181. Kiezspaziergang

Vom Spreebogen zur Marchbrücke

Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann

Treffpunkt: Bushaltestelle Helmholtzstraße
Länge: ca. 1,9 km

Herzlich willkommen zu unserem 181. Kiezspaziergang. Wir erforschen den Charlottenburger Spreebogen mit seinen Straßen, die nach Naturwissenschaftlern benannt sind. Wir werden an der ehemaligen Müllverladestation und am Fraunhofer Institut für Produktionsanlangen und Konstruktionstechnik vorbeikommen und bei Porsche, Audi und Beiersdorf vorbeischauen. Enden wird unser Kiezspaziergang auf der Marchbrücke.

Doch bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den Treffpunkt des Februarspaziergangs mitteilen. Wir treffen uns am Samstag, den 11. Februar, um 14 Uhr, auf dem Breitscheidplatz am Ort des Attentats vom 19.12.16 auf dem Weihnachtsmarkt. Pfarrer Germer wird uns dort begrüßen. Nach dem Besuch der Gedächtniskirche gehen wir durch die Nürnberger Straße, wo sich nach dem Krieg das surrealistische Kabarett DIE BADEWANNE befunden hat. Über den Los-Angeles-Platz kommen wir zur Feuerwache in der Rankestraße und dann zum Friedrich-Hollaender-Platz. Von dort aus geht es an der Synagoge in der Joachimsthaler Straße vorbei zum Joachimsthaler Platz, wo der Kiezspaziergang endet.

Station 1: Dovestraße / Bushaltestelle

Station 1.1: Dovestraße / Herkunft des Namens
Die Dovestraße erhielt 1892 ihren Namen nach dem Physiker und Meteorologen Heinrich Wilhelm Dove. Er wurde 1803 in Liegnitz geboren und starb 1879 in Berlin. Er gilt als der Begründer der modernen Meteorologie und damit der Wettervorhersage.

Dove studierte Mathematik, Physik, Philologie und Philosophie in Breslau und in Berlin. 1826 habilitierte er mit 23 Jahren in Königsberg und erhielt dort zwei Jahre später eine außerordentliche Professur für Physik. Im September 1829 ging er nach Berlin, unterrichtete am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium und später an der Artillerieschule sowie am Königlichen Gewerbeinstitut. 1837 wurde er in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen und 1845 zum ordentlichen Professor an die Friedrich-Wilhelms-Universität berufen.

1846 wurde das Meteorologische Institut gegründet, das Dove von 1849 bis zu seinem Tod 1879 leitete. Begraben ist er auf dem Friedhof der St.-Nicolai- und St.-Marien-Gemeinde in Prenzlauer Berg, in der Nähe des Volksparks Friedrichshain. Sein Grab war bis 2014 ein Ehrengrab der Stadt Berlin.

Station 1.2: Dovestraße 2-4 / Axa-Konzern
Der Axa-Konzern ist aus verschiedenen Versicherungsunternehmen entstanden. Das älteste der beteiligten Unternehmen war die Kölnische Feuer-Versicherungs-Gesellschaft, genannt Colonia. Sie wurde 1839 von Kaufleuten in Köln gegründet. 1853 wurde ebenfalls in Köln die Lebensversicherungsgesellschaft Concordia, 1866 die Nordstern Lebens-Versicherungs-AG in Berlin und 1901 die Albingia Versicherungs-AG, ein Transport- und Unfallversicherer, in Hamburg gegründet. Zwischen 1969 und 1971 schlossen sich einige von ihnen zur Colonia Versicherung zusammen. Ein neuer Fusionsprozess fand in den 1990-er Jahren statt, an dessen Ende gehörten alle oben genannten Versicherungsgesellschaften zum AXA Konzern.

Station 1.3: Dovestraße 1-5
Die Gebäude im Hintergrund wurden vom Architekturbüro Steinebach & Weber in den 1990-er Jahren entworfen und bestehen vor allem aus Eigentumswohnungen. Ein weiterer Referenzbau des Architekturbüros ist zum Beispiel die Landesversicherungsanstalt in der Knobelsdorffstraße.

Der Abriss der vorderen Gebäude ist wie Sie sehen so gut wie abgeschlossen. Die Baugrube wird ausgehoben. Bauherr ist wie damals beim hinteren Teil die Firma Optima Center Charlottenburg aus München. Die neuen Gebäude, die wie das abgerissene Ensemble aus einem Hochhaus und zwei weiteren Gebäude bestehen werden, wurden von der Nöfer Gesellschaft von Architekten entworfen. Das Hochhaus ist komplett für Büros vorgesehen, in Haus 2 und 3 wird es im Erdgeschoss gewerbliche Nutzung und eine Kita geben. In den Obergeschossen sind 155 Wohnungen geplant, 57 Einzimmerwohnungen, 18 Zweizimmerwohnungen und 50 Zweieinhalb- bis Dreizimmerwohnungen.

Wir überqueren jetzt die Straße und treffen uns wieder an der Helmholtzstraße 42, dem Architekturbüro Kleihues & Kleihues.

Station 2: Helmholtzstraße 42

Station 2.1: Helmholtzstraße / Herkunft des Namens
Die Helmholtzstraße geht von der Dovestraße bis zur Franklinstraße und zur Gotzkowskybrücke. Sie wurde am 30.5.1892 nach dem Mediziner und Physiker Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz benannt. Er wurde am 31.8.1821 in Potsdam geboren und starb am 8.9.1894 in Charlottenburg. Helmholtz war ein außerordentlich vielseitiger Wissenschaftler, der sich besonders für die Zusammenhänge von Physik, Physiologie, Psychologie und Ästhetik interessierte. Beispielsweise gelangte Helmholtz zu Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit durch physiologische Untersuchungen über Gärung, Fäulnis und die Wärmeproduktion der Lebewesen (die er hauptsächlich auf Muskelarbeit zurückführte) zur Ausformulierung des Energieerhaltungssatzes, also eines elementaren Gesetzes der Physik. In Heidelberg befasste sich Helmholtz ab 1858 mit den medizinischen Grundlagen der optischen und akustischen Physiologie, aber auch mit Fragen der theoretischen Physik, nämlich Hydro- und Elektrodynamik, und mit mathematischen Fragestellungen zur Geometrie.

