Rede am 21.8.2013 zur Einbürgerungsfeier

Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann im Rathaus Charlottenburg

Sehr geehrte Damen und Herren!

Herzlich willkommen im Rathaus Charlottenburg und herzlich willkommen als deutsche Bürgerinnen und Bürger im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Ich freue mich, dass Sie sich dafür entschieden haben, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Ich verstehe diese Entscheidung so, dass Sie gerne in unserem Land leben und dass Sie sich hier wohl fühlen. Sie haben mit der Einbürgerung alle Rechte als deutsche Staatsbürger erhalten und die entsprechenden Pflichten übernommen.
Von einem besonders wichtigen Recht können Sie demnächst Gebrauch machen: In vier Wochen ist Bundestagswahl.
Manche halten nicht viel vom Wahlkampf. Ich weiß nicht, wie Sie diesen Wahlkampf empfinden, der jetzt in die Endphase eintritt. In den Medien hat er eher ein schlechtes Image. Ich denke aber im Gegenteil: Wahlkampf ist ein wichtiges Element unserer Demokratie, und möglichst viele sollten sich aktiv daran beteiligen und alle Möglichkeiten nutzen, sich umfassend zu informieren. Bedenken Sie, in wievielen Ländern dies nicht möglich ist.
Plakate sind plakativ, und in den Medien stellen sich die Politikerinnen und Politiker mediengerecht dar. Aber es gibt auch andere Informationsmöglichkeiten: Die Parteien bieten ihre Programme im Internet und an vielen Informationsständen an. Hier und in vielen Veranstaltungen können Sie die Kandidatinnen und Kandidaten persönlich erleben und mit ihnen ins Gespräch kommen. In vielen Zeitungsinterviews und Talkrunden wird über die beste Politik für die Zukunft unseres Landes diskutiert. Ich hoffe, dass Sie den Wahlkampf nutzen, um herauszufinden, wer Ihre Interessen am besten vertritt, und ich bitte Sie: Gehen Sie am 22. September zu Wahl!
Die Wahlen sind in gewisser Weise die Höhepunkte der Demokratie. Aber Demokratie ist auch die tagtägliche Form der Beteiligung sei es im Verein, in der Elternvertretung der Schule oder in einem Ehrenamt.
Und Demokratie ist kein Zustand, sondern ein lebendiger Prozess. Demokratie entwickelt sich ständig weiter. In den letzten Jahren sind neue Formen der Bürgerbeteiligung entstanden, für die das Internet als Medium der Information und Kommunikation immer wichtiger wird.
Auf unserer Website www.charlottenburg-wilmersdorf.de finden Sie nicht nur alle Informationen über das Bezirksamt, sondern auch über den Bezirk insgesamt – und viele Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung.
Wer sich dafür interessiert, unseren Bezirk näher kennen zu lernen, den lade ich herzlich ein, an den Kiezspaziergängen teilzunehmen, die ich einmal im Monat, immer am zweiten Samstag ab 14.00 Uhr veranstalte. Inzwischen sind wir meist mehr als 200 Personen, die durch einen Kiez in unserem Bezirk spazieren und dabei viel erfahren über seine Geschichte, über Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten.
Der nächste Treffpunkt ist am 14. September, um 14.00 Uhr vor dem Rathaus Wilmersdorf. Schwerpunkt ist diesmal die deutsch-polnische Bildung. Wir werden auf unserem Weg eine deutsch-polnische Kita, eine deutsch-polnische Grundschule und eine deutsch-polnische Sekundarschule besuchen. Vom Fehrbelliner Platz gehen wir bis zum Prager Platz, wo wir an diesem Wochenende vom 13. bis zum 15. September unser Fest der Nationen feiern – als Fest der Völkerverständigung und des friedlichen Zusammenlebens vieler Nationen in unserem Bezirk. Ich freue mich darüber, dass sich auch in diesem Jahr wieder einige unserer Partnerstädte aktiv daran beteiligen: Split in Kroatien, der fünfte Bezirk der ungarischen Hauptstadt Budapest, Miedzyrzecz (Meseritz) in Polen, das dänische Gladsaxe und der Landkreis Kulmbach. In jedem Fall wird es an diesem Wochenende wieder ein vielseitiges, internationales Programm und zahlreiche kulinarische und sonstige Attraktionen auf dem Prager Platz geben.
Ich lade Sie herzlich ein, mitzufeiern.
Mit dem Fest der Nationen feiern wir auch die erfolgreiche Integration vieler Menschen mit Migrationshintergrund in unsere Gesellschaft, wobei wir wissen: Zu einer erfolgreichen Integration gehören immer beide Seiten. Die Menschen, die zu uns kommen, müssen bereit sein, die deutsche Sprache zu erlernen. Sie sollten das Grundgesetz kennen, die Trennung von Kirche und Staat akzeptieren und sich auch mit der deutschen Geschichte auseinandersetzen.
Aber wir müssen den Menschen, die zu uns kommen, auch entsprechende Angebote machen, ihnen Chancen eröffnen und ihnen zeigen, dass sie bei uns willkommen sind, dass sie hier gebraucht werden, dass sie eine Perspektive bei uns haben
Unsere deutsche Geschichte lehrt uns, dass wir kulturell und wissenschaftlich immer dann erfolgreich waren, wenn verschiedene Kulturen sich in unserem Land in der Mitte Europas getroffen haben, wenn sie sich vermischt und gegenseitig befruchtet haben.
Wir haben in der Vergangenheit zu wenig getan, um die Integration der hier lebenden Ausländer in unsere Gesellschaft zu fördern. Und wir haben sie wohl auch zu wenig gefordert. Wir haben es bei einer Toleranz belassen, die im Grunde für viele nur Gleichgültigkeit bedeutet hat.
Ich wünsche mir mehr gegenseitiges Interesse. Wir können so viel voneinander lernen in gegenseitigem Respekt. Das gilt auch für die Flüchtlinge, die in großer Not bei uns Zuflucht suchen.
Sie haben sich für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden. Mit Ihren kulturellen Wurzeln bereichern Sie die deutsche Gesellschaft.
Wir wollen zusammenleben, ohne zu verleugnen, dass wir unterschiedlich sind. Wir wollen eine pluralistische Gesellschaft, in der die verschiedenen Kulturen miteinander ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben. Lassen Sie uns gleich heute damit beginnen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen noch einen schönen Abend und Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft!