233. Kiezspaziergang - Die Wilmersdorfer - drei Gesichter einer Straße

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Heute wollen wir gemeinsam die Wilmersdorfer Straße in ihrer vollen Länge erkunden. Die Straße nur als Einkaufsmeile zu betrachten, würde sie unterschätzen. Als eine der ältesten Straßen Charlottenburgs ist die “Wido” im Norden mit einer Bausubstanz versehen, die bis in das frühe 18. Jahrhundert reicht. Im Süden Richtung Kurfürstendamm ist sie mit noblem Mietshäusern bebaut. Wir können in der Wilmersdorfer Straße architektonisch und architekturgeschichtlich allerhand über die Entwicklung der Stadt von ihren Anfängen an sehen. Kommen Sie mit!

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1. Station: Wilmersdorfer Straße Ecke Schustehrusstraße

Schon 1794 ist in Charlottenburg der Name “Wilmersdorfer Weg” nachgewiesen, seit 1824 “Wilmersdorfer Straße.”
Der nördliche Teil der Wilmersdorfer führte bis 1928 übrigens noch über die Otto-Suhr-Allee hinaus bis zu dem großen Tanz- und Vergnügungslokal Flora an der Spree. 1928 wurde dieser Teil der Wilmersdorfer Straße in die Eosanderstraße mit einbezogen. Im nördlichen Teil zwischen Schillerstraße und Otto-Suhr-Allee gehört die Straße zum alten Charlottenburg, wovon noch viele architektonische Zeugnisse erhalten sind, und eine Reihe alt eingesessener Geschäfte erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Insgesamt stehen in der Wilmersdorfer Straße mehr als 30 Häuser unter Denkmalschutz.

Seit 1883 fuhr die Pferde-Eisenbahn durch die Wilmersdorfer Straße, was zu Anwohnerklagen wegen der Lärmbelästigung führte. 1902 wurde sie durch die elektrische Straßenbahn ersetzt, wobei die verlegten Schienen weiter benutzt wurden. 1967 wurde die Straßenbahn in ganz West-Berlin abgeschafft.
Seit der Eröffnung der Fußgängerzone 1978 fährt nur noch die U-Bahn unter der Wilmersdorfer Straße durch.

Und, was immer wieder gern falsch gemacht wird: Die Wilmersdorfer Straße liegt in Charlottenburg und führt nach Wilmersdorf.

So meldete am 5. Mai 1916 die Berliner Morgenpost, es sei in Wilmersdorf zu einer Art Hungerrevolte gekommen. Lebensmittelgeschäfte seien gestürmt worden. Einen Tag später korrigiert die Berlin-Wilmersdorfer Zeitung, an dieser Darstellung sei kein wahres Wort. Nirgendwo in Wilmersdorf hätten sich derartige Szenen abgespielt. Wahrscheinlich handle es sich um eine Verwechslung mit Geschehnissen in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg. Diese schilderte drastisch der damals 12jährige deutsch-amerikanische Räte-Kommunist Paul Mattick in seinen Erinnerungen:

bq. „Meine Mutter kam nach Haus und sagte, ‚Junge, die Revolution ist ausgebrochen, lass uns zur Revolution gehen.‘ Wir gingen die Wilmersdorfer Straße entlang, und die ganze Straße war voller Leute, die versuchten, die Jalousien hochzuziehen, um die Läden zu plündern. Damals gab es eine berittene Polizei. Diese Polizei mit den Pickelhauben ritt mit ihren Pferden durch die Menge und schlug mit ihren Säbeln auf die Menge ein. Die Menge war entsetzt, sie bestand hauptsächlich aus Frauen und Kindern meines Alters. Da blieb mir ein Bild im Gedächtnis, das ich nie vergessen habe, dass wir eingezwängt waren von zwei Pferden, mit Polizisten besetzt, und die versuchten, uns mit den Hintern der Pferde gegen die Wand zu drücken. Damals hatten die Frauen ganz große Hüte und große Hutnadeln, und die Frau, die neben mir stand, nahm die Hutnadel raus und steckte diese Hutnadel dem Pferd in den Arsch. In dem Moment bäumte das Pferd sich auf, der Polizist fiel runter, und er wurde zertrampelt von den Frauen und Kindern, als er da auf der Straße lag. Aber dann fielen Schüsse und zuletzt hat sich die Masse dann doch verzogen, weil immer mehr Verstärkung kam.“