Station 2.2: Helmholtzstraße 42 / Ehemalige Müllverladestation / Architekturbüro Kleihues & Kleihues
Das Gebäude am Zusammenfluss von Spree, Landwehrkanal und Charlottenburger Verbindungskanal wurde 1935/36 von Paul Baumgarten errichtet und ist ein dem Baustil der NS-Zeit zuwiderlaufendes Beispiel vom Fortleben des Neuen Bauens in den 1930-er Jahren. Das an der Spree gelegene Müll-Zwischenlager hat zwei Ebenen. Die teilverklinkerte Halle wird von einer über dem Wasserspiegel liegenden Rampe zum Anfahren und Entleeren der Mülltransporter weitläufig umgeben.

Die Anlage galt als vorbildlich, da die Müllfahrzeuge in ununterbrochener Reihenfolge in die Halle einfahren, ihre Ladung durch Schütttrichter in einen darunter liegenden 600-t-Kahn entleeren, wenden und das Gelände ohne Gegenverkehr verlassen konnten. Die Müllverladestation wurde 1954 stillgelegt und zunächst als Depot für Straßenreinigung genutzt. Heute ist in dem Gebäude das Architekturbüro Kleihues + Kleihues des 2004 verstorbenen Berliner Architekten Joseph P. Kleihues. Es wird von seinem Sohn Jan Kleihues und Norbert Hensel weiter geführt. Ein bekanntes, von dem Büro realisiertes Bauprojekt ist die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes.

Wir gehen nun an der ehemaligen Müllverladestation vorbei und halten am Beginn der Uferpromenade, wo wir noch einmal einen sehr schönen Blick auf die Verladestation haben.

Station 3: Uferpromenade am Wasserkreuz

Station 3.1: Uferpromenade am Wasserkreuz
Der Zusammenfluss von Spree, Landwehrkanal und Charlottenburger Verbindungskanal heißt landläufig Spreeeck. Die Promenade am Spreeufer wurde 2004 eröffnet und führt bis zur Gotzkowskybrücke. Das diesseitige Spreeufer ist die Bezirksgrenze. Die Spree selbst und das gegenüberliegende Ufer gehören mit dem Ortsteil Moabit zum Bezirk Mitte.

Landschaftsplaner sehen die Spree als einen die Stadt durchquerenden Grünraum, der die Erholungsgebiete Müggelsee, Treptower Park, Tiergarten, Charlottenburger Schloßgarten und die Spandauer Uferanlagen verbindet. Ansätze zu diesem Gedanken finden sich schon bei Lenné um 1840.

Die vielfach durch hohe Ufermauern, Ladestraßen und Bebauung eingepferchte Spree wurde seit 1952 an vielen Stellen begrünt – zunächst im Notstandsprogramm. In Charlottenburg legte damals das Gartenbauamt unter Joachim Kaiser flache Uferböschungen und Fußwege an der Spree an. Vor allem das Südufer war wegen des vormaligen Treidelweges hierzu geeignet. Wenn zwei Fußgängerbrücken gebaut werden würden und die letzten derzeit noch unzugänglichen Uferstreifen geöffnet wären, könnte man vom Reichstag bis Ruhleben die Spree entlanglaufen.

Gegenüber des Spreeecks sehen wir hinter den Gebäuden im Bau:

Station 3.2: Darwinstraße 2A
Das Apartmenthaus „Spreeblick“. Es hat acht Wohnungen. Es wurde kürzlich fertiggestellt, mehrere Wohnungen, u.a. das Penthouse, sind inzwischen bezogen. Die Wohnungspreise liegen zwischen 360.000,00 und etwas über einer Million je nach Größe und Lage der Wohnung. Es gibt Wohnungen von 95 m² bis oben im Penthouse 225 m². Alle Wohnungen haben große Terrassen. Architekten sind Ann-Christin und Jan Hofmann.

Station 3.3: Goslarer Ufer 1, 3, 5 / Neubau von Wohngebäuden
Auch die Gebäude davor mit der Adresse Goslarer Ufer 1, 3 und 5 sind von dem Architekturbüro Hofmann entworfen worden. Es sind fünf Gebäude mit insgesamt 93 Wohnungen. Baubeginn war der 25.8.2014. Je nach Lage und Größe liegt der Quadratmeterpreis zwischen € 3000,- und 8000,-. Bei diesen Gebäuden wird zwischen Balkon- und Terrassenwohnungen unterschieden.

Station 4: Uferpromenade / Carnotstraße

Station 4.1: Carnotstraße / Herkunft des Namens
Nicolas Léonard Sadi Carnot wurde 1796 in Paris geboren und starb dort 1832. Er war ein französischer Physiker und Ingenieur, der mit seiner theoretischen Betrachtung der Dampfmaschine (Carnot-Prozess) einen neuen Zweig der Wissenschaft, die Thermodynamik, begründete.

Station 4.2: Carnotstraße 4-7 / Zwillingsbauten von Jürgen Sawade
Die beiden dunklen Zwillingsbauten wurden 1996 nach den Entwürfen des Architekten Jürgen Sawade gebaut. Sawade wurde 1937 in Kassel geboren und starb 2015 in Berlin. Nach seinem Studium war Sawade bis 1969 wissenschaftlicher Assistent von Oswald Mathias Ungers an der Technischen Universität Berlin. Dieser prägte vor allem mit seiner Idee, die Stadt bestehe aus insularen Großkörpern, Sawades weiteres Schaffen. 1970 eröffnete er sein eigenes Architekturbüro in Berlin und hatte wechselnde projektbezogene Partnerschaften. Sawade war Mitglied der Akademie der Künste.

