133. Kiezspaziergang am 12.1.2013

Vom Adenauerplatz durch die Wilmersdorfer Straße zur Villa Oppenheim

Start am Adenauerplatz mit Reinhard Naumann, 12.1.2013, Foto: KHMM

Start am Adenauerplatz mit Reinhard Naumann, 12.1.2013, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann

Treffpunkt: Adenauerplatz
ca. 2,5 km

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 133. Kiezspaziergang.

Kartenskizze

Kartenskizze

Heute wollen wir die Wilmersdorfer Straße fast in ihrer vollen Länge erkunden.
Anlass ist die Ausstellung zur Wilmersdorfer Straße in der Villa Oppenheim. Sie wird dort bis Mitte des Jahres gezeigt. Und ich möchte einige der vielen Entdeckungen dieser Ausstellung vor Ort vorstellen. Zum Abschluss werden wir durch die Schustehrusstraße zur Villa Oppenheim gehen, damit Sie das Gesehene dann dort in der Ausstellung noch einmal nachvollziehen können.
Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang mitteilen – wie immer am zweiten Samstag des Monats, also am 9. Februar ab 14.00 Uhr, und zwar auf dem Fehrbelliner Platz vor dem Rathaus Wilmersdorf. Nachdem wir uns heute intensiv mit Charlottenburg beschäftigen, soll es beim nächsten Mal durch Wilmersdorf gehen, und zwar wollen wir uns unter anderem mit der dänischen Kirche, der Berliner Moschee und dem Dienstleistungszentrum für Informationstechnologie und Telekommunikation der Berliner Verwaltung, kurz ITDZ, beschäftigen.

Adenauerplatz, 12.1.2013, Foto: KHMM

Adenauerplatz, 12.1.2013, Foto: KHMM

Adenauerplatz
1968 scheiterte die Umbenennung des Kaiserdammes in Adenauerdamm an heftigen Protesten. 5 Jahre später, am 21. Juni 1973, hat man dann diesen Platz nach dem ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland benannt – übrigens in Anwesenheit des damals gerade gewählten neuen CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl, der 1982 Bundeskanzler wurde. Der Platz war neu entstanden durch einen Umbau der Straßenkreuzung. Die Wilmersdorfer Straße wurde verkürzt, so dass sie seither nicht mehr direkt in den Kurfürstendamm einmündet, sondern in die Lewishamstraße.
Die 1,85 m hohe Bronzestatue Konrad Adenauers von Helga Tiemann wurde von dem Unternehmer Hans Wall gestiftet und am 19. April 2005 enthüllt – übrigens in Anwesenheit der damaligen CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, die noch im gleichen Jahr, am 22. November 2005 deutsche Bundeskanzlerin wurde.
Einige Meter hinter der Figur von Konrad Adenauer erinnert ein Gedenkstein aus rotem Granit an den Tod des damals 19jährigen Mete Eksi. Der Text auf dem Stein lautet:
“METE EKSI GEB. 1972 STARB
AM 13. NOVEMBER 1991 AN DEN
SCHWEREN VERLETZUNGEN DIE ER
AN DIESEM ORT BEI EINER
GEWALTÄTIGEN AUSEINANDERSETZUNG
ZWISCHEN BERLINER JUGENDLICHEN
UNTERSCHIEDLICHER HERKUNFT ERLITT
GEGENSEITIGER RESPEKT UND DER WILLE
ZUR GEWALTFREIHEIT HÄTTEN SEIN
LEBEN SCHÜTZEN KÖNNEN”
1992 haben die GEW Berlin und der Türkische Elternverein den Mete-Eksi-Fonds gegründet, um jährlich einen Preis an Kinder und Jugendliche zu vergeben, die sich für das friedliche Zusammenleben von Jugendlichen eingesetzt haben.
Der Straßentunnel unter dem Kurfürstendamm wurde 1972 eröffnet. Im Rahmen der Untertunnelung des Kurfürstendammes wurde 1974 auch der Platz neu angelegt mit Pflasterung, Bäumen und Sitzbänken. Im Zentrum steht die Brunnenskulptur “Säule in der Brandung” aus Chromnickelstahl mit einem flachen Rundbecken aus Stein von Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff.
Der U-Bahnhof wurde 1978 eröffnet. Er ist angelegt als Kreuzungsbahnhof, denn die Kurfürstendammlinie sollte über den Bahnhof Uhlandstraße hinaus bis zum Henriettenplatz verlängert werden. Diese Planungen wurden bisher nicht wieder aufgegriffen.
An der Ecke Kurfürstendamm 70 / Lewishamstraße baute Helmut Jahn 1992 bis 1994 das schmalste Bürogebäude Berlins auf einem nur 2,5 Meter tiefen Grundstück mit einer Stahl-Glasfassade. Zur Vergrößerung der Grundfläche kragt das Gebäude ab der ersten Etage fünf Meter vor.
Die ungewöhnliche Grundstückssituation ergab sich aus dem Abriss eines Hauses im Zuge der Straßenverbreiterung und der Untertunnelung des Kurfürstendammes. Mieter sind vor allem Anwaltskanzleien.
Pläne gibt es für den Gebäudekomplex nördlich des Adenauerplatzes zwischen Wilmersdorfer Straße und Lewishamstraße, der aus den 1970er Jahren stammt. Er soll abgerissen und durch einen Neubau für zwei Hotels der Accor-Gruppe ersetzt werden. Als Architekt ist Sergei Tchoban vorgesehen, der unter anderem den Umbau des Europa-Centers für Saturn geplant hat.

