Stolpersteine Landhausstraße 44

Eingang zum Haus Landhausstr. 44, 17.8.2010, Foto: KHMM

Eingang zum Haus Landhausstr. 44, 17.8.2010

14 Stolpersteine vor dem Haus an der Landhausstraße 44 wurden am 17.7.2007 verlegt.

Ein weiterer Stolperstein für Richard Isidor Peritz wurde am 29.3.2008 verlegt.

Stolperstein für Alfred Beer, 17.8.2010

Stolperstein für Alfred Beer, 17.8.2010

HIER WOHNTE
ALFRED BEER
JG. 1878
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Julius Alfred Beer kam am 11. August 1878 als Sohn des Arztes Dr. Joseph Beer (*1841) und seiner fünf Jahre jüngeren Ehefrau Flora geb. Goldberg in Berlin auf die Welt. Sein Vater stammte aus Eidlitz in Böhmen (damals Teil der Habsburger Monarchie, heute Údlice in Tschechien), die Mutter war die Tochter einer Berliner Kaufmannsfamilie. Die jüdischen Eltern hatten 1875 in Berlin geheiratet und lebten anfangs in der Anklamer Straße 34 in der Rosenthaler Vorstadt. Dort hatte der Vater auch seine Praxis. 1876 war die Schwester Irma geboren geworden. 1878, zum Zeitpunkt der Geburt von Alfred Beer, wohnte die Familie in einem gerade fertig gestellten Haus in der nicht weit entfernten Fehrbelliner Straße 49. (Es existiert noch heute und steht unter Denkmalschutz.) Die Großeltern in Böhmen und der „Berliner Großvater“ Goldberg waren bereits tot. Die Großmutter Rosalie Goldberg lebte noch bis 1895 – zuletzt im Altersheim der Jüdischen Gemeinde in der Schönhauser Allee. Während Alfreds Vorschulzeit zog die Familie Beer noch zweimal um, zuerst in die Rosenthaler Straße 55 und dann in die Lothringer Straße 82A (heute Torstraße). Ob und wie das kleine Kind in dem engen Arbeiter- und Kleinbürgerviertel spielen konnte, lässt sich nur ahnen. 1884 starb die Schwester Irma.
Die Ehe der Eltern sollte nicht lange halten: 1883/1884 verließ Joseph Beer seine Familie; er findet sich auch nicht mehr im Berliner Adressbuch. 1887 wurde die Ehe der Eltern aufgelöst. So wuchs Alfred Beer die längste Zeit seiner Kindheit und Jugend allein bei der Mutter auf – und er sollte auch bis zu seiner Hochzeit bei ihr bleiben.
Mutter und Sohn wechselten in den folgenden Jahren öfter die Wohnung: Von der Königstraße 57a in der Nähe des Roten Rathauses (d.h. nicht weit vom Alexanderplatz) zogen sie in die Grenadierstraße (heute Almstadtstraße) in der Spandauer Vorstadt, die auch „Scheunenviertel“ genannt wird, und von dort an die Stadtbahn und in die Dircksenstraße: Sie blieben also immer im Zentrum der Stadt Berlin. Das änderte sich erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg, als die beiden in die Heilbronner Straße 27 in Schöneberg (damals noch bei Berlin) zogen. Flora Beer arbeitete laut Adressbuch zuerst als „geprüfte Masseurin“. (In den 1880er Jahren gab es in Berlin bereits Ärzte, wie zum Beispiel den jüdischen Arzt Dr. Leopold Ewer, die Masseurinnen ausbildeten.) – Später wird sie im Berliner Adressbuch als „verw. Dr.“ notiert.
Alfred Beer wurde Kaufmann und war während seines Berufslebens Prokurist in einer Firma (wohl der Schwiegereltern) und später Vertreter für Stoffe. Details seiner langjährigen Berufstätigkeit bleiben ungenannt.

Am 4. August 1914 heiratete er die 1885 geborene Julia Böhm, die ohne Beruf mit ihrer seit 1909 verwitweten Mutter Rosa Böhm und ihrem Bruder Ernst in der Kaiserallee 20 (seit 1950 Bundesallee) in Wilmersdorf lebte. Das Ehepaar zog im Oktober 1914 in eine 4-Zimmer-Wohnung im Parterre des Hauses Landhausstraße 44. Am 7. Dezember 1922 wurde die Tochter Ursula Margot geboren, sie blieb das einzige Kind. Alfred Beer arbeitete bis in die NS-Diktatur hinein als Kaufmann. Noch 1936 findet er sich als Vertreter für Damenstoffe im Berliner Adressbuch.
In den folgenden Jahren wurde die Familie wie alle anderen jüdischen Berliner von den vielen Maßnahmen der Behörden zur Unterdrückung und Ausgrenzung der Juden getroffen. So durften und konnten sie ihre großzügige Wohnung nicht weiter allein bewohnen und mussten Untermieterinnen aufnehmen: 1939 wohnte die Jüdin Johanna Hirschberg bei ihnen, die 1941 nach Minsk deportiert und ermordet wurde. Als „flüchtig“ wird 1943 in der OFP-Akte die Untermieterin Aniela Hammerschmidt erwähnt: Sie hatte eigentlich In Cottbus gelebt. Wie ihr Ehemann, der Rechtsanwalt Hans Hammerschmidt, und ihre zwei Kinder konnte sie entkommen – aber das ist eine andere Geschichte.
Alfred Beer musste als Zwangsarbeiter für einen Wochenlohn von ca. 25 RM bei der Firma Feinmechanik Weinreich in der Mathieustraße 2 in Berlin-Kreuzberg arbeiten. Die Tochter Ursula Beer wurde zur Arbeit bei Siemens & Halske gezwungen.

Alfred und Julia Beer wurden am 19. Februar 1943 mit dem „29. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert. Eine Woche später traf die Tochter dasselbe Schicksal: Ursula Beer wurde am 26. Februar 1943, einen Tag vor Beginn der „Fabrikaktion“, ebenfalls nach Auschwitz verschleppt. Die ganze Familie Beer wurde dort ermordet. – In die Wohnung in der Landshuter Straße wurde eine ausgebombte Familie mit drei Kindern eingewiesen.