Von Sawade stammt zum Beispiel das Pallaseum in der Schöneberger Pallasstraße und das Hotel Esplanade am Landwehrkanal. Besondere Anerkennung erhielt er für den Umbau der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin. Manche bezeichnen die Bauten hier als übergroße Schuhkartons, aber sie werden von den Arbeitenden wegen der ausgezeichneten Lichtverhältnisse sehr geschätzt.

Station 4.3: Carnotstraße 1 / IAV Gruppe
Die IAV Gruppe wurde 1983 als “Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr” auf Initiative des TU-Professors und Fahrzeugtechnikers Hermann Appel als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Industrie gegründet. Gesellschafter sind zur Hälfte die Volkswagen AG und zu kleineren Teilen weitere vier Unternehmen. Die IAV ist mit über 3.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen weltweit einer der führenden Engineering-Partner der Automobilindustrie. Die Zentrale und das Entwicklungszentrum befinden sich hier. Die IAV entwickelt Fahrzeugantriebe und forscht und entwickelt im Bereich Mobilität der Zukunft.

Station 4.4: Carnotstraße 1 A / Institut für Land- und Seeverkehr (ILS) der TU Berlin / Fachgebiet Verbrennungskraftmaschinen
Im Jahre 1903 wurde an der damaligen Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin in Charlottenburg ein Laboratorium für Verbrennungskraftmaschinen gegründet. Sein Leiter wurde Alois Riedler. Dies war der Beginn des Fachgebiets Verbrennungskraftmaschinen (VKM) an der TU Berlin. Jährlich legen etwa 135 Studierende ihre Abschlussprüfungen in diesem Fachgebiet ab.

Station 4.5: Darwinstraße / Ecke Quedlinburger Straße / Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten
Das dunkle Gebäude auf der anderen Seite der Spree und des Verbindungskanals ist ein Bürogebäude der Deutschen Rentenversicherung und wurde 1991 gebaut. Seit Ende letzten Jahres wird das Gebäude u.a. von dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten angemietet und für die Bedürfnisse des LAF umgebaut. In dem Gebäude sollen über 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Platz finden, die sich um täglich 1600 Kunden kümmern können. Es wird dort zudem 90 Sprachmittler und andere Honorarkräfte geben. Das LAF ist für die Registrierung von neu nach Berlin kommenden Geflüchteten zuständig. Außerdem entscheidet es über die gesetzlich festgelegten Sach- und Geldmittel und stellt Kostenübernahmeerklärungen für Unterkunft und Sozialleistungen aus. Dazu sorgt das LAF für die Unterbringung der Menschen. Im Moment ist das LAF noch in der Bundesallee, in der Turmstraße, am Messedamm und in der Martin-Hoffmann-Straße untergebracht.

Wir gehen nun ein großes Stück weiter am Ufer entlang bis zum spektakulären weißen Gebäude des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik.

Station 5: Uferpromenade / Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik

Station 5.1: Produktionstechnisches Zentrum
Das Produktionstechnische Zentrum, kurz PTZ, wurde 1982-86 von Gerd Fesel, Peter Bayerer, Hans Dieter Hekker und Roland Ostertag für die Fraunhofer-Gesellschaft gebaut. Im Mittelpunkt steht die 3.200 Quadratmeter große, verglaste Versuchshalle. Sie ist vollkommen ohne Stützen gebaut. Die Halle ist halbkreisförmig und mit einem gestaffelten Gebäudegürtel für Arbeitsräume, Werkstätten und Laboratorien umgeben. Außerdem gibt es zwei Hörsäle mit 260 bzw. 110 Plätzen. Das Gebäude demonstriert faszinierende, wegweisende Industriearchitektur am Ufer der Spree. Neben dem Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) ist auch das Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb (IWF) der Technischen Universität Berlin hier ansässig. Die seit 1979 durch Kooperationsvertrag verbundenen Institute widmen sich Fragen der Erforschung und Optimierung von industriellen Produktionsprozessen. Der intensive Austausch mit dem IWF ermöglicht es dem IPK, effizient universitäre Forschungsergebnisse für die betriebliche Praxis vorzubereiten. Besondere Bedeutung für die Ressourcen- und Energieeffizienz hat ein 2009 vom Fraunhofer IPK gegründetes Innovationscluster, das sich mit Fragen der Wartung, Instandhaltung und Reparatur von Investitionsgütern der Energie- und Verkehrsbranche befasst. Im Laufe des Produktlebens fallen neben ständiger und planbarer Wartung weitgehend unvorhersehbare Reparaturen an. Bei einer Überholung kann das Produkt nicht nur in einen neuwertigen Zustand versetzt, sondern über den ursprünglichen Auslieferungszustand hinaus auf ein zeitgemäßes technisches und wirtschaftliches Niveau gehoben werden. Ein zweites Cluster trägt den Titel „Sichere Identität“. Es entwickelt Technologien vom fälschungssicheren Dokument bis zur sicheren Kommunikation zwischen Maschinen oder Fahrzeugen sowie für den Produkt- und Markenschutz.

Der Gesamthaushalt des Fraunhofer IPK im Jahr 2014 betrug 18,7 Mio €. Darin sind rund 6,9 Mio € Erlöse aus Industrieaufträgen sowie 6,3 Mio € aus öffentlich geförderten Projekten enthalten. Im Rahmen von Fraunhofer-Forschungsprogrammen wurden rund 850.000 € eingeworben.

Die Anzahl der Mitarbeiter betrug im Jahr 2014 insgesamt 149. In die Arbeit waren zusätzlich 240 studentische Hilfskräfte und PraktikantInnen einbezogen.

Weitere enge Partner des Fraunhofer IPK sind die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und die Charité – Universitätsmedizin Berlin. Ein Kooperationsvertrag mit der Charité bildet die Grundlage, auf der Ingenieure und Mediziner technische Entwicklung und klinische Evaluierung aus einer Hand anbieten. Die Kooperation mit der BAM ermöglicht nicht nur die gemeinsame Nutzung technischer Anlagen, sondern auch eine ganzheitliche Beratung von Kunden und Partnern im Bereich Fügeverfahren, die Fragen der Wirtschaftlichkeit ebenso einschließt wie Sicherheitsaspekte. Das versetzt das PTZ in die einzigartige Lage, die gesamte wissenschaftliche Innovationskette von der Grundlagenforschung über anwendungsorientierte Expertise bis hin zur Einsatzreife abdecken zu können.

Station 5.2: Kaiserin-Augusta-Allee 111 / Botschaft der Volksrepublik Bangladesh
Ich möchte hier nur kurz auf die Botschaft der Volksrepublik Bangladesch hinweisen, da sie von der Dovestraße 1-5, das ist das Hochhaus, was abgerissen wurde, in die Kaiserin-Augusta-Allee 111 hier gegenüber in den Bezirk Mitte umgezogen ist.

Wir gehen gleich durch die Kucharskistraße, dann nach links und treffen uns wieder vor der Brache an der Pascalstraße zwischen Schlesinger und Heisenbergstraße.

Station 5.3: Kucharskistraße / Herkunft des Namens
Die Kucharskistraße wurde am 19.8.1986 nach dem Ingenieur Walter Kucharski benannt. Kucharski lebte von 1887 bis 1958. Ab April 1931 lehrte Kucharski Mechanik an der Technischen Hochschule Berlin. Von 1946 bis 1947 war er Rektor der TU Berlin.

Station 6: Pascalstraße / Ecke Heisenbergstraße

Station 6.1: Pascalstraße 13-14 / Anwendungszentrum Mikroproduktionstechnik
Das Anwendungszentrum Mikroproduktionstechnik (AMP) gehört zum Produktionstechnischen Zentrum Berlin (PTZ). Es wurde 2010 als Ergänzung zu diesem gegründet. Das AMP ist ein Dienstleistungsunternehmen für die Entwicklung von spezialisierten Produktionseinrichtungen und von Prozessketten. Im Werkzeug- und Formenbau ist es sowohl in der Serien- als auch in der Massenfertigung und in der Direktfertigung von Mikrobauteilen und mikrostrukturierten Bauteilen tätig. Angestrebt werden ganzheitliche Lösungen auf der Basis von Spezialwissen. Im Anwendungszentrum gibt es ein Ultrapräzisions-, ein Hochpräzisions-, ein Erodier- und ein Lasermaterialbearbeitungslabor. Zudem gibt es eine Spritzgussmaschine und modernste Messtechnik zur Oberflächen- und Maschinenbeurteilung.

Station 6.2: Pascalstraße / Herkunft des Namens
Die Pascalstraße ist seit dem 3.8.1905 nach dem französischen Mathematiker, Physiker, Literaten und Religionsphilosophen Blaise Pascal benannt. Pascal wurde am 19. Juni 1623 in Clermont-Ferrand geboren und starb am 19. August 1662 in Paris. Er war von Kindheit an kränklich und wurde deshalb von seinem hochgebildeten und naturkundlich interessierten Vater selbst sowie von Hauslehrern unterrichtet. Bereits als 16-Jähriger beeindruckte er mit einer Arbeit über Kegelschnitte beeindruckte.

1642 erfand Pascal für seinen Vater eine mechanische Rechenmaschine, die später Pascaline genannt wurde und als eine der ältesten Rechenmaschinen gilt. Sie ermöglichte zunächst nur Additionen, wurde im Lauf der nächsten zehn Jahre aber ständig verbessert und konnte schließlich auch subtrahieren. Pascal führte 1646 erfolgreich Versuche zum Nachweis des Vakuums durch und publizierte seine Ergebnisse 1647. Er wurde aber von seinen Zeitgenossen nicht ernst genommen. Wir erinnern uns an Otto von Guericke, der zehn Jahre später mit seinem Experiment der Magdeburger Halbkugeln die Existenz des Vakuums bestätigte. Pascal begründete auch das Gesetz der kommunizierenden Röhren.

1656/57 verfasste er eine Serie anonymer satirisch-polemischer Broschüren zu theologischen Fragen, die später auch als Buch erschienen. Wegen ihrer Klarheit und Präzision gelten sie als ein Meisterwerk der französischen Prosa, das ihrem Autor einen Platz unter den Klassikern der französischen Literaturgeschichte verschaffte.

Station 6.3: Schlesingerstraße / Herkunft des Namens
Die Schlesingerstraße heißt seit dem 1.9.1986 nach dem Wissenschaftler Georg Schlesinger. Schlesinger wurde 1874 in Berlin geboren und starb 1949 in der Nähe von London. Er war ab 1904 der erste Inhaber des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetriebe an der Technischen Hochschule Charlottenburg. Schlesinger gilt als Begründer der wissenschaftlichen Forschung auf den Gebieten der Fertigungstechnik und Betriebswissenschaften. In der Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus geriet er als jüdischer Hochschullehrer unter starken Druck. Wegen angeblicher Unterschlagung, Werksspionage und Hochverrat befand er sich 9 Monate in Untersuchungshaft und wurde 1934 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. 1936 konnte Schlesinger noch im Berliner Verlag von Julius Springer sein zweibändiges Standardwerk Die Werkzeugmaschinen herausbringen. Nach einer Gastlehrtätigkeit an der ETH Zürich erhielt er einen Ruf an die Université Libre in Brüssel. 1939 wurde ihm die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Während des Zweiten Weltkriegs errichtete er ein Werkzeugmaschinen-Laboratorium am College of Technology in Loughborough, was er von 1939 bis 1944 leitete.

