Kiezspaziergang am 11.10.2003

durch den Klausenerplatzkiez

mit Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen
Treffpunkt: Sophie-Charlotte-Platz (U-Bahnhof)

Sehr geehrte Damen und Herren!

Nachdem wir zuletzt im Schlosspark und im Volkspark Jungfernheide waren, lernen wir heute beim Kiezspaziergang wieder einen richtigen Kiez kennen, es ist wohl der Charlottenburger Kiez schlechthin, der Klausenerplatzkiez. Hier gibt es sogar ein Kiezbündnis Klausenerplatz e.V. und ein Kiezbüro. Wir haben für diesen Kiezspaziergang viel Information und viel Unterstützung vom Kiezbündnis und von den vielen anderen Initiativen und Institutionen hier im Kiez erhalten, und viele Mitglieder dieser Gruppen beteiligen sich heute am Kiezspaziergang und werden uns informieren über ihren Kiez. Ich danke ihnen allen schon jetzt herzlich dafür und bin selbst gespannt und überzeugt, dass ich heute eine Menge lernen kann.

Zuvor allerdings wie immer der Hinweis auf den nächsten Kiezspaziergang: Wie immer am zweiten Samstag im Monat, also am 8. November, um 14.00 Uhr treffen wir uns am Bahnhof Grunewald, auf dem Vorplatz an der Fontanestraße und Trabener Straße. Und wir werden uns erinnern an die Pogromnacht des 9. November 1938 und werden an viele Beispiele des jüdischen Lebens in Grunewald erinnern. Es wird übrigens eine andere Strecke sein als im letzten Jahr. Damals führte meine Kollegin, Sozialstadträtin Martina Schmiedhofer, bei Regen durch einen Teil Grunewalds. Aber Sie werden feststellen, dass die Villenkolonie groß ist und noch mehr an interessanten Häusern und Orten zu bieten hat.

Jetzt aber zu unserem heutigen Spaziergang durch einen klassischen Charlottenburger Kiez. “Schlossviertel”, “Roter Kiez” und “Kleiner Wedding” sind Bezeichnungen, die diesem Gebiet im Lauf seiner Geschichte verpasst wurden. Schon immer war die Schlossstraße eine Art soziale Barriere. Östlich lebten die Großbürger, sei es in der Villa Oppenheim, oder in den hochherrschaftlichen Häusern mit prächtigen Vorgärten. Auf der westlichen Seite, hier im Kiez lebten die kleinen Leute, zuerst die Schlossbediensteten, später Arbeiter, Angestellte und Beamte. In den 20er und 30er Jahren war hier der Widerstand gegen die Nationalsozialisten groß. Das Gebiet wurde im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört. In den 80er Jahren war es die Hochburg der Charlottenburger Hausbesetzerbewegung.

Der Bereich zwischen Spandauer Damm, Schloßstraße, Sophie-Charlotten-Straße und Kaiserdamm wurde 1963 als Sanierungsgebiet ausgewiesen. Die Wohnungsbaugesellschaft, der die meisten Wohnungen im Kiez gehörten, war die Neue Heimat. Fast die Hälfte der Bewohner wurde umgesetzt, und die Wohnanlagen wurden entkernt und saniert. Aber immer mehr Bewohner setzten sich gegen die Entkernung und Entmietung zur Wehr. Sie gründeten 1973 die erste Berliner Mieterinitiative. 1972 bis 1974 wurde ein Sanierungswettbewerb durchgeführt und anschließend die Sanierung gemeinsam mit der Mieterinitiative durchgeführt. Die 1995 offizielle abgeschlossene Sanierung berücksichtigte die Aspekte des Denkmalschutzes ebenso wie die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner. Das international beachtete Projekt gilt als vorbildlich.

1999 wurde das Kiezbündnis Klausenerplatz e.V. gegründet zur Verbesserung für das Wohngebiet in den Bereichen Wohnen, Gewerbe, Kultur, Verkehr, Sauberkeit und interkulturelles Miteinander. Das Kiezbündnis wird vom Bezirksamt und von der WIR Wohnungsbaugesellschaft in Berlin mbH unterstützt. Die WIR ist als Wohnungsbaugesellschaft hier die Nachfolgerin der Neuen Heimat. Außerdem gibt es argus, die “Arbeitsgruppe Gemeinwesenarbeit und Stadtteilplanung GmbH”, und ich begrüße herzlich Herrn Meier von argus und möchte mich noch einmal bei ihm und seiner Mitarbeiterin Frau Jantzen, die heute nicht dabei sein kann, für die Unterstützung bedanken.

Sophie-Charlotte-Platz

Der Sophie-Charlotte-Platz wurde 1892 natürlich benannt nach der Namensgeberin von Charlottenburg, der preußischen Königin Sophie Charlotte, der Gemahlin von König Friedrich I. Die 1668 in unserer Partnerstadt Bad Iburg geborene Sophie Charlotte starb sehr früh im Jahr 1705. Und ihr zu Ehren wurden das damalige Schloss Liezenburg und die neu gegründete Stadt nach ihr benannt. Charlottenburg erhielt gleichzeitig, im Jahr 1705 Stadtrechte, und deshalb werden wir im Jahr 2005 das 300jährige Bestehen Charlottenburgs feiern.

Der Platz wurde 1910 als Blockplatz mit Rasen, Rabatten, Hecken und Bäumen angelegt.

Horstweg

Der Horstweg wurde um 1874 benannt. Der Name bezieht sich nicht auf den Vornamen Horst, sondern auf den geologischen Begriff, der eine Anhöhe über sumpfigem Geländet bezeichnet. Der Weg führte zur der Anhöhe Haselhorst.

Wundtstraße

Die Straße wurde 1936 nach dem Philosophen und Psychologen Wilhelm Max Wundt (1832-1920) benannt. Zuvor hieß sie Königsweg.

Nr.9 LPG-Bio-Läden (Nur für Mitglieder)

Knobelsdorffstraße

Die Straße wurde 1887 benannt nach dem Maler, Gartengestalter und Architekten Hans Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699-1753). 1740 wurde er von Friedrich II zum Oberintendanten der Königlichen Schlösser und Gärten ernannt. Er baute Schloss Rheinsberg um, schuf das Königliche Opernhaus (die heutige Staatsoper) und den Ostflügel des Schlosses Charlottenburg.

Schlossstraße

Die Schlossstraße erhielt ihren Namen am Ende des 18. Jahrhunderts. 1701 wurde sie angelegt und zunächst “Große Allee” genannt. Sie führte zunächst nur bis hierher, also bis zur heutigen Einmündung der Zillestraße und Knobelsdorffstraße. Auf dieser Höhe befand sich das so genannte Nasse Dreieck im Zuge des Schwarzen Grabens, eine sumpfige Rinne, die zunächst nicht überbrückt werden konnte.

An dem problematischen Untergrund lag es auch lange Zeit, dass dieser Abschnitt der Schlossstraße zwischen Kaiserdamm und Zillestraße gepflastert blieb. 1992 allerdings hat der damalige Bezirk Charlottenburg den Umbau der Straße in der Investitionsplanung des Landes Berlin angemeldet. Sie sehen: Es hat 11 Jahre gedauert, bis er möglich wurde. Jetzt wird auch dieser Abschnitt mit einer Bitumendecke versehen – vor allem, damit die Lärmbelästigung für die Anwohner geringer wird.

Hier wird es einen Fußgängerüberweg mit Zebrastreifen und einer Mittelinsel geben. Außerdem soll ein Radfahrstreifen auf der Straße zwischen Parkstreifen und Fahrbahn durchgehend bis zum Spandauer Damm angelegt werden. Im Fahrbahnbereich fehlt nur noch die letzte Deckschicht. Die gesamte Baumaßnahme wird ungefähr 220.000 EUR kosten. Sie soll spätestens Ende November abgeschlossen sein.

Nr. 22 Gedenktafel Otto Grüneberg

1989 wurde gegenüber an der Schlossstraße ein Weg nach dem Charlottenburger Otto Grüneberg benannt. Er wurde am 7.2.1908 in Charlottenburg geboren und starb am 1.2.1931 in Berlin-Charlottenburg. Er war Mitglied der “Roten Jungfront” und engagierte sich in einer Häuserschutzstaffel des Zille-Kiezes zur Abwehr des SA-Terrors. Am Abend des 1. Februar 1931 kam es an der Ecke Schloßstraße und Hebbelstraße zu einem Zusammenstoß mit der SA. Grüneberg wurde dabei von einem SA-Mann erschossen. Die Gedenktafel erinnert an diesen Mord:

HIER WURDE AM 1.FEBRUAR 1931

DER ANTIFASCHIST

OTTO GRÜNEBERG

GEBOREN AM 7. FEBRAUR 1908

VOM SA-STURM 33 ERMORDET.

Nr. 19 Jugendclub Schloss

Seelingstraße

Die Straße wurde 1950 benannt nach dem Architekten Heinrich Seeling (1852-1932). Er war Spezialist für Theaterbauten und von 1907 bis 1921 Stadtbaurat in Charlottenburg. Unter seiner Regie entstanden unter anderem der Wasserturm Westend, das Neue Theater am Schiffbauerdamm in Berlin-Mitte (heute Berliner Ensemble), einige Charlottenburger Schulen, das Deutsche Opernhaus Charlottenburg (im Zweiten Weltkrieg zerstört, heute Deutsche Oper) und der Erweiterungsbau des Rathauses Charlottenburg, in dem sich unter anderem die Stadtbibliothek befindet. Er wurde begraben auf dem Friedhof Wilmersdorf an der Berliner Straße.

Nr.14 Kiezbüro

Nr.9 Seelingtreff, AMOS, Tagesstätte für sozial Ausgegrenzte

Nehringstraße

Die Straße wurde 1893 benannt nach dem Architekten und Ingenieur Johann Arnold Nehring (1659-1695). Er wurde 1691 Oberbaudirektor des staatlichen Bauwesens in Brandenburg-Preußen und war neben Schlüter der bedeutendste Vertreter des Berliner Barock. Unter anderem das Kronprinzenpalais und das Zeughaus Unter den Linden stammen von ihm.

Nr. 9-10 Nehring-Grundschule und Peter-Jordan-Sonderschule

Der um 1900 entstandene Altbau wurde 1989 vollständig renoviert und durch einen Neubau mit einer modernen großen Sporthalle ergänzt. Die Schule ist durch die umgebenden Häuserzeilen vollständig vom Straßenverkehr abgeschirmt. In 22 Klassen und 3 Vorklassen werden etwa 375 Schülerinnen und Schüler aus 30 Nationen von 28 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet. Für die Freizeitgestaltung nach der Schulzeit sind 12 Erzieherinnen beschäftigt. Die Schule ist teilweise bereits eine Ganztagsschule, in der Kinder von 6.00 bis 18.00 Uhr betreut werden können.

Aus der Peter-Jordan-Sonderschule für Lernbehinderte wurde mit Beginn des Schuljahres 1992/93 das Sonderpädagogische Förderzentrum Peter-Jordan-Schule Charlottenburg. Es ist zuständig für Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allen Charlottenburger Schulen. Das Förderzentrum bietet spezielle Klassen für lernbehinderte Schülerinnen und Schüler, die integrative Förderung von behinderten und nichtbehinderten in der Grundschule und eine ambulante Betreuung für Schülerinnen und Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten. Insgesamt 54 Lehrerinnen und Lehrer betreuen hier etwa 200 Schülerinnen und Schüler in speziellen Klassen und sonderpädagogischen Förderklassen.

Die Nehring-Grundschule und die Peter-Jordan-Sonderschule arbeiten eng zusammen.

