262. Kiezspaziergang: Zwischen Tradition und Moderne: Ein Spaziergang durch die Kantstraße

Herzlich willkommen! Mein Name ist Heike Schmitt-Schmelz und ich bin Stadträtin für Kultur, Schulen und Sport. Ich begrüße Sie alle recht herzlich zu unserem 262. Kiezspaziergang.

Heute beschäftigen wir uns mit einer der vielseitigsten Straßen im Bezirk: der Kantstraße.

Vorweg noch der Hinweis auf den nächsten Kiezspaziergang: Der erste Kiezspaziergang im neuen Jahr führt Sie nach Wilmersdorf und startet am Samstag, dem 11. Januar, um 14 Uhr an der Rilke-Stele am Prager Platz/Ecke Trautenaustraße. Im Mittelpunkt steht die Carstenn-Figur, ein besonderes städtebauliches Muster, das in einigen Berliner Stadtteilen zu finden ist. In Wilmersdorf verbindet sie den Prager Platz mit dem Nürnberger Platz, dem Fasanenplatz und dem Nikolsburger Platz. Der Spaziergang endet in der Kirche am Hohenzollernplatz.

Die Kantstraße

Nun zu unserem heutigen Spaziergang: Die Kantstraße prägt Charlottenburg wie kaum eine andere. Sie trägt den Namen des Philosophen Immanuel Kant seit 1887. Als wichtige Verkehrsader verbindet sie – sie zusammen mit der Neuen Kantstraße – den Breitscheidplatz mit dem Messegelände am Funkturm. Sie verläuft parallel zum mondänen Kurfürstendamm und bietet auf ihren 2,3 Kilometern Länge eine faszinierende Mischung aus Geschichte, Architektur und internationalem Flair.

Ursprünglich im Gründerzeitstil erbaut, zeigt sich die Kantstraße heute vielfältig: Stuckverzierte Altbauten stehen neben moderner Zweck-Architektur. Im Zweiten Weltkrieg zählte sie zu den am stärksten bombardierten Straßen Berlins.

Die Kantstraße entstand aus dem Bebauungsplan von James Hobrecht, der im 19. Jahrhundert Berlins Stadtstruktur revolutionierte. Hobrecht entwarf ringförmige Straßen, die Stadtteile verbanden. Die Kantstraße war Teil dieses visionären Konzepts, das Verkehrswege, Wohn-, Gewerbe- und Erholungsräume vereinte. Der Gedanke der “Berliner Mischung” – das Nebeneinander von Wohnen, Arbeiten und Handel – prägt sie bis heute.
Heute gilt die Kantstraße als einer der buntesten Boulevards Berlins. Menschen vieler Nationen leben und arbeiten hier: Spanier, Chinesen, Vietnamesen, Libanesen und Russen. Besonders die chinesische Gemeinschaft prägte die Straße: Seit den 1920er Jahren zogen viele Chinesen hierher, was ihr den Spitznamen “kleines Chinatown” einbrachte. Die Nähe zur Technischen Universität und bezahlbarer Wohnraum zogen viele chinesische Studenten an, die das kulturelle Leben mitgestalteten. Heute laden zahlreiche asiatische Restaurants und Geschäfte zu kulinarischen Entdeckungen ein.

Die Kantstraße gliedert sich in drei Abschnitte: Vom Breitscheidplatz bis zum Savignyplatz ist sie ein Kulturzentrum mit dem Theater des Westens, dem Quasimodo und dem Delphi Kino. Rund um den Savignyplatz laden Jazzkneipen und Bars zum Verweilen ein. Weiter westlich, hinter dem Savignyplatz, dominiert die Gastronomie mit asiatischer und französischer Küche. Ab der Kaiser-Friedrich-Straße wird die Straße zur ruhigen Wohngegend.

Mit über 130 Jahren Geschichte bleibt die Kantstraße im Wandel. Ihre Rolle als “kleiner Bruder des Kurfürstendamms” und kultureller Schmelztiegel macht sie einzigartig. Ob als Wohnort, Gastronomiemeile oder internationales Zentrum – die Kantstraße spiegelt die Vielfalt und Dynamik unseres Bezirks wider.

262. Kiezspaziergang Kantgaragen

1. Station: Kantgaragen - Kantstraße 126-128

Die Kant-Garagen in Berlin-Charlottenburg sind mehr als ein Parkhaus – sie verkörpern moderne Architektur und den aufkommenden Automobilismus der Weimarer Republik. Zwischen 1929 und 1930 nach Plänen von Louis Serlin und Hermann Zweigenthal erbaut, gelten sie als älteste erhaltene Hochgarage Europas. Das Bauwerk beeindruckt mit seiner gläsernen Vorhangfassade und der doppelgängigen Wendelrampe, die damals revolutionär waren.

Im Stil des „Neuen Bauens“ errichtet, zeigt das Gebäude den fortschrittlichen Stahlbetonskelettbau jener Zeit. Besonders die innovative Fassade zur Kantstraße, ursprünglich aus Glas, und die markante Wendelrampe machen die Kant-Garagen einzigartig. Die Fassade erlitt im Zweiten Weltkrieg Schäden und wurde durch eine Ziegelwand ersetzt, aber später originalgetreu restauriert.

Die Hochgarage bot über 400 Fahrzeugen Platz und war ein Treffpunkt wohlhabender Berliner Autobesitzer. Neben Stellplätzen gab es eine Tankstelle und Werkstätten, die bis in die jüngste Zeit genutzt wurden.

Im Lauf ihrer Geschichte spielten die Kant-Garagen mehrfach eine Rolle in bedeutenden Ereignissen. Während der NS-Zeit diente eine Garage als Versteck für regimekritische Literatur. In den 1950er Jahren war eine Werkstatt im 5. Stock für Schmuggelgeschäfte bekannt. In den 1970er Jahren war das Gebäude Schauplatz einer Entführung durch die Terrororganisation „Bewegung 2. Juni“.

Die Kant-Garagen sind nicht nur wegen ihrer Bauweise, sondern auch als historischer Ort von nationaler und internationaler Bedeutung. Seit 1991 stehen sie unter Denkmalschutz, was ihren Abriss verhinderte, als der damalige Besitzer dies wegen angeblicher Baufälligkeit beantragte.

Nach einem Eigentümerwechsel 2016 wurde das Gebäude umfassend saniert und denkmalgerecht restauriert. Die Familie Gaedeke investierte rund 40 Millionen Euro in die Sanierung. Auf 9.500 Quadratmetern verbinden sich hier Showrooms, Kunst, Gastronomie und Events. Auch das dazugehörige Hotel ist Teil des neuen Konzepts.

Ein besonderes Highlight sind die erhaltenen Heinrichs-Boxen für Autos und die spektakuläre Wendelrampe, die nun Teil des Besichtigungserlebnisses ist. Trotz moderner Ergänzungen blieben viele historische Elemente erhalten, was Architekturfans und Designinteressierte gleichermaßen anzieht.

Die Kant-Garagen symbolisieren den Wandel der Kantstraße. Die Verbindung von Tradition und Moderne zieht Touristen, Kreative und Anwohner an und wertet das Viertel auf. Das Gebäude gilt inzwischen als „Place to be“ für Architektur- und Designliebhaber und macht die Geschichte des Automobilismus in Berlin erlebbar.

Wir gehen jetzt die Kantstraße entlang bis zur Ecke Leibnizstraße und treffen uns vor der Hausnummer 130B wieder.

2. Station: Berlins erstes chinesisches Restaurant - Kantstraße 130B

An der Ecke Kantstraße 130B und Leibnizstraße stand einst Deutschlands erstes chinesisches Restaurant: das „Tientsin“ [Tjen-Tsin], benannt nach der nordchinesischen Stadt Tianjin [Tjan-Dschin]. Ein ehemaliger Koch der chinesischen Gesandtschaft eröffnete es 1923. In einer Zeit, als außereuropäische Küche in Berlin noch selten war, zog das Lokal chinesische Studenten, deutsche Intellektuelle und die Bohème an.

Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts kamen die ersten chinesischen Studenten nach Berlin, vor allem zur Technischen Hochschule Charlottenburg. In den 1920er Jahren betrieb der Verein chinesischer Studenten sein Büro in der Kantstraße 118, nur wenige Häuser vom „Tientsin“ [Tjen-Tsin] entfernt. Die Nähe zur chinesischen Botschaft am Kurfürstendamm förderte eine kleine, aber lebendige Gemeinschaft.

In dieser Zeit entwickelte sich die Kantstraße zum Zentrum asiatischer Kultur und Gastronomie. Das erste chinesische Restaurant war Vorreiter und öffnete vielen Berlinern die Tür zur asiatischen Küche. In der Nachkriegszeit eröffneten viele weitere chinesische Restaurants – darunter das bekannte „Canton“ am Stuttgarter Platz und die stilvolle „Hongkong-Bar“ am Kurfürstendamm. Beide Lokale zogen West-Berliner Prominenz an.

Heute nennt man die Kantstraße wegen der vielen asiatischen Restaurants und Geschäfte oft Berlins „Chinatown“. Besonders der Abschnitt zwischen Savignyplatz und Wilmersdorfer Straße zeigt asiatische Einflüsse – neben Chinesen haben sich auch Thailänder, Vietnamesen, Japaner und Inder angesiedelt. Zwischen traditionellen Papierlaternen und kunstvoll bemalten Vasen finden sich Spezialitäten wie gebackene Ente, Fischflossensuppe und Dim Sum.

Die Kantstraße symbolisiert Berlins multikulturelle Identität. Sie ist ein lebendiger Ort, an dem sich asiatische Kultur in Berlin auf besondere Weise erleben lässt.

Und weiter geht es entlang der Kantstraße. Unsere nächste Station ist die Buchhandlung „Bücherbogen“ am Savignyplatz.

262. Kiezspaziergang Bücherbogen

3. Station: Savignyplatz, Stadtbahnbogen

Der Savignyplatz in Charlottenburg ist bekannt für seine historischen Stadtbahn-Bögen, die nach einem Entwurf von Ernst Dircksen zwischen 1872 und 1882 gebaut wurden. Diese gemauerten Viaduktbögen hat man zur Stützung der Stadtbahn gebaut. Doch sie wandelten sich im Laufe der Jahre zu vielseitigen Gewerbeflächen. Heute beherbergen sie Werkstätten, Geschäfte und gastronomische Betriebe. Besonders am Savignyplatz prägen einige dieser Bögen noch immer aktiv das Bild des Viertels.

Von den ursprünglich 731 Bögen entlang der Stadtbahn waren 597 für Gewerbe vorgesehen. Anfangs fanden sie nur wenige Mieter, doch die Nachfrage stieg stetig. Die Bögen dienten als Pferdeställe, Garagen, Wärmestuben für Obdachlose, Lagerräume und sogar Tierheime.

Eine Institution unter den Stadtbahnbögen ist der „Bücherbogen“, eine renommierte Fachbuchhandlung für Architektur, Kunst, Design und Fotografie. Ruthild Spangenberg gründete sie 1980, nachdem sie Erfahrung im Buchhandel am Kurfürstendamm gesammelt hatte.

Die Buchhandlung startete mit zwei Bögen, von denen einer zunächst nicht genutzt werden konnte, da er noch als Lager für Batteriesäure diente. Das Lager gehörte zum S-Bahnhof und musste Tag und Nacht für die Arbeiter der Reichsbahn zugänglich sein, die für die DDR bis Anfang 1984 den S-Bahnverkehr betrieben.

Der „Bücherbogen“ wuchs kontinuierlich und umfasst heute mehrere Bögen mit insgesamt 250 Quadratmeter Verkaufsfläche. Er bietet rund 20.000 Titel und genießt auch international einen guten Ruf.

Neben Büchern bietet der „Bücherbogen“ limitierte Künstlerbücher an und veranstaltet regelmäßig Ausstellungen und Buchvorstellungen mit städtebaulichem Fokus. 2015 erhielt der Bücherbogen eine Auszeichnung als herausragende Buchhandlung von der damaligen Staatssekretärin für Kultur, Monika Grütters. Trotz der Konkurrenz durch den Onlinehandel behauptet sich die Buchhandlung bis heute.

Wir folgen der Kantstraße bis zur Nummer 148 – dem Schwarzen Café.