Station 6.4: Heisenbergstraße / Herkunft des Namens
Die Straße wurde 1.10.1985 nach dem Physiker Werner Heisenberg benannt. Werner Heisenberg wurde 1901 in Würzburg geboren und starb 1976 in München. Für die Begründung der Quantenmechanik wurde er 1932 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Mit nur 26 Jahren wurde Heisenberg 1927 als Professor an die Universität Leipzig berufen, die er mit Friedrich Hund zu einem Zentrum der theoretischen Physik machte, insbesondere für Kernphysik.

Von 1942 bis 1945 leitete Heisenberg das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Dahlem und lehrte zudem als Professor an der Berliner Universität, wo er führend am Uranprojekt des Heereswaffenamtes beteiligt war. Diese Zeit ist ihm später insbesondere von vielen amerikanischen und exilierten deutschen Physikern verübelt worden. Rückblickend sagte er dazu:

bq. In den ersten Jahren war die Frage, die dem Physiker gestellt war, nicht die, ob er Bomben machen will oder nicht. Sondern die Frage war: Will man so viel Kenntnis dieses gefährlichen Gebiets erwerben, dass man vielleicht in einiger Zeit entscheiden kann, ob Bomben gemacht werden können, ob Energie produziert werden kann?

Von 1945 bis 1946 war Heisenberg mit den anderen führenden Forschern des Uranprojektes in England interniert. Im Nachkriegsdeutschland wurde er 1946 Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik in Göttingen, 1958 wechselte er zum Max-Planck-Institut für Physik in München, was heute auch Werner-Heisenberg-Institut genannt wird. Dessen Direktor war er bis 1970. In der Nachkriegszeit stand Heisenberg Konrad Adenauer nahe, setzte sich für eine verstärkte Kernforschung und für den Bau von Reaktoren ein, lehnte jedoch gleichzeitig eine militärische Nutzung der Kernenergie ab. Gemeinsam mit siebzehn weiteren Physikern (Göttinger Achtzehn) wandte er sich im April 1957 mit dem Göttinger Manifest gegen die geplante atomare Wiederbewaffnung, nachdem sich Bundeskanzler Adenauer und sein Verteidigungsminister Strauß für die Bewaffnung der Bundeswehr mit taktischen Nuklearwaffen der US-Amerikaner ausgesprochen hatten. Heisenberg engagierte sich auch im Tübinger Memorandum, in dem sich 1961 die Unterzeichner gegen eine atomare Bewaffnung und für die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze aussprachen.

Station 6.5: Pascalstraße / Heisenbergstraße / Wohnbebauung
An dieser Stelle sind neun siebengeschossige und ein achtgeschossiges Wohngebäude mit einer Kindertagesstätte geplant. Insgesamt sind das 261 Wohneinheiten, davon sollen 93 Wohnungen mietpreis- und belegungsgebunden sein.

Wir gehen nun ein paar Schritte bis zur Hallerstraße 1:

Station 7: Hallerstraße 1

Station 7.1: Hallerstraße / Herkunft des Namens
Die Hallerstraße wurde am 3.8.1905 nach Albrecht von Haller benannt. Albrecht von Haller wurde 1708 in Bern geboren und starb dort 1777. Er war Mediziner, Botaniker, Wissenschaftspublizist und ein Dichter der Aufklärung. Wegen des breiten Spektrums seiner Fähigkeiten galt Haller als Universalgelehrter. Seine Leistungen auf anatomischem und bibliographischem Gebiet waren für die Medizin von nachhaltiger Bedeutung. Daneben trat Haller als Dichter und Literaturkritiker hervor. Bleibende Bekanntheit erlangte er in diesem Bereich vor allem als Verfasser des Gedichts Die Alpen, aus dem ich gleich noch zwei Strophen zitieren werde.

Albrecht Haller studierte ab 1723 Naturwissenschaften und Medizin in Tübingen. In England, Holland und Frankreich ließ er sich an angesehenen Lehranstalten und Spitälern weiter ausbilden und kehrte 1728 in die Schweiz zurück, um an der Universität Basel Mathematik und Botanik zu studieren. Ab 1729 arbeitete er als praktischer Arzt in Bern, erhielt 1734 die Stelle eines Stadtarztes und wurde 1735 Leiter der Zentralbibliothek Bern. 1736 wechselte er ins Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg an die kurz zuvor gegründete Universität Göttingen auf den Lehrstuhl für Anatomie, Chirurgie und Botanik und legte dort einen botanischen Garten an. Hallers Bedeutung in der Geschichte der Medizin liegt vor allem in seiner Rolle als anatomischer Wissenschaftler begründet. Durch die Präparation von nahezu 400 Leichen gelang es ihm, den Verlauf der Arterien im menschlichen Körper darzustellen. Weitere Studien galten der Strömung des Blutes, dem Aufbau des Knochens und der Embryonalentwicklung. Er ist auch der Begründer der modernen experimentellen Physiologie. In seinem achtbändigen Standardwerk Elementa physiologiae corporis humani (1757–1766), das bis ins 20. Jahrhundert hinein neue Auflagen erlebte, lieferte Haller eine kritische Zusammenstellung des anatomisch-physiologischen Wissens seiner Zeit. Für die Pariser Encyclopédie verfasste Haller ca. 200 Lexikoneinträge von teilweise beträchtlicher Länge zu den Gebieten der Anatomie und Physiologie. Überdies legte er drei medizinische Fachbibliographien an, in denen das gesamte medizinische Schrifttum verzeichnet und kritisch kommentiert war.