Ebenfalls auf dem Gelände, im Neubau an der Straßenfront, befindet sich die Stadtteilbibliothek West, eine der Filialen der Stadtbibliothek Charlottenburg-Wilmersdorf.

Knobelsdorffstraße

Nr 15 Platane 19

Tageszentrum, Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle

Nr.32 Sozialverband VdK, Mobilitätshilfedienst

Danckelmannstraße

Die Straße wurde 1885 benannt nach dem Staatsmann und Politiker Eberhard Christoph Balthasar von Danckelmann (1643-1722). Er war der Erzieher von Kurfürst Friedrich III., Premierminister und Oberpräsident aller Landeskollegien und damit im Prinzip der leitende Minister Preußens. Wegen Meinungsverschiedenheiten mit der damaligen Kurfürstin Sophie Charlotte wurde er 1697 entlassen und verhaftet, später allerdings durch Friedrich Wilhelm I rehabilitiert.

Nr.43 Dicker Wirt

Eine der ältesten Kneipen im Kiez.

Nr.20 Gemeinschaftsanlage mit mehreren Höfen und Remisen bis Sophie-Charlotten-Straße 83

u.a. Jugendprojekt abw (Arbeit – Bildung Wohnen)

Nachschlag

eine Regenverrieselungsanlage, Sumpfbeet

Die Planung wurde gemeinsam mit den Mietern gemacht.

Nr.46-47 Ledigenheim (ehem. auch: FFBIZ)

Am 1. April 1908 wurde hier das erste deutsche Arbeiterwohnheim eröffnet, das seinen Bewohnern anstelle der bislang üblichen Unterbringung in kargen Schlafsälen den Luxus von Einzelzimmern bot. Der Architekt, der Charlottenburger Stadtbaurat Rudolf Walter, baute ein “Unterkunftshaus in erster Linie für unverheiratete junge Männer, die sonst auf Schlafstellen angewiesen sind, Männer mit bescheidenem Einkommen, doch immer im Vollbesitz ihrer Kräfte und daher erwerbsfähig.” So hieß es damals in einer Beschreibung.

Mit diesem “Hotel” für Arbeiter, Angestellte und Handwerker machte die wohlhabende Bürgerstadt Charlottenburg den Versuch, dem gefürchteten “Übelstand” des sogenannten Schlafgängerwesens exemplarisch entgegenzutreten. Allein in Charlottenburg gab es zu dieser Zeit rund 8000 Schlafburschen, meist jüngere Arbeiter, die wegen der immensen Wohnungsnot und ihres geringen Einkommens nur Bettstellen als Übernachtungsmöglichkeit anmieten konnten. Von bürgerlichen Reformern wurden die Schlafgänger verantwortlich gemacht für die verheerende Überbelegung vieler Arbeiterwohnungen und für die Zerstörung der Familie. Ihnen wurden Gewaltverbrechen, Unmoral und vor allem die Verführung von Ehefrau und Kindern der abwesenden Vermieter vorgeworfen.

Das Charlottenburger Ledigenheim hatte Modellcharakter als Versuch, diesen beklagten Übelstand zu beheben. Geboten wurde hier ein hotelähnlicher Komfort und Service. In dem Bau waren unter anderem auch eine Volksbücherei, eine Volksbadeanstalt und eine Volksspeisehalle untergebracht, außerdem drei Geschäfte, die zur Rentabilität beitragen sollten. Träger des Heims war die 1905 gegründete “Volkshotel AG Ledigenheim”. Von ihren 41 Aktionären gehörten 22 dem Charlottenburger Magistrat bzw. der Stadtverordnetenversammlung an.

Bis zu 370 Männer lebten in den bescheidenen, 6 qm großen Einzelzimmern des Wohnheims. Wegen des rigorosen Zutrittsverbots für Frauen wurde es in der Nachbarschaft “Bullenkloster” genannt. Entgegen vieler Besorgnisse war der Ruf des Heimes solide und gut. Sogar ökonomisch wurde der Heimbetrieb zum Erfolg. In der Weimarer Republik kam es allerdings zu heftigen Mieterunruhen. Im Sommer 1930 protestierten die Mieter gegen die rigide Hausordnung und gegen den inzwischen schlechten baulichen Zustand des Hauses.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war das Ledigenheim voll besetzt, geriet aber schnell in den Ruf einer ausgesprochenen Notunterkunft. Es gab immer mehr Spannungen und latente Aggressionen. Als Ende der 60er Jahre die Wohnungsnot beendet war, standen immer mehr Zimmer leer. 1971 löste sich die Aktiengesellschaft auf und verkaufte das Heim an die Gewobag, die das Haus 1973 schloss und es von 1977 bis 1979 umbaute. Die Außenfassade wurde originalgetreu rekonstruiert und saniert. Heute ist das Haus ein Studentenwohnheim mit 154 Einzelzimmern.

Nr.14-16 Ziegenhof

Ich begrüße Herzlich Frau Betzner, die uns den Ziegenhof vorstellen wird.

In dem riesigen Hinterhof standen früher Quergebäude und Hinterhäuser, die nacheinander gesprengt oder abgerissen wurden. Heute gibt es hier Pappeln, Akazien, Weiden, in die Erde eingelassene Badewannen, in denen Sträucher wachsen, Baumstümpfe als Sitzgelegenheiten, und in einer Ecke befindet sich ein Tiergehege.

Nr.50 Straks = Straßen-Kiez-Sozialarbeit (Suchtprävention)

Nr.51 Falken-Apotheke

Seelingstraße

Nr.32 Jugendinitiative SCK (Treberladen)

Eine Drogenpräventionseinrichtung seit etwa 20 Jahren. Michael Jacobson wird die Einrichtung vorstellen.

Nr.30 Brotgarten

Dies ist die älteste Biobäckerei Berlins

Nr. 29 Drogerie Medrow (Weleda Partnerkunde)

Nr. 21 Gedenktafel Richard Hüttig

RICHARD HÜTTIG
ANTIFASCHIST – KOMMUNIST
GEBOREN 16.3.1908
HINGERICHTET 14.6.1934
IN BERLIN – PLÖTZENSEE
KPD

Richard Hüttig war der Leiter der Häuserschutzstaffeln, die sich hier zur Abwehr von SA-Terrortruppen gebildet hatten. Es waren Selbsthilfeorganisationen. Sie hielten ihre Beratungen im KPD-Vereinslokal “Tietz” in der Nehringstraße 4a ab, wo sich heute eine Fahrschule befindet. Wenn die SA in Sicht war, wurden die Häuserschutzstaffeln durch akustische Signale alarmiert. Richard Hüttig wurde nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verhaftet und am 16.2.1934 zum Tode verurteilt. Zwei Monate später wurde er im Strafgefängnis Plötzensee hingerichtet. Hüttig und seinen Mitangeklagten wurde vorgeworfen, bei einem Zusammenstoß mit der SA und SS vom 17. Februar 1933 den SS-Scharführer Kurt von der Ahé erschossen zu haben. Augenzeugen berichteten zwar, dieser sei durch Schüsse seiner eigenen Leute getroffen worden, und das Gericht stellte ausdrücklich fest, dass es nicht zu der Überzeugung gelangt sei, Hüttig habe den tödlichen Schuss abgegeben. Aber das verhinderte nicht seine Verurteilung zum Tode.

Nehringstraße

Nr.27 Islamische Osman-Gazi-Camii-Moschee

Nr.28 UNICEF Berlin

Frau Lücke stellt UNICEF Berlin vor.

Nr.4a Fahrschule (in den 20er Jahren KPD-Vereinslokal “Tietz”)

Christstraße

Die Straße wurde 1885 benannt nach dem Charlottenburger Stadtrat Robert Christ (1813-1878).

In der Christstraße nahm die Sanierung des Viertels in den 70er Jahren ihren Anfang.

Danckelmannstraße

Nr.9 (Ehem. Engelhardt-Brauerei)

Das Gelände zieht sich bis zur Sophie-Charlotten-Straße 92 hin.

1884 wurden hier die ersten Gebäude für eine “Weißbier-Brauerei für Export” errichtet. Seit 1886 hieß die Brauerei “Kaiser-Brauerei”. Eigentümer waren die Herren Dummer und Kahl. Die Entwürfe für die Gebäude stammen von Alfred Schrobsdorff, dem damaligen “Baulöwen” Charlottenburgs. 1886 wurden ein massiver Eis- und Bierkeller und das Maschinenhaus gebaut, 1890 das Kesselhaus, 1897 das Dampfmaschinenhaus, Pferdeställe und ein neuer Lager- und Bierkeller. Das Sudhaus wurde umgebaut. 1902 wurden die Pferdeställe vergrößert und eine Wagenremise neu gebaut.

1910 wurde die Kaiser-Brauerei von der wesentlich größeren Brauerei Ernst Engelhardt Nachfahren geschluckt. Dies wurde damit neben dem Hauptgebäude in Pankow der zweite Produktionsort dieser Brauerei. In den 30er Jahren wurde die Engelhardt –Brauerei zum zweitgrößten Brauereikonzern in ganz Deutschland mit inzwischen 16 eigenen Braustätten. Der Konzernchef und Mehrheitsaktionär Dr. Ignaz Nacher musste als Jude 1934 die Konzernleitung abgeben und seine Aktienanteile verkaufen. Nutznießer dieser “Arisierungsmaßnahme” war vor allem die Dresdener Bank, die auf diese Weise Besitzerin der Engelhardt-Brauerei wurde. Ignaz Nacher blieb kaum etwas von seinem Vermögen. Er starb am 15.9.1939 verarmt in seinem Exil in Zürich.

Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude hier stark zerstört, aber nach dem Krieg war es die einzige im Westen verbliebene Braustätte von Engelhardt, und 1949 wurden Gärkeller, Lagerkeller, Flaschenkeller, Wirtschaftsgebäude und Kesselhaus neu aufgebaut. Für 7 Mio DM wurde ein neues Sudhaus errichtet, das 1977 in Betrieb genommen, aber Anfang der 80er Jahre bereits wieder still gelegt wurde, denn 1982/93 wurde die Bierproduktion nach Kreuzberg verlegt, womit auch der typische süßliche Maische-Geruch aus den umliegenden Straßen verschwand. Die Engelhardt-Brauerei wurde der Schultheiß AG einverleibt, die wiederum Bestandteil der Dortmunder Union-Schultheiß AG ist, der größten deutschen Brauereigruppe.

Hier im Kiez bildete sich eine “Interessengemeinschaft Engelhardt-Gelände e.V.” mit dem Ziel, Arbeiten, Wohnen und soziale Aufgaben in den leer stehenden Produktionsgebäuden einzurichten. 1985 wurde der an der Sophie-Charlotten-Straße liegende Grundstücksteil vom Land Berlin gekauft zur Errichtung eines Gewerbehofes. Trotz Intervention des Landeskonservators wurden die Gebäude abgerissen und von 1988 bis 1990 zwei- bis viergeschossige Neubauten für ca. 20 Betriebe vom 200 Beschäftigten gebaut.

Nr.52 Berliner Stadtmission – Mimi-Treff

Seelingstraße

Nr.47-49 Eine typische Berliner “Mietskaserne”

Sophie-Charlotten-Straße

Die Straße wurde 1885 nach der preußischen Königin benannt. Sie hieß zuvor “Schützenweg” bzw. “Fürstenbrunner Weg”.

Nr.88 Zille-Wohnhaus

Gedenktafel, das Bildnismedaillon stammt von Richard Scheibe. Die erneuerte Gedenktafel wurde am 9.8.1949 enthüllt.

DIE GEDENKTAFEL NACH 1933 ZUM VERSCHROTTEN GEGEBEN
GERETTET VON ARBEITERHAND
IM JAHRE 1949 ERNEUERT

IN DIESEM HAUSE WOHNTE
VOM 1. SEPTEMBER 1892
BIS ZU SEINEM TODE
DER MEISTER DES
ZEICHENSTIFTES
DER SCHILDERER
DES BERLINER
VOLKSLEBENS

HEINRICH ZILLLE
GEB. 10.1.1858. RADEBURG
GEST. 9.8.1929. BERLIN

SEINEM ANDENKEN
DIE STADT BERLIN 1931

Heinrich Zille arbeitete nach Beendigung seiner Lehre Jahrzehnte als Lithograph, und als die Werkstätten der Fotografischen Gesellschaft vom Dönhoffplatz zum Kaiserdamm verlegt wurden, zog er 1892 hierher in die Sophie-Charlotten-Straße und wurde Charlottenburger. “Da war’s noch ländlicher”, erzählte er selbst. “Am Kaiserdamm war große Heide. Da saßen die Weiber mit ihren Kinderken, hielten sie ungeniert an die Brust oder hielten sie ab. Da konnte man sie belauschen.” Hier wurde Zille zum Schilderer und Ankläger der sozialen Zustände seiner Zeit.

In der Nachkriegszeit lebte hier, im 4. Stock der Sohn und Erbe von Heinrich Zille.

Nr.97 Zur Linde (Kneipe)

Nr.98 Großgaragen des Westens

1929 bis 30 wurden die Großgaragen des Westens GeDeWe gebaut. Das Vorderhaus ist zweistöckig und beherbergt das Büro und die Aufenthaltsräume für Chauffeure. Auf dem Hof stehen Garagen, und das gesamte Grundstück ist durch eine Tiefgarage unterkellert. Taxis, aber auch die Automobile der wohlhabenden Bewohner des Kaiserdamms und der umliegenden Straßen fanden hier Unterstellmöglichkeit, Pflege- und Wartungseinrichtungen. Ausschlaggebend für die Errichtung der Großgaragen waren wohl die Nähe des Messegeländes und der Ringbahn. Besitzer der Garagen war die Familie Lewin, polnische Juden, die 1938 ihren Besitz verkaufen mussten und nach Warschau abgeschoben wurden.

Seit Ende der 50er Jahre ist in den ehemaligen Großgaragen eine Autoreparaturwerkstatt untergebracht.

Gardes-du-Corps-Straße

Die Straße wurde 1887 benannt nach der Leibwache der preußischen Könige. Sie war 1740 von Friedrich II neu begründet worden. Eine Schwadron war hier, in Charlottenburger Bürgerhäusern, untergebracht, seit 1800 dann in der Schlosskaserne, 1889 nach Potsdam verlegt. Die Garde wurde 1918 aufgelöst.

(Nr.3 Geburtshausladen (Kinderladen))

Spandauer Damm

Nr.65 Schwarzwaldhaus, lisa e.V.

Lisa e.V. ist ein Mädchen- und Frauenladen für interkulturelle Sozialarbeit

Das “Schwarzwaldhaus” wurde 1874 gebaut. Das Grundstück gehörte einem Gastwirt, der im Vorderhaus ein Ausflugslokal betrieb. Das neue Gartenhaus erhielt zwei Wohnungen. Sein auffallendstes Merkmal waren die Holzschnitzerein an den Traufen. Man findet sie hier an keinem anderen Wohnhaus aus dieser Zeit. Sie sollten “ländliches Leben” im Hinterhof darstellen. Das Vorderhaus wurde 1934 auf 5 Etagen aufgestockt und im Krieg zerstört, 1981/82 der jetzige Neubau errichtet. Das Hinterhaus wurde 1983 unter Denkmalschutz gestellt.

Klausenerplatz

Der Platz wurde 1950 nach dem Juristen, Politiker und Widerstandskämpfer Erich Klausener (1885-1934) benannt. Er war seit 1928 Leiter der katholischen Aktion und wurde im Zusammenhang mit dem Röhm-Putsch ermordet.

Von 1857 bis 1887 hieß er “Reitplatz”, danach “Friedrich-Karl-Platz”.

Angelegt wurde der Platz im 19. Jahrhundert als Reitplatz der Gardes du Corps. 1894 wurde die Platzanlage als begrünte Freifläche umgestaltet. 1921/22 gestaltete Erwin Barth den Platz um mit einem Kinderspielplatz im Mittelteil, erhöhten Sitzplätzen an den Ecken und Pappel-Rondellen.

Erwin Barth vertrat den Standpunkt: “In öffentlichen Gärten einer Stadt sollten man namentlich dort, wo die weniger Bemittelten wohnen, mit verschwenderischer Blumenfülle einen Frohsinn in weite Kreise tragen. In dem Sinne ist Blumenschmuck kein Luxus, sondern er kann von großer sozialer Bedeutung sein. Es ist auch nicht richtig, dass die ärmere Bevölkerung die Blumen weniger schont und achtet: im Gegenteil hat man die Erfahrung gemacht, dass in Arbeitervierteln die Bewohner ihre Anlagen mit Eifer schützen. Voraussetzung ist, dass diese Gärten sauber angelegt und sorgfältig unterhalten werden.”

Darum bemüht sich unser Grünflächenamt mit immer weniger personellen und finanziellen Mitteln, aber bisher noch immer mit großem Erfolg.

Nach dem Krieg wurde der Platz in etwas abgewandelter Form durch Walter Hilzheimer wieder hergestellt. Dienstags und freitags ist von 8 bis 13 Uhr Wochenmarkt.

Nr. 19 K19, Freie Theateranstalt Berlin e.V., Geburtshaus

Mitte der 70er Jahre setzte die “Neue Heimat” das heruntergekommene Fabrikgebäude auf ihre Abrissliste und duldete, dass bis zum Abriss Arturo Walb, ein Metallbildhauer und Sammler von historischen Eisengittern mit hohem Platzbedarf vorübergehend die Räume nutzte. Der Künstler Arturo Walb scharte eine Reihe befreundeter Künstler um sich. Gemeinsam gestalteten sie die Räume, mobilisierten die Öffentlichkeit und überredeten schließlich die Wohnungsbaugesellschaft und die Behörden, die “Fabrik K 19” als “kulturbildendes Haus in die Sanierungspläne für das Gebiet Klausenerplatz aufzunehmen. Unter anderem der damalige Direktor der Staatlichen Schlösser und Gärten, Prof. Martin Sperlich hatte sich für die Künstler und ihre Fabrik eingesetzt. Einige von ihnen waren bei ihm mit der Schlossrestaurierung beschäftigt.

Die Künstler gründeten einen Verein und 1979 eine Galerie, die allerdings 1993 wegen der gestiegenen Mietkosten wieder aufgegeben werden musste. K19 ist bis heute ein Haus für künstlerisches Arbeiten. Zu den Künstlern, die hier arbeiten, gehören unter anderem Emanuel Scharfenberg und Georg Seibert. Einmal im Jahr werden die Tage der offenen Ateliers veranstaltet. Die letzten waren gerade am vergangenen Wochenende.

Zum 25jährigen Bestehen von K19 ist derzeit eine Ausstellung in der Villa Oppenheim zu sehen.

Nr.12-13 Katholische Kirche St. Kamillus

An der Südseite des Klausenerplatzes erhebt sich die mächtige Kloster- und Kirchenanlage von St. Kamillus. Sie wurde 1931-32 von Hermann Mohr als vierflügelige Kirchen- und Klosteranlage mit einem Seniorenwohnhaus gebaut. Die Fassade mit Freitreppe ist symmetrisch. Die Architektur zeigt Anklänge an die Neue Sachlichkeit. Nach Kriegsschäden wurde die Kirche 1960 wieder aufgebaut und dabei im Inneren vereinfacht.