4. Station: „Schwarzes Café“– Kantstraße 148

Zwiebelfisch, Dicke Wirtin, Paris Bar: Die Kantstraße bietet eine vielfältige Bar- und Kneipenszene. Das Schwarze Café ist eine Institution des Berliner Nachtlebens. Seit Michael Dauer das Café 1978 zusammen mit ein paar Freunden eröffnete, wandelte es sich vom Treffpunkt der Anarchisten zum kulturellen Klassiker. In den 80er Jahren zog es die Autonomenszene an, ebenso Künstler, Musiker, Autoren und Studenten. Marianne Rosenberg setzte dem Café mit ihrer Ballade „Im Schwarzen Café“ ein musikalisches Denkmal. Sie singt: „Im Sommer wird es schnell hell. Doch im Schwarzen Café schien der Mond für mich.“

Der Name des Cafés erinnert an die anarchistischen Anfänge als Treffpunkt der Jugendbewegung. Dunkle Wände und der ikonische Neon-Papagei im Schaufenster verleihen dem Ort seinen unverwechselbaren Charme. Das Café erstreckt sich über mehrere Ebenen, mit einem kleinen Balkon, der auf die Kantstraße blickt, und einem gemütlichen Hinterhof als Rückzugsort. Innen ist es nicht mehr durchgängig schwarz, doch der rebellische Geist bleibt spürbar. Berühmt sind auch die Toiletten, ein Eigenentwurf des Teams: Neonröhren vor der Tür, schwarze Kacheln innen drin, außerdem viel Metall und in der Wand zwischen den beiden Damenklos ein Metallherz, das wie ein Fenster zu öffnen ist für den Plausch zwischendurch.

Das Schwarze Café war einst für seine Öffnungszeiten bekannt: Bis auf eine kurze Pause am Dienstagvormittag blieb es rund um die Uhr geöffnet. Heute kann man wochentags „nur“ noch bis drei Uhr nachts verweilen. Am Wochenende jedoch öffnet es durchgängig von Freitagmorgen um 8 Uhr bis Montagfrüh um 3 Uhr. Besonders nachts entfaltet der Ort eine einzigartige Atmosphäre. Um 4 oder 5 Uhr morgens trifft man Taxifahrer, junge Paare aus den Clubs oder Nachtschwärmer, die eine Pause einlegen.

Heute steht das Schwarze Café in jedem Touristenführer, hat aber nichts von seinem besonderen Flair eingebüßt. Es bleibt ein beliebter Anlaufpunkt für Menschen, die das authentische Berlin erleben möchten – ein Ort, an dem Geschichten aus mehreren Jahrzehnten lebendig werden.

Wir gehen weiter und treffen uns an der Hausnummer 152.

Gedenktafel für Carl von Ossietzky, 9.7.2010, Foto: KHMM

5. Station: Kantstr. 152: Gedenktafel Carl von Ossietzky (Journalist, Schriftsteller und Pazifist)

An diesem Haus erinnert eine Gedenktafel an Carl von Ossietzky und seinen unermüdlichen Kampf für die Freiheit des Wortes und die Wahrung der Menschenrechte. Auf der Tafel steht:

IN DIESEM HAUSE WIRKTE
NOBELPREISTRAEGER
CARL VON OSSIETZKY
VON 1927 BIS 1933
ALS HERAUSGEBER
DER “WELTBUEHNE”
FUER RECHT FREIHEIT FRIEDEN UND
VOELKERVERSTAENDIGUNG

Carl von Ossietzky (1889–1938) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und Pazifist. Mit seinem mutigen Einsatz gegen Militarismus und Nationalismus prägte er die Weimarer Republik. Seine Kriegserlebnisse in der Schlacht von Verdun während des Ersten Weltkriegs waren so eindringlich, dass er sich zu einem glühenden Pazifisten entwickelte.

1922 begann Ossietzky für die politische Zeitschrift “Weltbühne” zu schreiben, die 1905 als Theater-Zeitschrift entstanden war. Die „Weltbühne“, die er ab 1927 leitete, war eine bedeutende Plattform der intellektuellen Linken in der Weimarer Republik und förderte politische und gesellschaftliche Aufklärung. Trotz einer Auflage von nur etwa 15.000 Exemplaren hatte die Zeitschrift großen Einfluss.