Quellen:
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Deutscher Reichsanzeiger 1886, 1887
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger.html
https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/geschichte-die-schleichende-demontage-eines-anwalts-38138304.html /cottbus/geschichte-die-schleichende-demontage-eines-anwalts-38138304.html
https://www.luckauer-juden-de/nvz1.html#H

Dr. Dietlinde Peters, Vorrecherchen Nachlass von Wolfgang Knoll
Von der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin

Stolperstein für Julia Beer, 17.8.2010

Stolperstein für Julia Beer, 17.8.2010

HIER WOHNTE
JULIA BEER
GEB. BÖHM
JG. 1885
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Julia Beer kam am 9. August 1885 in Berlin als Tochter des jüdischen Kaufmanns Salo Boehm (Böhm) und seiner Ehefrau Rosa geb. Friedländer auf die Welt. Die Mitte des 19. Jahrhunderts geborenen Eltern stammten aus Beuthen O.S., dem Zentrum des oberschlesischen Steinkohlebergbaus (damals im Königreich Preußen, heute Bytom in Polen). Die Mehrzahl der Bewohner war damals katholisch, es gab mehr Juden als Protestanten. Die Familien Böhm und Friedländer gehörten zu den Kaufleuten der Stadt.
1871 taucht der Vater von Julia Böhm das erste Mal Im Berliner Adressbuch auf: Er (oder die ganze Familie) wohnte in der Königstraße 22 in Berlin-Mitte. Gemeinsam mit Isidor Wolfsohn besaß er einen Großhandel für Weißwaren in derselben Straße. 1874 wurde seine Firma im Handelsregister von Beuthen gelöscht. Aus der Berliner Firma wurde eine Wäsche- und Krawattenfabrik. Salo Böhm führte die Firma nach Isidor Wolfsohns Tod im Jahr 1880 zuerst mit einem anderen Teilhaber, 1889 wurde er Alleininhaber. Die Firma zog von der Weinmeisterstraße 14 zur Straßburgerstraße 53.
Auch die Familie zog des Öfteren um, blieb aber über lange Jahre im „alten“ Berlin, vor allem in der historischen Spandauer Vorstadt, in der viele aus dem „Osten“ stammende Juden wohnten. Wie viele Geschwister Julia hatte, bleibt unklar, es gab einen 1882 geborenen Bruder Georg und einen Bruder Ernst. Als Julia auf die Welt kam, lebte die Familie in der Oranienburger Straße 54, schon damals eine lebendige Straße, in der seit 1875 die „Straßenbahn“ fuhr. Noch während Julias Kindheit zogen die Eltern weiter in die Auguststraße 93 und dann in die Hannoversche Straße 2 am Oranienburger Tor – alle Wohnungen lagen nicht weit voneinander entfernt.

Der Vater scheint gut verdient zu haben, denn dann ging es nach „Westen“, zuerst in die Kurfürstenstraße149. Julia Böhm erlernte keinen Beruf. Sie und ihr Bruder Ernst lebten bei den Eltern. 1909 starb der Vater, und der Bruder scheint die Firma übernommen zu haben. Die erwachsenen Kinder blieben weiter bei der verwitweten Mutter, nun in der Kaiserallee 20 in Wilmersdorf (heute Bundesallee).

Am 4. August 1914 heiratete Julia Böhm den 1878 in Berlin geborenen Kaufmann Alfred Beer. Dessen Vater, der Arzt Dr. Joseph Beer, stammte aus Eidlitz in Böhmen (damals Teil der Habsburger Monarchie, heute Údlice in Tschechien). Die Mutter Flora Beer geb. Goldberg war die Tochter einer Berliner Kaufmannsfamilie. Der Vater hatte die Familie früh verlassen, und ihr Ehemann war mit seiner alleinerziehenden Mutter ebenfalls im „alten“ Berlin aufgewachsen. Auch er lebte noch bei der Mutter, auch er war weiter nach „Westen“ gezogen: nach Schöneberg (damals noch bei Berlin) in die Heilbronner Straße 27.

Das Ehepaar zog gleich nach der Hochzeit in eine 4-Zimmer-Wohnung im Parterre des Hauses Landhausstraße 44. Am 7. Dezember 1922 wurde die Tochter Margot Ursula geboren. Sie blieb das einzige Kind. Alfred Beer arbeitete bis in die NS-Diktatur hinein als Kaufmann.
In den folgenden Jahren wurde die Familie Beer wie alle anderen jüdischen Berliner von den vielen Maßnahmen der Behörden zur Unterdrückung und Ausgrenzung der Juden getroffen. So durfte und konnte sie ihre großzügige Wohnung nicht weiter allein bewohnen und musste Untermieterinnen aufnehmen: 1939 wohnte die Jüdin Johanna Hirschberg bei ihnen, die später nach Minsk deportiert und ermordet wurde. Als „flüchtig“ wird 1943 in der OFP-Akte die Untermieterin Aniela Hammerschmidt erwähnt: Sie hatte eigentlich In Cottbus gelebt. Wie ihr Ehemann, der Rechtsanwalt Hans Hammerschmidt, und die zwei Kinder konnte sie entkommen – aber das ist eine Geschichte, über die in Cottbus berichtet wird.

Julia Beer scheint nicht zur Zwangsarbeit eingesetzt worden zu sein. Ihr Ehemann Alfred Beer musste bei der Firma Feinmechanik Weinreich in der Mathieustraße 2 in Berlin-Kreuzberg Zwangsarbeit leisten, die Tochter Ursula bei Siemens & Halske.
Nachdem sie in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße geschafft worden waren, wurden Julia Beer und ihr Ehemann Alfred am 19. Februar 1943 mit fast 1000 anderen Menschen nach Auschwitz deportiert.
Eine Woche später traf die Tochter dasselbe Schicksal: Ursula Beer wurde am 26. Februar 1943, einen Tag vor Beginn der „Fabrikaktion“, ebenfalls nach Auschwitz verschleppt. Die ganze Familie Beer wurde dort ermordet. – In die Wohnung in der Landshuter Straße wurde eine ausgebombte Familie mit drei Kindern eingewiesen.