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2. Station: Kreuzung Haubachstraße und Wilmersdorfer Straße

Die Kreuzung Wilmersdorfer Straße und Haubachstraße ist wohl eine der stadthistorisch interessantesten Straßenkreuzungen in Berlin überhaupt. Diese Ecke ist ein erstaunliches Zeugnis der Entwicklungsgeschichte der Altstadt Charlottenburgs. Hier sind Gebäude aus den verschiedensten bauhistorischen Epochen auf engstem Raum versammelt.
In den vier Eckhäusern spiegeln sich die unterschiedlichen Bauformen wider, und es ist als außerordentlicher Glücksfall zu bezeichnen, dass die Gebäude im Rahmen der Erneuerung in oft mühevoller Kleinarbeit wiederhergestellt werden konnten.

Das älteste Gebäude ist das einstöckige Eckhaus Haubachstr. 13 / Wilmersdorfer Str. 18. Es ist vor 1823 zu datieren und entspricht der ursprünglichen Bebauung um 1705, für die Eosander von Göthe ein barockes Modellhaus entworfen hat. Es ist damit ein Beispiel für die frühen, eingeschossigen Ackerbürgerhäuser.
Bedingt durch die gewerbliche Nutzung gab es diverse Ladenumbauten und Fassadeneingriffe. Das Haus ist in Privatbesitz der Familie Moser und wird derzeit als Weinschule genutzt.

Direkt im Anschluss befinden sich nach beiden Seiten zweistöckige Häuser aus der Zeit unmittelbar vor dem Bauboom um 1890, in dem dann die fünfstöckigen Mietshäuser entstanden, die die weitere Nachbarschaft kennzeichnen.
Die Wilmersdorfer Straße 18 wurde 1865, die Haubachstraße 15 1880 erbaut. Bei diesen zweigeschossigen Putzbauten mit Dachgeschoss ist der Fassadenstuck fast vollständig erhalten geblieben und im Rahmen der Erneuerung restauriert worden.
Der Spielzeugladen an der Ecke schräg gegenüber hat eine mehr als 100jährige Tradition. Hier haben sich schon Generationen von hier im Kiez aufgewachsenen Kindern an den Schaufenstern die Nasen plattgedrückt.

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Wilmersdorfer Str. 19: Scharfrichter Julius Krautz

Laut Adressbuch wohnte 1885/86 Deutschlands erster professioneller Scharfrichter Julius Krautz in der damaligen Wilmersdorfer Straße 13, heute die Nummer 19. Krautz arbeitete zunächst als Konditorlehrling, dann bei Verwandten in einer Abdeckerei. Abdecker waren damals nicht nur für die Tierkörperbeseitigung und –verwertung zuständig, sie fungierten auch als Scharfrichter. Eine Zeit lang war er Gehilfe des Braunschweiger Abdeckers und Scharfrichters August Reindel, dann zog Krautz 1863 nach Berlin und arbeitete auch hier wieder bei einem Abdecker.
1878 legte er die Scharfrichterprüfung ab und wirkte seither als Berliner Scharfrichter, von 1881 bis 1889 als preußischer Scharfrichter.
Als ersten Delinquenten enthauptete Krautz Max Hödel, der einen misslungenen Anschlag auf Kaiser Wilhelm I. verübt hatte. In den Stiel seines Richtbeils ritzte er die Namen der 55 von ihm hingerichteten Personen ein. Auch eine Frau zählte dazu. Dem britischen Historiker Richard J. Evans zufolge gilt Krautz als erster eindeutig professioneller Scharfrichter in der modernen Geschichte. Auch geht auf ihn die Standardbekleidung des Scharfrichters – Zylinder, Frack, Weste sowie weiße Handschuhe – zurück. 1889 erschlug er allerdings in einer Gastwirtschaft einen seiner Gehilfen, wurde jedoch wegen Notwehr freigesprochen. Allerdings verzichtete die Justizbehörde von nun an auf seine Dienste. Sein Richtwerkzeug verkaufte er dem Berliner Panoptikum, wo es verloren ging. Danach betätigte er sich als Rossschlächter und Gastwirt. Krautz starb am 24. April 1921 in Rüdersdorf. Der von Victor von Falk verfasste, mehr als 3000 Seiten umfassende Kolportageroman „Der Scharfrichter von Berlin, Roman nach Acten, Aufzeichnungen und Mitteilungen des Scharfrichters Julius Krautz“ machte ihn berühmt und fast zum „Volkshelden“. Trotz des hohen Preises von 13 Goldmark wurde das Buch 250.000 Mal in mehreren Auflagen verkauft. Auch in der internationalen Presse fand Krautz’ Leben reges Interesse.

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3. Station: Spielhagenstraße Ecke Wilmersdorfer

Das älteste Restaurant Charlottenburgs wurde 1892 von Wilhelm Hoeck als Wein- und Sekthandlung eröffnet, die bald danach um eine Großdestillation, Likörfabrikation und eine Probierstube erweitert wurde. Das Lokal wird gern von Künstlern der Deutschen Oper nach Proben und Aufführungen besucht. Auch nationale und internationale Filmproduktionen und Stars wie Brigitte Horney, Manfred Krug, Bud Spencer und Tom Hanks waren begeisterte Gäste. Ende der 1970er-Jahre wurde hier “Ein Mann will nach oben” von Hans Fallada mit Manfred Krug verfilmt. Der original erhaltene mit Holz und Spiegeln getäfelte Schankraum entführt den Besucher in die Zeit von Zilles „Milljöh“, mit echter Fassbrause vom Hahn und verschiedenen Bieren vom Fass.

Nach dem Maler und Zeichner Heinrich Zille ist auch die Zillestraße 1947 benannt worden, die wir eben überquert haben. Zille lebte nicht weit von hier mit seiner Familie von 1892 bis zu seinem Tod 1929 in der Sophie-Charlotten-Straße 88. Als “Pinselheinrich” wurde er zum wohl populärsten Graphiker und Zeichner Berlins. Seine sozialkritischen und liebevollen Porträts der einfachen Leute, des “Milljöhs” brachten ihm viel Sympathie. 1970 wurde er postum zum Berliner Ehrenbürger ernannt.

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Feinkostgeschäft Rogacki

Direkt gegenüber an der Wilmersdorfer Str. 145/146 sehen Sie noch eine Berliner Institution: das Feinkostgeschäft Rogacki
1928 gründete der polnische Einwanderer Paul Rogacki eine Räucherwarenhandlung im Wedding. Bereits 1932 siedelte sie in die Wilmersdorfer Straße über und wurde die erste Charlottenburger Aal- und Fischräucherei. Nach Kriegszerstörungen wurde der Familienbetrieb wieder aufgebaut und erweitert. Zum Sortiment kamen jetzt Wild, Geflügel, Fleisch- und Wurstwaren. Später kamen eine Käseabteilung und eigene Bäckerei hinzu sowie der Gourmetstand. Nach wie vor ist die Herstellung von geräuchertem Fisch eine Spezialität des Unternehmens.

