110. Kiezspaziergang am 12.2.2011

Vom Adenauerplatz zum Haus Cumberland

Start am Adenauerplatz, Foto: Raimund Müller

Start am Adenauerplatz, Foto: Raimund Müller

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

Treffpunkt: Adenauerplatz Ecke Lewishamstraße

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 110. Kiezspaziergang. In diesem Jahr steht das 125jährige Jubiläum des Kurfürstendammes im Mittelpunkt unserer Kiezspaziergänge. Und heute wollen wir ein Stück über den Kurfürstendamm flanieren und dann eines der großen Bauprojekte am Kurfürstendamm besichtigen, und zwar das 1912 als Boarding-Palast errichtete Haus Cumberland. Die Berliner Unternehmer Dirk Germandi, Detlef Maruhn und Thomas Bscher haben im letzten Jahr den gesamten Komplex gekauft. Sie wollen am Kurfürstendamm Einzelhandel und Büros und in den dahinter liegenden Gebäudeteilen bis zur Lietzenburger Straße Wohnungen unterbringen. Wir werden einige der historischen Räume besichtigen können, und im Kaisersaal wird uns der Pressesprecher der Investoren, David Eckel, das Bauprojekt vorstellen.
Bevor wir starten möchte ich Ihnen den Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang mitteilen. Wie Sie wissen finden die Kiezspaziergänge immer am zweiten Samstag eines Monats ab 14.00 Uhr statt. Das wollen wir auch im neuen Jahr – zumindest bis zur Wahl im September so beibehalten. Der Treffpunkt ist also am Sonnabend, dem 12. März, um 14.00 Uhr auf dem Joachimstaler Platz am U-Bahn-Ausgang Kurfürstendamm. Und da wir uns im März traditionell vor allem mit bedeutenden Frauen beschäftigen, werden wir das Käthe-Kollwitz-Museum und das Literaturhaus in der Fasanenstraße besuchen. Beide sind nur wenige Meter vom Kurfürstendamm entfernt. Außerdem wird es um Gabriele Tergit, Irmgard Keun, Jeanne Mammen und eine Reihe weiterer Frauen am Kurfürstendamm gehen.

Adenauerplatz
Am 21. Juni 1973 wurde dieser Platz nach dem früheren Bundeskanzler Konrad Adenauer benannt. Der Platz war neu entstanden durch einen Umbau der Straßenkreuzung. Die Wilmersdorfer Straße wurde verkürzt und verschwenkt, so dass sie nicht mehr direkt in den Kurfürstendamm einmündet, sondern in die Lewishamstraße.
Seit dem Frühjahr 2005 ist Konrad Adenauer auf seinem Platz am Kurfürstendamm auch selbst präsent. Dank einer Stiftung des bekannten Unternehmers Hans Wall konnten wir am 19.4.2005 die 1,85 m hohe Bronzestatue von Helga Tiemann enthüllen. Mit dabei war die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel, die damals noch nicht als Nachfolgerin Konrad Adenauers im Kanzleramt saß. Die Statue zeigt einen dynamischen Adenauer mit wehendem Mantel und Hut in der Hand. Als Vorbild diente ein legendäres Foto vom 21.9.1949. Es zeigt Adenauer beim Verlassen des Sitzes der Hohen Kommission auf dem Petersberg in Königswinter bei Bonn. Dabei hatte er bewusst die Anweisung missachtet, nicht auf den Teppich zu treten, auf dem die Vertreter der Besatzungsmächte standen. Er demonstrierte damit Selbstbewusstsein der neu entstehenden Bundesrepublik Deutschland.

Einige Meter hinter der Figur von Konrad Adenauer erinnert ein Gedenkstein aus rotem Granit an den Tod des damals 19-jährigen Mete Eksi. Der Text auf dem Stein lautet:
METE EKSI GEB. 1972 STARB
AM 13. NOVEMBER 1991 AN DEN
SCHWEREN VERLETZUNGEN DIE ER
AN DIESEM ORT BEI EINER
GEWALTÄTIGEN AUSEINANDERSETZUNG
ZWISCHEN BERLINER JUGENDLICHEN
UNTERSCHIEDLICHER HERKUNFT ERLITT
GEGENSEITIGER RESPEKT UND DER WILLE
ZUR GEWALTFREIHEIT HÄTTEN SEIN
LEBEN SCHÜTZEN KÖNNEN
Mete Eksi selbst war gar nicht an der Auseinandersetzung beteiligt, sondern er wollte schlichtend eingreifen. Das wurde ihm zum Verhängnis.
1992 haben die GEW BERLIN und der Türkische Elternverein den Mete-Eksi-Fonds gegründet, um jährlich einen Preis an Kinder und Jugendliche zu vergeben, die sich in besonderem Maße für das friedliche Zusammenleben von Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft in Berlin bemüht haben.