Quellen:
Adressbuch Beuthen 1880, 1885
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Deutscher Reichsanzeiger 1881, 1886, 1889
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger.html
https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/geschichte-die-schleichende-demontage-eines-anwalts-38138304.html /cottbus/geschichte-die-schleichende-demontage-eines-anwalts-38138304.html
https://www.luckauer-juden-de/nvz1.html#H

Dr. Dietlinde Peters, Vorrecherchen Nachlass von Wolfgang Knoll
Von der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin

Stolperstein für Margot Beer, 17.8.2010

Stolperstein für Margot Beer, 17.8.2010

HIER WOHNTE
MARGOT BEER
JG. 1922
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Ursula Margot Beer kam am 7. Dezember 1922 als einziges Kind des Kaufmanns Alfred Beer und seiner Ehefrau Julia geb. Böhm in Berlin auf die Welt. Ihre seit 1914 verheirateten Eltern waren gleich nach der Hochzeit in eine 4-Zimmer-Wohnung im Parterre des Hauses Landhausstraße 44 in Berlin-Wilmersdorf gezogen: In dieser Wohnung sollte Ursula Beer die kommenden 20 Jahre – ihr ganzes Leben – verbringen.

Der 1878 geborene Vater war der Sohn eines aus Böhmen (damals Teil der Habsburger Monarchie) stammenden Arztes und einer fünf Jahre jüngeren Berlinerin. Die Mutter war 1885 in einer Kaufmannsfamilie zur Welt gekommen. Die in Berlin geborenen Eltern waren beide während ihrer Kindheit aus der eher armen und kleinbürgerlichen „Mitte“ der Stadt in den bürgerlichen „Westen“ gezogen. Ihr Vater arbeitete bis in die NS-Diktatur hinein als Kaufmann, die Mutter war Hausfrau.

Über die Kindheit und Jugend von Ursula Beer fand sich nichts in den vorhandenen Akten. Wichtig ist, dass sie noch in der durch soziale und pädagogische Reformen geprägten Weimarer Republik aufwuchs, in der das Leben der Kinder und Jugendlichen selbstbestimmter wurde. Von 1933 an wurde die Familie Beer von den vielen Maßnahmen der Behörden zur Ausgrenzung und Verfolgung der jüdischen Bürgerinnen und Bürger getroffen. Worunter litten Kinder und Jugendliche ganz besonders? Wie sah die Schulzeit der Tochter aus? Besuchte sie eine der jüdischen Privatschulen?
Ende 1938 war es für Ursula Beer als jüdisches Mädchen verboten, ins Theater und ins Kino, in Museen oder auf die Kirmes zu gehen, öffentliche und private Badeanstalten, Sportplätze, Eisbahnen usw. zu besuchen. Wenige Monate später waren ihr auch die städtischen Jugendbüchereien verschlossen, und kurz nach Beginn des Krieges mussten auch noch die Rundfunkapparate abgeliefert werden. Und ihr Ausschluss aus der „Volksgemeinschaft“ war für jedermann sichtbar: Seit 1936 war die Mitgliedschaft im „Bund Deutscher Mädel“ (BDM) Pflicht. Das hieß: Neben dem Elternhaus und der Schule fand die gemeinsame Freizeit aller deutschen Mädchen im BDM statt – und dies immer in Uniform. Jüdinnen waren seit 1939 offiziell ausgeschlossen.

In der Wohnung in der Landhausstraße 44 wurde es nach einiger Zeit eng: Die Eltern mussten Untermieterinnen aufnehmen. Wie ihr Vater wurde Ursula Beer zur Zwangsarbeit eingesetzt, sobald sie 18 Jahre waren, mussten die jüdischen Frauen Zwangsarbeit leisten. Ursula Beer arbeitete bei Siemens & Halske. Bei Siemens gab es bereits seit dem Sommer 1940 geschlossene „jüdische Abteilungen“, wo die Frauen (und Männer) isoliert von den „arischen“ Kolleginnen beschäftigt wurden. Auf dem Weg in die Fabrik mussten sie seit 1941 den „Gelben Stern“ tragen.
Mitte Februar 1943 wurden Ursula Beer und ihre Eltern in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße geschafft. Ihre Vermögenserklärung füllte Ursula Beer am 18. Februar 1943 nur flüchtig mit Bleistift aus. Einen Tag später wurden ihre Eltern nach Auschwitz deportiert. Ursula Beer blieb noch eine Woche in Berlin: Am 26. Februar 1943 wurde sie ebenfalls nach Auschwitz verschleppt. Dies war einen Tag vor Beginn der „Fabrikaktion“, mit der am Morgen des 27. Februar 1943 die noch in den Berliner Betrieben beschäftigten jüdischen Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter am Arbeitsplatz zusammengetrieben und abtransportiert wurden.

An diesem 27. Februar erreichte der Transport mit Ursula Beer und fast 1000 anderen Menschen Auschwitz. 106 Frauen kamen zur Zwangsarbeit in das Lager. Falls sie zu ihnen gehört hat, war dies nur ein Aufschub. Die Familie Beer wurde in Auschwitz ermordet. – In die Wohnung in der Landshuter Straße wurde eine ausgebombte Familie mit drei Kindern eingewiesen.

Quellen:
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Deutscher Reichsanzeiger 1881, 1886, 1887
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
Wolf Gruner: Judenverfolgung in Berlin 1933–1945, Eine Chronologie der Behördenmaßnahmen in der Reichshauptstadt, Berlin 1996
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger.html
https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/geschichte-die-schleichende-demontage-eines-anwalts-38138304.html /cottbus/geschichte-die-schleichende-demontage-eines-anwalts-38138304.html
https://www.luckauer-juden-de/nvz1.html#H
https://collections.arolsen-archives.org/archive/11222182/?p=1&s=Ursula%20Beer&doc_id=11222182

Dr. Dietlinde Peters, Vorrecherchen Nachlass von Wolfgang Knoll
Von der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin

Stolperstein für Johanna Hirschberg, 17.8.2010

Stolperstein für Johanna Hirschberg, 17.8.2010

HIER WOHNTE
JOHANNA
HIRSCHBERG
JG. 1889
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
MINSK

Von Johanna Hirschberg haben sich bis jetzt nur wenige Spuren gefunden, und diese betreffen allein ihre allerletzte Lebenszeit und ihr Sterben. Die üblichen Akten – ihre „Vermögenserklärung“ kurz vor der Deportation oder die „Wiedergutmachungsakten“ fehlen. Zudem ist sie unverheiratet und ohne Kinder geblieben und hat wahrscheinlich bei Verwandten gelebt. So bleibt nur der Blick auf ihren Geburtsort und auf die Menschen, die mit demselben Namen dort gelebt haben und wie sie nach Berlin gezogen sind.