Wir überqueren jetzt die Bismarckstraße und gelangen damit in den mittleren Teil der Wilmersdorfer Straße

Wilma

4. Station: Eingang WILMA Ecke Schillerstraße

Wir befinden uns jetzt im mittlere Abschnitt der Wilmersdorfer Straße, die seit mehr als 100 Jahren eine bedeutende Einkaufsstraße ist. Das erste Kaufhaus Charlottenburgs wurde hier 1905 eröffnet. Neckermann eröffnete 1964, Quelle 1965 jeweils ein eigenes Kaufhaus, Marken, die vermutlich nur noch die älteren unter uns kennen. Seit 1971 nahm die Lewishamstraße in der Verlängerung der Kaiser-Friedrich-Straße den Nord-Süd-Verkehr auf. Deshalb konnte der mittlere Teil der Wilmersdorfer Straße für den Autoverkehr gesperrt werden. Schließlich wurde hier im September 1978 zwischen Stuttgarter Platz und Schillerstraße die erste Fußgängerzone Berlins eröffnet. 2001 wurde sie neugestaltet und unter anderem die nicht mehr zeitgemäßen Pavillons und die Überdachungen der U-Bahnabgänge entfernt. Sie ist eine der bedeutendsten Einkaufsstraßen ganz Berlins und befindet sich seit einigen Jahren trotz einiger Krisen wieder im Aufwind. Hier soll sich in nächster Zeit wieder allerhand tun.

Wilma und Bürgeramt
Wir stehen hier in der “Wilma”. Viele von Ihnen kennen das Einkaufszentrum noch unter dem Namen Wilmersdorfer Arcaden.
Im Februar 2006 war Baubeginn, am 1. Juni 2006 die Grundsteinlegung für das neue Einkaufszentrum mit 120 Geschäften, Arztpraxen, Büros und Fitnessstudio auf drei Ebenen und mit 300 Parkplätzen in den Obergeschossen an der Wilmersdorfer Straße zwischen Pestalozzistraße und Schillerstraße rund um das SinnLeffers-Haus, das entkernt, umgebaut und in das Zentrum integriert wurde. Am 26. September 2007 war die Eröffnung des Hauses, das sich nach einem zweiten Umbau nicht nur im Innern beispielsweise mit einer Markthalle etc. neu erfunden hat, sondern auch seinen Namen in “Wilma” geändert hat. Im Innern des Einkaufszentrums gibt es auch ein Bürgeramt des Bezirksamts. Unser herzlicher Dank gilt an dieser Stelle Herrn Tobias Bluhm, dem Center-Manager, der uns nicht nicht nur schnelles Obdach vor dem Regen gegeben hat, sondern uns auch mit Wasser bewirtet hat. Die “Wilma” hat sich nicht nur als Einkaufszentrum einen Namen gemacht, sondern unterstützt – eigentlich untypisch für eine solche Institution – immer wieder ziviligesellchaftliche Initiativen, die Menschen im Kiez zusammenbringen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das erfolgreiche Projekt “Mall Anders”, in der Wissenschaftler der TU über Monate hinweg unterschiedliche Themen und Veranstaltungen angeboten haben. Auch für diese Offenheit gilt ein herzlicher Dank dem Center Management.

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5. Station: Pestalozzistraße Ecke Wilmersdorfer Straße: Karstadt

Die Firma Graff & Heyn eröffnete im Jahr 1900 an der gerade ausgebauten Wilmersdorfer Straße ein Manufaktur- und Kurzwarengeschäft. 1905 errichtete der Kaufmann Hermann Graff an der Stelle des kleinen Ladens ein Warenhaus. Es war das erste Kaufhaus Charlottenburgs. Hermann Graff ließ das Kaufhaus bereits 1912 wieder abreißen und durch einen größeren Neubau ersetzen. 1914 wurde es von Adolf Jandorf übernommen, der 1907 am Wittenbergplatz auch das Kaufhaus des Westens eröffnet hatte. 1926 übernahm es Hermann Tietz, 1935 wurde es in “Hertie” umbenannt.
Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurde das Kaufhaus Hertie 1950 wiedereröffnet, 1962 und 1972 erweitert und 1997 von Karstadt übernommen.
2020 war das Haus von einer Schließung bedroht. Nach einer Verhandlung des Senats hat der Einzelhandels-Konzern Galeria Karstadt Kaufhof von einer Schließung bislang abgesehen.

Kugelbrunnen, 28.4.2009, Foto: Jutta Krenz

Kugelbrunnen

Am 28. April 2009 wurde der vom damaligen Leiter des Grünflächenamtes, Christoph-Maria Maasberg, entworfene Kugelbrunnen der Öffentlichkeit übergeben. Fünf unterschiedlich große Kugeln aus rosagrauem Granit ruhen auf kreisförmig verlegtem Kleinsteinpflaster, das in hellgrau, gelb und dunkelgrau gehalten und mit schwarzem Mosaikpflaster abgesetzt ist. Wenn der Brunnen in Betrieb ist, sprudelt aus der Mitte der drei großen Kugeln jeweils eine Kleinstfontäne empor. Das herabfließende Wasser benetzt gleichmäßig die Kugeloberfläche und bildet dort einen transparenten Film. Zwei weitere kleine Kugeln, die kein Wasser führen, runden das Ensemble ab. Der Kugelbrunnen ersetzte einen 1978 errichteten Treppenbrunnen, der als “Schlorrendorfer Plansche” in die Charlottenburger Geschichte eingegangen ist.
Wir gehen jetzt nur wenige Meter weiter bis zum TUMO.
Bevor wir erfahren, was sich hinter diesem Namen verbirgt, möchte ich Sie noch auf ein besonderes Baudenkmal hinweisen.

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Wilmersdorfer Str. 58: Das Schirmständerhaus

Das Haus wurde 1956 von Hans Simon für das Schuhhaus Stiller errichtet. Es ist ein fünfgeschossiges Geschäftshaus mit einem über die Fassade ragenden Flugdach mit runden Öffnungen, das ihm den Namen “Schirmständerhaus” eintrug. 2002 wurde das Haus von Regina Herrmann und Isolde Kepler für die Münchner WDS Immobilien denkmalgerecht saniert. Dank neuer Neonröhren leuchtete das Haus als “Blaues Wunder” wieder blau im Dunkeln. Auch 2011 wurde das Haus noch einmal renoviert. Im Moment steht das Ladenlokal leer. Sie erinnern sich, hier war bis vor einigen Monaten ein SirPlus-Geschäft, im dem Kunden abgelaufene Lebensmittel oder Obst und Gemüse, das nicht mehr so schön aussah, preiswert kaufen konnten.

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6. Station: TUMO und Standortmanagement

Wir befinden uns hier vor dem TUMO.

TUMO hat seinen Ursprung in Armenien. Während die ländlichen Regionen Armeniens noch recht konservativ sind, gilt insbesondere die Hauptstadt Jerewan zunehmend als jung und modern. Und genau dort ist TUMO entstanden – nicht nur das Konzept, sondern auch der Name.
Das erste TUMO-Zentrum liegt in einem Park, der nach dem armenischen Nationalschriftsteller Hovhannes Tumanyan benannt ist. Im umgangssprachlichen Gebrauch wird der Tumanyan-Park auch „Tumo“ genannt.
In Armenien nehmen mittlerweile mehr als 14.000 Jugendliche an vier verschiedenen TUMO-Zentren im ganzen Land an dem Programm teil, weitere Zentren sind in Planung. Die ersten internationalen Zentren sind in Paris (Frankreich) und Beirut (Libanon) entstanden. Inzwischen gibt es auch TUMO-Zentren in Tirana (Albanien) und Moskau (Russland). Das
TUMO Berlin ist eine Initiative der KfW-Bankengruppe. Als größte deutsche Förderbank finanziert die KfW das erste TUMO-Lernzentrum zur Förderung der digitalen Bildung von Jugendlichen in Deutschland. In seiner Vielfalt ist es das erste außerschulische kostenlose Lernangebot zu digitalen Themen deutschlandweit. Langfristiges Ziel der KfW ist es, weitere Partner zu finden und so eine Weiterentwicklung zu einem landesweiten Netzwerk von TUMO-Lernzentren in Deutschland zu fördern.