Wilmersdorfer Straße
Schon 1794 ist in Charlottenburg der Name “Wilmersdorfer Weg” nachgewiesen, seit 1824 “Wilmersdorfer Straße”. Sie liegt in Charlottenburg und führt nach Wilmersdorf.
Die Wilmersdorfer Straße besteht aus drei Abschnitten.
Hier im südlichen Teil führt sie vom Kurfürstendamm bis zum Stuttgarter Platz und hat sowohl großzügige Altbauwohnungen und edle City-Geschäfte als auch viele Kiezläden für den täglichen Bedarf zu bieten.
Im mittleren Teil zwischen Stuttgarter Platz und Schillerstraße wurde im September 1978 die erste autofreie Fußgängerzone Berlins eröffnet. Sie ist eine der bedeutendsten Einkaufsstraßen ganz Berlins und befindet sich seit einigen Jahren wieder im Aufwind.
Im nördlichen Teil zwischen Schillerstraße und Otto-Suhr-Allee gehört sie zum alten Charlottenburg, wovon noch viele architektonische Zeugnisse erhalten sind, und eine Reihe alt eingesessener Geschäfte erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Mehr als 30 Häuser stehen in der Wilmersdorfer Straße unter Denkmalschutz.
Seit 1883 fuhr die Pferde-Eisenbahn durch die Wilmersdorfer Straße, was zu Anwohnerklagen wegen der Lärmbelästigung führte. 1902 wurde sie durch die elektrische Straßenbahn ersetzt, wobei die verlegten Schienen weiter benutzt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm 1946 die Linie 3 wieder ihren Verkehr durch die Wilmersdorfer Straße auf, 1950 zusätzlich die Linie 44 und südlich des Stuttgarter Platzes die Linie 62, später 60. Nachdem bereits seit 1963 die Linien 44 und 3 durch Busse ersetzt worden waren, wurde schließlich 1967 in ganz West-Berlin die Straßenbahn abgeschafft.
Seit der Eröffnung der Fußgängerzone 1978 fährt nur noch die U-Bahn unter der Wilmersdorfer Straße.
Am 5. Mai 1916 meldete die Berliner Morgenpost, es sei in Wilmersdorf zu einer Art Hungerrevolte gekommen. Lebensmittelgeschäfte seien gestürmt worden. Einen Tag später korrigiert die Berlin-Wilmersdorfer Zeitung, an dieser Darstellung sei kein wahres Wort. Nirgendwo in Wilmersdorf hätten sich derartige Szenen abgespielt. Wahrscheinlich handele es sich um eine Verwechslung mit den Geschehnissen in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg. Diese schilderte drastisch der damals 12jährige deutsch-amerikanische Räte-Kommunist Paul Mattick in seinen Erinnerungen:
„Meine Mutter kam nach Haus und sagte, ‚Junge, die Revolution ist ausgebrochen, laß uns zur Revolution gehen.‘ Wir gingen die Wilmersdorfer Straße entlang, und die ganze Straße war voller Leute, die versuchten, die Jalousien hochzuziehen, um die Läden zu plündern. Damals gab es eine berittene Polizei.
Diese Polizei mit den Pickelhauben ritt mit ihren Pferden durch die Menge und schlug mit ihren Säbeln auf die Menge ein. Die Menge war entsetzt, sie bestand hauptsächlich aus Frauen und Kindern meines Alters. Da blieb mir ein Bild im Gedächtnis, das ich nie vergessen habe, daß wir eingezwängt waren von zwei Pferden, mit Polizisten besetzt, und die versuchten, uns mit den Hintern der Pferde gegen die Wand zu drücken. Damals hatten die Frauen ganz große Hüte und große Hutnadeln, und die Frau, die neben mir stand, nahm die Hutnadel raus und steckte diese Hutnadel dem Pferd in den Arsch. In dem Moment bäumte das Pferd sich auf, der Polizist fiel runter, und er wurde zertrampelt von den Frauen und Kindern, als er da auf der Straße lag. Aber dann fielen Schüsse und zuletzt hat sich die Masse dann doch verzogen, weil immer mehr Verstärkung kam.“

Wilmersdorfer Str. 86 (damals Ecke Kurfürstendamm): Kurt Richard Grossmann
Das Haus Wilmersdorfer Straße 86 gibt es heute nicht mehr. Es stand direkt an der Ecke Kurfürstendamm, würde also heute auf dem Adenauerplatz an der Lewishamstraße stehen. Dort wohnte von 1929 bis 1933 der 1897 geborene Journalist Kurt Richard Grossmann. Er war von 1926 bis 1933 Generalsekretär der Deutschen Liga für Menschenrechte. Als Gegner der Nationalsozialisten und Jude musste er bereits im Februar 1933 fliehen, zunächst nach Prag, dann über Paris in der Vereinigten Staaten, wo er die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Sein bekanntestes Buch erschien 1957 unter dem Titel „Die unbesungenen Helden“. Darin erinnerte er an bis dahin unbekannte Widerstandskämpfer in Nazi-Deutschland.
Das Buch wurde zur Grundlage für die Gedenkinitiative des damaligen Berliner Innensenators Joachim Lipschitz, der viele Straßen im neu entstandenen Charlottenburg-Nord nach Widerstandskämpfern benennen ließ, denen Grossmann in seinem Buch ein Denkmal gesetzt hatte. Bis zu seinem Tod 1972 in Miami engagierte er sich Grossmann für die Flüchtlingshilfe.

Wilmersdorfer Str. 93: Jakob Koch und Albert Einstein
Der Physiker Albert Einstein wurde 1913 an die Preußische Akademie der Wissenschaften berufen. Am 29. März 1914 kam er aus Zürich nach Berlin und wohnte zunächst ein paar Tage hier im Haus Wilmersdorfer Straße 93 bei seinem Onkel Jakob Koch.

Wilmersdorfer Str. 95: „Verband jüdischer Heimatvereine“
Hier, in der Wilmersdorfer Straße 95, hatte bis 1935 das Sekretariat des “Verbandes jüdischer Heimatvereine” seinen Sitz. Später zog in dieses Haus das „Institut zum Studium der Judenfrage“ mit Archiv und eine Bibliothek ein. Das Institut unterstand dem Propagandaministerium von Joseph Goebbels und lieferte pseudowissenschaftliche Argumente für die antisemitische Propaganda.
Der CDU-Politiker Rainer Barzel hat in seinen Erinnerungen die Pogromnacht des 9. November 1938 beschrieben: “Nach der ‘Reichskristallnacht’ … fuhr ich, nichts ahnend, mit dem Fahrrad zur Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg. Es wurde eine Fahrt durch Glasscherben. Die Straße entlang sah ich verwüstete Geschäfte, SA-Männer taten sich wichtig, stolzierten mit Plakaten wie ‘Juden raus!’.”
Mindestens 179 Bewohnerinnen und Bewohner der Wilmersdorfer Straße wurden deportiert und ermordet. Zwei wählten den Freitod.
Bisher gibt es nur 4 Stolpersteine in der Wilmersdorfer Straße, die an 4 von 181 Opfern des Holocaust erinnern.
Aber auch in der Wilmersdorfer Straße werden wir auf Schritt und Tritt an den Teil unserer Geschichte zu erinnert, der gerade in diesem Jahr im Mittelpunkt des Gedenkens steht. Am 30. Januar wird es 80 Jahre her sein, dass die Nationalsozialisten mit Adolf Hitler auf zunächst demokratischem Wege die Macht übernahmen und ihr 12jähriges verbrecherisches Regime etablierten. Am 9. November wird es 75 Jahre her sein, dass in einer Pogromnacht die Synagogen, die jüdischen Geschäfte und andere Einrichtungen in ganz Deutschland zerstört wurden.
Das betraf in ganz besonderem Maße auch Berlin und hier die beiden Bezirke Charlottenburg und Wilmersdorf, in denen der Anteil der jüdischen Bevölkerung am größten war.
Der Berliner Senat hat dieses Jahr zu einem Themenjahr unter der Überschrift “Zerstörte Vielfalt” erklärt. Diese Überschrift fasst treffend zusammen, was die Nationalsozialisten angerichtet haben und weshalb die Erinnerung daran für uns so wichtig ist. Berlin wurde in den 1920er Jahren zur Weltstadt und war berühmt für seine Vielfalt, und das ist auch heute wieder so. Die Nationalsozialisten haben in ihrem Rassereinheitswahn diese Vielfalt zerstört, und wir müssen auch heute die Vielfalt in Berlin schützen, indem wir Toleranz und Respekt fördern.

Wilmersdorfer Straße Ecke Sybelstraße, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Straße Ecke Sybelstraße, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Str. 98/99 Ehem. Gesundheitsheitsamt
Im Februar 1941 wurden hier, in dem Haus Wilmersdorfer Straße 98/99, fünf Wohnungen geräumt, in denen jüdische Familien gelebt hatten. Kurze Zeit später bezog das SS-Personalhauptamt hier Quartier. Nach 1945 nutzten die Briten das Haus einige Jahre, bevor dann in den 1950er Jahren das Gesundheitsamt Charlottenburg einzog. Der fusionierte Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf gab das Haus 2003 ab, das danach umgebaut wurde und jetzt privat genutzt wird. Das Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf sog in das Verwaltungsgebäude am Hohenzollerndamm 177 neben dem Rathaus Wilmersdorf.

Sybelstraße
Die Sybelstraße wurde 1904 nach dem Historiker Heinrich Karl Ludolf von Sybel benannt. Er wurde 1817 in Düsseldorf geboren und starb 1895 in Marburg. 1874 bis 1880 saß er für die Nationalliberalen im Preußischen Abgeordnetenhaus.

Sybelstr. 9 Gedenktafel
An diesem Ort in der Sybelstraße 9 erinnert seit 1992 eine Gedenktafel des Vereins Aktives Museum e.V. an ein besonders eindrucksvolles Beispiel der zerstörten Vielfalt.
Die Tafel enthält folgenden Text:
“Im Haus Sybelstraße 9 bestand von 1936 bis
1941 die Jüdische private Musikschule Hollaender.
Hier unterrichteten die jüdischen Lehrkräfte des
Stern’schen Konservatoriums Gustav Hollaender
nach dessen zwangsweiser Arisierung 1935. Ihre
Besitzer und Leiter
Kurt Hollaender (*1885) und
Susanne Landsberg (*1892) geb. Hollaender
wurden, wie viele der hier Lehrenden, 1941/43
deportiert und ermordet.
Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand
in Berlin e.V. 8.11.1992”
Die Tafel erinnert an eine Musikschule, die aus dem ältesten Konservatorium Berlins entstand. Julius Stern hatte es 1850 gegründet.
1895 wurde es von Gustav Hollaender übernommen. Dessen Kinder Kurt und Susanne übernahmen es und führten es von 1936 bis 1941 als private Musikschule weiter.
Hinter dieser knappen Zusammenfassung einer rund 90jährigen Geschichte von 1850 bis 1941 verbirgt sich eine dramatische Entwicklung. Sie ist eines der vielen Beispiele für die tragische deutsch-jüdische Geschichte, mit der unzählige grausame menschliche Schicksale verbunden sind.
Nach dem Tod Julius Sterns 1883 führte seine Schwägerin Jenny Meyer das Konservatorium ein Jahrzehnt lang. 1894 erwarb der Komponist, Dirigent und Geiger Gustav Hollaender das Institut und leitete es bis zu seinem Tod 1915. Unter seiner Leitung erlebte das Konservatorium eine Blütezeit.
Es kam ohne jegliche Subvention aus und wurde von mehr als tausend Schülerinnen und Schüler pro Jahr besucht, die aus aller Welt nach Berlin zum Musikstudium kamen.
Das Konservatorium verdankte zwar seine Existenz privatem jüdischem Engagement, aber es stand allen offen, die sich musikalisch bilden wollten. Es war im besten Sinne universell, und es war eines der wertvollsten Aushängeschilder für Berlin und für ganz Deutschland.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wurde das Konservatorium gleichgeschaltet. Die jüdischen Inhaber wurden faktisch enteignet. Ihnen wurde verboten, nichtjüdische Schülerinnen und Schüler zu unterrichten. Sie konnten hier noch für wenige Jahre die Jüdische Musikschule Hollaender betreiben. Schließlich wurden Kurt Hollaender und Susanne Landsberg-Hollaender deportiert und ermordet.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt das Städtische Konservatorium in West-Berlin den Namenszusatz “Ehemals Sternsches Konservatorium”. Heute ist das Julius-Stern-Institut für musikalische Nachwuchsförderung Teil der Universität der Künste.

Hindemithplatz, 12.1.2013, Foto: KHMM

Hindemithplatz, 12.1.2013, Foto: KHMM

Hindemithplatz
Der Platz wurde 1995 nach dem deutschen Komponisten Paul Hindemith benannt. Im Zentrum steht der St.-Georg-Brunnen, der 1904 von dem Architekten Wilhelm Walther für das ehemalige Hotel Bayernhof in der Potsdamer Straße geschaffen wurde. 1980 wurde er restauriert und auf dem Hindemithplatz aufgestellt.
Paul Hindemith lebte übrigens von 1928 bis 1938 in einem Haus am Brixplatz 2, wo eine Gedenktafel an ihn erinnert. Die Nationalsozialisten definierten seine Musik als “entartet”, obwohl sich Wilhelm Furtwängler für Hindemith einsetzte. In der Ausstellung unter dem Titel “Entartete Musik” wurde 1938 auf die jüdische Abstammung seiner Ehefrau Gertrud verwiesen. Er emigrierte daraufhin mit seiner Ehefrau zunächst in die Schweiz, dann in die USA. 1946 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. 1953 zog er in die Schweiz, 1963 starb er in Frankfurt am Main.

Mientus, 12.1.2013, Foto: KHMM

Mientus, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Straße 73: Felice Bauer, Mientus
In dem Haus, das früher an der Wilmersdorfer Straße 73 stand, lebte Felice Bauer, in die sich Franz Kafka 1912 verliebte. Sie war Prokuristin des Schallplattenkonzerns Carl Lindström AG. An den Pfingstfeiertagen am 11. und 12. Mai 1913 stellte Kafka sich hier offiziell ihrer Familie vor. 1914 erschien eine Verlobungsanzeige im Berliner Tageblatt. Aber nach zweimaliger Ver- und Entlobung trennte sich das Paar 1917 in Prag endgültig. Berühmt wurden Kafkas Briefe an Felice Bauer.
Mientus kann auf eine lange Tradition zurückblicken. 1937 eröffnete Michael Mientus im schlesischen Oppeln sein erstes Geschäft für Herrenbekleidung. 1949 begann das Unternehmen neu in Berlin und eröffnete sein erstes Geschäft in der Schlüterstraße. Als es dort zu eng wurde, errichtete man hier in der Wilmersdorfer Straße/Ecke Mommsenstraße zunächst einen für die damalige Zeit typischen Flachbau.
1958 schließlich gab es an der Ecke eine Wiedereröffnung. Das neue Bekleidungshaus sah jetzt so aus, wie Michael Mientus es sich immer vorgestellt hatte, und es hat sich im Wesentlichen bis heute so erhalten.
1972 wurde am Kurfürstendamm 52 ein weiteres mientus Geschäft eröffnet, 1980 schließlich die erste Filiale in Hamburg.
1995 wurde an der Schlüterstraße/Ecke Kurfürstendamm das mientus STUDIO 2002 eröffnet. 2004 wurde hier der Flagship Store, wie das Stammgeschäft inzwischen heißt, auf 1.700 qm umgebaut und neu strukturiert. 2006 entstand in der Bleibtreustraße 24 ein besonders luxuriöser, neuer Mientus-Ableger, und 2008 eröffnete mit mientus Weinmeisterstraße das erste mientus Geschäft in Berlin Mitte.

Wilmersdorfer Str. 102: Kosmetikschule Berlin
An der Kosmetikschule Berlin wird die Ausbildung und Umschulung zur Kosmetikerin, zum Fußpfleger oder zur Fußpflegerin und zum Visagisten oder zur Visagistin angeboten.

Wilmersdorfer Str. 102-103 Stolpersteine
Am 17. März 2011 wurden hier drei Stolpersteine für Fritz und Martha Blumenthal und für Lucie Kreide verlegt. Fritz und Martha Blumenthal wurde am 26 Februar 1943 deportiert und in Auschwitz ermordet. Lucie Kreide wählte am 27. Juli 1942 den Freitod.

Krumme Straße
Die Krumme Straße erhielt ihren Namen ganz zu Recht wegen der gebogenen Straßenführung. Sie erhielt ihren Namen bereits 1824, endete damals aber bereits an der Wallstraße. Bis hierher zur Wilmersdorfer Straße wurde sie erst 1893 verlängert.

U-Bahnhof Wilmersdorfer Straße, 12.1.2013, Foto: KHMM

U-Bahnhof Wilmersdorfer Straße, 12.1.2013, Foto: KHMM

Fußgängerzone und U-Bahnhof
Wir kommen jetzt zum mittleren Abschnitt der Wilmersdorfer Straße, der seit mehr als 100 Jahren eine bedeutende Einkaufsstraße ist. Das erste Kaufhaus Charlottenburgs wurde hier 1905 eröffnet. Neckermann eröffnete 1964, Quelle 1965 jeweils ein eigenes Kaufhaus. Seit 1971 nahm die Lewishamstraße in der Verlängerung der Kaiser-Friedrich-Straße den Nord-Süd-Verkehr auf. Deshalb konnte jetzt der mittlere Teil der Wilmersdorfer Straße für den Autoverkehr gesperrt werden.
Im April 1978 wurde der U-Bahnhof Wilmersdorfer Straße eröffnet. Er ist Teil der längsten U-Bahnlinie Berlins, der Linie 7 zwischen Rudow und Spandau, die in den 1960er und 70er Jahren gebaut wurde.
Schließlich wurde hier im September 1978 die erste Fußgängerzone Berlins eröffnet. 2001 wurde sie neu gestaltet und unter anderem die nicht mehr zeitgemäßen Pavillons und die Überdachungen der U-Bahnabgänge entfernt.

Kant Center
Am 20. Oktober 2004 wurde an der Kantstraße Ecke Wilmersdorfer Straße das Kant Center eröffnet mit Media Markt, Peek & Cloppenburg, Fitness Company u.a. Es setzte einen starken Akzent für den Wiederaufschwung der Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße.

Kantstraße
Die Kantstraße wurde 1887 nach dem Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) benannt. Mit der Entwicklung der westlichen City Berlins am Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Kantstraße als Parallelstraße des Kurfürstendammes zu einer Neben-City-Straße, an der das Theater des Westens (1897), das Delphi-Kino und viele Geschäfte, Restaurants und Cafés entstanden.

Wilmersdorfer Str. 58: Schirmständerhaus
Das Haus wurde 1956 von Hans Simon für das Schuhhaus Stiller errichtet. Es ist ein fünfgeschossiges Geschäftshaus mit einem über die Fassade ragenden Flugdach mit runden Öffnungen, das ihm den Namen “Schirmständerhaus” eintrug. 2002 wurde das Haus von Regina Herrmann und Isolde Kepler für die Münchner WDS Immobilien denkmalgerecht renoviert. Dank neuer Neonröhren leuchtet das Haus als “Blaues Wunder” wieder im Dunkeln. Die Beleuchtung war seit den 70er Jahren nicht mehr eingeschaltet.
Seit dem 2. Januar dieses Jahres bietet hier die neue Melito-Gesundheitsschule im Steinke-Institut Kurse zur ganzheitlichen Krankheitsbewältigung an. Ärzte und Psychologen vermitteln Fertigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit den Volkskrankheiten Bluthochdruck, Kopfschmerz, Migräne und Depression.

Pestalozzistraße
Die Pestalozzistraße wurde 1887 benannt nach dem Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) benannt.

Pestalozzistraße Ecke Wilmersdorfer Straße: Karstadt
Die Firma Graff & Heyn eröffnete im Jahr 1900 an der gerade ausgebauten Wilmersdorfer Straße ein Manufaktur- und Kurzwarengeschäft. 1905 errichtete der Kaufmann Hermann Graff an der Stelle des kleinen Ladens ein Warenhaus. Es war das erste Kaufhaus Charlottenburgs.
Im gleichen Jahr 1905 wurde Horst Graff als Sohn von Hermann und seiner jüdischen Ehefrau Friederike Graff geboren. Horst Graff gründete später gemeinsam mit Stefan Weintraub die Weintraubs Syncopators, die schnell zur berühmtesten deutschen Jazzband wurden. Sie erhielt 1933 Auftrittsverbot und emigrierte 1937 nach Australien – ein weiteres Beispiel der “zerstörten Vielfalt”.
Hermann Graff ließ das Kaufhaus bereits 1912 wieder abreißen und durch einen größeren Neubau ersetzen. 1914 wurde es von Adolf Jandorf übernommen, der 1907 am Wittenbergplatz das Kaufhaus des Westens eröffnet hatte. 1926 übernahm es Hermann Tietz, 1935 wurde es in “Hertie” umbenannt.
Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurde das Kaufhaus Hertie 1950 wieder eröffnet, 1962 und 1972 erweitert und 1997 von Karstadt übernommen.
Karstadt wurde 2010 durch den Finanzinvestor Nicolas Berggruen vor der Zerschlagung gerettet. Er ist der Sohn des 1914 in Wilmersdorf geborenen Kunstsammlers Heinz Berggruen. Das erweiterte Museum Bergruen soll am 17. März wieder eröffnet werden.

Kugelbrunnen
Am 28. April 2009 wurde der vom damaligen Leiter des Grünflächenamtes, Christoph-Maria Maasberg, entworfene Kugelbrunnen der Öffentlichkeit übergeben.
Fünf unterschiedlich große Kugeln aus rosagrauem Granit ruhen auf kreisförmig verlegtem Kleinsteinpflaster, das in hellgrau, gelb und dunkelgrau gehalten und mit schwarzem Andesit – Mosaikpflaster abgesetzt ist.
Aus der Mitte der drei großen Kugeln sprudelt jeweils eine Kleinstfontäne empor. Das herab fließende Wasser benetzt gleichmäßig die Kugeloberfläche und bildet dort einen transparenten Film. Zwei weitere kleine Kugeln, die kein Wasser führen, runden das Ensemble ab. Mit vier Strahlern, die im Boden eingelassen sind, wird die Brunnenanlage in den Abendstunden beleuchtet.
Der Kugelbrunnen ersetzte einen 1978 errichteten Treppenbrunnen, der als “Schlorrendorfer Plansche” in die Charlottenburger Geschichte eingegangen ist.

Brücken der Begegnung
Die Skulptur „Brücken der Begegnung“ stammt von dem in Charlottenburg geborenen Künstler Christian Günther Behrens. Sie wurde 2005 enthüllt. Die Figur, die unter anderem schon in den Bezirken Tiergarten und Mitte, aber auch in Oranienburg, Münster und Friedrichshafen aufgestellt worden ist, symbolisiert Aufgeschlossenheit und das Bemühen gegenseitigen Verstehens, auch von und mit Menschen unterschiedlicher Herkunft.