Hier nun zwei Strophen aus seinem Gedicht Die Alpen:

[…] Wenn kaum die Lerchen noch den frühen Tag begrüßen
Und uns das Licht der Welt die ersten Blicke gibt,
Entreißt der Hirt sich schon aus seiner Liebsten Küssen,
Die seines Abschieds Zeit zwar haßt, doch nicht verschiebt.
Dort drängt ein träger Schwarm von schwerbeleibten Kühen,
Mit freudigem Gebrüll, sich im betauten Steg;
Sie irren langsam hin, wo Klee und Muttern blühen,
Und mähn das zarte Gras mit scharfen Zungen weg;
Er aber setzet sich bei einem Wasser-Falle
Und ruft mit seinem Horn dem lauten Widerhalle.
Wann der entfernte Strahl die Schatten dann verlängert
Und nun das müde Licht sich senkt in kühle Ruh,
So eilt die satte Schar, von Überfluß geschwängert,
Mit schwärmendem Geblök gewohnten Ställen zu.
Die Hirtin grüßt den Mann, der sie mit Lust erblicket,
Der Kinder muntrer Schwarm frohlockt und spielt um ihn,
Und ist der süße Schaum der Euter ausgedrücket,
So sitzt das frohe Paar zu schlechten Speisen hin.
Begierd und Hunger würzt, was Einfalt zubereitet,
Bis Schlaf und Liebe sie umarmt ins Bett begleitet. […]

Es gab wohl keinen Dichter deutscher Sprache im 18. Jahrhundert, der dieses Gedicht nicht kannte.

Station 7.2: Hallerstraße 1
Hier in der Hallerstraße 1 befand sich früher die Curt Hamelsche Druckerei. Das Gebäude wurde 1925-26 von Ernst Selge gebaut und steht unter Denkmalschutz. Heute ist das Gebäude Sitz des Dienstleistungsunternehmens 4flow. 4flow ist Experte für Logistikberatung und Logistiksoftware und optimiert Logistikprozesse.

Unser nächster Halt ist Porsche. Dazu gehen wir vor bis zur Helmholtzstraße, überqueren diese und gehen über den Parkplatz bis zu Porsche.

Station 8: Franklinstraße 23 / Porsche

Ich begrüße ganz herzlich Herrn Roch, einer der Geschäftsführer der Porschezentren in Berlin, der uns diesen Standort gleich vorstellen wird. Ich werde hier nur etwas zur spannenden Geschichte des Unternehmens sagen.

Ferdinand Porsche wurde am 3. September 1875 in Maffersdorf in Böhmen geboren und starb am 30. Januar 1951 in Stuttgart. 1893, im Alter von 18 Jahren, trat Porsche in die Vereinigte Elektrizitäts-AG Béla Egger in Wien ein. Dort stieg er in vier Jahren vom Mechaniker zum Leiter der Prüfabteilung auf und war unter anderem an der Entwicklung des Egger-Lohner-Elektromobils, auch als Porsche P1 bezeichnet, beteiligt. 1899 wechselte er zu den Lohner-Werken und baute dort das erste Hybridfahrzeug und Allradfahrzeug der Welt, den Lohner-Porsche. 1904 verließ er die Lohner-Werke, da Lohner Porsches Forschungen zu kostspielig wurden. Porsche ging 1906 als Entwicklungs- und Produktionsleiter zu Austro-Daimler in Wien. Dort befasste er sich mit der Entwicklung von Personenfahrzeugen, Flugmotoren und Sportwagen. Bereits 1908 entwickelte er seine ersten Flugmotoren für Luftschiffe und Flugzeuge. Ab April 1923 arbeitete er in Stuttgart als Leiter des Konstruktionsbüros und Vorstandsmitglied der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG). Am 1. Dezember 1930 machte sich Ferdinand Porsche in der Kronenstraße in Stuttgart mit einem eigenen Konstruktionsbüro selbstständig.

Ab 1934 konstruierte das Büro im Auftrag des Reichsverbandes der Automobilindustrie den deutschen Volkswagen, später auch KdF-Wagen bzw. VW Käfer genannt. Dieser Auftrag sowie die daraus folgende Stellung als Konstruktionsbüro der neu gegründeten Volkswagenwerk G.m.b.H., in der Ferdinand Porsche Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Aufsichtsrats war, entwickelte sich zur wirtschaftlichen Basis des Konstruktionsbüros.

Ich überspringe nun die ganze weitere komplizierte Firmengeschichte und übergebe ich das Mikrofon an Herrn Roch, der uns sicher einiges Interessante zu neuen Entwicklungen bei Porsche sagen kann.

Vielen Dank, Herr Roch!

Wir gehen nun ein paar Schritte weiter zum Autohaus Audi schräg gegenüber.

Station 9: Franklinstraße 24 / Audi

Station 9.1: Geschichte von Audi
Ich begrüße ganz herzlich Herrn Müller, den Serviceleiter des Standortes von Audi hier in der Franklinstraße, und Herrn Küchler, den Leiter der Gebrauchtwagenabteilung.

Bevor ich Herrn Müller das Mikrofon übergebe, hier noch ein paar Daten zur Geschichte von Audi.

August Horch, der Unternehmensgründer, wurde 1868 geboren und starb 1951. Nach einer Schmiedelehre bei Benz & Cie. in Mannheim machte er eine Ingenieurausbildung am Technikum Mittweida. Am 14. November 1899 gründete er mit dem Geschäftsmann Salli Herz in der Venloer Straße in Köln die Firma A. Horch & Cie., wo er in einem ehemaligen Pferdestall zunächst Benz-Motorwagen reparierte. Ab Juli 1900 entstand der erste Wagen. Eine Expansion seines Betriebes stieß aber auf räumliche und finanzielle Grenzen. Moritz Bauer aus Plauen beteiligte sich an Horchs Firma, was im März 1901 zum Umzug nach Reichenbach im Vogtland führte. Mit neuen Investoren zog er dann mit seinem Unternehmen nach Zwickau. Am 10. Mai 1904 wurde die August Horch & Cie. Motorwagenwerke AG ins Zwickauer Handelsregister eingetragen. Zwei Jahre später gewann Rudolf Stöss auf einem Wagen von Horch das damals bedeutendste Autorennen. Horch-Automobile zeichneten sich in Folge durch Qualität, Luxus und technischen Fortschritt aus.

