Kiezspaziergang am 11.3.2006

Vom Henriettenplatz zum Johannaplatz

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen beim Start am Henriettenplatz, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen beim Start am Henriettenplatz, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

Sehr geehrte Damen und Herren!

Herzlich willkommen zu unserem März-Kiezspaziergang. Der März ist für uns immer der Monat des Frauenfrühlings, rund um den Internationalen Tag der Frau am 8. März. Der Frauenfrühling findet bei uns unabhängig vom Wetter statt. Deshalb wollen wir uns auch in diesem Jahr im März vor allem bedeutenden Frauen unseres Bezirks widmen, und wir wollen wie versprochen wieder durch Kieze in Wilmersdorf gehen, das wir im letzten Jahr wegen des Jubiläums “300 Jahre Charlottenburg” etwas vernachlässigt haben.
Vorab wie gewohnt die Ankündigung unseres nächsten Kiezspazierganges: Die Intendantin des Rundfunks Berlin Brandenburg, Dagmar Reim, hat uns eingeladen, das Haus des Rundfunks zu besichtigen, das in diesem Jahr sein 75jähriges Jubiläum feiert und im letzten Jahr saniert wurde. Zuvor wollen wir aber auch wieder spazieren gehen. Deshalb treffen wir uns am Sonnabend, dem 8. April, um 14.00 Uhr auf dem Sophie-Charlotte-Platz am U-Bahn-Ausgang Sophie-Charlotte-Platz. Und wir werden von dort über den Kaiserdamm zum RBB und zum Haus des Rundfunks gehen. Auch am Kaiserdamm gibt es viel zu entdecken.
Heute treffen wir zunächst auf die Namensgeberin dieses Platzes, Luise Henriette, Kurfürstin von Brandenburg. Von hier aus werden wir zur Melli-Beese-Anlage gehen, wo eine Skulptur an die erste deutsche Fliegerin erinnert. In der Villenkolonie Grunewald werden wir dann unter anderem die früheren Villen der Frauenrechtlerin Helene Lange und der weltberühmten Opernsängerin Lilli Lehmann sehen und den Johannaplatz erreichen, der nach der Frau des Reichskanzlers Bismarck benannt ist. Aber natürlich werden wir auch die bedeutenden Männer, die uns unterwegs begegnen werden, nicht links liegen lassen.
Da wir uns heute von Halensee nach Grunewald bewegen, möchte ich zunächst einige allgemeine Erläuterungen zu diesen beiden Ortsteilen geben, und da ihre Entstehung eng mit dem Kurfürstendamm zusammenhängt, auch kurz auf die Geschichte des Kurfürstendammes eingehen, auch wenn wir uns schon bei einigen früheren Kiezspaziergängen mit dem Kurfürstendamm beschäftigt haben.
Der Stadtteil Halensee ist kein ursprünglicher Ortsteil. Halensee hat keine eigene Geschichte als selbständige Gemeinde wie zum Beispiel Schmargendorf oder Grunewald. Die Bezeichnung Halensee für die Gegend rund um das westliche Ende des Kurfürstendammes ist entstanden, als der Kurfürstendamm seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts ausgebaut wurde. Natürlich stammt der Name von dem nahegelegenen Halensee. Dieser See wiederum gehört überwiegend zur Villenkolonie Grunewald, nicht zum Stadtteil Halensee.
Der Kurfürstendamm wurde als Knüppeldamm angelegt, als 1542 das Jagdschloss Grunewald gebaut wurde. Er diente den kurfürstlichen Reitern als Verbindungsweg vom Berliner Schloss über die Linden durch den Tiergarten in den Grunewald.
Die Initiative zum Ausbau des Kurfürstendammes ging aus vom damaligen Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck. Er schrieb am 5. Februar 1873 an den Geheimen Kabinettsrat von Wilmowski:
“Die Straße am Kurfürstendamm wird nach den jetzt bestehenden Absichten viel zu eng werden, da dieselbe voraussichtlich ein Hauptspazierweg für Wagen und Reiter werden wird. Denkt man sich Berlin so wie bisher wachsend, so wird es die doppelte Volkszahl noch schneller erreichen, als Paris von 800.000 Einwohnern auf 2.000.000 gestiegen ist. Dann würde der Grunewald etwa für Berlin das Bois de Boulogne und die Hauptader des Vergnügungsverkehrs dorthin mit einer Breite wie die der Elysäischen Felder durchaus nicht zu groß bemessen sein.”
1875 wurde die zukünftige Breite des Kurfürstendammes per Kabinettsordre auf 53m festgelegt. Das ist zwar nur knapp halb so breit wie die Champs-Èlysées, aber es wurde dann beim Ausbau der Straße präzise eingehalten. Bismarck legte besonderen Wert darauf, dass in der Mitte ein Reitweg erhalten blieb.
Der Ausbau scheiterte zunächst an den fehlenden Finanzen. Schließlich wurde ein Unternehmens-Konsortium gebildet, die Kurfürstendamm-Gesellschaft. Sie erhielt 234 ha Grunewald zum Ausbau einer Villenkolonie als Gegenleistung für den Ausbau des Knüppeldamms zum Boulevard.
1877 wurde der S-Bahnhof Halensee eröffnet, damals noch unter dem Namen Bahnhof “Grunewald”.
Seit 1883 wurde der Kurfürstendamm auf 53m Breite ausgebaut, am 5.5.1886 wurde die Dampfstraßenbahnlinie Zoo-Kurfürstendamm-Grunewald eröffnet. Weil sie direkt neben dem Reitweg entlang fuhr, musste sie pferdefreundlich leise sein. Bismarck persönlich hatte sich davon überzeugt.
1889 wurde dann am Ende des Kurfürstendammes die Villenkolonie Grunewald angelegt. Am Kurfürstendamm entlang waren zwar auch schon einige Villen entstanden. Diese mussten aber fast alle wieder abgerissen werden, weil jetzt, am Ende des 19. Jahrhunderts große Miethäuser gebaut wurden.
Wie es am Ende des 19. Jahrhunderts hier aussah, das hat Theodor Fontane sehr schön beschrieben. Er veröffentlichte 1891 seinen Roman “Jenny Treibel”. Hier spielt das gerade eröffnete “Wirtshaus am Halensee” eine wichtige Rolle als Ziel einer Landpartie. Für Corinna, die Tochter des Professors Schmidt, die mit Leopold, dem Sohn der Kommerzienratsfamilie Treibel, eine gemeinsame Zukunft plant, klingt “ein Nachmittag in Halensee fast so poetisch wie vier Wochen auf Capri”…
Fontane beschreibt zunächst die Verkehrsmittel, mit denen die Ausflügler anreisen, und dann die Landschaft aus der Turmperspektive:
“Und wirklich, um vier Uhr war alles versammelt, oder doch fast alles. Alte und junge Treibels, desgleichen die Felgentreus, hatten sich in eigenen Equipagen eingefunden, während Krola … aus nicht aufgeklärten Gründen die neue Dampfbahn, Corinna aber … die Stadtbahn benutzt hatte. “Nun, liebe Freunde,” nahm Treibel das Wort, “alles nach der Ordnung. Erste Frage, wo bringen wir uns unter? Wir haben verschiedens zur Wahl. Bleiben wir hier Parterre, … oder rücken wir auf die benachbarte Veranda hinauf … Oder endlich,… sind Sie für Turmbesteigung und treibt es Sie, diese Wunderwelt, in der keines Menschen Auge bisher einen frischen Grashalm entdecken konnte, treibt es Sie, sage ich dieses von Spargelbeeten und Eisenbahndämmen durchsetzte Wüstenpanorama zu Ihren Füßen ausgebreitet zu sehen?”
Um 1890 müssen Sie sich also die Gegend hier als ein von Spargelbeeten und Eisenbahndämmen durchsetztes Wüstenpanorama vorstellen. Danach aber ging es ganz schnell. Aus dem Knüppeldamm wurde innerhalb weniger Jahre ein Großstadtboulevard und aus der Gegend hier die City-Filiale Berlins wie man damals sagte. 1904 wurden aus dem “Wirtshaus am Halensee” die “Terrassen am Halensee”, 1910 dann der “Lunapark”. Es war ein riesiger Vergnügungspark. Sein Lärm war in ganz Halensee zu hören. Zeitweise gab es an jedem Abend zum Abschluss ein großes Feuerwerk. Der Eingang befand sich unweit des heutigen Rathenauplatzes. 1935 musste der Lunapark einem Autobahnzubringer Richtung Olympiastadion weichen.

