sich, für die Familie ein Visum zu erstellen. In Berlin wohnte Rosa mit den Mädchen – Kurt machte eine Lehre in Herrlingen – im Stadtteil Schmargendorf in der Caspar-Theyß-Straße 26. Im Adressbuch 1939 war Rosa als Hauptmieterin eingetragen, da Hugo zunächst noch einige Monate in Allenstein geblieben war und dann in Berlin wegen angeblicher Devisenvergehen inhaftiert war. Hugo und Rosa hatten einen Termin im Chilenischen Konsulat in Hamburg, am Tag nachdem Hugo verhaftet wurde. Dadurch wurde auch die geplante Auswanderung nach Chile vereitelt. Auch Rosa wurde zur Zwangsarbeit verpflichtet, es ist nicht genau kenannt wo.

Am 15. August 1942 sind Rosa und Hugo mit den Töchtern in die lettische Hauptstadt Riga deportiert worden. Dort wurde alle, auch Rosa Bütow, bald nach ihrer Ankunft erschossen.

Rosas Schwester Hertha, verheiratete Nagel, konnte 1939 nach England flüchten, der Bruder Kurt war schon im Ersten Weltkrieg gefallen. Erika verließ mit Ihrem Mann Henoch Kagan im Rahmen der Polenaktion Deutschland und emigrierte mit ihm und ihrem Schwiegervater nach Riga. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht 1941 wurden sie gezwungen, ins Ghetto Riga zu ziehen und kamen dort ums Leben. Für sie liegen Stolpersteine in Chemnitz vor der Barbarossastraße 77.

Stolperstein Judith Bütow

Stolperstein Judith Bütow

HIER WOHNTE
JUDITH BÜTOW
JG. 1922
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Judith Bütow ist am 3. Dezember 1922 in Allenstein (Olsztyn) in Ostpreußen geboren. Das Mädchen war durch eine Polioerkrankung gehbehindert und bedurfte ständiger Pflege. Die fünfköpfige Familie – Judith bekam noch zwei Geschwister – wohnte zuletzt in der Caspar-Theyß-Staße 26. Bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 lebte Judith in der Rulaer Straße 24 zur Untermiete bei einer Familie, wo sie in der Nähe Physiotherapie bekommen konnte und Eurythmie lernte. Als im August 1942 der Deportationsbefehl kam, lebte sie wieder mit ihren Eltern und den Geschwistern in der Caspar-Theyß-Straße. Mit ihnen – außer Kurt – wurde sie am 15. August 1942 nach Riga deportiert. Wie sie die Zugfahrt von Berlin nach Riga, die drei Tage lang dauerte, in ihrem Zustand überstanden hat, ist rätselhaft. Auch Judith wurde sofort nach der Ankunft am Güterbahnhof der lettischen Hauptstadt am 18. August 1942 ermordet, sowie ihre Eltern Hugo und Rosa und ihre Schwester Eva. Als Todesdatum aller gilt der Ankunftstag, der 18. August 1942. Judith war 19 Jahre alt.

Stolperstein Kurt Bütow

Stolperstein Kurt Bütow

HIER WOHNTE
KURT BÜTOW
JG. 1924
DEPORTIERT 29.1.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 11.2.1943

Kurt Bütow ist am 2. August 1924 in Allenstein (Olsztyn) in Ostpreußen geboren worden. Sein zweiter Vorname war Wolf. Er war ein Sohn von Hugo und Rosa Bütow und hatte zwei Schwestern: Judith und Eva. Mit seiner Familie lebte er zunächst in Allenstein.

In Hinblick auf eine zukünftige Emigration machte Kurt eine Schlosserlehre in dem Jüdischen Landschulheim Herrlingen in Baden-Württemberg. Hier wurden junge Menschen auf die Auswanderung nach Palästina vorbereitet. Anschließend kam er zurück zur Familie, die inzwischen in Berlin in der Caspar-Theyß-Straße 26 wohnte. Wie sein Vater wurde auch er zur Zwangsarbeit in einer Fabrik für Stiefel herangezogen. Mitte August 1942 wurden seine Eltern und seine Schwestern deportiert, Kurt wurde vermutlich als Zwangsarbeiter in der von den Nazi-Behörden als „kriegswichtig“ eingestuften Produktion noch gebraucht. Die Wohnung musste er aufgeben und zog ab 1. September in die Motzstraße 86, zur Untermiete bei Fritz Stübel. Wie viele andere Juden wurde er vermutlich dort zwangseingewiesen, um Wohnraum für Nichtjuden frei zu machen. Es scheint sich um ein sog. “Judenhaus” gehandelt zu haben, da aus diesem Haus sehr viele jüdische Menschen deportiert wurden, so auch Kurt Bütow. Zum Zeitpunkt seiner Deportation 1943 arbeitete er als Schlosser bei Josef Ehrl in der Weberstraße 3, sicherlich zwangsverpflichtet.