Wegen Streitigkeiten mit dem Finanzvorstand musste August Horch die Horch AG verlassen. Er gründete mit befreundeten Investoren 1909 in Zwickau die August Horch Automobilwerke GmbH. Mit seinem ehemaligen Betrieb kam es daraufhin zu einem Rechtsstreit um die Marke „Horch“, den August Horch verlor. Daraufhin übersetzte der Sohn eines Freundes den Namen Horch ins Lateinische und der Markennamen Audi war geboren.

1932 wurde Audi einer von vier Teilen der neuen aus einer mehrjährigen Fusion entstandenen Auto Union AG mit Sitz in Chemnitz. Die vier Ringe in dem Logo von Audi repräsentieren die vier Unternehmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1949 die Auto Union GmbH nun mit Sitz in Ingolstadt neugegründet. Alles Weitere werden Sie nun von Herrn Müller erfahren.

Vielen Dank, Herr Müller, vielen Dank, Herr Küchler!

Station 9.2: Franklinstr. 24 / Vorplatz
Wir sind inzwischen schon an einem großen Komplex in Klinkerbauweise vorbeigekommen und sehen hier gegenüber einen weiteren Komplex und werden in der Franklinstraße 27 noch ein Gebäude dieser Art sehen. Sie gehören alle zur GSG Berlin oder Gewerbesiedlungs-Gesellschaft. Die GSG hat diese Gebäude 1969 gekauft und seit 1975 auch ihren Sitz hier. 1965 gründeten der Berliner Senat, die Industrie- und Handelskammer zu Berlin und die Handwerkskammer Berlin die Gewerbesiedlungs-Gesellschaft. Deren Aufgabe sollte es sein, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen zu fördern und ihnen günstigen Gewerberaum zur Verfügung zu stellen. Hintergrund war, dass nach dem Mauerbau viele Unternehmen Westberlin verließen. Andererseits war es für kleinere Unternehmen schwierig, Gewerberäume zu finden. Die GSG sollte deshalb leerstehende Gewerbeflächen sanieren und Mietinteressenten zur Verfügung stellen. Mit rund 850.000 m² an über 40 Standorten gehört die GSG Berlin inzwischen zu den größeren Anbietern von Büro- und Gewerbeflächen in Berlin. Der Immobilienbestand setzt sich aus Gewerbehöfen in klassischer Industriearchitektur und Mitte der 1990er Jahre errichteten Gewerbeparks zusammen.

Zu den von der GSG sanierten Immobilien gehören u.a. die hier stehenden Gebauer Höfe. Die Fabrikanlagen wurden Ende des 19. Jahrhundert für die Bleicherei und Maschinenfabrik Fr. Gebauer des Industriellen Friedrich Gebauer als Produktions- und Verwaltungsgebäude errichtet. Das älteste Bauwerk des Areals ist ein 1865 erbautes viergeschossiges Gebäude, das von Ludwig Mertens für eine Kalanderanlage konzipiert wurde. Auf Grund des wirtschaftlichen Erfolges wurde die Anlage in den Folgejahren erweitert. Bis 1897 erbaute der Architekt Ernst Gerhardt weitere Fabrikgebäude auf dem Gelände, 1910 bis 1911 kamen dann Fabrik- und Lagerhäuser von den Architekten Julius Lichtenstein und Hermann Enders hinzu. Nach Auflösung der Textilmaschinenfabrik wurden die Gebäudeteile unterschiedlich genutzt.

Die Gebäude in der Helmholtzstraße wurden zwischen 1896 und 1898 im Auftrag von Siemens & Halske als Glühlampenwerk errichtet. 1919 fusionierte die Auer-Gesellschaft mit der AEG und Siemens & Halske, woraus die Osram GmbH wurde. Osram ist ein Kunstwort aus Osmium und Wolfram, den beiden Metallen, aus denen die Glühfäden in der Glühlampe bestehen.

Ab dem Jahr 1990 begann eine umfassende Sanierung des Werkkomplexes durch die GSG. Die GSG erhielt für diese Maßnahmen erhebliche öffentliche Zuschüsse aus der EU und aus Mitteln der regionalen Wirtschaftsförderung. Die Fördermittel werden über niedrigere Mieten an die Gewerbemieter weitergegeben. Das Fabrikareal wird heute als Standort für Unternehmen aus den Bereichen Dienstleistung, Informations- und Kommunikationstechnologien, Kreativwirtschaft, Handwerk, Produktions- und Kleinindustrie genutzt.

Seit 2014 gehört die Gewerbesiedlungs-Gesellschaft mehrheitlich zur CPI Property Group.

Station 10: Franklinstraße 26A

Station 10.1: Franklinstraße / Herkunft des Namens
Die Franklinstraße wurde bereits 1892 nach dem US-amerikanischen Schriftsteller, Politiker und Naturwissenschaftler Benjamin Franklin benannt. Er lebte von 1706 bis 1790 in den Vereinigten Staaten. Mit dem Dekra-TÜV-Gelände, der Fiat-Chrysler-Jeep-Niederlassung, Audi und Porsche in der Franklinstraße, Mercedes, Smart und Harley Davidson am Salzufer ist hier ein Auto- und Motorradzentrum entstanden, wo in unmittelbarer Nachbarschaft ein großes Angebot zu besichtigen ist. Porsche und Audi haben wir ja gerade eben besucht.

Station 10.2: Franklinstraße 25
Wir sind eben an der Franklinstraße 25, einem leer stehenden Klinkerbau, vorbeigegangen. Dort ist der Neubau eines Geschäftsgebäudes geplant. Es sollen Büros und eine Beherbergungsstätte mit 176 Gästezimmern errichtet werden. Bauherr ist ein Unternehmen der Eduard Winter Gruppe. Im Moment wird der Antrag auf Streichung des bestehenden Gebäudes aus der Denkmalschutzliste geprüft.