Bahnhof Halensee
Der Bahnhof Halensee wurde wie bereits erwähnt 1877 als Bahnhof “Grunewald”, eröffnet, 1884 in “Bahnhof Halensee”, umbenannt, 1894 weiter östlich an die heutige Stelle verlegt und umgebaut. 1960 wurde ein Neubau im Pavillonstil errichtet. Bald nach dem Mauerbau wurde der Bahnhof stillgelegt. 1985 eröffnet Opel Hesse in dem Pavillon einen Autosalon. 1993 hat die Bahn beschlossen, den Bahnhof ohne Empfangshalle zu betreiben und das Gebäude abgerissen.

Henriettenplatz, 11.3.2006, Foto: KHMM

Henriettenplatz, 11.3.2006, Foto: KHMM

Henriettenplatz
Der Platz erhielt seinen Namen 1892 nach der Gemahlin von Friedrich-Wilhelm, dem Großen Kurfürsten, Luise Henriette, Kurfürstin von Brandenburg, geborene Prinzessin von Oranien-Nassau. Sie wurde 1627 in Den Haag geboren und starb im Alter von 40 Jahren 1667 in Cölln in der Doppelstadt Berlin-Cölln. Sie heiratete mit 19 Jahren 1646 den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Der dritte Sohn aus dieser Ehe, Friedrich, wurde 1688 Kurfürst von Brandenburg und 1701 König in Preußen. Er gründete 1705 zu Ehren seiner früh verstorbenen Gattin Sophie Charlotte die Stadt Charlottenburg. Aber diese Geschichte kennen wir aus dem Jubiläumsjahr “300 Jahre Charlottenburg” 2005.
Zurück zu Luise Henriette. Sie ließ 1652 nördlich von Berlin ein Schloss im holländischen Stil bauen und gab ihm den Namen Oranienburg. Nach ihm erhielt später die Stadt Oranienburg ihren Namen. Luise Henriette förderte die Einwanderung holländischer Kolonisten nach Berlin und Brandenburg. Sie ist in der Gruft des Berliner Doms bestattet.
Zur 750-Jahr-Feier Berlins 1987 wurde von niederländischen Unternehmen eine Gedenksäule für Luise Henriette in Form eines kleinen Obelisken gestiftet und auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes aufgestellt. An der Stele sind Reliefs von Luise Henriette und ihrem Gemahl, dem Großen Kurfürsten, angebracht.
Zur 750-Jahr-Feier Berlins wurde der gesamte Henriettenplatz im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs neu gestaltet den Säulenkolonaden mit der BVG-Wartehalle von Heinz Mack und einem Obelisk ebenfalls von Heinz Mack auf der anderen Straßenseite. Dieser Obelisk entspricht dem Leuchtobelisken am Europa-Center. Er stammt ebenfalls von Heinz Mack.
Zur 750-Jahr-Feier Berlins wurden auch die teuren, verschnörkelten Hardenberg-Leuchten entlang des gesamten Kurfürstendammes aufgestellt. Die Original-Straßenlampen waren sehr viel schlichter. Sie wurden im Krieg zerstört und in den 50er Jahren durch Peitschenlampen ersetzt. Die jetzigen Lampen wurden nach dem Vorbild der früheren Straßenlampen an der Hardenbergstraße hergestellt. Deshalb der Name “Hardenberg-Leuchten”.

Medusenbrunnen, Foto: KHMM

Medusenbrunnen, Foto: KHMM

1987 wurde auch der Medusenbrunnen von Anna und Patrick Poirier auf dem Henriettenplatz aufgestellt. Er bezieht sich auf die Gestalt der Medusa aus der griechischen Mythologie. Medusa ist der Name zweier Gestalten der griechischen Mythologie. Die erste ist eine der Hesperiden, die die Goldenen Äpfel hüteten. Die zweite, bekanntere, auf die sich auch unser Brunnen bezieht, war eine Gorgone, die Tochter der Meeresgottheiten Phorkys und Keto, sowie die Schwester von Stheno und Euryale. Sie war die einzig sterbliche der drei Gorgonen.
Ursprünglich war Medusa schön. Als Pallas Athene sie jedoch bei einer Buhlschaft mit Poseidon in einem ihrer Tempel überraschte, wurde sie von der erzürnten Athene in jene Gestalt verwandelt, als die sie gefürchtet war: Ein geflügeltes Ungeheuer mit Schlangenhaaren, langen Eckzähnen, einem Schuppenpanzer, Flügeln, glühenden Augen und heraushängender Zunge. Das Gesicht der Medusa war so hässlich, dass jeder sofort zu Stein erstarrte, der sie sah. Dass sie darüber nicht glücklich war, können wir uns vorstellen. Deshalb kullern im Sommer über den aus dem Henriettenplatz hervorwachsenden Kopf der Medusa die Tränen, die sich um sie herum in ein Planschbecken ergießen, das vor allem die Kinder mögen.

Kurfürstendamm 130
Das Eckhaus an der Ecke Kurfürstendamm und Westfälische Straße wurde ebenfalls zur 750-Jahr-Feier 1987 restauriert und mit einer neuen, transparenten Kuppel versehen. Ursprünglich hatten alle Eckhäuser am Kurfürstendamm Türme, Türmchen oder Kuppeln.

Westfälische Straße
Die Westfälische Straße ist so etwas wie die Hauptstraße von Halensee, und sie ist eine der erfolgreichen Einkaufsstraßen in unserem Bezirk.
Die Geschäftsleute haben hier vor einigen Jahren eine Interessengemeinschaft gegründet, die sehr erfolgreich ist. Im letzten Jahr wurde das 100jährige Jubiläum der Straße gefeiert. Auch in diesem Jahr wird die IG Westfälische Straße wieder ein großes Fest veranstalten, und zwar am 9. September unter dem Motto “Ein Fest in unserer Straße – die Westfälische wird 100 1 Jahre”. Vorsitzender der IG ist Herr Koch von Blumen-Koch. Sein Geschäft wurde als eines von fünf Blumengeschäften in Deutschland mit 5 Sternen ausgezeichnet.

Aufbruch vom Henriettenplatz

Aufbruch vom Henriettenplatz

Kurfürstendammbrücke
Die erste Kurfürstendammbrücke wurde 1894 in Dienst gestellt. Schließlich wollten die Grunewalder ihre Villenkolonie auch auf direktem Weg über den Kurfürstendamm erreichen. Die Brücke wurde Ende der 50er Jahre abgerissen und durch einen kompletten Neubau ersetzt. Die neue Stahlverbundbrücke mit einer Länge von 75 Metern und einer Breite von 32 Metern wurde abschnittsweise gebaut und im September 1963 eröffnet.
Der Kurfürstendamm ist hier 12 m höher als an der Gedächtniskirche. Von der Brücke hat man einen schönen Blick nach Charlottenburg mit dem ICC im Norden und nach Wilmersdorf mit dem Kraftwerk und BfA-Gebäude aus Alluminium im Süden. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gibt es übrigens nicht mehr. Sie heißt jetzt Deutsche Rentenversicherung DRV Bund.

Halenseegraben, Foto: KHMM

Halenseegraben, Foto: KHMM

Hier im Süden sehen wir im Halenseegraben den früheren Güterbahnhof Halensee, der zur Zeit in der kommunalpolitischen Diskussion ist. Es gibt Pläne der Lutz-Neubert-Gruppe, auf dem Gelände zwei große Möbelmärkte zu errichten. Das Projekt ist in der BVV umstritten. CDU und B90/Grüne sind dagegen, SPD, FDP und die Linke sind mit Einschränkungen dafür. Ich denke, es gibt gute Argumente für beide Haltungen, und alle sind sich darin einig, dass ein Projekt dieser Größenordnung zu großen Veränderungen in diesem Gebiet führen würde. Die Frage ist, ob die positiven oder die negativen Auswirkungen überwiegen.
Kurz vor der Maueröffnung war Ende der 80er Jahre überlegt worden, das Bahngelände hier in Halensee komplett zu überbauen. Der Halenseegraben sollte mit einer Art Deckel versehen werden, auf dem dann 1.400 Wohnungen entstehen sollten. 1,5 Milliarden DM hat man damals für eine solche Baumaßnahme kalkuliert. West-Berlin konnte sich nicht in die Fläche ausdehnen. Deshalb suchte man solche Möglichkeiten, zusätzliche Baumöglichkeiten zu schaffen. Mit dem Fall der Mauer wurden diese Pläne zu den Akten gelegt.
Jetzt wird im Zusammenhang mit dem Möbelhausprojekt eine Deckelung der Stadtautobahn erwogen, was zu einer Verringerung des Verkehrslärms und der Abgase führen könnte.
Für ein großes Investitionsprojekt an dieser Stelle spricht die günstige Verkehrslage an der Autobahn und S-Bahn. Außerdem verhindern Möbelhäuser in der Innenstadt, dass die Menschen zu den großen Einkaufszentren am Stadtrand fahren.
Wichtig ist allerdings, dass das bestehende Gewerbe auf Güterbahnhofsgelände und rund um die Westfälische Straße nicht verdrängt wird. Ein Bürgerbündnis bereitet gerade zu dieser Bebauungsfrage ein Bürgerbegehren vor.

Kurfürstendamm 119/120, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 119/120, Foto: KHMM

Kurfürstendamm 119/120
Hier baute der New Yorker Stararchitekt Helmut Jahn 1993 für 70-Millionen einen viel beachteten Neubau. Noch spektakulärer allerdings wurde das ebenfalls von Helmut Jahn gebaute Neue Kranzlereck 1998 bis 2000.

Schwarzbacher Straße
Die Schwarzbacher Straße erhielt ihren Namen 1958 im Zusammenhang mit dem Bau der Stadtautobahn. Dadurch wurde der nördliche Abschnitt der Friedrichsruher Straße abgetrennt und neu benannt. Schwarzbach heißt heute Czarne und ist ein Heilbad im Isergebirge in Niederschlesien in Polen.

Storkwinkel Ecke Schwarzbacher Straße: Melli-Beese-Anlage
Der Storkwinkel wurde 1960 nach Friedrich Stork benannt. Er lebte von 1846 bis 1897 und war von 1892 bis zu seinem Tod Amts- und Gemeindevorsteher von Wilmersdorf. Auch diese Straße verdankt ihre Existenz dem Bau der Stadtautobahn. Aus der Hobrechtstraße und Teilabschnitten der Humboldtstraße und der Kunz-Buntschuh-Straße wurde die Straße Storkwinkel gebildet. Sie sehen: An der Grenze zwischen Halensee und Grunewald hat der Bau der Stadtautobahn für tiefgreifende Veränderungen gesorgt.

Melli-Beese-Anlage, Foto: KHMM

Melli-Beese-Anlage, Foto: KHMM

Der Gedenkstein und die Skulptur für Melli Beese in der Grünanlage wurde am 1.5.1971 enthüllt.
Der Tafeltext lautet:
Amelie Beese
Erste deutsche Fliegerin.
1886 –1925

Die am 13.9.1886 in Laubegast bei Dresden geborene Amelie Beese kam 1910 nach Berlin-Johannisthal, wo sie ein Jahr später mit einer Rumpler-Taube als erste Frau in Deutschland ihren Pilotenschein machte. Sie gewann alle wichtigen Preise und flog bereits 1912 mit 625 m einen Höhenweltrekord. 1912 gründete sie zusammen mit ihrem späteren Ehemann Charles de Boutard in Johannisthal eine Flugschule und Flugzeugfabrik, in der die von ihr entworfene Melli-Beese-Taube gebaut wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg machte ihre Karriere einen Knick, und auch die Geschäfte ihrer Flugzeugfabrik gingen schlecht. Möglicherweise war das der Grund, weshalb sie am 21.12.1925 in Berlin den Freitod wählte. 1975 erhielt sie ein Ehrengrab auf dem landeseigenen Friedhof Schmargendorf. Im Bezirk Treptow-Köpenick gibt es eine Melli-Beese-Grundschule.

Wangenheimsteg
Der Wangenheimsteg führt uns von Halensee in die Villenkolonie Grunewald. Wie schon erwähnt wurde sie im Zusammenhang mit dem Ausbau des Kurfürstendammes zum Boulevard angelegt. 1889 entstand sie auf 234 ha Grunewaldgelände. Das für die Villenkolonie vorgesehene sumpfige Waldgelände wurde zunächst trockengelegt, wodurch die künstlich angelegten Grunewaldseen Diana-, Koenigs-, Hertha- und Hubertussee entstanden.1899 wurde die Kolonie zur selbständigen Amtsgemeinde, 1920 als Bestandteil des Bezirks Wilmersdorf nach Berlin eingemeindet. Im September 2004 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg-Wilmersdorf, Grunewald als einen von 7 Ortsteilen des Bezirks auszuweisen. Diese Einteilung in Ortsteile hat allerdings lediglich verwaltungsintern Bedeutung.
Erstaunlicherweise hat sich der nordöstliche Teil der Villenkolonie um die Wangenheimstraße als “Professorenviertel” herausgebildet. Hier haben sich besonders viele Wissenschaftler, Philosophen, Künstler und Musiker angesiedelt, die den Professorentitel trugen, darunter die Familien von Harnack, Delbrück, Bonhoeffer und Planck, Karl Abraham, Lilli Lehmann und Fritz Mauthner. Einigen von ihnen werden wir in Form von Gedenktafeln an ihren Häusern begegnen. Der bedeutende Theologe und Religionswissenschaftler Adolf von Harnack und der Historiker Hans Delbrück ließen sich Villen in der Kunz-Buntschuh-Straße 2 und 4 bauen. Diese Parzellen wurden zugunsten des Autobahnbaues eingeebnet.
In anderen Teilen der Villenkolonie, vor allem an den begehrten Seegrundstücken, dominieren die Bankiers, Politiker, Schriftsteller und Journalisten.

Kunz-Buntschuh-Straße
Die Kunz-Buntschuh-Straße erhielt ihren Namen 1898 nach dem sächsischen Baumeister Kunz Buntschuh, der vermutlich von 1500 bis 1559 lebte. Über ihn ist wenig bekannt. Er soll mit Caspar Theyß beim Umbau der Berliner Burg zum Schloss und beim Bau des Jagdschlosses Grunewald beteiligt gewesen sein. Deshalb wurde er hier auch in der Nähe der Caspar-Theyß-Straße verewigt.

Vor dem Haus Kunz-Buntschuh-Str.7, Foto: KHMM

Vor dem Haus Kunz-Buntschuh-Str.7, Foto: KHMM

Nr.7
Ehemalige Gedenktafel für Helene Lange
Hier wurde 1989 eine Gedenktafel aus dem Programm Berliner Gedenktafel angebracht. Leider musste sie vor einigen Jahren beim Umbau der Fassade entfernt werden und ging dabei entzwei. Bisher konnte sie nicht wieder ersetzt werden. Auf der Tafel stand folgender Text:
In dem Haus, das früher hier stand,
lebte von 1901 bis 1916
Helene Lange
9.4.1848 – 13.5.1930
Pädagogin, Vorkämpferin der bürgerlichen Frauenbewegung.
Bewirkte die Zulassung von Frauen zu Abitur und Hochschulstudium.
1890 Mitbegründerin des “Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins”.
Publizierte mit ihrer Lebensgefährtin Gertrud Bäumer
das “Handbuch der Frauenbewegung”.
Helene Lange, eine der bedeutendsten Vertreterinnen der bürgerlichen Frauenbewegung, wurde 1848 als Tochter einer liberalen Oldenburger Kaufmannsfamilie geboren. Sie verlor früh ihre Eltern und arbeitete seit1866 als Erzieherin im Elsaß und bei einer Bankiersfamilie in Osnabrück. Nachdem sie volljährig geworden war, ging sie 1871 nach Berlin, um hier das Lehrerinnenexamen abzulegen.
1887 nahm sie den öffentlichen Kampf um die Reformierung der Mädchenbildung auf. Sie forderte eine Verwissenschaftlichung der Lehrerinnenausbildung und eine größere Beteiligung von Frauen am Unterricht in den höheren Mädchenschulen, den bis dahin fast ausschließlich Männer bestritten. Eine entsprechende Petition an das Preußische Unterrichtsministerium hatten übrigens auch Hans Delbrück und Adolf Harnack unterschrieben, die hier in unmittelbarer Nachbarschaft von Helene Lange wohnten.
1889 richtete Helene Lange an der Berliner Charlottenschule die ersten Realkurse für Mädchen ein.
1901 verließ Helene Lange ihre Stadtwohnung in Tiergarten und bezog zusammen mit ihrer Lebensgefährtin, der 25 Jahre jüngeren Studentin Gertrud Bäumer, eine Dachgeschosswohnung in der damaligen Gillstraße 9, heute Kunz-Buntschuh-Straße 7. Hier erarbeiteten die beiden Frauen das 5bändige “Handbuch der Frauenbewegung” und gaben seit 1893 die Monatsschrift “Die Frau” heraus. Zusammen mit Gertrud Bäumer zog Helene Lange 1916 nach Hamburg, wo sie im März 1919 in die Bürgerschaft gewählt wurde. 1920 kehrte sie nach Berlin zurück. 10 Jahre später starb sie. Sie liegt auf dem Friedhof Heerstraße in Charlottenburg begraben.
Gertrud Bäumer machte eine fragwürdige politische Karriere. Sie wurde Mitglied des Reichstages und 1926 Ministerialrätin im Reichsministerium des Inneren. Obwohl sie 1933 wegen “nationaler Unzuverlässigkeit” aus ihrem Ministerium entlassen wurde, plädierte sie für den Übertritt des “Bundes Deutscher Frauenvereine” in die NS-Frauenschaft und begründete dies damit, “dass der Nationalsozialismus vieles erstrebt, was uns Frauen, insbesondere den berufstätigen, am Herzen liegt.” Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie Mitbegründerin der FDP, wechselte aber später zu CDU über.

Humboldtstraße
Die Humboldtstraße wurde 1900 nach dem Forschungsreisenden und Geographen Alexander von Humboldt benannt, der von 1769 bis 1859 gelebt hatte. Zuvor hatte sie Boothstraße geheißen, 1892 benannt nach dem aus Schottland stammenden Baumschulenbesitzer und Unternehmer John Booth, der von 1836 bis 1909 lebte und an der Entwicklung des Kurfürstendammes und der Villenkolonie Grunewald maßgeblichen Anteil hatte. John Booth war mit Bismarck befreundet und entwarf die Pläne für die Bebauung des Kurfürstendammes mit Villen, die allerdings dann schnell durch große Mietshäuser abgelöst wurden. Auch für die Villenkolonie Grunewald war Booth an der Landschaftsplanung beteiligt.

Nr. 13
Das Haus wurde 1896 von Robert Borchert für Gustav Wuthenow gebaut. Es handelt sich dabei um eines der Mietwohnhäuser, die mit “villenartigen” Fassaden versehen wurden, um sie der umgebenden Bebauung anzugleichen. Die Grundrisse und ein Zentrales Treppenhaus dieses so genannten Mittelflügelhauses folgen dem Vorbild der städtischen Mietshäuser.

Kunz-Buntschuh-Str.11, Foto: KHMM

Kunz-Buntschuh-Str.11, Foto: KHMM

Kunz—Buntschuh-Straße
Nr.11
Dieses Landhaus, das 1891 von Carl Lange für den Hofrat Albert Bauer errichtet wurde, ist das einzige gut erhaltene Gebäude in diesem vom Zweiten Weltkrieg stark betroffenen Umfeld. Das Haus gehört mit seiner Vielgestaltigkeit und seinen reich dekorierten Klinkerfassaden zu den herausragenden Beispielen seiner Art. Auffällig ist die Farbigkeit seiner Baumaterialien: rot die Steine, grün die gefassten Holzteile und braun die Glasurklinker.

Humboldtstraße
Nr.12
Hier im “Humboldtschlösschen” residiert seit 34 Jahren das Sozialwerk Berlin mit seinem Altenselbsthilfe- und Beratungszentrum. Die Vorsitzende Käte Tresenreuter hat gerade ihren 82. Geburtstag gefeiert und leitet ihr Werk nach wie vor mit großem Engagement.

Wangenheimstraße
Die Wangenheimstraße erhielt ihren Namen 1891 nach dem preußischen Landwirt und Politiker Ulrich Conrad Freiherr von Wangenheim. Er wurde 1849 in Neu-Lobitz in Pommern geboren und starb 1926 in Klein-Spiegel. Die Straße wurde also nach ihm benannt, als er 42 Jahre alt war und noch 35 Jahre vor sich hatte. Eine Straßenbenennung nach einem lebenden Politiker wäre heute undenkbar.
Wangenheim hat sich Verdienste erworben um die Entwicklung der Moorkultur. 1893 war er Mitbegründer des Bundes der Landwirte und von 1898 bis 1920 Vorsitzender. Als Deutschkonservativer war er von 1898 bis 1903 Mitglied des Reichstages.