Auf die Welt gekommen ist Johanna Hirschberg am 22. Januar 1889 in Darkehmen in Ostpreußen (von 1938 bis 1945 Angerapp, heute Osjorsk/Russische Föderation). Die kleine „Stadt am See“ südöstlich von Insterburg erhielt erst 1913 einen eigenen Bahnhof. Industrie gab es nur wenig, aber in der Landstadt fanden regelmäßig Vieh- und Pferdemärkte statt, und es wurde mit Getreide sowie Leder und Häuten gehandelt. Mit den Märkten waren Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten Juden aus Russland nach Darkehmen gekommen. Sie besaßen zuerst nur eine Betstube und seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts eine Synagoge.

Einer der Händler in Darkehmen war der 1853 geborene Hermann (ursprünglich „Hirsch“) Hirschberg, dessen Familie mit Leder und Fellen handelte. Er hatte 1881 Lina Rosenberg aus Lötzen in Masuren (heute Giżycko/Polen) geheiratet, und die beiden hatten bis 1890 vier Söhne bekommen: 1882 Siegfried, 1884 Max, 1885 Alfred und 1890 den Sohn Georg. – Da könnte die 1889 geborene Johanna Hirschberg die Tochter oder Nichte, Schwester oder Cousine gewesen sein.

Was wurde aus den vier Söhnen von Hermann und Lina Hirschberg? Der älteste Sohn Siegfried war Kaufmann in Darkehmen, blieb ledig und starb 1941 in Lötzen. Die anderen Söhne zogen nach Berlin und wohnten dort noch unverheiratet zur Untermiete. Alfred und Georg Hirschberg – der eine wohnte in Kreuzberg, der andere in Neukölln – fielen im Ersten Weltkrieg. Der 1884 geborene Max Hirschberg heiratete 1920 die Berlinerin Elly Liebmann. 1922 gründete er eine Firma für Textilvertretungen, 1923 kam der gemeinsame Sohn Werner Georg auf die Welt. Die Familie wohnte in der Jagowstraße 44 in Moabit. Max, Elly und Werner Georg Hirschberg wurden mit dem selben Transport wie Johanna Hirschberg nach Minsk verschleppt. (Für sie wurden am 30. März 2013 Stolpersteine verlegt.)

Johanna Hirschberg wohnte im Mai 1939 bereits in der Landhausstraße 44 – wo sie bis dahin gewohnt hat, ist unklar. Nun war sie Untermieterin in der 4-Zimmer-Wohnung der Familie Beer im Parterre des Hauses. (Der Kaufmann Alfred Beer, seine Ehefrau Julia und die Tochter Ursula wurden im Februar 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet.) Die letzte Anschrift von Johanna Hirschberg war die Prinzregentenstraße 23 in Schöneberg. Hier lebte sie als Untermieterin bei dem ehemaligen Bankprokuristen Alfred Zimmt und seiner Familie. (Auch diese Familie, die Eltern und zwei erwachsene Töchter, wurde später in Auschwitz ermordet.)

Johanna Hirschberg wurde am 14. November 1941 mit fast eintausend anderen Juden in das Ghetto von Minsk verschleppt. Nur vier Menschen des Transports überlebten. Johanna Hirschberg kehrte nicht zurück.

Quellen:
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
Deutscher Reichsanzeiger 1878, 1881, 1882, 1935
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
Klaus-Jürgen Liedtke: Die versunkene Welt, Ein ostpreußisches Dorf in den Erzählungen der Leute, Frankfurt/Main 2008
Klaus-Jürgen Liethke (Berlin), mündliche Informationen und Datensammlung, September 2020
https://collections.arolsen-archives.org/archive/11267245/?p=1&s=Johanna%20Hirschberg&doc_id=11267245
http://www.denkmalprojekt.org/verlustlisten/vl_rjf_berlin_wk1_h.html
https://treemagic.org/rademacher/www.verwaltungsgeschichte.de/darkehmen.html
http://www.tenhumbergreinhard.de/transportliste-der-deportierten/bericht-transport/transport-14111941-berlin.html
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger.html

Dr. Dietlinde Peters, Vorrecherchen Nachlass von Wolfgang Knoll
Von der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin

Stolperstein für Dr. Arthur Oppenheim, 17.8.2010

Stolperstein für Dr. Arthur Oppenheim, 17.8.2010

HIER WOHNTE
DR. ARTHUR
OPPENHEIM
JG. 1868
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 25.9.1942

Dr. med. Arthur Oppenheim , geboren am 20.7.1868 in Schönlanke, wurde gemeinsam mit seiner Frau Selma Oppenheim am 12.8.1942 nach Theresienstadt deportiert. Er wurde dort am 25.9.1942 ermordet.

Arthur Oppenheim kam am 20. Juli 1868 als Sohn des jüdischen Kaufmanns Hermann Oppenheim und seiner Ehefrau Flora geb. Levy in der Kleinstadt Schönlanke (heute Trzcianka in Polen) auf die Welt. Schönlanke lag im Netzekreis, der mit den nah beieinander liegenden Orten Schneidemühl, Schönlanke und Deutsch Krone bis 1945 Teil Preußens bzw. des Deutschen Reichs war.

Arthur Oppenheim verbrachte hier fast sein ganzes Leben. Erst zu Beginn der NS-Diktatur verließ er, wie viele andere jüdische Bürger der deutschen Provinzstädte, die Heimat und zog mit seiner aus derselben Gegend stammenden Ehefrau in die mehr Sicherheit versprechende Großstadt Berlin.
Arthur Oppenheim studierte Medizin und ließ sich Ende des 19. Jahrhunderts nach Promotion und Approbation als praktischer Arzt in Deutsch Krone (Wałcz/Polen) nieder. Um 1900 war er dort einer von acht Ärzten.