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7. Station: Kant Center

Am 20. Oktober 2004 wurde an der Kantstraße Ecke Wilmersdorfer Straße das Kant Center eröffnet mit Media Markt, Peek & Cloppenburg, Fitness Company u.a. Es setzte einen starken Akzent für den Wiederaufschwung der Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße. Inzwischen haben einige Mieter gewechselt und vor allem der große Bereich von Peek und Cloppenburg steht leer. Das Bezirksamt hatte sich gewünscht, die Räume mieten zu können, um dort eine Filiale unserer Stadtbibliothek unterbringen zu können, weil die Hauptstelle im Rathaus Charlottenburg renoviert werden muss. Wir haben leider vom Senat nicht die erforderlichen Mittel für eine Anmietung der Immobilie bewilligt bekommen.

Wir verlassen jetzt die Fußgängerzone, unterqueren die S-Bahn und landen damit im südlichen Teil der Wilmersdorfer Straße, der dann am Adenauerplatz endet. Hier ändert sich das Bild der Straße erneut. Es gibt hier großzügige Altbauwohnungen und edle City-Geschäfte, aber auch Gastronomie und viele kleine Kiezläden für den täglichen Bedarf.

Hindemithplatz, 4.3.2011, Foto: KHMM

8. Station: Hindemithplatz

Hindemithplatz
Der Platz wurde 1995 nach dem deutschen Komponisten Paul Hindemith benannt und liegt im sogenannten „Galerienviertel“ am Schnittpunkt der Mommsen-, Giesebrecht- und Wilmersdorfer Straße nördlich des Kurfürstendamms.
Das Bild des Platzes beherrscht der – im Verhältnis zur Platzgröße – wuchtige St.-Georg-Brunnen, den der Architekt Wilhelm Walther in den Jahren 1903–1904 für den “Löwenhof” des von ihm erbauten, luxuriöse Vergnügungsetablissement „Alt-Bayern“ in der Potsdamer Straße 10/11 in der Nähe des Grand Hôtel „Esplanade“ entworfen hatte. Vor der Sprengung des im Zweiten Weltkrieg teilzerstörten Gebäudes wurde der Brunnen Mitte der 70er-Jahre abgebaut und zerlegt, um nach seiner Restaurierung 1980 auf dem – zu dieser Zeit noch namenlosen – Hindemithplatz wieder aufgebaut zu werden. Die namengebende Statue des Heiligen Georg, der mit seiner Lanze einen Drachen durchbohrend dargestellt war, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gestohlen und blieb verschwunden.
Hindemith lebte übrigens von 1928 bis 1938 in einem Haus am Brixplatz 2 in Westend, wo eine Gedenktafel an ihn erinnert.

Gegenüber an der Wilmersdorfer Straße 73 sehen Sie den traditionsreichen Herrenausstatter Mientus:
1937 eröffnete Michael Mientus im schlesischen Oppeln sein erstes Geschäft für Herrenbekleidung. 1949 begann das Unternehmen neu in Berlin und eröffnete sein erstes Geschäft an der Schlüterstraße. Als es dort zu eng wurde, errichtete man hier in der Wilmersdorfer Straße/Ecke Mommsenstraße zunächst einen für die damalige Zeit typischen Flachbau. 1958 schließlich gab es an der Ecke eine Wiedereröffnung. Das neue Bekleidungshaus sah jetzt so aus, wie Michael Mientus es sich immer vorgestellt hatte, und es hat sich im Wesentlichen bis heute so erhalten.