„Die Weltbühne“ veröffentlichte scharfsinnige Artikel gegen die Aufrüstung der Reichswehr und die Bedrohung durch den Nationalsozialismus. Diese Texte brachten Ossietzky schließlich vor Gericht. Der „Weltbühne-Prozess“ zählte zu den spektakulärsten Verfahren gegen kritische Journalisten in der Weimarer Republik. Ossietzky und der Journalist Walter Kreiser wurden wegen Landesverrats und Verrats militärischer Geheimnisse angeklagt und im November 1931 zu je 18 Monaten Haft verurteilt.

Zwei Jahre später verhaftete ihn die Gestapo erneut – noch in der Nacht des Reichstagsbrandes. Sie brachten ihn in verschiedene Konzentrationslager, wo er schwer misshandelt wurde. 1936 erhielt er für seinen Widerstand den Friedensnobelpreis, rückwirkend für das Jahr 1935. Gegen den Willen des Nazi-Regimes nahm Carl von Ossietzky den Preis an. Doch zur Verleihung nach Norwegen durfte er nicht fahren.

Im November 1936 kam er aus der Haft frei, doch die Misshandlungen in den Lagern führten zu einer schweren Erkrankung, an deren Folgen er 1938 in Berlin starb. Ossietzkys Geschichte und sein unerschütterlicher Einsatz für den Frieden machen ihn zum Symbol für Zivilcourage in Zeiten der Diktatur. Seine standhafte Haltung gegen den Nationalsozialismus machen ihn auch heute noch zu einer wichtigen Figur der deutschen Geschichte.

Gehen wir nun zu unserer nächsten Station: Dem Delphi Palast.

262. Kiezspaziergang Delphi Filmpalast, Quasimodo, Theater des Westens

5. Station: Delphi Palast, Quasimodo, Theater des Westens

Der Delphi-Filmpalast hat eine bewegte Geschichte. Bernhard Sehring erbaute 1927/28 hier das Tanzlokal Delphi-Palais. Der Architekt hatte bereits das „Theater des Westens“ entworfen. Erst nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verwandelte man das Gebäude 1948/49 in ein Kino. Es bot damals Platz für etwa 1.200 Zuschauer. Ein Umbau im Jahr 1981 reduzierte die Kapazität und schuf eine intimere Atmosphäre. Heute beherbergt der Delphi-Filmpalast den größten Programmkinosaal Deutschlands mit mehr als 670 Sitzen und gilt als bedeutendes Filmkunstkino mit anspruchsvollem Programm. Der Delphi Filmpalast ist eines der wenigen verbliebenen Kinos in Deutschland, in dem noch Filme im 70mm-Format vorgeführt werden können.

Von dem Theatergarten an der Ecke Kantstraße und Fasanenstraße betrat man ursprünglich das Theater des Westens über die “Kaisertreppe”. 1997/98 wurde die Gartenanlage, die Kaisertreppe und die historische Fassade des Delphi rekonstruiert.

Unterhalb des Delphi-Filmpalasts liegt der berühmte Jazzkeller Quasimodo, einer der traditionsreichsten Jazzclubs der Stadt. Seit 1969 erklingt hier Live-Musik, die von Jazz bis Funk, Soul, Latin, Blues und Rock reicht.

Direkt neben dem Kino liegt das Theater des Westens. Es zählt zu den bekanntesten Bühnen Berlins. Bernhard Sehring errichtete es zwischen 1895 und 1896 im Stil des wilhelminischen Historismus. Das prächtige Gebäude beeindruckt mit seiner neobarocken Fassade. Schon damals zog der Bau mit seinen skulpturalen Verzierungen wie der Perseus-Gruppe und dem Siegesboten die Aufmerksamkeit der Berliner auf sich. Das Haus eröffnete am 1. Oktober 1896 mit Holger Drachmanns Märchenspiel „Tausendundeine Nacht“.

In über 125 Jahren erlebte das Theater des Westens viele Nutzungen und Umgestaltungen. Ursprünglich als Schauspielhaus konzipiert, wurde es ab 1898 zur Opern- und Operettenbühne. Die „Goldenen Zwanziger Jahre“ brachten einen wechselhaften Spielplan und glanzvolle Momente wie Gastspiele von weltbekannten Tänzerinnen wie Anna Pawlowa und Josephine Baker. Das Gebäude überstand schwere Zeiten, darunter einen Brand 1912 und Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg. Während der nationalsozialistischen Ära integrierte man es als „Volksoper“ in das Propagandaprogramm der Nazis.