Kurt Bütow wurde im Januar 1943, als die anderen Familienmitglieder bereits in Riga ermordet worden waren, in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 geschafft. Dort hatte er, wie alle zur Deportation bestimmten, die 16seitige „Vermögenserklärung“ auszufüllen. Sein einziges „Vermögen“ waren 56,30 RM, die der Arbeitgeber ihm noch schuldete und die Josef Ehrl am 5. Februar 1943 direkt an die Oberfinanzdirektion überwies, da sie „dem Reich verfallen“ seien. Kurt Wolf Bütow war schon am vorangegangenen 29. Januar in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert worden, mit ihm 12 weitere Bewohner der Motzstraße 86.

Sterbeurkunde Kurt Bütow

Kurt Bütow wurde offenbar nicht wie andere sofort ermordet, sondern zur Arbeit „selektiert“. Aber schon wenige Tage später galt er offenbar doch als nicht arbeitsfähig, am 11. Februar 1943 wurde er umgebracht. Möglicherweise wurde er, wie andere Häftlinge, mit einer Phenolspritze ins Herz ermordet. Die in Auschwitz von Dr. Bruno Kitt ausgestellte Sterbeurkunde gibt als Todesursache „Herzschwäche bei Pneumonie“ an. Heute weiß man, dass die Todesursachen im Sterberegister in den allermeisten Fällen gefälscht waren, sowie auch der meist angegebene Todesort „Auschwitz Kasernenstraße“. Eine solche Straße gab es nicht, es sollte wohl der Eindruck erweckt werden, die Menschen seien in der Stadt Auschwitz gestorben. Der Lagerarzt Bruno Kitt war für die „Selektionen“ verantwortlich, inwieweit er direkt an den Ermordungen beteiligt war, bleibt unklar. Er wurde nach dem Krieg von einem Britischen Militärtribunal wegen Verbrechen in seinem letzten Einsatzort, das Lager Neuengamme, verurteilt und hingerichtet.

Kurt Bütow wurde nur 18 Jahre alt.

Stolperstein Eva Bütow

Stolperstein Eva Bütow

HIER WOHNTE
EVA BÜTOW
JG. 1928
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Eva Bütow wurde am 7. Dezember 1928 in Allenstein (Olsztyn) in Ostpreußen geboren, wo sie mit ihrer Familie bis 1938 lebte. Zuletzt wohnte sie in Berlin bei ihren Eltern Hugo und Rosa sowie den Geschwistern Judith und Kurt Wolf in der Caspar-Theyß-Straße 26 im Stadtbezirk Wilmersdorf/Schmargendorf. Sie ging in Berlin auf die Jüdische Privatschule Dr. Leonore Goldschmidt am Hohenzollerndamm 110a, da jüdische Schüler keine öffentlichen Schulen besuchen durften. 1939 wurde auch diese Schule geschlossen. Leonore Goldschmidt konnte nach Großbritannien flüchten, etwa 80 Schülerinnen und Schüler kamen über Kindertransporte ebenfalls dorthin.

Eva Bütow gehörte leider nicht dazu, die Eltern wollten die Familie zusammenhalten. Am 15. August 1942 wurde sie mit ihren Eltern und der Schwester Judith nach Riga deportiert, wo auch sie, die erst 13 Jahre alt war, wie alle anderen aus diesem Zug in den Wäldern von Rumbula und Bikernieki erschossen wurde. Der Bruder Kurt wurde später nach Auschwitz verschleppt.

Herta Nagel, geb. Alexander (geboren am 4. Juni 1901), eine Schwester Rosas und somit Tante Judiths und Evas, konnte über ein Dienstmädchenvisum nach London entkommen. Sie stellte für ihre beiden Nichten später Entschädigungsanträge. Sie starb in Islington in den 70er Jahren.

Texte: Helmut Lölhöffel, Ergänzungen: Dr. Micaela Haas nach Angaben von Dr Astrid Zajdband.

Quellen: Bundesarchiv; Adressbücher Allenstein; Gedenkblätter von Dr Astrid Zajdband bei Yad Vashem; Entschädigungsamt; Arolsen Archives;Brandenburger Landeshauptarchiv; Gedenktafeln in Berlin https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/gedenktafeln/detail/goldschmidt-schule/1298; https://www.chemnitz.de/chemnitz/de/unsere-stadt/geschichte/stolpersteine/2024_kagan.html; Gottwald/Schulle: Die Judendeportationen. Wiesbaden 2005

  • Hugo und Rosa Bütow am Hochzeitstag - Caspar-Theyß-Str. 26

    Hugo und Rosa Bütow am Hochzeitstag

  • Judith, Kurt und Eva Bütow - Caspar-Theyß-Str. 26

    Judith, Kurt und Eva Bütow