Wilmersdorfer Str. 53-56: Kinos
Hier, in der Wilmersdorfer Straße 53-54 befand sich von 1910 bis 1964 das Kino „Germania-Palast“ mit 1.000 Plätzen, und unmittelbar daneben, in der Wilmersdorfer Straße 55-56 von 1920 bis 1967 das „Lichtspielhaus Charlottenburg“ mit zuletzt 425 Plätzen. Zwischen 1907 und 1912 hatten in der Wilmersdorfer Straße sechs Kinos eröffnet.
Später kamen andere hinzu oder ersetzten die früheren. 1967 schloss mit dem Lichtspielhaus Charlottenburg das letzte Kino in der Wilmersdorfer Straße.

Goethestraße
Die Goethestraße wurde 1872 benannt. Sie führte zunächst nur von der Hardenbergstraße bis zur Leibnitzstraße, 1884 wurde sie bis zur Wilmersdorfer Straße verlängert.

Vor den Wilmersdorfer Arcaden, 12.1.2013, Foto: KHMM

Vor den Wilmersdorfer Arcaden, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Arcaden
Im Februar 2006 war Baubeginn, am 1.6.2006 die Grundsteinlegung für das neue Einkaufszentrum mit 120 Geschäften, Arztpraxen, Büros, Wellnesszentren auf drei Ebenen und mit 300 Parkplätzen in den Obergeschossen an der Wilmersdorfer Straße zwischen Pestalozzistraße und Schillerstraße rund um das SinnLeffers-Haus, das entkernt, umgebaut und in das Zentrum integriert wurde. Der Essener Investor mfi (Management für Immobilien) AG hat gemeinsam mit dem kanadischen Investor Ivanhoe Cambridge rund 200 Millionen EUR investiert. Die mfi hat bundesweit zwölf Arcaden-Einkaufszentren gebaut, davon vier in Berlin, in Neukölln, Spandau, Prenzlauer Berg und in Charlottenburg.
Die 180 m lange Ladenstraße beschreibt einen halbkreisförmigen Bogen über drei Etagen.
Seit Juli 2006 konnten die Bauarbeiten im Internet beobachtet werden. Am 9. März 2007 wurde Richtfest gefeiert, am 26. September 2007 war die Eröffnung.

Schillerstraße
Die Schillerstraße wurde 1872 benannt, zunächst nur von der Hardenbergstraße bis zur Leibnizstraße, 1884 bis zur Wilmersdorfer Straße verlängert, später bis zur Windscheidstraße.

Wilmersdorfer Str. 39: Didactica
Didactica wurde 1987 gegründet und ist eine private anerkannte Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung. Hier wird unter anderem die Aus- und Weiterbildung in Sprachberufen angeboten: Fremdsprachenassistent und -assistentin, Fremdsprachenkorrespondent und -korrespondentin, Europasekretär und –sekretärin in den Spachen englisch, französisch, spanisch, russisch, polnisch, portugiesisch und türkisch.

Bismarckstraße
Die Bismarckstraße wurde bereits 1871 nach dem gerade ernannten Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck benannt, zuvor hieß sie Mühlenweg. Bereits 1765 war hier eine breite Allee im Stadtplan eingezeichnet, aber noch ohne Namen.

Mit Bezirksstadtrat Klaus-Dieter Gröhler vor der ehemaligen Neuapostolischen Kirche, 12.1.2013, Foto: KHMM

Mit Bezirksstadtrat Klaus-Dieter Gröhler vor der ehemaligen Neuapostolischen Kirche, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Str. 141 Ehem. Neuapostolische Kirche
Die 1830 in Schottland gegründete Neuapostolische Kirche gründete 1899 eine Gemeinde in Charlottenburg und baute 1909 hier auf einem großen Hofgelände an der Wilmersdorfer Straße ihre eigene Kirche. Ein roter Klinkerbau mit hohen Giebelfronten nach Norden und Westen wurde mit einem nach Süden gerichteten Anbau versehen. An der westlichen Giebelfront befindet sich ein sandsteinernes Hauptportal in neoromanischem Stil. Die Neuapostolische Gemeinde verkaufte diese Kirche im Juli 2007.
Jetzt existieren in unserem Bezirk noch drei Gemeinden der Neuapostolischen Kirche: Charlottenburg in der Wernigeroder Straße 10, Schmargendorf in der Warnemünder Straße 3 und Wilmersdorf in der Ravensberger Straße 15.

Rogacki, 12.1.2013, Foto: KHMM

Rogacki, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Str. 145/146: Rogacki
1928 gründete der polnische Einwanderer Rogacki eine Räucherwarenhandlung im Wedding. Bereits 1932 siedelte sie in die Wilmersdorfer Straße über und wurde die erste Charlottenburger Aal- und Fischräucherei. Nach Kriegszerstörungen wurde das Geschäft wieder aufgebaut und erweitert. Zum Sortiment kamen jetzt Wild, Geflügel, Fleisch- und Wurstwaren. Später kamen eine Käseabteilung und eigene Bäckerei hinzu sowie der Gourmetstand. Rogacki ist ein Familienbetrieb in der dritten Generation. Nach wie vor ist die Herstellung von geräuchertem Fisch die Spezialität des Unternehmens. Rogacki ist längst eine Berliner Institution und ein Begriff für Feinschmecker, vor allem was Fisch betrifft.

Wilmersdorfer Str. 32: Stolperstein
Vor dem Haus Nummer 32 wurde am 5. Juni 2004 ein Stolperstein für Ludwig Hornung verlegt. Ludwig Hornung wurde am 19. Januar 1942 deportiert und in Riga ermordet.

Spielhagenstraße
Die Spielhagenstraße wurde 1902 nach dem Schriftsteller und Publizisten Friedrich Spielhagen (1829-1911) benannt. Er schrieb zunächst in der Gartenlaube und wurde zu einem der erfolgreichsten Romanciers in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mehr gelesen als beispielsweise sein Zeitgenosse Theodor Fontane. Seine Werke sind heute weitestgehend vergessen. Die erfolgreichsten waren “Hammer und Amboß” (1869, 5 Bände) und “Sturmflut” (1877, 3 Bände). Spielhagen starb 1911 in Charlottenburg.

Zillestraße
Die Zillestraße wurde 1947 nach dem Maler und Zeichner Heinrich Zille benannt. Von 1720 bis 1933 hieß sie Wallstraße und von 1933 bis 1947 Maikowskistraße. Heinrich Zille (1858-1929) wurde als “Pinselheinrich” zum wohl populärsten Graphiker und Zeichner Berlins.
Seine sozialkritischen und liebevollen Porträts der einfachen Leute, des “Milljöhs” brachten ihm viel Sympathie. 1970 wurde er postum zum Berliner Ehrenbürger ernannt.