Station 10.3: Franklinstr. 26a / Motor Village Berlin
Das Motor Village Berlin besteht aus einem Autohaus für Neuwagen und einer Werkstatt im hinteren Bereich. Dort werden vor allem Jeeps, aber auch Fiats, Chrysler und Alfa Romeo verkauft. Der Standort besteht schon seit mehr als 20 Jahren.

Gegenüber ist der Showroom von Volkswagen.

Station 10.4: Franklinstraße 5 / Volkswagen
Da wir heute aber schon in zwei Autohäusern waren, heben wir Volkswagen für einen anderen Kiezspaziergang auf.

Station 11: Franklinstraße 1 / Beiersdorf Manufacturing Berlin

Als erstes begrüße ich ganz herzlich Herrn Frey, den Geschäftsführer der Beiersdorf Manufacturing Berlin. Vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit genommen haben, den Kiezspaziergängern und Kiezspaziergängerinnen Ihr Unternehmen vorzustellen. Bevor ich Ihnen aber das Mikrofon überreiche, möchte ich gerne ein paar Eckdaten von Beiersdorf Manufacturing Berlin nennen, die mich sehr beeindruckt haben.

Beiersdorf Manufacturing Berlin ist seit den 1980-er Jahren hier ansässig und eine eigenständige Tochter der Beiersdorf AG, die ihren Sitz in Hamburg hat. Im Jahr 2016 wurden fast 300 Millionen Einheiten hergestellt, das sind etwa 1 Millon Flaschen pro Tag. Damit ist der Standort hier der zweitgrößte Produktionsstandort von Beiersdorf. Es werden unter anderem Duschbäder, Shampoos und Spülungen der Marke NIVEA für alle europäischen Länder hergestellt. 15 bis 18 LKWs verlassen täglich das Werksgelände. Diese Arbeit wird von mehr als 250 Beschäftigten in über 20 verschiedenen Berufen erledigt. Bei Beiersdorf Manufacturing Berlin kann man vier verschiedene Berufe lernen.

Die Rezepte der Kosmetika sind natürlich streng geheim!

Jetzt übergebe ich das Mikrofon an Herrn Frey, der uns Weiteres zu diesem Standort sagen wird.

Vielen Dank, Herr Frey!

Station 12: Marchbrücke

Station 12.1: Marchbrücke / Herkunft des Namens
Die Marchbrücke wurde 1912 von A. Bredtschneider und Heinrich Seeling gebaut. Sie ist heute ein Baudenkmal und ist nach dem Tonwarenfabrikant Ernst March benannt, der uns schon mehrfach begegnet ist. Die Fabrik lag auf der linken Seite der Marchstraße, wo heute das Fraunhofer-Institut Heinrich-Hertz-Institut ist.

Station 12.2: Marchbrücke / Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut (HHI)
Das Heinrich-Hertz-Institut an der linken Ecke der Marchstraße gehört ebenfalls zu den Fraunhofer-Instituten, und zwar forscht es im Bereich der Nachrichtentechnik. Innovationen für die digitale Gesellschaft stehen im Mittelpunkt der Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Dabei ist das Institut, wie es selbst schreibt [ich zitiere:]

bq. führend in der Erforschung von mobilen und optischen Kommunikationsnetzen und -systemen, faseroptischen Sensorsystemen sowie der Kodierung von Videosignalen und der Bilddatenverarbeitung. Gemeinsam mit internationalen Partnern aus Forschung und Industrie arbeitet das Fraunhofer HHI im gesamten Spektrum der digitalen Infrastruktur – von der grundlegenden Forschung bis hin zur Entwicklung von Prototypen und Lösungen. Das Institut trägt signifikant zu den Standards für Informations- und Kommunikationstechnologien bei und schafft neue Anwendungen als Partner der Industrie.

Station 12.3: Marchbrücke / Marchstraße 23
Das Gebäude rechts wurde 2012 gebaut. Bauherr war NDC Marchstraße GmbH. Die Größe beträgt knapp 20.000 m². Die Technische Universität ist Mieter des Gebäudes, der Mietvertrag läuft über 20 Jahre, danach besteht eine Kaufoption zum Verkehrswert. Die TU plant bis 2035 alle Mietobjekte aufzugeben.

In dem Gebäude ist u.a. das Institut für Psychologie und Arbeitswissenschaft untergebracht. Dieses hat eine lange Tradition, denn bereits 1920 wurde an der „Königlich Technischen Hochschule zu Berlin ein Institut für Psychotechnik gegründet. Das Ziel war die Anwendung psychologischer Erkenntnisse auf Probleme des Arbeitslebens. Heute wird die Arbeit des Instituts durch die starken technologischen Veränderungen in der Arbeitswelt bestimmt. So wird ein neuer Masterstudiengang mit dem Namen Human Factors angeboten. Dies ist ein interdisziplinärer Studiengang für Studierende mit einem ersten Studienabschluss in Psychologie, Kognitionswissenschaft, Informatik oder einem ingenieurwissenschaftlichen Fach. Alle Fachgebiete des Institutes sind an diesem Studiengang beteiligt.

Ein weiteres Fach in dem Gebäude ist die Arbeitslehre / Technik und Partizipation. Hier werden Lehramtsstudierende auf die Unterrichtung des Fachs Wirtschaft-Arbeit-Technik vorbereitet, zudem werden Produktions- und Fertigungsverfahren untersucht. Im Fach Arbeitslehre kann sowohl der Bachelor als auch der Master erworben werden. Für die praktische Ausbildung stehen Elektro-, Holz, Kunststoff- und Metallwerkstätten zur Verfügung.

Hier endet unser Kiezspaziergang. Ich erinnere noch einmal an Zeit- und Treffpunkt unseres nächsten Spaziergangs. Es ist Samstag, der 11.2.2017, um 14 Uhr auf dem Breitscheidplatz zwischen Gedächtniskirche und Budapester Straße. Ich wünsche allseits noch ein schönes Wochenende und einen guten Nachhauseweg. Tschüss, bis zum nächsten Mal!

Quellen: