Herzlich willkommen! Mein Name ist Detlef Wagner, der stellvertretender Bezirksbürgermeister von Charlottenburg-Wilmersdorf und Leiter der Abteilung Jugend und Gesundheit und begrüße Sie alle recht herzlich zu unserem 267. Kiezspaziergang.
Am 8. Mai 2025 jährte sich das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa zum 80. Mal. Aus diesem Anlass bietet der Kiezspaziergang die Gelegenheit, Spuren dieser Zeit in Wilmersdorf zu entdecken. Im Mittelpunkt stehen dabei Geschichten von Zerstörung und Überleben, von Verfolgung und Neubeginn – und wie der Stadtteil nach dem Krieg wieder zum Leben fand.
Bevor es aber losgeht, schon einmal der Hinweis auf den nächsten Kiezspaziergang am Samstag, 14. Juni, um 14 Uhr. Anlässlich des langen Tags der Stadtnatur besuchen wir die Mierendorffinsel. Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch übernimmt die Führung. Treffpunkt ist am Brunnen am Mierendorffplatz.
Wilmersdorf war in der Weimarer Republik ein bürgerlich geprägter, lebendiger Stadtteil mit einem hohen Anteil jüdischer Bevölkerung. Künstler, Intellektuelle und politisch Engagierte prägten das Viertel. Doch mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten veränderte sich das Leben hier radikal. Verfolgung, Vertreibung und Gewalt hielten auch in Wilmersdorf Einzug.
Viele jüdische Familien mussten ihre Wohnungen verlassen, gingen ins Exil oder wurden deportiert. Die Synagogen des Bezirks wurden in der Reichspogromnacht 1938 zerstört. Rund um den Fehrbelliner Platz entstanden NS-Verwaltungsbauten, in Grunewald begann wenig später die organisierte Deportation jüdischer Menschen. Auch der Alltag im Stadtteil wurde von den Mechanismen der Diktatur durchdrungen – durch Zwangsarbeit, Gleichschaltung und Jugendorganisationen wie die Hitlerjugend.
Wenn wir heute durch unseren Kiez spazieren, durch Straßen mit gewohnten Namen und vertrauten Fassaden, fällt es schwer, sich vorzustellen, welche Umbrüche, Erschütterungen und Traumata dieser Ort im Frühjahr 1945 erlebt hat.
Die letzten Kriegstage Ende April 1945 waren von schweren Kämpfen und Bombardierungen geprägt, bis Berlin am 2. Mai kapitulierte. Der 8. Mai markierte das Ende des Krieges – für die einen war es Niederlage, für andere Befreiung. Doch der Alltag nach dem Waffenstillstand war von Chaos, Zerstörung und Not geprägt.
In Wilmersdorf, wie in ganz Berlin, fehlte es an Wohnraum, Wasser, Strom, Lebensmitteln – das Überleben wurde zur zentralen Herausforderung. Hinzu kamen hunderttausende Flüchtlinge, die durch die Stadt zogen.
Die ersten Begegnungen mit der sowjetischen Besatzungsmacht waren für viele Menschen ambivalent. Neben Hilfsaktionen und Bemühungen um Ordnung, kam es auch zu massiven Plünderungen und sexualisierter Gewalt, die Frauen – aber auch Männer und Kinder – durch alliierte Soldaten erleiden mussten.
Über die große Zahl an Vergewaltigungen durch sowjetische Soldaten ist inzwischen öffentlich mehr bekannt, wenn auch oft vereinfacht und instrumentell dargestellt. Weniger präsent im kollektiven Gedächtnis ist, dass auch amerikanische, französische und britische Soldaten sexuelle Gewalt verübten.
Trotz aller Herausforderungen gelang es unter der Leitung des sowjetischen Stadtkommandanten Nikolai Bersarin, erste Schritte zur Versorgung der Bevölkerung und zur Wiederinstandsetzung der Infrastruktur einzuleiten.
Nach dem Krieg blieb Wilmersdorf lange von den Bombardierungen gezeichnet, fast die Hälfte aller Wohnungen war zerstört. Der Wiederaufbau orientierte sich vielfach an verkehrstechnischen Interessen – nicht immer zum Vorteil des Stadtbildes.
Unser Spaziergang führt uns zu ausgewählten Stationen zwischen Wilhelmsaue, Bundesallee und Bundesplatz.
Wir machen Halt an Gedenkorten, historischen Gebäuden und auf den ersten Blick unscheinbaren Orten, die eng mit der Geschichte des Nationalsozialismus und der frühen Nachkriegsjahre verbunden sind.
Wir gehen jetzt ein paar Meter weiter zu den Grabfeldern für die Kriegsopfer.