Er war zweimal verheiratet: 1902 heiratete er Marie Falk, die 1879 in Schneidemühl (Piła/Polen) geborene Tochter des Unternehmers und Stadtrats Benno Falk (1843–1922) und seiner Ehefrau Ida, geb. Gebhardt. Am 2. November 1903 wurde der Sohn Franz geboren, er blieb das einzige Kind aus der Ehe. Marie Oppenheim starb 1919 im Krankenhaus Westend in Berlin-Charlottenburg. 1922 heiratete Arthur Oppenheim in zweiter Ehe Selma Falk, die laut Heiratsurkunde als Rentiere, d.h. vom Vermögen, in Berlin lebte. (Im Berliner Adressbuch ist sie nicht zu finden.) Auch sie gehörte zur Familie Falk, geboren 1884 in Auerbachshütte bei Schneidemühl, wo Benno Falk und sein Bruder Pinkus damals ein Gut und Eisenwerk besaßen. Selma Falk war wohl eine Cousine der ersten Ehefrau. Das Paar blieb ohne eigene Kinder.

Seit 1933 bezog Arthur Oppenheim von der Deutschen Ärzteversicherung eine Invalidenrente von vierteljährlich 500 Reichsmark. Er scheint seine Praxis aufgegeben zu haben. Sohn Franz aus der ersten Ehe emigrierte 1934 mit seiner Ehefrau Anneliese nach Brasilien. (Ihr Sohn Silvio wurde dort ein bekannter Künstler.)

Arthur und Selma Oppenheim wohnten in Berlin anfangs zur Untermiete bei Hermann Mendelsohn in der Nicolaistraße 3 in Berlin-Steglitz. Das Haus gehörte dem später ebenfalls ermordeten jüdischen Kapellmeister Ladislaus Löwenthal. 1937 verzeichnet das Berliner Adressbuch als neuen Besitzer einen Klempnermeister. Das Ehepaar Oppenheim lebte seit September 1936 in einer 2-Zimmer-Parterrewohnung im Gartenhaus der Landhausstraße 44. (Zur gleichen Zeit verzeichnet das erwähnte Berliner Adressbuch als Mieter des Hauses Otto Ohlendorf, seit Langem Mitglied der NSDAP und der SS, 1941/42 Befehlshaber einer der mörderischen Einsatzgruppen, 1951 als Kriegsverbrecher hingerichtet.)
Seit 1938 lebten Arthur Oppenheim und seine Ehefrau von einer Altersrente in Höhe der Invalidenrente. Sie waren nicht ganz allein, es gab noch Verwandte in Berlin.

Am 12. August 1942 wurden Arthur und Selma Oppenheim vom Anhalter Bahnhof aus nach Theresienstadt deportiert. Von den 100 Deportierten überlebten nur vier. Arthur Oppenheim starb bereits am 25. September 1942 im Spital der „Schleuse“, einer ehemaligen Schule, nun Sammelstelle für die ankommenden Kranken oder Sterbenden. Selma Oppenheim wurde am 16. Mai 1944 von Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Biografische Zusammenstellung
Dr. Dietlinde Peters, Recherchen: Nachlass Wolfgang Knoll
Weitere Quellen
Berliner Telefonbücher;
M.L. Bamberger: Geschichte der Juden in Schönlanke, Berlin 1912, digitalisiert
Peter S. Cullman: History of the Jewish Communjty of Schneidemühl: 1641 to the holocaust, Bergenfield NJ 2006;
Grossgrundbesitzer- und Güter-Lexikon zugleich Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer in der Provinz Posen, Berlin 1883;
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry;
Rebecca Schwoch (Hrsg.): Berliner jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus, Berlin/Teetz 2009;
https://www.geni.com/people/;
http://www.juedische-gemeinden.de;
Theresienstadt-Datenbank: Todesfallanzeige vom 25.9.1942. https://www.holocaust.cz/

Von der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin

Stolperstein für Selma Oppenheim, 17.8.2010

Stolperstein für Selma Oppenheim, 17.8.2010

HIER WOHNTE
SELMA OPPENHEIM
GEB. FALK
JG. 1884
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Selma Falk kam am 9. Oktober 1884 in Auerbachshütte (heute Strużyska/Polen) bei Schneidemühl auf die Welt. Auerbachshütte lag wie Schneidemühl und die benachbarten Orte Schönlanke und Deutsch Krone im Netzekreis, der bis 1945 – von 1922 bis 1938 als „Grenzmark Posen-Westpreußen“ – Teil des Deutschen Reichs war. Heute gehört das ganze Gebiet zu Polen. Der kleine Ort besaß 1885 ca. 70 Einwohner und bestand vor allem aus Ackerland und Weiden, einem Gut und einer Eisenhütte bzw. einem Eisenwerk. Besitzer waren die Brüder Benno (1843–1922) und Pinkus Falk (1832–1891). In ihrer Fabrik wurden landwirtschaftliche Geräte hergestellt. Ob beide Brüder auf dem Gut gelebt haben und wie lange, bleibt unklar.

Wahrscheinlich wohnte dort Pinkus Falk mit seiner Ehefrau Anna geb. Gebhardt (1843–1897), der Tochter des bekannten Rabbiners Julius Gebhardt (1810–1885 Bromberg). Er wäre dann der Vater von Selma Falk. Willy Falk (1869–1942 Auschwitz) und Max Falk (1871–1890), die in Bromberg auf die Welt gekommenen Söhne von Pinkus und Anna, wären ihre Brüder. – Die Fragen zur Herkunft und Kindheit von Selma Falk konnten noch nicht vollständig beantwortet werden.

Die eigentliche Heimat der großen Familie Falk war Schneidemühl (heute Piła/Polen). Die Wohn- und Geschäftshäuser der jüdischen Familie standen im Zentrum der Stadt. Die Verwandten lebten während des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und noch während der NS-Diktatur in der Friedrichstraße, einer wichtigen Innenstadtstraße. Hier wird Selma Falk aufgewachsen sein.
Am 18. März 1922 heiratete Selma Falk den 1868 in Schönlanke (heute Trzcianka/Polen) geborenen Arzt Dr. Arthur Oppenheim. Sie war seine zweite Ehefrau: Die erste, Marie Falk, war 1919 mit 40 Jahren im Berliner Krankenhaus Westend gestorben. Sie war eine Tochter von Benno Falk und seiner Ehefrau Ida, geb. Gebhardt, und hatte mit Arthur Oppenheim einen 1903 geborenen Sohn, Franz. War Selma eine Cousine oder doch eine Schwester von Marie Falk?