Der Straßentunnel unter dem Kurfürstendamm wurde 1972 eröffnet. Jetzt hat die Bezirksverordnetenversammlung beschlossen, den Tunnel wieder zu schließen und den gesamten Kreuzungsbereich neu zu gestalten. Der Fußgängertunnel unter der Lewishamstraße zwischen den beiden Teilen der Sybelstraße wurde bereits geschlossen. Wir haben ihn einmal bei einem Kiezspaziergang benutzt und festgestellt, dass es wohl der hässlichste Ort in unserem Bezirk ist. Er soll zugeschüttet und durch eine Fußgänger-Ampelanlage ersetzt werden.
Im Rahmen der Untertunnelung des Kurfürstendammes wurde 1974 auch der Platz neu angelegt mit Pflasterung, Bäumen und Sitzbänken. Im Zentrum steht die Brunnenskulptur “Säule in der Brandung” aus Chromnickelstahl mit einem flachen Rundbecken aus Stein von Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff.
Der U-Bahnhof wurde 1978 eröffnet. Er ist angelegt als Kreuzungsbahnhof, denn die Kurfürstendammlinie sollte über den Bahnhof Uhlandstraße hinaus bis zum Henriettenplatz verlängert werden. Diese Planungen wurden bisher nicht wieder aufgegriffen.

Handtuchhaus von Helmut Jahn, Foto: Raimund Müller

Handtuchhaus von Helmut Jahn, Foto: Raimund Müller

An der Ecke Kurfürstendamm 70 / Lewishamstraße baute Helmut Jahn 1992 bis 1994 das schmalste Bürogebäude Berlins, das sogenannte “Handtuchhaus”, auf einem nur 2,5 Meter tiefen Grundstück mit einer Stahl-Glasfassade. Zur Vergrößerung der Grundfläche ragt das Gebäude ab der ersten Etage fünf Meter vor. Die ungewöhnliche Grundstückssituation ergab sich aus dem Abriss eines Hauses im Zuge der Straßenverbreiterung und der Untertunnelung des Kurfürstendammes. Mieter sind vor allem Anwaltskanzleien.
Aktuelle Baupläne gibt es für das Haus zwischen Lewishamstraße und Wilmersdorfer Straße. Der wenig ansehnliche Baukomplex aus den 70er Jahren soll abgerissen und durch einen Neubau für drei Hotels ersetzt werden. Die Accor-Gruppe will hier ein Ibis-, ein Etap- und ein Suite-Hotel unterbringen. Die Mieter sind inzwischen ausgezogen.

Kurfürstendamm
In diesem Jahr feiern wir den 125. Geburtstag des Kurfürstendammes als Boulevard. Vielleicht wundern sich einige über unser Kudamm-Jubiläumsjahr und über das Alter des Kurfürstendammes, denn zu unserem Boulevard gibt es keine Geburtsurkunde.
1542 wurde das Jagdschloss Grunewald erbaut, und vermutlich wurde damals der Kurfürstendamm als Verbindungsweg vom Berliner Schloss für die kurfürstlichen Reiter angelegt. 1685 wurde er erstmals auf einer Karte verzeichnet und schließlich 1767 auf einem Plan als “Churfürsten-Damm” bezeichnet. Aber erst 1883 begann der Ausbau zu einer 54 Meter breiten Straße, und mit der Eröffnung der Dampfstraßenbahn vom Bahnhof Zoo nach Grunewald am 5.5.1886 beginnt die Geschichte des Kurfürstendammes als Boulevard und damit die Geschichte der City West. Deshalb feiern wir in diesem Jahr 2011 das 125. Jubiläum des Kurfürstendamms.
Nach der Fertigstellung der Straße und der Eröffnung der Dampfstraßenbahn entwickelte sich der frühere Knüppeldamm in rasantem Tempo. Innerhalb weniger Jahre wurde der Kurfürstendamm fast vollständig mit Mietshäusern bebaut.
Sie waren reich mit Stuck verziert, an jeder Ecke mit prächtigen Türmen bekrönt und mit 10- und mehr Zimmer-Wohnungen ganz auf hochherrschaftlichen bürgerlichen Bedarf ausgerichtet. Und der Kurfürstendamm wurde innerhalb weniger Jahre zum neuen Berliner Boulevard, obwohl er bis 1920 gar nicht in Berlin, sondern in der Großstadt Charlottenburg lag. Der Kurfürstendamm wurde spätestens in den 1920er Jahren die lebendigste, modernste, internationalste Straße Berlins. Die Nationalsozialisten haben den Kurfürstendamm gehasst. Sie haben die jüdischen Geschäftsleute, Künstler und Mäzene, die ihn geprägt haben, vertrieben, und schließlich wurden die meisten seiner Häuser im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Heute ist der Kurfürstendamm wieder ein weltberühmter Boulevard, und sein Markenzeichen ist der schnelle Wandel, denn ein Boulevard muss immer up to date sein. Aber wir müssen auch aufpassen, dass der Kurfürstendamm seine Vielfalt behält. Als reine Geschäftsstraße wird er seine Besonderheit verlieren. Entscheidend für den Erfolg von Deutschlands berühmtestem Boulevard war von Anfang an die Mischung: Kunst und Kommerz, Kultur und Gastronomie, Wohnen, Einkaufen, Amüsement, Sehen und Gesehen Werden.

Ehem. Hotel Kurfürstendamm, 12.2.2011, Foto: KHMM

Ehem. Hotel Kurfürstendamm, 12.2.2011, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 68, Ehem. Kino Alhambra
An dem Haus Kurfürstendamm 68 erinnert eine Gedenktafel an die weltweit erste Vorführung eines Tonfilms. Der Text lautet:
IN DIESEM HAUSE
DEN DAMALIGEN ALHAMBRA-LICHTSPIELEN
ERLEBTEN DIE BESUCHER
AM 17. SEPTEMBER 1922
DIE WELTURAUFFÜHRUNG DES ERSTEN TONFILMS
DIE DEUTSCHE ERFINDERGEMEINSCHAFT TRI ERGON
DR.JO ENGL
DR.-ING.E.H.JOSEPH MASSOLLE
DR.H.C.HANS VOGT
HAT MIT IHREM HEUTE NOCH ANGEWANDTEN LICHTTONVERFAHREN
DIE TECHNISCHEN GRUNDLAGEN FÜR DEN TONFILM GESCHAFFEN
GEWIDMET VON FRIEDRICH JAHN
17. SEPTEMBER 1964

An den ersten Tonfilm aus dem Jahr 1922 kann sich niemand mehr erinnern. Es war ein Experimentalfilm, der lediglich gedreht wurde, um die neuen technischen Möglichkeiten zu präsentieren. Diese neue Technik stieß zunächst auf heftigen Widerstand. Kritiker befürchteten einen Niedergang der Schauspielkunst, und die Künstlergewerkschaften einen Verlust von Arbeitsplätzen, vor allem für die Orchestermusiker, die in den großen Kinos zu den Aufführungen spielten. Auf Plakaten stand zu lesen: “Der Tonfilm verdirbt Gehör und Augen” oder “Der Tonfilm ohne Beiprogramm mit lebenden Künstlern wirkt nervenzerrüttend!” Wie so häufig kam die deutsche Erfindung erst über den Umweg Amerika als durchschlagendes Erfolgsmodell zurück. Nach der Premiere von “The singing fool” am 10. Juni 1929 im Gloria-Palast gab es kein Halten mehr. Innerhalb kürzester Zeit verschwanden die Stummfilme von den Programmen und viele neue Filme spielten als Musikfilme die neuen technischen Möglichkeiten aus. Die Ufa schloss sich dem Trend an: Am 1.April 1930 wurde – ebenfalls im Gloria-Palast – “Der blaue Engel” uraufgeführt und mit Marlene Dietrich ein Weltstar für das Kino geboren.
Das Kino wurde 1951 umgebaut zum Hotel und Weinrestaurant Tusculum mit der Tanzbar “Petit Palais”, danach wurde es als Hotel “Kurfürstendamm” zur Ausbildungsstätte des Hotel- und Gaststättengewerbes, die allerdings vor etwa einem Jahr geschlossen hat.

Foto Urbschat, Foto: Raimund Müller

Foto Urbschat, Foto: Raimund Müller

Kurfürstendamm 170: Foto Urbschat
Seit 1969 residierte am Kurfürstendamm 173 das bekannte Fotostudio Urbschat. Es wurde begründet von dem Fotografen Horst Urbschat. Inzwischen wird es von seinen beiden Töchtern Daniela und Nicole Urbschat weiter geführt und ist vor allem bei Prominenten beliebt. Das Studio ist 2004 drei Häuser weiter hierher umgezogen.

Clausewitzstraße
Die Straße wurde 1906 benannt nach dem preußischen General und Kriegstheoretiker Karl Philipp Gottfried von Clausewitz (1780 -–1831).