Wangenheimstr.14, Gedenktafel für Karl und Dietrich Bonhoeffer, Foto: KHMM

Wangenheimstr.14, Gedenktafel für Karl und Dietrich Bonhoeffer, Foto: KHMM

Nr.14
Gedenktafel für Fam. Bonhoeffer
Diese Gedenktafel wurde 1988 angebracht. Es war eine der ersten KPM-Porzellantafeln aus dem damals von der Berliner Sparkasse gestifteten Programm Berliner Gedenktafel. Der Text lautet:
Hier lebte von 1916 bis 1935
die Familie Bonhoeffer
Karl Bonhoeffer
31.1.1868 – 4.2.1948
Psychiater und Neurologe
Dietrich Bonhoeffer
4.2.1906 – 9.4.1945
Evangelischer Theologe. Aktiv im Widerstand,
im KZ Flossenbürg hingerichtet.
Der Psychiater und Neurologe Karl Bonhoeffer war 1912 auf den Lehrstuhl für Psychiatrie an der Berliner Charité berufen worden. Hier in seinem Wohnhaus betrieb er seit 1916 auch seine psychiatrische Praxis, bis er im Oktober 1935 mit seiner Familie in die Marienburger Allee in Charlottenburg übersiedelte. Dort und hier in der Wangenheimstraße fanden mit Billigung und Unterstützung der Eltern die ersten konspirativen Sitzungen der Söhne und Schwiegersöhne Klaus und Dietrich Bonhoeffer, Hans von Dohnanyi, Rüdiger Schleicher und ihres Freundes Justus Delbrück statt. Auch die mit Hans von Dohnanyi verheiratete Tochter Christine nahm aktiv an der Widerstandsarbeit teil.
Nach seiner Emeritierung 1936 blieb Bonhoeffer auf Wunsch seiner Kollegen noch zwei Jahre an der Charité. Sie befürchteten die Nachfolge eines Nationalsozialisten. 1938 hielt er seine Abschiedsvorlesung. Zu seinem 75. Geburtstag im März 1943 wurde er von den Nationalsozialisten durch die Verleihung der Goethe-Medaille hoch geehrt. Nur wenige Tage später, im April 1943, wurden sein Sohn Dietrich Bonhoeffer und Hans von Dohnanyi und im Oktober 1944 schließlich auch Klaus Bonhoeffer und Schwiegersohn Rüdiger Schleicher verhaftet. Alle vier wurden kurz vor Kriegsende als Widerstandskämpfer von den Nationalsozialisten ermordet. Karl Bonhoeffer schrieb darüber an einen ehemaligen Assistenten:
“Dass wir viel Schlimmes erlebt und zwei Söhne und zwei Schwiegersöhne durch die Gestapo verloren haben, wissen Sie…. Die Jahre hindurch stand man unter dem Druck der Sorge um die Verhafteten und die noch nicht Verhafteten, aber Gefährdeten. Da wir alle aber über die Notwendigkeit zu handeln einig waren und meine Söhne auch sich im Klaren waren, was ihnen bevorstand im Falle des Misslingens des Komplotts, und mit dem Leben abgeschlossen hatten, sind wir wohl traurig, aber auch stolz auf ihre geradlinige Haltung.”
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Karl Bonhoeffer nochmals für zwei Jahre als Psychiater tätig. Er übernahm mit 78 Jahren von 1946 bis zu seinem Tod 1948 das Amt des Dirigierenden Arztes an den Wittenauer Heilstätten, der heutigen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik.
Dieterich Bonhoeffer zog als 10jähriger mit seiner Familie hierher in die Wangenheimstraße und besuchte von hier aus das Grunewaldgymnasium, das heutige Walther-Rathenau-Gymnasium gemeinsam mit seinen Freunden Hans von Dohnanyi und Justus Delbrück. Seine Schwester Christine heiratete seinen Freund von Dohnanyi. Mit 17 Jahren bestand er sein Abitur und begann nach Promotion und Habilitation bereits 1931, also mit 25 Jahren, an der Berliner Universität zu lehren. Um diese Zeit hielt er auch Kindergottesdienste in der Grunewaldkirche und betreute einen Jugendkreis hier in seinem Elternhaus. Bereits 1933 nahm Dieterich Bonhoeffer eine eindeutige Haltung gegen den Nationalsozialismus ein und kritisierte dessen antisemitische Gesetzgebung. Zunächst leistete er innerhalb der Bekennenden Kirche Widerstand, seit 1940 durch Vermittlung seines Schwagers Hans von Dohnanyi auch unmittelbar im politischen Bereich. Er wurde dem Abwehramt der Reichswehr bei Admiral Canaris zugeordnet und nutzte seine Auslandsbeziehungen, um die Bedingungen für einen Friedensvertrag nach dem geplanten Sturz des NS-Regimes auszuloten.
Am 5. April 1943 wurden Dietrich Bonhoeffer und sein Schwager Hans von Dohnanyi festgenommen und zunächst in Tegel inhaftiert. Auch Bonhoeffers Schwester Christine von Dohnanyi kam für fünf Wochen ins Gefängnis. Fluchtpläne für Dietrich Bonhoeffer und Hans von Dohnanyi wurden nach der Verhaftung Klaus Bonhoeffers und Rüdiger Schleichers wieder verworfen, um die Familie nicht noch mehr zu gefährden. Alle vier Verhafteten wurden in den letzten Kriegstagen im April 1945 von der SS ermordet.

Wangenheimstr. 21, Gedenktafel für Max Planck, Foto: KHMM

Wangenheimstr. 21, Gedenktafel für Max Planck, Foto: KHMM

Nr.21
Gedenktafel für Max Planck
Die Gedenktafel wurde 1989 hier enthüllt.
In dem früher hier stehenden Haus
lebte von 1905 bis 1944
Max Planck
23.4.1858 – 4.10.1947
Physiker, seit 1889 Professor an der Berliner Universität,
1918 Nobelpreis. Entdecker des Planck’schen Wirkungsquantums.
1930 bis 1937 und 1945/46 Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft,
seit 1946 Max-Planck-Gesellschaft
Max Planck wohnte hier in der Nachbarschaft der Bonhoeffers bis sein Haus 1943 bei einem Bombenangriff zerstört wurde. “Wer das Haus in der Wangenheimstraße betrat”, berichtete Agnes von Zahn-Harnack, die frühere Nachbarstochter, “der mochte es nüchtern und streng nennen mit der dunkel paneelierten Halle, den ernsten Bildern, der Kühle der Linienführung der Möbel und Gebrauchsgegenstände. Aber keiner konnte übersehen, dass gerade in diesem Vorgarten gleich bei der Pforte in jedem Frühjahr die ersten Leberblümchen und Primeln blühten … Und keiner konnte überhöhren, dass aus diesen Fenstern manchmal wunderbare Musik drang…”
Es war der Hausherr selbst, der am Flügel saß und entweder seinen engen Freund, den berühmten Geiger Joseph Joachim begleitete oder seinen ebenso berühmten Kollegen Albert Einstein, der leidenschaftlich Geige spielte. Einstein ging als Physiker keinem Streitgespräch aus dem Weg, aber als Geiger war er äußerst empfindlich und konnte Kritik nicht ertragen.
Bei Hauskonzerten im Planckschen Haus glänzte außerdem der Physikerkollege Otto Hahn als Tenor, Sohn Erwin Planck spielte Cello und häufig waren Gäste aus den Familien Harnack, Delbrück und Bonhoeffer zugegen. Auch die Physikerkollegin Lise Meitner war oft dabei, konnte aber nur in der Physik mithalten. Bei der Musik beschränkte sie sich aufs Zuhören.
Um 1900 soll der Wissenschaftler seinem damals siebenjährigen Sohn bei einem Spaziergang durch den Grunewald von seiner Entdeckung einer neuen Naturkonstanten erzählt haben, die später als “Plancksches Wirkungsquantum” in die Physik einging und für die Max Planck 1918 den Nobelpreis für Physik erhielt.
Das Leben Max Plancks hier in Grunewald wurde von privaten Schicksalsschlägen überschattet. 1909 starb seine erste Ehefrau Marie. Keines der vier Kinder aus dieser Ehe überlebte den Vater. Der älteste Sohn Karl verblutete im Ersten Weltkrieg. Die beiden Zwillingstöchter Grete und Emma starben bei der Geburt ihres jeweils ersten Kindes und der Lieblingssohn Erwin Planck wurde am 23. Januar 1945 als Mitwisser des Attentats gegen Hitler hingerichtet.
Max Planck blieb bis ins hohe Alter aktiv. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm der 87jährige erneut die Geschäfte des Präsidenten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, aus dem ihn die Nationalsozialisten 1937 vertreiben hatten. 1946 wurde die nach ihrem Ehrenpräsidenten benannte Max-Planck-Gesellschaft als Nachfolgeorganisation der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft gegründet. Max Planck starb am 4. Oktober 1947 in Göttingen.

Nr.23
Das Landhaus wurde 1895/96 von Ludwig Dihm für den Geheimen Regierungsrat Max Kieschke gebaut und steht unter Denkmalschutz. Es stammt aus der Frühphase der Bebauung der Villenkolonie. Ein trutzig wirkender Tordurchgang, der an die märkische Backsteingotik erinnert, führt zur gedeckten Treppenanlage an der Nordseite des Gebäudes. Mit Erker, Balkonen und Veranden wird die Fassade sehr abwechslungsreich gestaltet, teils geputzt, teils in unverputztem Backstein gehalten. Die deutliche Gliederung des extrem steilen Schieferdaches wirkt auch heute noch dominierend im Straßenraum.

Nr.35 (Ecke Lynarstraße 21)
Diese Villa im Landhausstil wurde von dem Architekten Oskar Otto Müller 1906/07 für den Spirituosenfabrikanten Heinrich Pritzkow errichtet. Ein hohes, doppelt gebrochenes Walmdach ist tief herabgezogen. Großflächige Giebelfelder sind in die Dachzone eingeschnitten und ihrerseits durch vorkragende Dächer geschützt.

Nr.37/39
Die Villa wurde 1906-08 von Ludwig Otte für den Chemiefabrikanten Otto Hoffmann gebaut und steht unter Denkmalschutz. Sie steht auf einem großen Doppelgrundstück und repräsentiert den Spätklassizismus, der zu dieser Zeit wieder belebt wurde. Er verband sich mit einer deutlichen Monumentalisierung der Einzelbestandteile. Der von einem mächtigen Mansarddach abgeschlossene Baukörper wird nahezu in seiner gesamten Breite von einem Dreiecksgiebel überspannt, der an antike Tempelanlagen erinnert. Auch die dorische Zugangshalle an der Südseite, die in Nischen eingestellten ionischen Säulen und reicher Stuckdekor beziehen sich auf die antiken Vorbilder. Die Architektur zielt auf Repräsentanz ab. Das wird von der Einfriedung mit den kräftigen Seitenpfeilern und Steinvasen an der Einfahrt noch unterstrichen.

Nr.38a (Ecke Paulsborner Str. 41)
Das gegenüberliegende Haus wurde 1892/93 von Bodo Ebhardt für den Geheimen Regierungsrat Professor Wilhelm Seibt gebaut. Es wurde nach Kriegsschäden vereinfacht wiederhergestellt. Die ursprünglich reiche Ornamentmalerei fehlt seitdem. Der Baukörper wirkte in der damaligen Zeit ungewohnt modern mit einer klaren Gliederung. Ein mächtiger Treppenturm erinnert an mittelalterliche Bergfriede. Der Klinkerbau bietet sich in einer Vielfalt von Ansichten dar, die den zum Garten orientierten Turm je nach Blickwinkel als Silhouette oder als dominierenden Baukörper geschickt einbinden.

Paulsborner Straße
Die Paulsborner Straße wurde 1888 nach dem Ausflugsort und Forsthaus am Grunewaldsee benannt.

Nr.52-53
Das Landhaus mit Turm baute 1905/06 der Bahnfabrikant, Ingenieur und Architekt Albert Sprickerhof für sich selbst. Das Belvedere auf dem hoch aufragenden Eckturm nimmt auf Schinkel Bezug. 1960 kam ein Anbau von Heinz Schudnagies hinzu. Dieser nimmt die Stufung der Architektur auf und legt um den Villenkörper einen Kranz organhaft bewegter Gebäudeeinheiten. Zur Straße hin bildet eine weiß geputzte Fenstergondel einen Kontrast zum Altbau.

Paulsborner Str.50a, Foto: KHMM

Paulsborner Str.50a, Foto: KHMM

Nr.50a
Das Landhaus wurde 1913 von Wihelm Jost für den Kaumann Hermann Bade gebaut. Es stellt eine frühe Variante des damals verbreiteten Landhaustyps dar. Über einem hohen Sockelgeschoss wird die vertraute Form des Landhauses mit einem dorischen Giebelrisalit verschränkt, der in das Mansarddach hineinragt.

Wangenheimstraße
Nr.46
Hier zog 1892 der Philosoph und Schriftsteller Fritz Mauthner ein, zu dem die Opernsängerin Lilli Lehmann freundschaftliche Kontakte pflegte. Sie hatte ihre Jugendjahre gleichzeitig mit ihm in Prag erlebt und wohnte jetzt um die Ecke in der Herbertstraße. Beide gehören zu den ersten Bewohnern der Villenkolonie Grunewald.
Mauthner lebte hier mit seiner ersten Frau Jenny und seiner einzigen Tochter Grete. An seine Cousine schrieb er über das Landleben in Grunewald: “Im übrigen lebe ich hier weiter als Landlord, esse meine eigenen Bohnen und Erbsen, verscharre meine eigenen Hühnerleichen und warte ab, was das Leben sonst an Leid und Freud wohl bringen wird.”
Neben seiner journalistischen Tagesarbeit als Kritiker beim Berliner Tageblatt und anderen Zeitungen versuchte er hier, sich auf sein philosophisches Hauptwerk zu konzentrieren, die “Kritik der Sprache”. Sein Kritikerkollege Julius Bab schrieb über seine Arbeitsdisziplin: “Seine Tage waren mit Berufsarbeit überfüllt, in vielen Nächten kam er erst spät in sein kleines Haus im Grunewald zurück. Aber er hatte sich ein Gesetz gemacht, an dem er Jahre lang mit eiserner Energie festhielt: Niemals, zu welcher Nachtstunde auch immer er heimkehrte, ging er schlafen, ohne noch zwei Arbeitsstunden seinem eigentlichen Werk, seiner großen Aufgabe gewidmet zu haben.”