Nach dem Krieg diente das Theater von 1945 bis 1961 der Städtischen Oper Berlin (heute Deutsche Oper) als Spielstätte. Ab den 1960er Jahren begann die bis heute anhaltende Ära der Musicals. Mit der deutschsprachigen Erstaufführung von „My Fair Lady“ 1961 etablierte sich das Haus als führende Bühne für große Musical-Produktionen. In den 1980er Jahren sorgten Inszenierungen wie „Guys & Dolls“ und „Ein Käfig voller Narren“ unter Götz Friedrich und Helmut Baumann für neue Höhepunkte.

2002 übernahm die Stage Entertainment GmbH die Leitung des Theaters, das im Besitz des Landes Berlin bleibt. Nach umfassenden Renovierungen, die das Innere und die prächtige Fassade neu erstrahlen ließen, öffnete das Theater 2003 mit dem Musical „Les Misérables“ [Le Miserable] wieder seine Türen. Seitdem zeigt es erfolgreiche Produktionen wie „We Will Rock You“, „Mamma Mia“ und „Tanz der Vampire“. Heute fasst das Theater etwa 1.500 Zuschauer.

Das Theatergebäude gilt nicht nur wegen seiner kulturellen Bedeutung, sondern auch wegen seiner außergewöhnlichen Architektur als Berliner Wahrzeichen. Die Hauptfassade erinnert an die „Opéra Garnier“ [Opärah Garnjeeh] in Paris. Die prächtige Innenausstattung mit Kassetten-, Rosetten- und Blumenornamenten im Zuschauerraum und Foyer zeigt eindrucksvoll die historistische Theaterbaukunst. Neben Musicals finden hier auch Galas und Preisverleihungen statt. Mit seiner langen Geschichte und vielfältigen Nutzung bleibt das Theater des Westens ein zentraler Bestandteil der Berliner Kulturlandschaft und fasziniert regelmäßig Touristen und Berliner.

Wir gehen jetzt ein kleines Stück die Kantstraße hinauf, biegen dann links in den Yva-Bogen und treffen und vor dem Delphi Lux wieder.

262. Kiezspaziergang delphi LUX

6. Station: Delphi Lux

Das Delphi Lux gehört zur Yorck Kinogruppe und ist seit September 2017 geöffnet. Es zählt zu den modernsten Kinos Berlins und bereichert den Kurfürstendamm mit einem anspruchsvollen Filmprogramm und preisgekrönter Architektur.

Die sieben Kinosäle beeindrucken mit individuellen Farb- und Lichtkonzepten. Jeder Raum strahlt eine eigene Atmosphäre aus, und das Design erhielt 2019 den renommierten FRAME Award. Besonders hervorzuheben sind die Lampen aus dem ehemaligen Gloria-Palast, die in der Lounge und einem der Säle leuchten.

Das Delphi Lux zeigt europäisches, amerikanisches und asiatisches Kunstkino, sowohl Spielfilme als auch Dokumentationen, oft in Originalsprache. Kinderfilme, Filmgespräche und Festivals ergänzen das Programm. 2019 erhielt das Kino den Kinoprogrammpreis der Bundesregierung für sein herausragendes Jahresfilmprogramm. Ein besonderer Service ist die Vermietung eines Saals für kleine Filmfestivals, Pressevorführungen oder private Veranstaltungen. Auch Schulklassen sind willkommen, und gelegentlich finden hier Veranstaltungen im Rahmen des Programms der benachbarten C/O Galerie statt.

Einmal im Monat präsentiert das Kino einen Film in der Reihe „Film & Talk #2030“. Gezeigt werden außergewöhnliche Spiel- und Dokumentarfilme, die sich mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der „Agenda 2030“ befassen, die die Vereinten Nationen 2015 verabschiedet haben. Im Anschluss an den Film gibt es ein Publikumsgespräch mit engagierten Initiativen und Expert:innen. Diese Veranstaltung organisiert die Stabsstelle Bildung für nachhaltige Entwicklung des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf in Zusammenarbeit mit dem Delphi Lux und der Berliner Landeszentrale für politische Bildung.