ECO-Haus, 12.2.2011, Foto: KHMM

ECO-Haus, 12.2.2011, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 64/65 ECO-Haus
Das siebengeschossige Geschäftshaus wurde 1954/55 von Herbert Schiller als Stahlbetonskelettbau errichtet und am 5.11.1954 mit dem Kino Bonbonniere im Erdgeschoss eröffnet. Zuerst war hier der Konfektionshersteller Gerhard Ebel & Co. (Eco) ansässig, nach dem das Gebäude seinen Namen erhielt. Das ECO-Haus war eines der neuen Modezentren, die nach dem Krieg im Westteil Berlins entstanden. Vor allem die Couture, also der anspruchsvollste und kreativste Bereich der Berliner Mode, ging an den Kurfürstendamm.
Der Tagesspiegel berichtete im Juli 1946, dass es zwischen Gedächtniskirche und Halensee schon wieder 210 Geschäfte gab, darunter 43 Modefirmen. Später kamen weitere dazu, darunter große Namen wie Gehringer & Glupp, Horn, Staebe-Seger, Schwichtenberg, Heinz Oestergard, Uli Richter und Detlev Albers.
1955 hieß es in einer Anzeige: “Das repräsentative ECO-Haus am Kurfürstendamm mit seinen sechs Etagen zählt zu den eindrucksvollsten Neubauten Westberlins. Es bietet 1.000 Beschäftigten der Bekleidungsindustrie lichte Arbeitsräume.”
Nach dem Mauerbau stellten die meisten Konfektionsfirmen in diesem Haus und in West-Berlin insgesamt ihren Betrieb ein. Heute haben hier Rechtsanwälte und verschiedene Gesellschaften bzw. Firmen ihren Sitz.
Das Haus steht unter Denkmalschutz. Als das ECO-Haus als neues Modezentrum erbaut wurde, errichtete der Architekt Walter Labes im Erdgeschoss in einer Ladenpassage das Kino “Bonbonniere”. Mit seinen 424 Plätzen nahm es am 5.11.1954 den Spielbetrieb auf. Auf dem vorgezogenen Vordach leuchtete der geschwungene Namenszug des Lichtspieltheaters. Im Unterschied zu den Kinos in der Umgebung, die nur deutsche Premierenfilme zeigten, spezialisierte sich das Bonbonniere auf US-amerikanische Filme . In den 1970er Jahren, als die Besucherzahlen der Filmtheater drastisch zurückgingen, wurde das Haus vorübergehend als Pornokino betrieben. 1977/78 begann das Filmtheater unter dem Namen “Cinema Berlin” wieder als Programmkino zu spielen, das vorwiegend Erstaufführungen zeigte. Später wurde es als “Hollywood” fortgeführt. Nach einem Umbau verfügte es seit 1993 über einen im angrenzenden Laden eingerichteten zweiten Saal. Mitte August 2003 stellte das Kino den Spielbetrieb ein.

Stolpersteine vor dem ECO-Haus, 12.2.2011, Foto: KHMM

Stolpersteine vor dem ECO-Haus, 12.2.2011, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 64: Stolpersteine
Vor dem Haus wurden am 9. Juni 2009 drei Stolpersteine verlegt. Wie Sie wissen hat der Bildhauer Gunter Demnig 1996 in Köln die ersten Stolpersteine verlegt, die im Gehweg vor dem früheren Wohnort an Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen erinnern. Es sind 10 × 10 cm große aus Beton gegossene Steine mit eingelassener Messingtafel, in die der Künstler mit Hammer und Schlagbuchstaben “Hier wohnte”, Namen, Jahrgang und Stichworte zum weiteren Schicksal eines einzelnen Menschen einstanzt. Inzwischen wurden bei uns in Charlottenburg-Wilmersdorf bereits mehr als 1.000 Stolpersteine verlegt, davon allerdings erst 18 am Kurfürstendamm, obwohl 330 jüdische Bürgerinnen und Bürger, die am Kurfürstendamm gelebt hatten, deportiert und ermordet wurden. Das liegt daran, dass unmittelbar am Kurfürstendamm kaum noch gewohnt wird. Stolpersteine gehen meist auf die Initiative von Bewohnerinnen und Bewohnern zurück, die sich um die Geschichte ihres Hauses kümmern. In diesem Kurfürstendamm-Jubiläumsjahr wollen wir aber mit neuen Stolpersteinen auch an die Zeit des Nationalsozialismus erinnern.
Die drei Stolpersteine vor dem ECO-Haus wurden für Georg, Anna und Ida Margarete Bremer verlegt. Das Ehepaar Georg und Anna Bremer wurde am 12. Januar 1943 nach Theresienstadt deportiert. Dort wurde Georg Bremer am 2. März 1943 und Anna Bremer am 25. März 1943 ermordet. Die 1898 in Berlin geborene Tochter Ida Margarete Bremer lebte nach der Deportation ihrer Eltern versteckt in Berlin. Sie wurde aber an die Gestapo verraten, nach Auschwitz deportiert und dort am 15. November 1943 ermordet.