Felice Bauer
In dem Vorgängerhaus an der Wilmersdorfer Straße 73, das im Krieg zerstört wurde, lebte Felice Bauer, in die sich Franz Kafka 1912 verliebte. Sie war Prokuristin des Schallplattenkonzerns Carl Lindström AG. An den Pfingstfeiertagen am 11. und 12. Mai 1913 stellte Kafka sich hier offiziell ihrer Familie vor. 1914 erschien eine Verlobungsanzeige im Berliner Tageblatt. Aber nach zweimaliger Ver- und Entlobung trennte sich das Paar 1917 in Prag endgültig. Berühmt wurden allerdings Kafkas “Briefe an Felice” Bauer.

Wir gehen weiter bis zur Sybelstraße

Gedenktafel für die Jüdische private Musikschule Hollaender, 21.3.2007, Foto: KHMM

9. Station: Sybelstr. 9

An diesem Ort in der Sybelstraße 9 erinnert seit 1992 eine Gedenktafel des Vereins Aktives Museum e.V. an ein besonders eindrucksvolles Beispiel der von den Nationalsozialisten zerstörten Vielfalt in unserem Bezirk.

Die Tafel enthält folgenden Text:
“Im Haus Sybelstraße 9 bestand von 1936 bis
1941 die Jüdische private Musikschule Hollaender.
Hier unterrichteten die jüdischen Lehrkräfte des
Stern’schen Konservatoriums Gustav Hollaender
nach dessen zwangsweiser Arisierung 1935. Ihre
Besitzer und Leiter Kurt Hollaender (*1885) und
Susanne Landsberg (*1892) geb. Hollaender
wurden, wie viele der hier Lehrenden, 1941/43
deportiert und ermordet.”

Die Tafel erinnert an eine Musikschule, die aus dem ältesten Konservatorium Berlins entstand. Julius Stern hatte es 1850 gegründet. Nach dem Tod Sterns 1883 führte seine Schwägerin Jenny Meyer das Konservatorium ein Jahrzehnt lang. 1894 erwarb der Komponist, Dirigent und Geiger Gustav Hollaender das Institut und leitete es bis zu seinem Tod 1915. Unter seiner Leitung erlebte das Konservatorium eine Blütezeit.
1895 wurde es von Gustav Hollaender übernommen. Dessen Kinder Kurt und Susanne übernahmen es und führten es von 1936 bis 1941 als private Musikschule weiter. Es kam ohne jegliche Subvention aus und wurde von mehr als Tausend Schülerinnen und Schüler pro Jahr besucht, die aus aller Welt nach Berlin zum Musikstudium kamen.
Das Konservatorium verdankte zwar seine Existenz privatem jüdischem Engagement, aber es stand allen offen, die sich musikalisch bilden wollten. Es war im besten Sinne universell, und es war eines der wertvollsten Aushängeschilder für Berlin und für ganz Deutschland.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wurde das Konservatorium gleichgeschaltet. Die jüdischen Inhaber wurden faktisch enteignet. Ihnen wurde verboten, nichtjüdische Schülerinnen und Schüler zu unterrichten. Sie konnten hier noch für wenige Jahre die Jüdische Musikschule Hollaender betreiben. Schließlich wurden Kurt Hollaender und Susanne Landsberg-Hollaender deportiert und ermordet.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt das Städtische Konservatorium in West-Berlin den Namenszusatz “Ehemals Sternsches Konservatorium”. Heute ist das Julius-Stern-Institut für musikalische Nachwuchsförderung Teil der Universität der Künste.

Wir begeben uns jetzt zu unserer 10. und letzten Station, dem Adenauerplatz, in den die Wilmersdorfer Straße mündet.

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Adenauerplatz

1968 scheiterte die Umbenennung des Kaiserdammes in Adenauerdamm an heftigen Protesten. 5 Jahre später, am 21. Juni 1973, hat man dann diesen Platz nach dem ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland benannt. Der Platz war durch einen Umbau der Straßenkreuzung neu entstanden. Die Wilmersdorfer Straße wurde verkürzt, so dass sie seither nicht mehr direkt in den Kurfürstendamm einmündet, sondern in die Lewishamstraße.
Die 1,85 m hohe Bronzestatue Konrad Adenauers von Helga Tiemann wurde von dem Unternehmer Hans Wall gestiftet und am 19. April 2005 enthüllt.