Nun gehen wir weiter zur letzten Station unseres Spaziergangs: dem Breitscheidplatz. Wir treffen uns abseits des Trubels des Weihnachtsmarkts an der Ecke Kantstraße.

262. Kiezspaziergang Breitscheidplatz

7. Station: Breitscheidplatz

Der Breitscheidplatz liegt zwischen Kurfürstendamm, Budapester Straße und Tauentzienstraße und bildet das Herz der City West. Berühmt ist er durch die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, deren Ruine als Mahnmal des Krieges erhalten blieb.

Ursprünglich hieß der Platz Gutenbergplatz (1889) und wurde 1892 zu Ehren der deutschen Kaiserin in Auguste-Viktoria-Platz umbenannt. 1947 erhielt der Platz seinen heutigen Namen nach Rudolf Breitscheid, einem von den Nationalsozialisten verfolgten Sozialdemokraten.

Der Breitscheidplatz markiert den westlichen Beginn der Kantstraße. Rund um ihn prägen ikonische Gebäude das Gesicht unseres Bezirks und Berlins. Ende des 19. Jahrhunderts errichtete man im Stil der Gedächtniskirche zwei prächtige Bauten, beide „Romanisches Haus“ genannt. Eines stand dort, wo heute das Europacenter ist, und erlangte durch das berühmte „Romanische Café“ Weltruhm. Eine Ausstellung im Europacenter erinnert an das Café der 1920er Jahre, seine Besucher und seine Bedeutung für Künstler und Schriftsteller in der Weimarer Republik.
1925 entstand ein weiteres repräsentatives Gebäude: Das Capitol am Zoo im Stil der „Neuen Sachlichkeit“, an dieser Stelle steht heute das „Bikini-Haus“. Der Zweite Weltkrieg brachte schwere Zerstörungen. Neben der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die bis zur Bombardierung fünf Türme gehabt hatte, erlitt auch die Randbebauung des Platzes große Schäden. Beim Wiederaufbau in den 1950er Jahren modernisierte man die Platzgestaltung und ersetzte den ursprünglichen Kreisverkehr um die Gedächtniskirche durch eine Hauptverkehrsstraße.

Seit den 2000er Jahren entwickelte sich der Breitscheidplatz zu einem städtebaulichen Zentrum mit moderner Architektur. Der Breitscheidplatz war Teil des „Planwerks“, einem städtebaulichen Masterplan für den Inneren Bereich von Berlin. Das „Planwerk“ sorgte für neue Pflasterung, bessere Beleuchtung und mehr Begrünung. 2013 riss man das Schimmelpfeng-Haus ab, das den Platz zur Kantstraße hin abschirmte. Heute prägen die Hochhäuser „Zoofenster“ und „Upper West“ den Platz, die seit 2012 und 2017 moderne Hotels, Büros und Geschäfte beherbergen. An der Nordseite renovierte man das Bikini-Haus und den Zoo Palast zwischen 2010 und 2014 umfassend.

Ein jährlicher Höhepunkt ist der Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Direkt nach Totensonntag verwandeln über 100 Stände den Platz in ein festliches Weihnachtswunderland. Besucher genießen weihnachtliche Leckereien, Kunsthandwerk und einen beeindruckenden Lichterteppich, der sich über 400 Meter erstreckt. Eine 18 Meter hohe, liebevoll geschmückte Douglasie bildet das zentrale Highlight. Der Baum kommt in diesem Jahr aus einem Garten im Stephaniweg in Lichterfelde.
Der Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz ist jedoch auch untrennbar mit dem schrecklichen Anschlag vom 19. Dezember 2016 verbunden. Der Attentäter Anis Amri fuhr mit einem Sattelzug am frühen Abend in die Menschenmenge, tötete 13 Menschen und verletzte 67 weitere. Der Anschlag, den die Terrormiliz „Islamischer Staat“ für sich beanspruchte, hinterließ tiefe Spuren. Heute erinnert die Gedenkstätte „Der Riss“ an die Opfer.

Wir sind am Ende unseres letzten Kiezspaziergangs für dieses Jahr angekommen. Vielen Dank, dass Sie mich begleitet haben. Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Adventszeit, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

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