Laut Heiratsurkunde lebte Selma Falk 1922 als Rentiere, d.h. vom Vermögen, in Berlin. (Im Adressbuch ist sie mit eigenem Haushalt nicht zu finden.) Als Ehefrau eines Arztes verbrachte sie die nächsten Jahre in Deutsch Krone (heute Wałcz/Polen). Das Paar blieb ohne eigene Kinder.
Zu Beginn der NS-Diktatur verließ das Ehepaar Oppenheim wie viele andere jüdische Bürger die Provinz und zog in die Großstadt Berlin, wo das anonyme Leben mehr Sicherheit versprach. Dort gab es zudem Verwandte. Ihr Ehemann bezog seit 1933 eine Invalidenrente, nach 1938 eine Altersrente. Franz, der Sohn aus der ersten Ehe, emigrierte 1934 mit seiner Ehefrau Anneliese nach Brasilien.

Selma Oppenheim und ihr Ehemann wohnten anfangs zur Untermiete bei Hermann Mendelsohn in der Nicolaistraße 3 in Berlin-Steglitz. Hausbesitzer war der später ebenfalls ermordete jüdische Kapellmeister Ladislaus Löwenthal. 1937 verzeichnet das Berliner Adressbuch als neuen Besitzer einen Klempnermeister. Das Ehepaar Oppenheim zog im September 1936 in eine 2-Zimmer-Parterrewohnung im Gartenhaus der Landhausstraße 44. (Zur gleichen Zeit verzeichnet das Berliner Adressbuch als Mieter des Hauses Otto Ohlendorf, seit Langem Mitglied der NSDAP und der SS, 1941/42 Befehlshaber einer der mörderischen Einsatzgruppen, als Kriegsverbrecher 1951 hingerichtet.)

Am 12. August 1942 wurde Selma Oppenheim mit ihrem Ehemann vom Anhalter Bahnhof aus nach Theresienstadt deportiert. Arthur Oppenheim starb dort bereits am 25. September 1942.
Selma Oppenheim wurde am 16. Mai 1944 von Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt und dort ermordet.

Biografische Zusammenstellung
Dr. Dietlinde Peters, Recherchen: Nachlass Wolfgang Knoll
Weitere Quellen
Berliner Telefonbücher;
M.L. Bamberger: Geschichte der Juden in Schönlanke, Berlin 1912, digitalisiert;
Peter S. Cullman: History of the Jewish Communjty of Schneidemühl: 1641 to the holocaust, Bergenfield NJ 2006;
Grossgrundbesitzer- und Güter-Lexikon zugleich Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer in der Provinz Posen, Berlin 1883;
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry;
Rebecca Schwoch (Hrsg.): Berliner jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus, Berlin/Teetz 2009;
https://www.geni.com/people/;
http://www.juedische-gemeinden.de;

Von der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin

Stolperstein für Walter Schmoller, 17.8.2010

Stolperstein für Walter Schmoller, 17.8.2010

HIER WOHNTE
WALTER SCHMOLLER
JG. 1886
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
RIGA

Walter Schmoller, geboren am 27.6.1886 in Berlin, wurde gemeinsam mit seiner Frau Hertha Schmoller und seiner Tochter Inge Schmoller am 19.1.1942 ab Jenaer Str. 22 nach Riga deportiert und dort ermordet.

Stolperstein für Hertha Schmoller, 17.8.2010

Stolperstein für Hertha Schmoller, 17.8.2010

HIER WOHNTE
HERTHA SCHMOLLER
GEB. MICHAELSON
JG. 1894
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Hertha Schmoller geb. Michaelson, geboren am 18.6.1894 in Berlin, wurde gemeinsam mit ihrem Mann Walter Schmoller und ihrer Tochter Inge Schmoller am 19.1.1942 ab Jenaer Str. 22 nach Riga deportiert, Sie wurde in Auschwitz ermordet.

Stolperstein für Inge Schmoller, 17.8.2010

Stolperstein für Inge Schmoller, 17.8.2010

HIER WOHNTE
INGE SCHMOLLER
JG. 1925
DEPORTIERT 1942
RIGA – LIEPAJA
ERMORDET 22.12.1944

Inge Schmoller, geboren am 18.6.1925 in Berlin, wurde gemeinsam mit ihren Eltern Walter und Hertha Schmoller am 19.1.1942 ab Jenaer Str. 22 nach Riga deportiert. Sie wurde am 22.12.1944 in Liepaja ermordet.

Stolperstein für Eva Hecht, 17.8.2010

Stolperstein für Eva Hecht, 17.8.2010

HIER WOHNTE
EVA HECHT
JG. 1922
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Eva Hecht, geboren am 3.10.1922 in Militsch,wurde am 17.3.1943 ab Rosenthaler Str. 40/41 nach Theresienstadt und von da am 16.10.1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Stolperstein für Fanny Pietrkowski, 17.8.2010

Stolperstein für Fanny Pietrkowski, 17.8.2010

HIER WOHNTE
FANNY PIETRKOWSKI
JG. 1869
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 17.10.1942

Fanny Pietrkowski gehörte, wie Johanna Hirschberg, zu denjenigen Bewohnerinnen des Hauses Landhausstraße 44, von deren Leben bis jetzt nur wenig berichtet werden kann. Auch bei ihr fehlen die üblichen Akten – die „Vermögenserklärung“, die sie kurz vor der Deportation ausfüllen musste, oder die sogenannten Wiedergutmachungsakten.

Auf die Welt gekommen ist sie am 4. Februar 1869 in Kempen/Posen (heute Kępno/Polen). Der Ort gehörte damals zu Preußen. Provinzhauptstadt war Posen, aber näher war das schlesische Breslau (heute Wroclaw/Polen) mit seinen Märkten und seiner berühmten Universität.
Kempen hatte eine große jüdische Gemeinde, zu der zeitweise die Hälfte der Bevölkerung gehörte. Der Name Pietrkowski findet sich bereits vor 1800: 1796 wurde dort der Lehrer Louis Pietrkowski geboren, 1843 kam der Kaufmann Leopold Pietrkowski auf die Welt. Beide verließen die kleine Stadt. Wie auch andere Mitglieder der sehr großen Familie lebten sie später im nahen Ostrowo (heute Ostrów Wielkopolski/Polen) oder auch in Jarotschin (heute Jarocin/Polen) sowie in Breslau. (Leopold Pietrkowski starb dort 1917.) Die Männer waren meist Kaufleute. Wohlhabend geworden, schickten die ersten ihre Söhne auf das Gymnasium. (Eine Generation später studierten die ersten Töchter, wurden Sprachforscherin wie Anna Pietrkowski-Lehmann aus Jarotschin, die 1942 in Chelmno ermordet wurde.) Viele zogen weiter nach Berlin und später, wenn sie noch konnten, in die Emigration, wo sie sich dann „Peters“ nannten.