Einige Meter hinter der Figur von Konrad Adenauer erinnert ein Gedenkstein aus rotem Granit an den Tod des 19-jährigen Mete Eksi. Der Text auf dem Stein lautet:
“METE EKSI GEB. 1972 STARB
AM 13. NOVEMBER 1991 AN DEN
SCHWEREN VERLETZUNGEN DIE ER
AN DIESEM ORT BEI EINER
GEWALTÄTIGEN AUSEINANDERSETZUNG
ZWISCHEN BERLINER JUGENDLICHEN
UNTERSCHIEDLICHER HERKUNFT ERLITT
GEGENSEITIGER RESPEKT UND DER WILLE
ZUR GEWALTFREIHEIT HÄTTEN SEIN
LEBEN SCHÜTZEN KÖNNEN”

1992 haben die GEW Berlin und der Türkische Elternverein den Mete-Eksi-Fonds gegründet, um jährlich einen Preis an Kinder und Jugendliche zu vergeben, die sich für das friedliche Zusammenleben von Jugendlichen eingesetzt haben.

Der Straßentunnel unter dem Kurfürstendamm wurde 1972 eröffnet. Im Rahmen der Untertunnelung des Kurfürstendammes wurde 1974 auch der Platz neu angelegt mit Pflasterung, Bäumen und Sitzbänken. Im Zentrum steht die Brunnenskulptur “Säule in der Brandung” aus Chromnickelstahl mit einem flachen Rundbecken aus Stein von Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff.
Was auf dem Platz in nächster Zeit geschehen soll:

In Zusammenhang mit dem geplanten Neubau strebt das Bezirksamt eine Neufassung des Platzes an der Nordseite an, indem die Wilmersdorfer Straße verengt, ggf. auch geschlossen wird (aktuell läuft ein Verkehrsgutachten).

Abgerissenes Haus mit ehemals Edeka: Hier gibt es seit mehr als zehn Jahren immer wieder Diskussionen. Nun sind wir hier auf der Zielgeraden für ein Wohn- und Geschäftshaus (Wohnungen entlang der Wilmersdorfer und zurückgesetzt auch an der Lewishamstraße). Ansonsten entsteht ein Hochhaus am Nordrand des Adenauerplatzes, das knapp unter 60 Meter, also genau so hoch wie das Panorama-Gebäude gegenüber werden soll. Aktuell befindet sich das Vorhaben in der Beratung im Baukollegium.

Zum Panorama-Hotel: Hier ist der Umbau durch den Architekten Max Dudler zu einem Wohn- und Geschäftshaus vorgesehen. Statt der bisherigen 38 wird es zukünftig 39 Wohnungen zur Waitzstraße hin geben.

Weitere Eindrücke

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    Fußgängerzone der Wilmersdorfer Straße.

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    Ein Regenunterschlupf bot der Gruppe um Frau Bauch das Wilma-Shoppingcenter.

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    Frau Bauch eröffnet den Kiezspaziergang.

  • blum-tobias-wilma-shoppen_Kiezspaziergang_233.Blum, Tobias Wilma Shoppen

    Tobias Blum im Wilma Shoppen.

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    U-Bahnhof Wilmersdorfer Straße in der Fußgängerzone.

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    Gregor Langenbrinck vom Standortmanagement Wilmersdorfer Straße

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    Marklin Spielwarenladen

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    Teilnehmer:innen des Kiezspaziergangs.

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    Thomas Bong, der Vorsitzende AG Wilmersdorfer Straße.

  • frau-lenzner-sga-bacw_Kiezspaziergang_233.

    Frau Lenzner des Tiefbauamts Charlottenburg-Wilmersdorf.