Wilhelm Hoeck, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilhelm Hoeck, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Str. 149: Wilhelm Hoeck
Das älteste Restaurant Charlottenburgs wurde 1892 von Wilhelm Hoeck als Wein- und Sekthandlung eröffnet, die bald danach um eine Großdestillation, Likörfabrikation und eine Probierstube erweitert wurde. Ende der 1970er Jahre wurde hier “Ein Mann will nach oben” von Hans Fallada mit Manfred Krug verfilmt. Ein neuer Pächter hat das traditionsreiche Restaurant behutsam umgestaltet und ausgebaut, die Speisekarte modernisiert und im Oktober 2010 neu eröffnet.
Hier beginnt der historische Abschnitt der Wilmersdorfer Straße. Ab hier ist sie Teil der Altstadt Charlottenburg, die seit der Stadtgründung 1705 in dem Dreieck zwischen Schloßstraße, Zillestraße (damals Wallstraße) und Otto-Suhr-Allee (damals Berliner Straße) entstand. Die damalige Wallstraße bildete lange Zeit eine natürliche Grenze der Bebauung, weil an ihrer Südseite der “Schwarze Graben” oder auch “Lietzengraben” verlief. Er wurde um 1860 zugeschüttet. Erst danach konnten die Schloßstraße und die Wilmersdorfer Straße bis zur Bismarckstraße und darüber hinaus verlängert werden.

Thrasoltstraße
Die Thrasoltstraße wurde 1950 benannt nach dem Schriftsteller, Pfarrer und Pazifisten Ernst Thrasolt (1878 – 1945). Er wurde von der Gestapo verfolgt. Von 1824 bis 1950 hieß die Straße Kanalstraße, zuvor Am Graben.

Ecke Haubachstraße, 12.1.2013, Foto: KHMM

Ecke Haubachstraße, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Str. 19: Scharfrichter Julius Krautz
Laut Adressbuch wohnte 1885/86 der Scharfrichter Julius Krautz in der damaligen Wilmersdorfer Straße 13, heute die Nummer 19. Krautz arbeitete zunächst als Konditorlehrling, dann bei Verwandten in einer Abdeckerei. Abdecker waren damals nicht nur für die Tierkörperbeseitigung und –verwertung zuständig, sie fungierten auch als Scharfrichter. Eine Zeit lang Gehilfe des Brauchschweiger Abdeckers und Scharfrichters August Reindel, zog Krautz 1863 nach Berlin und arbeitete auch hier wieder bei einem Abdecker.
1878 legte er die Scharfrichterprüfung ab und wirkte seither als Berliner Scharfrichter, von 1881 bis 1889 als preußischer Scharfrichter.
Als ersten Delinquenten enthauptete Krautz den Hochverräter Max Hödel, der einen misslungenen Anschlag auf Kaiser Wilhelm I. verübt hatte. In den Stiel seines Richtbeils ritzte er die Namen der 55 von ihm hingerichteten Personen ein. Auch eine Frau zählte dazu. Dem britischen Historiker Richard J. Evans zufolge gilt Krautz als erster eindeutig professioneller Scharfrichter in der modernen Geschichte. Auch geht auf ihn die Standardbekleidung des Scharfrichters – Zylinder, Frack, Weste sowie weiße Handschuhe – zurück. Außerdem nahm er technische Verbesserung bei den Hinrichtungen vor.
Krautz soll Trinker und ein einsamer, verbitterter Mann geworden sein. Seine Ehe mit Auguste Marie Dorothea Mertens scheiterte 1881 nach neun Jahren. Er lebte anschließend mit einer Frau namens Greil zusammen.
1889 erschlug er in einer Gastwirtschaft einer seiner Gehilfen namens Gummich, wurde jedoch wegen Notwehr freigesprochen. Allerdings verzichtete die Justizbehörde von nun an auf seine Dienste. Sein Richtwerkzeug verkaufte er dem Berliner Panoptikum, wo es verloren ging. Danach betätigte er sich als Rossschlächter und Gastwirt. Krautz starb am 24. April 1921 in Rüdersdorf. Der von Heinrich Sochaczewsky unter dem Pseudonym Victor von Falk verfasste, mehr als 3.000 Seiten umfassende Kolportageroman „Der Scharfrichter von Berlin, Roman nach Acten, Aufzeichnungen und Mitteilungen des Scharfrichters Julius Krautz“ machte ihn berühmt und fast zum „Volkshelden“. Trotz des hohen Preises von 13 Goldmark wurde das Buch 250.000 Mal in mehreren Auflagen verkauft. Auch in der internationalen Presse fand Krautz’ Leben reges Interesse.

Haubachstraße
Die Haubachstraße wurde 1947 benannt nach dem Reichsbannerführer und Widerstandskämpfer Theodor Haubach. Er organisierte nach 1933 illegal Gruppen des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, wurde mehrfach in Konzentrationslagern inhaftiert, war als Informationsminister nach dem Attentat auf Hitler vorgesehen. Nach dem gescheiterten Attentat wurde er verhaftet und im Januar 1945 in Plötzensee hingerichtet.
Die Straße hieß bis 1937 Grünstraße und von 1937 bis 1947 Kauffmannstraße.
Die Kreuzung Wilmersdorfer Straße und Haubachstraße ist wohl eine der stadthistorisch interessantesten Straßenkreuzungen in Berlin überhaupt. Diese Ecke ist ein erstaunliches Zeugnis der Entwicklungsgeschichte der Altstadt Charlottenburg. Hier sind Gebäude aus den verschiedensten bauhistorischen Epochen auf engstem Raum versammelt.
In den vier Eckhäusern spiegeln sich die unterschiedlichen Bauformen wider, und es ist als außerordentlicher Glücksfall zu bezeichnen, dass die Gebäude im Rahmen der Erneuerung in oft mühevoller Kleinarbeit wiederhergestellt werden konnten.
Das älteste Gebäude ist das einstöckige Eckhaus Haubachstr. 13 / Wilmersdorfer Str. 18. Es ist vor 1823 zu datieren und entspricht der ursprünglichen Bebauung um 1705, für die Eosander von Göthe ein barockes Modellhaus entworfen hat. Es ist damit ein Beispiel für die frühen, eingeschossigen Ackerbürgerhäuser.
Bedingt durch die gewerbliche Nutzung gab es diverse Ladenumbauten und Fassadeneingriffe. Das Haus ist in Privatbesitz und wird leider derzeit nicht genutzt.
Direkt im Anschluss befinden sich nach beiden Seiten zweistöckige Häuser aus der Zeit unmittelbar vor dem Bauboom um 1890, in dem die fünfstöckigen Mietskasernen entstanden.
Die Wilmersdorfer Straße 18 wurde 1865, die Haubachstraße 15 1880 erbaut. Bei diesen zweigeschossigen Putzbauten mit Dachgeschoss ist der Fassadenstuck fast vollständig erhalten geblieben und im Rahmen der Erneuerung restauriert worden.
Wir befinden uns hier im Bereich des Charlottenburger Altstadtpfades, und die Tafel 5 informiert über die Besonderheiten dieser Ecke.
Der Spielzeugladen an der Ecke hat schon eine lange Tradition. Hier haben sich schon Generationen von hier im Kiez aufgewachsenen Kindern an den Schaufenstern die Nasen plattgedrückt.

In diesem nördlichen Bereich der Wilmersdorfer Straße lebte auch die Frau Schwanz, deren Auseinandersetzung mit den Behörden einen guten Einblick gibt in die damaligen Lebensverhältnisse in Charlottenburg:
Der Briefwechsel zwischen Frau Schwanz und der Polizei-Direktion Charlottenburgs zwischen 1873 und 1897 zeigt, wie sie versuchte, durch Bittgesuche ein Entgegenkommen der städtischen Behörden zu erreichen. Sie war jedoch nur selten erfolgreich. In einem Brief von ihr heißt es:
“Von der königlichen Polizei-Direction bin ich hier angewiesen, die Closetanlage auf meinem Grundstück, welche gegenwärtig nur in einem im Keller des Hauses aufgestellten, täglich geleerten Nachtstuhl besteht, in der Weise zu ändern, daß anstatt dieses Nachtstuhls eine Verschlußtonne an der selben Stelle angebracht werden soll. Da diese Änderung mit größeren Arbeiten an dem Kellereingang verknüpft sein wird und ich in meiner jetzigen Lage kaum im Stande bin, ohne Beistand dieselben auszuführen, so komme ich noch einmal auf meine Bitte zurück, mir die Beibehaltung der jetzigen Closetanlage bis zu dem Zeitpunkte gestattet zu wollen, wo mein Sohn aus Amerika zu mir zurückkehrt.
Derselbe, an dem ich eine Stütze habe, kann die gewünschte Änderung selbst ausführen (……)
Ferner ist mir seitens eines Herrn Wachtmeisters zur Last gelegt worden, daß ich der Unzucht Vorschub leiste dadurch, daß ich dem jungen Mädchen, welches bei mir in Schlafstelle wohnt, sträflichen Verkehr mit Männern in meiner Wohnung gestatte. Es ist dies eine ganz große Anschuldigung; das Mädchen, welches mit mir in einer Stube schläft, ernährt sich ehrlich durch ihre Arbeit in der Fabrik; sie geht morgens um 5 Uhr fort und kommt abends um 7 Uhr zu Hause; in meiner Wohnung hat sie keinen Umgang mit fremden Männern, den ich auch nicht dulden würde.”
So weit der Ausschnitt aus dem Brief der in der Wilmesdorfer Straße lebenden Witwe Schwanz an die königlichen Polizei-Direction.

Wilmersdorfer Straße 15, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Straße 15, 12.1.2013, Foto: KHMM

Wilmersdorfer Str. 15: Paul Hirsch
Im Haus Wilmersdorfer Straße 15, lebte von 1916 bis 1919 der sozialdemokratische Politiker und Schriftsteller Paul Hirsch. Von 1899 bis 1920 war er Charlottenburger und Berliner Stadtverordneter. 1908 wurde er als einer der ersten Sozialdemokraten ins Preußische Abgeordnetenhaus gewählt. Bis 1918 war er dort Fraktionsvorsitzender der SPD. Von 1918 bis 1920 war er preußischer Innenminister und einer der maßgeblichen Befürworter des Groß-Berlin-Gesetzes. Nach dem Kapp-Putsch im März 1920 trat er von allen Regierungsämtern zurück. Von 1921 bis 1925 war er Stadtrat und Stellvertretender Bürgermeister in Charlottenburg. Danach wurde er Bürgermeister von Dortmund. 1933 verlor er dieses Amt wegen seiner jüdischen Herkunft. Er starb 1940 in Berlin.

Behaimstraße
Die Behaimstraße wurde 1950 nach dem Nautiker und Geograph Martin Behaim (1459-1507) benannt. Die Straße hieß vorher Schulstraße.

Wilmersdorfer Str. 165: SEW
Wir schenken uns jetzt das letzte Ende der Wilmersdorfer Straße, die bis zur Otto-Suhr-Allee führt. In der Wilmersdorfer Straße 165 befand sich seit 1968 das Büro des Parteivorstandes der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins SEW, West-Berliner Ableger der SED.
Bis 1928 führte die Wilmersdorfer Straße noch über die Otto-Suhr-Allee hinaus bis zu dem großen Tanz- und Vergnügungslokal Flora an der Spree. 1928 wurde dieser Teil der Wilmersdorfer Straße in die Eosanderstraße mit einbezogen.
In der damaligen Wilmersdorfer Straße 166/167, heute Eosanderstraße 1/2 wurde 1901 die Städtische Volksbibliothek Charlottenburg eröffnet. Es war die erste Bibliothek in Deutschland, die nach dem Vorbild der “public libraries” in England und den USA alle Bevölkerungsschichten erreichen wollte. Sie sah für sich eine sozialpädagogische Aufgabe im Sinne der Arbeiterbildung. Die Bibliotheksleiterin Marie Nörenberg war die erste wissenschaftliche Bibliothekarin in Deutschland. Die Volksbibliothek wurde 1943 zerstört.
Wer sich dafür näher für diesen früheren Teil der Wilmersdorfer Straße interessiert, der kann das in der Ausstellung im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim genau nachlesen, die wir jetzt auf kürzestem Wege durch die Schustehrusstraße erreichen werden.

Schustehrusstraße
Die Schustehrusstraße wurde 1950 nach dem ersten Oberbürgermeister Charlottenburgs, Kurt Schustehrus benannt. Er wurde 1856 in Ostpreußen geboren. 1899 trat er sein Amt als Erster Bürgermeister in Charlottenburg an, 1900 wurde ihm der Titel Oberbürgermeister verliehen, was er bis zum seinem Tod 1913 blieb.
Die Straße hieß bis 1824 “Deichstraße”, danach bis 1950 “Scharrenstraße”.
Für die frühe Entwicklung Charlottenburgs spielte die damalige Deichstraße und spätere Scharrenstraße eine wichtige Rolle. Sie war die Hauptstraße der Stadt zwischen Schloßstraße und Berliner Straße (Otto-Suhr-Allee) mit der 1712 gebauten Luisenkirche auf dem Gierkeplatz im Zentrum.

Schustehrusstr. 13: Keramik-Museum-Berlin
Dies ist das älteste erhaltene, bzw. rekonstruierte Wohnhaus Charlottenburgs. Friedrich I, der Stadtgründer Charlottenburgs, ließ von seinem Hofarchitekten Eosander von Göthe das Straßennetz anlegen, die Grundstücke parzellieren und ein Musterhaus entwerfen. Jeder Bauwillige musste nach diesem vorgegebenen Musterentwurf bauen, denn die entstehende Stadt sollte ein regelmäßiges Erscheinungsbild erhalten. Heute existieren nur noch zwei Beispiele dieser Musterhäuser: in der Haubachstr. 8 und hier. Dieses Haus wurde 1712 von Gottfried Berger gebaut, einem Goldschmied und Gelbknopfgießer, der als Handwerker beim Schlossbau beschäftigt war.
Nach vielen Besitzerwechseln und Umbauten wäre das Haus am 24. Dezember 1983 beinahe einem Abrissversuch zum Opfer gefallen. Nach dem illegalen Teilabriss aber wurde es mit alten Baumaterialien und in alter Handwerkstechnik rekonstruiert.
Die Denkmalpflege sah hier die einmalige Möglichkeit, ein Haus zu retten, das uns bürgerliches Bauen demonstriert aus einer Zeit, aus der wir sonst in Berlin nur die erhaltenen Prachtbauten kennen.
Das Haus befindet sich in der Obhut des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf. Wir sind sehr froh, dass das Keramik-Museum-Berlin es angemietet und wieder öffentlich zugänglich gemacht hat.
Die Informationen über das Haus können Sie vor dem Haus auch auf der Tafel 6 des Altstadtpfades nachlesen.

Gierkeplatz
Der Gierkeplatz wurde 1950 benannt nach Anna von Gierke. Sie lebte von 1874 bis 1943 und war die Tochter des Juristen Otto von Gierke. Sie wurde von den Nationalsozialisten als “Halbjüdin” definiert und hatte als Leiterin eines Jugendheimes enge Kontakte zur Bekennenden Kirche.

Gierkeplatz 4: Gemeindehaus, Gedenktafel Dressel
Am Gemeindehaus der Luisenkirche erinnert eine Gedenktafel mit folgendem Text an den früheren Pfarrer Dressel:
“In dem Vorgängerbau dieses Hauses lebte von 1778 bis 1824
der Charlottenburger Oberpfarrer
JOHANN CHRISTIAN GOTTFRIED DRESSEL
22.9.1751-16.10.1824
Der aufgeklärte Prediger führte die
Reformpädagogik Pestalozzis ein, ordnete
die Schulverhältnisse neu und richtete eine
städtische Armenpflege ein.”
Fast alles, was wir über die Frühzeit Charlottenburgs wissen, wissen wir von Dressel, der uns zwei ausführliche Chroniken hinterlassen hat, geschrieben 1813 und 1816.
Im Gemeindehaus der Luisenkirche spielt seit September 2008 auch das Puppentheater Berlin. Es wurde 1984 von Ulrich Treu als privat geführtes Puppentheater gegründet. Ulrich Treu ist Absolvent der Ernst-Busch-Hochschule für Schauspielkunst. Nachdem das Puppentheater sein früheres Domizil an der Haubachstraße verlassen musste, stellte der Bezirk vorübergehend das Kommandantenhaus am Spandauer Damm 17 zur Verfügung. Da dieses Haus für die Erweiterung des Museums Berggruen gebraucht wurde, musste das Puppentheater wieder umziehen, diesmal hierher an den Gierkeplatz.

Luisenkirche
“Neue Kirche auf’m Berg” nannte Eosander in seinem Plan von 1705 den Standort der Kirche auf dem früheren Kirchplatz. Friedrich l. hatte sie als gemeinsame Kirche für die Reformierten und Lutheraner bestimmt.
Die barocke “Parochial-Kirche” mit ihrem kreuzförmigen Grundriss wurde nach den Plänen von Baumeister Gerlach unter der Leitung von Baumeister Böhme 1712-18 erbaut. 1826 baute Schinkel im Biedermeierstil den quadratischen, dreigeschossigen, mit breit verzierten Gurtgesimsen voneinander abgesetzten Turm an. Nach dem Umbau erhielt die Kirche den Namen der verstorbenen Königin Luise. Die Kirche erlitt 1943 schwerste Kriegsschäden.
Von 1950 bis 1953 wurde das historische Erscheinungsbild des Baudenkmals von der Kirchengemeinde in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt nach den Plänen von Gerlach restauriert.
Die Fassadeninstandsetzung von 1976/77 knüpft an die üblichen warmgelben Farbtöne der barocken Erbauungszeit an.
Vor der Luisenkirche informiert die Tafel 8 des Altstadtpfades.

Schustehrusstr. 43: Schule am Schloss
Das Schulhaus wurde 1919-22 von Hans Winterstein als Sophie-Charlotte-Schule erbaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde daraus die Schlesien-Oberschule. Sie wurde 2004 umbenannt in Oppenheim-Oberschule. Damit sollte an Margarethe und Otto Georg Oppenheim erinnert werden, deren Sommersitz sich von 1882 bis 1910 auf dem Grundstück befand, auf dem heute unter anderem die Schule steht. 2010 erhielt die Schule als Integrierte Sekundarschule den Namen Schule am Schloss.

Schustehruspark
Das Grundstück der Schule und der angrenzende Schustehruspark gehörten früher zur “Villa Oppenheim”. Die Stadt Charlottenburg erwarb 1911 das Gelände, um einen öffentlichen Park zu schaffen. Der Charlottenburger Gartendirektor und Gartenarchitekt Erwin Barth legte 1914 die geometrische Parkanlage an.
Er hat zahlreiche Stadtplätze und Parks in Charlottenburg gestaltet. Er sah die Gartenkunst als eine soziale Aufgabe an. Hier sollten Ruheplätze, Gärten und Spielplätze für diejenigen entstehen, die nicht über eigenen Grund und Boden verfügten.
1845 hatte der Bankier Alexander Mendelssohn das Anwesen gekauft, auf dem heute der Schustehruspark, die Schule am Schloss und die Villa Oppenheim untergebracht sind. Mendelssohn bebaute es mit der ‘Villa Sorgenfrei’ und einigen Nebengebäuden. Er war Besitzer des renommierten Berliner Privatbankhauses Mendelssohn Et Co. und gleichzeitig Ehrenbürger der Stadt Charlottenburg.
1888 übernahm sein Schwiegersohn Otto Georg Oppenheim das gesamte Anwesen, ließ die ‘Villa Sorgenfrei’ abreißen und baute an ihrer Stelle ein zweigeschossiges Haus, die heutige Villa Oppenheim.
Auf dem 28.000 Quadratmeter großen Grundstück entstanden außerdem eine Kegelbahn, ein Tennisplatz, Gartensaal und Treibhäuser.
Nach dem Tod Otto Georg Oppenheims wurde 1910 dessen Sohn Hugo Oppenheim Besitzer des Anwesens. Der Multimillionär Hugo Oppenheim war Teilhaber des Berliner Privatbankhauses Robert Warschauer & Co. Er verkaufte den gesamten Grundstückskomplex 1911 für 1,5 Millionen Mark an die Stadt Charlottenburg. Denn die Villa Oppenheim war inzwischen durch die umliegende Mietshausbebauung ein Anachronismus geworden.
Das Grundstück war umstellt von hohen Mietshäusern, aus deren oberen Stockwerken man auf die Gartenanlage herab sehen konnte. Damit war die Intimität des großbürgerlichen Wohnens verloren gegangen.

In der Villa Oppenheim, 12.1.2013, Foto: KHMM

In der Villa Oppenheim, 12.1.2013, Foto: KHMM

Villa Oppenheim
Die kriegsbeschädigte und zunächst nur notdürftig wiederhergestellte ‘Villa Oppenheim’ wurde 1986 restauriert. Seither ist sie in der Berliner Kultur eine bekannte Adresse. Nach umfangreicher Renovierung und Sanierung wurde die Villa Oppenheim vor einem Jahr, am 22. Januar 2012, mit dem Museum Charlottenburg-Wilmersdorf wiedereröffnet. Sie zeigt als Dauerausstellung unter dem Titel “SammlerStücke” die Charlottenburger Kunstsammlung und unter dem Titel “Sorgenfrei” eine Ausstellung zur Geschichte des Hauses und der Familien Mendelssohn und Oppenheim. Am 25. November des letzten Jahres wurde die Ausstellung “Die Wilmersdorfer – Geschichte einer Straße” eröffnet, die bis zum 30. Juni dieses Jahres gezeigt werden soll. Der Eintritt ist frei.
Ich freue mich, dass die Leiterin des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf, Frau Birgit Jochens, heute hier ist und uns die Ausstellung und ihr Haus vorstellen wird.