Dies war die Welt, in der Fanny Pietrkowski aufgewachsen ist und/oder lange Jahre lebte. Die Frauen und Männer könnten/müssten Vorfahren und Verwandte von Fanny Pietrkowski gewesen sein, aber sie wird nirgends genannt.

Sie selbst blieb unverheiratet und ohne Kinder. Aber sie hatte einen Beruf: In der Todesfallanzeige von Theresienstadt steht als Berufsangabe „Krankenpflegerin“. Falls sie dies noch selbst angegeben hatte, wird der Beruf für ihr Leben wichtig gewesen sein. Die Spuren dieser Arbeit sind „unsichtbar“, allein ihre Patienten hätten berichten können.

Wann ist Fanny Pietrkowski nach Berlin gekommen, und wo hat sie hier gewohnt? – Sie könnte bei Verwandten gelebt haben, in einem Schwesternheim gewohnt oder als Privatpflegerin gearbeitet haben. Als sie im Frühjahr 1939 in der Landhausstraße 44 wohnte, muss sie bereits Rentnerin gewesen sein. Hier lebte Fanny Pietrkowski als Untermieterin bei einer anderen Rentnerin: Rina Michaelis hatte als Direktrice gearbeitet und schon vor dem Ersten Weltkrieg in der ersten Etage des Gartenhauses gelebt. Diese Wohnung hatte Fanny Pietrkowski noch selbst gewählt. Während der letzten Zeit vor der Deportation musste sie (wiederum zur Untermiete) in der Uhlandstraße 52 wohnen.

Am 21. September 1942 wurde Fanny Pietrkowski mit einem der „kleinen Alterstransporte“ vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert. An den fahrplanmäßigen Personenzug Richtung Dresden bzw. Prag waren für 100 Personen zwei weitere Waggons gehängt worden. Von den 100 Deportierten des Transports überlebten zehn Menschen das Ghettolager.

Fanny Pietrkowski war laut Transportliste nicht arbeitsfähig, sie starb bereits am 17. Oktober 1942 an „Altersschwäche“ – an den elenden Lebensbedingungen in Theresienstadt.

Quellen:
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
Deutscher Reichsanzeiger 1896, 1903
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.mappingthelives.org/
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger.html
www.heimat-der-vorfahren.de/index.php/Thread/5712-Selbst%C3%A4ndige-des-Kreises-Jarotschin-1895/
www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_at61-70.html
www.loebtree.com/mirelszc.html
www.holocaust.cz/de/datenbank-der-digitalisierten-dokumenten/dokument/86764-pietrkowski-fanny-
https://sztetl.org.pl/pl/miejscowosci/k/226-kepno
http://jri-poland.org/town/jarocin.html
http://jri-poland.org/town/kepno.html

Dr. Dietlinde Peters, Vorrecherchen Nachlass von Wolfgang Knoll
Von der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin

Stolperstein für Eva Jaffé, 17.8.2010

Stolperstein für Eva Jaffé, 17.8.2010

HIER WOHNTE
EVA JAFFÉ
JG. 1866
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
TREBLINKA

Eva Jaffé kam am 6. März 1866 im westpreußischen Deutsch Krone (heute Wałcz/Polen) auf die Welt. Sie war die Tochter des jüdischen Lehrers Markus Jaffé (1832–1904) und seiner Frau Henriette, geb. Michel (1837–1922). Die Eltern stammten aus der Kleinstadt Nakel an der Netze (heute Nakło nad Notecią/Polen) – mag sein, dass sie sich schon lange kannten.

Das Leben von Eva Jaffé hat keine sichtbaren Spuren hinterlassen: Sie blieb ledig, war wohl ohne Beruf und scheint nie einen eigenen Haushalt besessen zu haben – das damals übliche Schicksal der meisten unverheirateten Töchter. Das heißt nicht, dass Eva Jaffé untätig gewesen sein muss: Aber über die möglichen und standesgemäßen Ehrenämter in Gemeinde und Stadt war ebenfalls nichts zu finden. So wird hier vor allem über ihre Eltern und ihre Geschwister berichtet, deren Leben sie teilte.

Der Vater Markus (eigentlich Mordechai) Jaffé stammte aus einer alten Rabbinerfamilie. Er war Lehrer, und sein Beruf ließ ihn und die Familie im damaligen Westpreußen von einem Ort zum anderen ziehen: von Thorn (Toruń) über Danzig (Gdańsk) nach Jastrow im Kreis Deutsch Krone (heute Jastrowie/Polen) und schließlich nach Deutsch Krone selbst. In der idyllischen Kleinstadt inmitten von Wäldern und Seen lebte Eva Jaffé viele Jahre.
Sie hatte sieben Geschwister. Ein Bruder und eine Schwester starben bereits kurz nach der Geburt, die anderen wuchsen in Deutsch Krone auf und lebten später in Berlin. – Ein Blick in die Zukunft: Die Schwestern Bertha (1861–?) und Anna (1870–1897) sollten die Brüder Max und Eugen Herzberg heiraten und Kinder bekommen. Ledig blieben die ein Jahr nach Eva geborene Pauline/Lina (1867–1942) und die ältere Schwester Selma (1862–1935), die Lehrerin geworden war und zwischen 1920 und 1930 als „Anstandsautorin“ eine Reihe von Büchern über das richtige Benehmen veröffentlichte. Ebenfalls bekannt wurde der Bruder Ernst (1873–1916), der als Kunsthistoriker und Redakteur in Berlin leben sollte und 1912 die Studentin Hertha Lewin (1886–1988) heiratete. (Seit 1908 konnten die Frauen in Preußen als ordentliche Studierende die Universitäten besuchen.)

Im Jahr 1900 wurde der Vater pensioniert, und die Eltern zogen (wohl mit den unverheirateten Töchtern) nach Berlin. Sie lebten in den folgenden Jahren in der Lessingstraße im bürgerlichen Tiergarten. Dort hatten bereits für einige Jahre die verheirateten Schwestern von Eva Jaffé mit ihren Familien gewohnt. – Allerdings findet sich im Berliner Adressbuch eine Eva Jaffé, die in der Lessingstraße 17 ein „Warenhaus“ führte. Eine Spur, die sich leider verliert …
In der Familie war Eva Jaffé als eine der Tanten wohl neben der Mutter für die Kinder eine wichtige Bezugsperson. Ihre Nichten und Neffen: die fünf/vier Töchter der Schwester Bertha, die Tochter der früh verstorbenen Schwester Anna und deren Bruder aus der 2. Ehe des Schwagers sowie die beiden Söhne von Ernst und Hertha Jaffé.

1904 starb der Vater. Die ledigen Töchter lebten in den folgenden Jahren mit der Mutter und nach deren Tod gemeinsam ohne sie. Nur Selma, die Schriftstellerin, besaß für kurze Zeit eine eigene Wohnung. Eva und Pauline blieben weiterhin ohne eigenen Haushalt.

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg zogen die Töchter mit der Mutter in die Schaperstraße 35. 1916 starb der Bruder Ernst Jaffé, und seine Witwe gehörte mit zwei kleinen Söhnen nun auch zu den alleinstehenden Frauen der Familie. Die Mutter starb 1922, da lebte sie mit den drei unverheirateten Töchtern in der Passauer Straße 26. 1929 starb der Schwager Max Herzberg, und auch die Schwester Bertha war nun allein. Die unverheirateten Schwestern blieben bis Anfang der 1930er-Jahre in der Passauer Straße und zogen dann in die Bamberger Straße 38 im Bayerischen Viertel. 1935 starb Selma Jaffé. Sie war der „Haushaltsvorstand“ gewesen. – Die Schwester Pauline blieb in der Bamberger Straße. Eva Jaffé zog zum 1. März 1935 (?) in die Landhausstraße 44, wo sie im 2. Stock des Gartenhauses wohnte. Wiederum lebte sie als Untermieterin, zuletzt bei der 1876 geborenen Gertrud Gottschalkson, die vorher mit ihren Geschwistern in Schöneberg gewohnt hatte. Sie besaß noch ein wenig Geld auf einem Konto bei der Deutschen Bank und Wertpapiere, die später eingezogen wurden.

Am 12. August 1942 wurde Eva Jaffé vom Anhalter Bahnhof aus nach Theresienstadt deportiert. (In demselben Transport befanden sich auch Dr. Arthur und Selma Oppenheim, die im Parterre des Gartenhauses gewohnt hatten. Arthur Oppenheim war Arzt in Deutsch Krone gewesen. Vielleicht waren sie sich dort begegnet, auf jeden Fall teilten sie die Erinnerungen.) Von den 100 Deportierten überlebten nur vier. Eva Jaffé gehörte zu denjenigen, die schon am 26. September 1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt und dort ermordet wurden.
Die Wohnung in der Landhausstraße 44 wurde am 8. Oktober 1942 geräumt. Möbel und Inventar kaufte der Möbelhändler Walter Zenk, der ein Geschäft für alte und neue Möbel an der Krummen Straße/Ecke Schillerstraße besaß. Die Vermieterin Gertrud Gottschalkson war am 14. September 1942 nach Theresienstadt deportiert worden und wurde 1944 in Auschwitz ermordet.
Die Schwester Pauline ging denselben Weg wie Eva Jaffé: Am 15. September 1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert und von dort am 29. September nach Treblinka. Die verwitwete Schwester Bertha Herzberg konnte 1937 nach Großbritannien emigrieren. In Theresienstadt kam 1943 Evas Schwager Eugen Herzberg um, Witwer der schon lange toten Schwester Anna. Ein Stolperstein erinnert an ihn in der Nassauischen Straße 54. Evas Nichte Ilse wurde 1943 mit Ehemann Walter Weile in Auschwitz ermordet. Für das Ehepaar gibt es Stolpersteine in der Wielandstraße 17.

Die Schwägerin Hertha Jaffé, Witwe des Bruders Ernst, konnte 1936 mit ihrem Sohn Fritz (1915–1989) nach Palästina entkommen, wo Sohn Hans Mordechai (1913–1968) seit 1935 lebte. Sie wurde über 100 Jahre alt und starb 1988 im Kibbuz Yifat.

Quellen:
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
BLHA Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Landesarchiv Berlin, WGA
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
Moritz Stern, Der Schweriner Oberrabbiner Mordechai Jaffé, Seine Ahnen und seine Nachkommen, Berlin 1933 (digitalisiert)
https://www.geni.com/people/
“https://www.juedische-gemeinden.de“https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.mappingthelives.org/
http://www.holocaust.cz/opferdatenbank/
https://www.statistik-des-holocausts.de
http://blankgenealogy.com/

Dr. Dietlinde Peters, Vorrecherchen Nachlass von Wolfgang Knoll
Von der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin

Stolperstein für Eugenie Wechsler, 17.8.2010

Stolperstein für Eugenie Wechsler, 17.8.2010

HIER WOHNTE
EUGENIE WECHSLER
GEB. PESCHKIN
JG. 1891
FLUCHT FRANKREICH
DEPORTIERT 1942
AUS DRANCY
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Eugenie Wechsler geb. Peschkin, geboren am 6.6.1891 in Sankt Petersburg, konnte zunächst nach Frankreich fliehen, wurde aber am 16.9.1942 von Drancy nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Stolperstein für Frieda Peritz, 17.8.2010

Stolperstein für Frieda Peritz, 17.8.2010

HIER WOHNTE
FRIEDA PERITZ
GEB. HARTSTEIN
JG. 1881
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Frieda Peritz geb. Hartstein, geboren am 22.09.1881 in Schloppe,wurde am 23.9.1942 zusammen mit ihrem Ehemann Richard Isidor Peritz ab Tile-Wardenberg-Str. 19 nach Theresienstadt deportiert, ermordet in Auschwitz.

Stolperstein für Richard Isidor Peritz

Stolperstein für Richard Isidor Peritz

HIER WOHNTE
RICHARD I. PERITZ
JG. 1865
DEPORTIERT 23.9.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 6.12.1942

Richard Isidor Peritz, geboren am 1.1.1865 in Breslau, wurde am 23.9.1942 zusammen mit seiner Ehefrau Frieda Peritz nach Theresienstadt deportiert und dort am 6.12.1942 ermordet. Der Stolperstein für Frieda Peritz wurde bereits im Juli 2007 verlegt.