Eine drohende Erblindung zwang ihn aber 1898 zum Abbruch der Arbeit. Außerdem litt er sehr am Tod seiner Frau Jenny, die 1896 gestorben war. In dieser Situation half ihm sein Freund Gustav Landauer, und so konnte dann 1901 und 1902 die dreibändige Ausgabe seiner “Beiträge zu einer Kritik der Sprache” erscheinen.
Danach kümmerte es sich vor allem um die Ausbildung seiner musikalisch begabten Tochter Grete. Er konnte Engelbert Humperdinck als Lehrer für sie gewinnen. Dieser wohnte ebenfalls in der Villenkolonie Grunewald, und zwar in der Trabener Straße 16, unweit des Bahnhofs Grunewald.
1905 verließ Mauthner Berlin und zog nach Freiburg im Breisgau: “Ich bin im Begriffe, ein neues Leben zu beginnen…, gebe darum mein kleines Haus und meinen lieben Garten auf, verlasse die Häusermasse, die sich Berlin nennt und gehe direkt nach Freiburg, wo ich mich klösterlich ganz in meinen sprachphilosophischen Schrullen vergraben will.” Das schrieb er in einem Brief an die befreundete Schriftstellerin Marie Ebner-Eschenbach. Heute sind seine Werke weitgehend vergessen, obwohl Fachleute ihn für einen der bedeutendsten Philosophen der Moderne halten, vor allem mit seinem Spätwerk “Der Atheismus und seine Geschichte im Abendland”.

Warmbrunner Straße
Die Warmbrunner Straße wurde 1898 nach dem niederschlesischen Kurort Bad Warmbrunn benannt, heute Slaskie Zdroj in Polen.
Südlich liegt der Hubertussportplatz.

(Hubertusallee)
Die Hubertusallee wurde 1898 nach dem Schutzpatron der Jagd benannt.

(Herthastraße)
Die Herthastraße wurde 1898 nach der germanischen Göttin Hertha benannt, die als Mutter der Erde galt.
Nr.25a Seniorenclub des Bezirks

Herbertstr. 15, Foto: KHMM

Herbertstr. 15, Foto: KHMM

Herbertstraße
Die Herbertstraße wurde 1898 nach dem ältesten Sohn Otto von Bismarcks benannt: Herbert 2. Fürst von Bismarck. Er lebte von 1849 bis 1904, war ab 1874 im diplomatischen Dienst, von 1884 bis 1886 Mitglied des Reichstages und von 1886 bis 1890 Staatssekretär im Auswärtigen Amt. Von 1877 bis 1881 war er persönlicher Sekretär seines Vaters, zählte zu seinen vertrautesten politischen Mitarbeitern und trat mit ihm 1890 zurück. 1893 bis 1904 war er erneut Mitglied des Reichstages.

Nr.15
Die Villa wurde 1901 von Max Ravoth für den Verlagsbuchhändler Dr. Georg Bondi erbaut. Originell ist die Haube über dem Mittelturm. Der Stuckdekor ist in großen Partien erhalten. Ungewöhnlich ist auch die direkt hinter der aufwändigen schmiedeeisernen Einfriedung zum hochgelegenen Erdgeschoss aufsteingende breite Treppenanlage.

Herbertstr. 20, Gedenktafel für Lilli Lehmann, Foto: KHMM

Herbertstr. 20, Gedenktafel für Lilli Lehmann, Foto: KHMM

Nr.20
Dieses Landhaus ist das heute älteste erhalten gebliebene Gebäude in der Villenkolonie. Es steht unter Denkmalschutz.
Gedenktafel für Lilli Lehmann
Die Gedenktafel wurde 1989 enthüllt.

Hier lebte seit 1891 Lilli Lehmann
24.11.1848 – 16.5.1929
Sopranistin und Gesangspädagogin,
seit 1870 Berliner Hofoper,
von 1886 bis 1890 Metropolitan Opera, New York.
Berühmte Wagner- und Mozartsängerin.
1901 Mitbegründerin der Salzburger Festspiele.
Eine der ersten Bewohnerinnen der
Villenkolonie Grunewald

Lilli Lehmann war als Opernsängerin bereits weltweit gefeiert, als sie 1891 zusammen mit ihrem Ehemann, dem weniger bekannten Hofopernsänger Paul Kalisch, in die gerade neu gegründete Villenkolonie Grunewald zog.
Sie war gerade von einem mehrjährigen Aufenthalt in New York nach Berlin zurückgekehrt. Obwohl ihre Freunde skeptisch waren, genoss sie das ruhige Leben in Grunewald und schrieb fast dreißig Jahre später ihre Memoiren in ihrem “Grunewald-Heim, dem ich trotz mancher Prophezeiung, ich würde es nicht vier Wochen darin aushalten, seit 29 Jahren treu geblieben bin und wo ich mich sehr glücklich fühlte.”
Über ihren Entschluss für die Villenkolonie Grunewald schrieb sie:
“‘Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion’, so hieß das schöne Lied, das man in Berlin auf allen Straßen hörte, dessen tiefe Bedeutung mir erst klar werden sollte, als uns Regierungsbaumeister Solf einlud, ein soeben für Friedrich Dernburg von ihm vollendetes Landhaus im Grunewald zu besichtigen. Ohne dass wir ahnten, was sich hier in aller Stille entwickelt hatte, sahen wir staunend den Grunewald, den ich früher so oft zu Fuß durchwanderte, plötzlich für Koloniezwecke nutzbar gemacht, in Bauparzellen und Straßen eingeteilt. Hier also spielte sich die Grunewalder Holzauktion ab!
So schnell fanden wir Gefallen an dem noch ganz idyllischen Platz, dem hohen Waldbestand, dass es nur der Frage: ob noch Bauplätze unverkauft, und der bejahenden Antwort Solfs bedurfte, um mir zwei Parzellen zu sichern, die ich am nächsten Mittag bereits mein eigen nannte. Und ebenso schnell, als der Kauf abgeschlossen ward, zeichnete Solf die Pläne zu unserem Landhaus…”
Lilli Lehmann war in Prag aufgewachsen und hatte 1865 ihr Debut in der “Zauberflöte” am Prager Landestheater gegeben. 1870 wurde sie als Koloratursopranistin Mitglied der Berliner Hofoper. 1876 sang sie auf persönlichen Wunsch Richard Wagners bei der Welturaufführung des “Rings der Nibelungen” die Partien der Rheintöchter Woglinde und Helmwige sowie des Waldvogels. 1885 bis 1890 sang sie an der Metropolitan Opera in New York, danach auf persönlichen Wunsch Kaiser Wilhelms II wieder an der Berliner Hofoper. Seit dieser Zeit gab sie auch Gesangsunterricht. 1902 veröffentlichte sie das Buch “Meine Gesangskunst”. Es wurde in aller Welt gelesen. Seit 1916 hatte sie einen Lehrstuhl für Stilgesang inne. Als Konzert- und Liedsängerin trat sie noch bis 1920 auf. Ihre Stimme ist auf Schallplattenaufnahmen der Jahre 1905 bis 1907 überliefert.
Hier in der Villenkolonie freundete sich Lilli Lehmann mit dem Schriftsteller und Politiker Friedrich Dernburg an. Durch den Philosophen Fritz Mauthner lernte sie auch Maximilian Harden kennen, der um 1900 die Villa des Ehepaares Lily und Heinrich Braun in der Wernerstraße 16 kaufte und dort einzog. Die drei Schriftsteller und Lilli Lehmann bildeten einen der vielen Freundeskreise in der Villenkolonie. Oswald Kohut hat darüber geschrieben:
“Diese vier kamen nun in regelmäßigem Wechsel in ihren Häusern zusammen. Wenn dann die Artikel fertig und von den Druckereien abgeholt waren, atmeten die Freunde auf und ergingen sich bis in späte Nachtstunden hinein in witzigen und geistvollen Gesprächen. Hierbei redete Harden Mauthner stets intim-respektvoll mit “Meister” an.”
Wenn man die vielen Berichte über Abendgesellschaften, Wohltätigkeitesveranstaltungen und Hauskonzerte in den großen Villen dazunimmt, dann stellt man fest, dass die Villenkolonie ein kommunikatives Zentrum war, nicht nur ein Wohnort zum Abschalten sondern eine kreative kulturelle Oase, in der Menschen zusammenkamen, oft bedeutende Persönlichkeiten, die ähnliche Interessen und Ambitionen hatten. Auffällig ist dabei, dass man oft über seine Fachkompetenzen hinausschaute und interdisziplinär interessiert war. Die Opernsängerin am Schriftsteller, der Physiker am Musiker und der Bankier am Künstler. Ob das heute hier auch noch so ist?
Das von Hermann Solf gebaute Wohnhaus wurde aufwendig restauriert und steht unter Denkmalschutz. Lilli Lehmann hatte in Amerika die dortige Landhausarchitektur kennen und schätzen gelernt und wollte Elemente davon in ihr Grunewalder Landhaus übertragen wissen. So sollte die Küche im Erdgeschoss liegen, das Treppenhaus zur Wohndiele erweitert sein, und viele, aber nur knapp vortretende Fenstererker sollten Räume und Fassaden beleben. Hermann Solf ließ dem leicht ansteigenden Gelände die Treppung der geklinkerten Einfriedungs- und Stützmauer mit überdachtem Eingang folgen und setzte in Korrespondenz dazu das geklinkerte Sockelgeschoss des Baus. Ebenso klar wie behutsam wirkt die funktionale Organisation der Wohnung nach außen – in knappen Wandvorsprüngen, sandsteinernen Fensterrahmungen, Erkerverdachungen und dem an die Außenwand gerückten Kamin der Diele. Als Blickfang wirkt das ebenfalls zu Wohnzwecken genutzte Dach, das in seinen Aufbauten lebhaft gestaltet ist.

Solf gehört zu den vielbeschäftigten Grunewald-Architekten wie die prominenten Alfred Messel, Hermann Muthesius, Otto March, Ernst Ihne, Franz Schwechten oder die weniger bekannten Eduard Bangert, Arnold Hartmann, Ewald Becher und Heinrich Franßen.

Herbertstr. 5 Ecke Schleinitzstraße, Foto: KHMM

Herbertstr. 5 Ecke Schleinitzstraße, Foto: KHMM

Nr.5 (Ecke Schleinitzstraße)
Die Villa wurde 1897/98 von Hugo Maass für den Holzhändler Carl Dorn gebaut und steht unter Denkmalschutz. Die Villa gibt sich als höfisch-repräsentatives, neobarockes Palais. Das originelle Motiv der in die Dachzone hineinreichenden übergiebelten Fenster gibt dem strengen Bau ein elegantes Gepräge, das von den sorgfältig gearbeiteten Portraitmedaillons und Ornamentreliefs mitgetragen wird. Auch die im Torbereich aufwändig gestaltete Stabeiseneinfriedung wirkt repräsentativ.

Schleinitzstraße
Die Straße wurde 1898 nach dem Grunewalder Oberförster Gustav Freiherr von Schleinitz benannt, der von 1820 bis 1888 lebte. Zuletzt war er königlich-preußischer Oberförster.

Residenz des kuwaitischen Botschafters, Foto: KHMM

Residenz des kuwaitischen Botschafters, Foto: KHMM

Nr.11a
Residenz des kuwaitischen Botschafters.

Herthastraße

Bismarckallee

Nr.14
Gedenktafel für Karl Abraham

In diesem Hause
lebte bis zu seinem Tode
Dr. med. Karl Abraham
Psychoanalytiker
Geb. 3.5.1877 – Gest. 25.12.1925

Der in Bremen als Sohn des jüdischen Religionslehrers Nathan Abraham geborene Karl Abraham wurde einer von Sigmund Freuds engsten Mitarbeitern in Wien. 1908 ließ er sich in Berlin als Nervenarzt nieder. Er machte sich Hoffnungen auf die Einrichtung eines Lehrstuhls für Psychoanalyse an der Charité, aber sein Kollege Karl Bonhoeffer, der dort den Lehrstuhl für Psychiatrie innehatte, unterstützte dieses Vorhaben nicht. Er vertrat in seiner Fachwissenschaft eher konservative Standpunkte und lehnte die Psychoanalyse ab. Deshalb gründete Karl Abraham 1920 mit Max Eitingon in Berlin das erste psychoanalytische Institut der Welt mit “Poliklinik und Lehranstalt”. Es war ein Modell-Institut, das die enge Verbindung von Praxis und Theorie, Lehre und Forschung verwirklichen konnte und so zum Vorbild wurde für zahlreiche weitere Institute in Europa und Amerika. Neben Wien und London wurde es bald zu einem bedeutenden Zentrum der psychoanalytischen Bewegung.
Die seinerzeit in Berlin erarbeiteten Ausbildungsrichtlinien sind in ihren Grundzügen in der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung noch heute gültig. Mit der Vernichtung der Psychoanalyse Sigmund Freuds in Deutschland durch die Nationalsozialisten wurde auch das alte Institut aufgelöst. Nach seiner Neugründung 1950 ist es gemeinsam mit der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung wieder in den Kreis der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung aufgenommen worden.
Heute ist das BPI eine staatlich anerkannte psychoanalytische “Lehranstalt mit Poliklinik” im Zentrum Berlins. Die modernen Vorlesungs- und Behandlungsräume mit der Bibliothek liegen in der Nähe des Potsdamer Platzes.

Nr.10
Hier lebte Karl Paul Goerz. Er wurde am 21.7.1854 in Brandenburg geboren und starb am 14.1.1923 hier in Berlin Grunewald. Er lebte hier von 1902 bis zu seinem Tod. Goerz war Feinmechaniker und Optiker und wurde ein Pionier der Photographie. Er führte den Versandhandel feinmechanischer und optischer Geräte ein und machte damit ein Vermögen, das es ihm erlaubte, hierher in die Villenkolonie Grunewald zu ziehen.

Am Johannaplatz, Foto: KHMM

Am Johannaplatz, Foto: KHMM

Johannaplatz
Der Johannaplatz wurde 1898 nach Johanna von Bismarck, geborene Putkamer, der Ehefrau von Otto von Bismarck benannt. Er liegt in unmittelbarer Nachbarschaft des Bismarckplatzes. Johanna lebte von 1824 bis 1894. Sie wuchs als einzige Tochter in einem sehr pietistisch geprägten Elternhaus und Umfeld auf. Ihr Leben stand immer im Zeichen der Bibel, generell des christlichen Glaubens und dessen Lehren. So war sie auch nach der Heirat mit Otto von Bismarck 1847 immer die liebende, verehrende Tochter ihrer Eltern, aufopfernde Ehefrau ihres Gatten und treusorgende Mutter ihrer Kinder.
Sie war fast 50 Jahre mit Bismarck verheiratet, als sie am 27.11.1894 starb, knapp 4 Jahre vor ihrem Mann. Das Ehepaar hatte drei Kinder, die Tochter Marie von Bismarck, die 1878 den Grafen Kuno zu Rantzau heiratete und die Söhne Herbert und Wilhelm von Bismarck.