Am Bayer-Haus, Foto: KHMM

Am Bayer-Haus, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 178/178: Bayer-Haus
Das siebengeschossige, langgestreckte Bürogebäude wurde 1951/52 von Hans Geber und Otto Risse als Bayer-Haus errichtet. Es war einer der ersten Neubauten in West-Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals galt es als das “schönste Haus Berlins”. Es wird vor allem durch das einfache Rasterfachwerk der Fassade aus Stahlbetonrastern und Muschelkalksteinplatten charakterisiert. Im Erdgeschoss befinden sich große Ladenfenster, hinter denen vor allem Modegeschäfte residieren. Über dem Eingang in der Mitte befindet sich der Schriftzug “Bayer-Haus”.
Im Gebäude haben die Chemie-Firma Bayer und weitere Unternehmen ihren Sitz, aber hier arbeiten auch Architekten, Rechtsanwälte und Steuerberater. Nach Umbauten im Jahr 1988 wurden die Architekten für die denkmalgerechte Restaurierung ausgezeichnet.

Kurfürstendamm 63, ehem. Kaffeehaus Berlin
Die gebürtige Berlinerin Ruth Kann hatte sich 1999 mit 77 Jahren einen Lebenstraum erfüllt und ein Kaffeehaus eröffnet. Traditionelle Gemütlichkeit mit Wiener Kaffeehausmöbeln war ihr Konzept, das sie aus Bonn mitgebracht hatte, wo sie sich nach dem Regierungsumzug von ihrem Kaffeehaus Bonn verabschiedete. 2003 starb Ruth Kann im Alter von 81 Jahren. Die neuen Betreiber haben 2008 leider aufgegeben und das Kaffeehaus Berlin geschlossen. Die traditionelle Kaffeehauskultur findet nicht mehr genügend Liebhaberinnen und Liebhaber. Stattdessen gehen vor allem die jüngeren Leute in die Coffeeshops, die auch hier am Kurfürstendamm Konjunktur haben. Coffee to go ist einfach angesagter. Viele Cafés mussten in den letzten Jahren aufgeben, und manche trauern zum Beispiel dem Café Möhring an der Ecke Uhlandstraße nach, das 2001 geschlossen wurde. Inzwischen residiert dort eine Schweizer Großbank.

Ecke Lietzenburger Straße / Konstanzer Straße
Der Garten- und Landschaftsplaner Christian Meyer hat hier 1997mitten in der City unmittelbar am Kurfürstendamm auf eigene Initiative ein ökologisches Kleinod geschaffen. Er nannte sein Projekt den “Einzug der Gräser und Blütenstauden auf den Kurfürstendamm”, hat dafür Sponsoren gewonnen und wurde bereits mehrmals dafür ausgezeichnet, unter anderem mit unserer Bürgermedaille, dem bezirklichen Ehrenamtspreis und 2008 mit dem Erwin-Barth-Preis, den die Bauabteilung seit einigen Jahren für besonderes Engagement in der Grünpflege vergibt. Christian Meyer leistet die Pflege dieser Staudenfläche gemeinsam mit Studenten der Landschaftsplanung. Auf einem Schild werden die unterstützenden Firmen aufgeführt und ein Spendenkonto angegeben.

Olivaer Platz
Der Olivaer Platz wurde 1892 nach dem Kloster Oliva bei Danzig benannt. Wir werden den Platz voraussichtlich beim Kiezspaziergang im April besuchen und dann ausführlich seine Geschichte und die Umgestaltungspläne vorstellen.

Jungschwanenbrunnen, 10.2.2011, Foto: KHMM

Jungschwanenbrunnen, 10.2.2011, Foto: KHMM

Leibnizstraße, Ecke Kurfürstendamm: Jungschwanenbrunen
Auf dem Dreieck an der Ecke Leibnizstraße und Kurfürstendamm befindet sich der Jungschwanenbrunnen, auch Schwanenkükenbrunnen oder Entenkükenbrunnen genannt. Dieser Brunnen wurde 1908 von August Gaul für den Garten der Villa des Unternehmers und Papierfabrikanten Max Cassirer an der Kaiserallee182/183 (heute Bundesallee) geschaffen. Cassirer musste seine Villa 1938 nach der “Arisierung” seines Unternehmens- und Aktienbesitzes an das Kaiserliche Japanische Marineministerium verkaufen. Der Sockel des Brunnens blieb bis nach dem Zweiten Weltkrieg in dem Garten stehen, während die bronzene Tiergruppe 1941 versteigert wurde. 1962 wurde der komplette Brunnen durch das Bezirksamt Charlottenburg an der Kreuzung Kurfürstendamm und Leibnizstraße wieder aufgestellt.
Der 1857 geborene Max Cassirer kam 1887 nach Charlottenburg bei Berlin. 1893 wurde er parteiloses Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und 1909 Stadtrat von Charlottenburg. Als Charlottenburg 1920 die Selbstständigkeit verlor und Teil von Groß-Berlin wurde, trat er am 18. Februar 1920 als Stadtrat zurück. Anlässlich dieses Datums verlieh ihm die Stadt Charlottenburg für seine Verdienste die Ehrenbürgerwürde. Im Juni 1920 wurde er Mitglied der neugegründeten Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Charlottenburg.
Er unterstützte verschiedene künstlerische Aktionen. So stiftete er zum Beispiel den Entenbrunnen, der heute vor dem Renaissance-Theater steht. Mit dessen Schöpfer, August Gaul, war er viele Jahre eng verbunden. So war Gaul auch Architekt der 1895 errichteten Familienvilla an der Kaiserallee. Auch in vielen sozialen Bereichen engagierte sich Cassirer. 1928 wurde er Ehrensenator der Technischen Hochschule Charlottenburg.
Nach 1933 verlor er einen Großteil seines Vermögens. Sein Aktienkapital ging an die Siemenstochter Elektro-Licht- und Kraftanlagen AG Berlin.
1938 wurde auch sein restliches Vermögen “arisiert” und er zum Verkauf der Villa gezwungen. Im Dezember 1938 gelang es ihm zu emigrieren. Zuerst floh er zu seiner Tochter in die Schweiz; diese war mit ihrem Mann und Schülern bereits 1934 dorthin emigriert. 1939 reiste er nach Großbritannien, wo er bis zu seinem Lebensende lebte.
Im Jahr 1941 wurde er ausgebürgert und sein restliches Vermögen eingezogen. Er verlor Bankguthaben von mehreren Hunderttausend Reichsmark, seine Kunstsammlung wurde versteigert oder beschlagnahmt. Max Cassirer starb zwei Jahre später im walisischen Exil.

Wohnhaus Ecke Leibnizstraße, Foto: Raimund Müller

Wohnhaus Ecke Leibnizstraße, Foto: Raimund Müller

Kurfürstendamm 59/60: Wohnhaus
Das Wohnhaus an der Ecke Leibnizstraße ist eines der besterhaltenen und prächtigsten Häuser am Kurfürstendamm und steht unter Denkmalschutz. Es wurde 1905-07 von den Architekten und Bauherren Hans Toebelmann und Henry Gross als fünfgeschossiges Eckhaus und Teil eines Ensembles von vier Mietshäusern errichtet. Dem üppig mit Erkern, Balkonen, Loggien, Ziergiebeln und kupfernen Kuppeln geschmückten Äußeren entsprach im Inneren der luxuriöse Zuschnitt der jeweils zwei auf einem Geschoss befindlichen Wohnungen mit je elf Zimmern, davon sechs besonders aufwändig ausgestaltete Gesellschaftszimmer auf 580 Quadratmetern. In den 1920er Jahren wurde das Erdgeschoss in eine Ladenzone umgewandelt. Heute sind die Wohnungen in mehrere kleinere unterteilt.
Das gut erhaltene und prächtig restaurierte Gebäude ist ein prägnantes Beispiel für den großbürgerlichen Mietshausbau um 1900 am Kurfürstendamm.
In der Nacht vom 27.7. zum 28.7.2008 wurde während Sanierungsarbeiten im Tresorraum der Commerzbankfiliale im Keller des Hauses ein spektakulärer Einbruch verübt.
Kurfürstendamm 184: Stolperstein
Vor dem Haus Kurfürstendamm 184 erinnert seit Ende 2007 ein Stolperstein an Gertrud Böhm. Sie wurde als Gertrud Steinfeld am 5.4.1878 in Oberglogau geboren. Mit ihrem Freitod am 16.8.1942 entging sie der bevorstehenden Deportation. Ihre schon für 1938 geplante Emigration in die USA war gescheitert.

Wielandstraße
Die Wielandstraße wurde 1885 benannt nach dem Schriftsteller Christoph Martin Wieland. Er lebte von 1733 bis 1813.

Gedenktafel für Rudolf Nelson, 12.2.2011, Foto: KHMM

Gedenktafel für Rudolf Nelson, 12.2.2011, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 186 Gedenktafel: Rudolf Nelson
Diese Bronzetafel wurde hier auf private Initiative angebracht. Der Text lautet:
IN DIESEM HAUSE WOHNTE
DER KOMPONIST
RUDOLF NELSON
1922-1932
Rudolf Nelson wurde 1878 in Berlin geboren und starb 1960 ebenfalls in Berlin. Er war einer der berühmtesten Komponisten, Pianisten, Revue-Künstler und Unternehmer der geistreichen Unterhaltungsbranche in den 20er Jahren. Sein Theater befand sich an der Ecke Fasanenstraße dort, wo später das Astor-Kino einzog. Zeitweise spielte die Nelson-Revue aber auch im Haus Cumberland.
Nelson schrieb auch die Musik zu Revuen, die am Metropol-Theater aufgeführt wurden, und komponierte einige Operetten. Im Jahr 1919 gründete er die Nelson-Künstlerspiele, die er 1920 in Nelson-Theater umbenannte. Für sein Revue-Theater am Kurfürstendamm schrieb er in den 1920er-Jahren rund 30 Revuen. Die prachtvollen, zugleich unpolitischen Nelson-Revuen waren ein Bestandteil der Goldenen Zwanziger in Berlin. Eine seiner bekanntesten Kompositionen ist der Schlager Tamerlan.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wich Nelson mit seiner Revue nach Wien aus, doch auch dort wurde die Absetzung erzwungen. Nelson ging in die Schweiz und während eines Gastspiels in Zürich 1934 wurde er nach Amsterdam engagiert.
Hier leitete er ein Exilkabarett und gastierte während der Sommermonate in Scheveningen. Bis 1940 schuf Nelson im 14-täglichen Wechsel annähernd 100 Programme. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht entging er in einem Versteck der Deportation. Bei Kriegsende kehrte er nach Berlin zurück und schrieb hier 1949 seine letzte Revue “Berlin Weh Weh”. Im Jahr 1959 erhielt er den Paul-Lincke-Ring. Rudolf Nelson wurde auf dem Waldfriedhof Dahlem beigesetzt. Die Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.

Kurfürstendamm 187: Stolpersteine
Die Stolpersteine für Else und Bernhard Marcuse und Hedwig Camnitzer wurden am 27.09.2010 vor dem Haus Kurfürstendamm 187 verlegt. Else und Bernhard Marcuse wurden am 6.8.1942 nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet. Hedwig Camnitzer wurde am 19.10.1942 nach Riga deportiert und dort ermordet.

Kurfürstendamm 52 (gegenüber) Gedenktafel: Robert Koch
An dem Haus Kurfürstendamm 52 wurde 1989 eine Gedenktafel für Robert Koch angebracht. Es handelt sich dabei um eine Porzellantafel der KPM aus dem Berliner Gedenktafelprogramm mit folgendem Text:
Wohnhaus von
ROBERT KOCH
11.12.1843-27.5.1910
Arzt, Begründer der Bakteriologie
Entdecker der Erreger von Tuberkulose und Cholera
Ehrenbürger der Stadt Berlin

Schlüterstraße
Die Schlüterstraße wurde 1885 benannt nach dem Bildhauer und Architekten Andreas Schlüter (1659-1714), der unter anderem das Berliner Zeughaus, große Teile des Berliner Schlosses, das Stadtschloss Potsdam und das Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten geschaffen hat, das heute vor dem Schloss Charlottenburg steht.

Kurfürstendamm 190
Das Jugendstilhaus von 1905 wurde in den letzten Jahren saniert.

George-Grosz-Platz
Der Dreiecksplatz gegenüber dem Haus Cumberland wirkte mit zwei Einmündungen zur Schlüterstraße lange nur wie eine Verkehrsinsel. 1986 wurde er nach dem bedeutenden Maler, Grafiker und Satiriker George Grosz benannt.
Vattenfall hat im letzten Jahr für rund 150.000 EUR den Platz umgestaltet und dabei von 1.500 auf 2.000 qm vergrößern lassen. Die Querverbindungsstraße zwischen Kurfürstendamm und Schlüterstraße wurde geschlossen. Die Platzstruktur wurde durch diese Umgestaltung wieder erkennbar gemacht und der Aufenthaltswert erhöht. Das Energieunternehmen Vattenfall hat auf dem Platz eine Trafostation errichtet.
Der Maler und Graphiker und bedeutende Satiriker George Grosz wurde am 26.7.1893 geboren. Er lebte von 1928 bis 1933 an der Trautenaustraße 12, wo eine Gedenktafel an ihn erinnert. Er kämpfte gegen Militarismus, Obrigkeitsstaat und Untertanenmentalität.
Seine Bilder wurden von den Nationalsozialisten als “entartete Kunst” verboten. Er emigrierte 1933 und wurde 1938 amerikanischer Staatsbürger. Er starb am 6. Juli 1959 bei einem Besuch in Berlin am Savignyplatz 5, wo eine Bronzetafel mit seinem Portrait an ihn erinnert. Das Grab von George Grosz befindet sich auf dem Friedhof Heerstraße

Haus Cumberland, Foto: Raimund Müller

Haus Cumberland, Foto: Raimund Müller

Kurfürstendamm 193-194 Haus Cumberland
Der riesige Gebäudekomplex erstreckt sich auf 10.200 qm über eine Breite von 60 Metern und eine Tiefe von rund 180 Metern vom Kurfürstendamm bis zur Lietzenburger Straße mit drei Innenhöfen, die mit Brunnen und Putten kunstvoll gestaltet sind.
1911/12 hat Robert Leibniz, der Architekt des alten Hotels Adlon, dieses Haus als ‘Boarding-Palast’ erbaut. Das Konzept, mehrzimmerige Suiten mit eigenen Hausdienern den Gästen zur Verfügung zu stellen, ging nicht auf; 1913 musste noch vor Eröffnung Konkurs angemeldet und das Mobiliar versteigert werden. Bis zum Ausbruch des Weltkrieges wurde das Haus als Luxushotel unter dem Namen ‘Cumberland’ betrieben mit 700 Betten, prächtigen Festsälen, einer Badeanstalt unter dem Dach und dem Café Kugler mit Kurfürstendamm-Terrasse. 1914 wurde hier das ‘Kaiserliche Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt’ (Wumba) untergebracht, in den 1920er Jahren das Reichswirtschaftsministerium, die Oberpostdirektion, verschiedene Bühnen und Kinos und seit 1936 wechselnde Ämter der Finanzverwaltung. In der Zeit des Nationalsozialismus hat hier die Oberfinanzkasse des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg an der Enteignung und Ausplünderung der jüdischen Bürgerinnen und Bürger mitgewirkt, die in die Konzentrationslager deportiert und dort ermordet wurden.

Senkgarten im Innenhof, 12.2.2011, Foto: KHMM

Senkgarten im Innenhof, 12.2.2011, Foto: KHMM

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier die Oberfinanzdirektion Berlin untergebracht, die 2002 ausziehen musste. Die Immobilie war zur Hälfte im Besitz des Bundes und des Landes Berlin.
Sie wurde im Dezember 2000 von der Fundus Gruppe erworben, um es als künftiges ‘Adlon des Westens’ unter dem Namen ‘Cumberland Plaza’ wieder zum Luxushotel umzubauen. Der vorgesehene Betreiber, der Kempinski- Hotel-Konzern, zog sich allerdings im April 2001 zurück. Nach der Annullierung des Kaufvertrages gab es eine neue Ausschreibung Anfang 2002. Mehrere Interessenten meldeten sich, unter anderem die Betreiber der Gropiuspassagen in Neukölln. Sie wollten hier altersgerechtes Wohnen anbieten, verbunden mit Einkaufsmöglichkeiten.
Eine gewöhnliche Einkaufspassage sollte aber hier nicht einziehen – aus Gründen des Denkmalschutzes, aber auch wegen des geschäftlichen Umfeldes.

Im Kaisersaal, 12.2.2011, Foto: KHMM

Im Kaisersaal, 12.2.2011, Foto: KHMM

Das edle Interieur mit reichverzierten Stuckdecken, Deckengemälden, Edelholzvertäflungen etc. ist teilweise erhalten, so in dem Kaisersaal das neobarocke Deckengemälde, sowie die lindgrüne Wandbespannung aus den 1950ern, als dieser als Kino diente.
Seit die Oberfinanzdirektion ausgezogen ist, wurde das Gebäude häufig für Filmaufnahmen vermietet, nicht zuletzt um die Betriebskosten in Höhe von 500.000 EUR pro Jahr wieder einzuspielen.
Die Berliner Unternehmer Dirk Germandi, Detlef Maruhn und Thomas Bscher haben im letzten Jahr den gesamten Cumberland-Komplex gekauft, um ihn zu restaurieren, umzubauen und zu modernisieren. Ich freue mich sehr, dass die Eckel Presse und PR GmbH, die das ganze Projekt betreut, für uns heute das Gebäude öffnet und dass der Pressesprecher der Investoren, David Eckel, uns das Bauprojekt vorstellen wird. Bei ihm und seiner Mitarbeiterin Bettina Wevelsiep, die heute auch hier ist möchte ich mich herzlich bedanken.