Stolpersteine Regensburger Straße 10

Hausansicht Regensburger Str. 10

Diese Stolpersteine wurden am 10.10.2017 verlegt. Die Stolpersteine für Dr. Ephraim, Sinaida und Ruth Grünspohn wurden am 8. April 2022 verlegt.

Stolperstein Samuel Tauer

HIER WOHNTE
SAMUEL TAUER
JG. 1886
DEPORTIERT 25.1.1942
RIGA
ERMORDET

Samuel Tauer wurde am 14.Juni 1886 in Krementschug/Poltrava in Russland geboren. Er war Diplom – Ingenieur und verheiratet mit Marie Rosenkranz, geboren am 28. November 1890. Sie verstarb am 20. November 1931 und wurde am 23. November 1931 auf dem jüdischen Friedhof Weissensee beigesetzt. Das Ehepaar wohnte in der Weimarischen Str. 28 in Wilmersdorf. Nach Meldeunterlagen ist Samuel Tauer nach dem Tod seiner Frau noch in die Livländische Straße 9a gezogen, die auch in der gleichen Gegend in Wilmersdorf lag, bevor er später in die Regensburger Str.10 zog. Kurz vor seiner Deportation musste er auch diese Wohnung verlassen. Er wurde zur Untermiete bei Kohn in der Regensburger Straße 27 zwangseingewiesen, bevor er am 25.Januar 1942 nach Riga deportiert und dort ermordet wurde. Der 10. Osttransport fuhr vom Bahnhof Berlin-Grunewald in gedeckten Güterwagen ab. Die Insassen waren vollkommen ungeschützt der eisigen Kälte ausgesetzt. Bei Ankunft in Riga waren bereits viele Menschen erfroren, andere durch die Kälte stark geistig verwirrt. Sie wurden sogleich beim Ausladen in Riga-Skirotava erschossen.

Biografische Zusammenstellung: Siegfried Dehmel Quellen: Bundesarchiv – YAD VASHEM – Jüdischer Friedhof Weissensee – Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“

Stolperstein Hedwig Ascher

HIER WOHNTE
HEDWIG ASCHER
GEB. BOAS
JG. 1866
DEPORTIERT 14.8.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 21.12.1942

Hedwig Fanny Boas kam am 13. Februar 1866 als Tochter von Max Siegfried Boas und Eleonore Boas geborene Lewinstein in Berlin auf die Welt. Hedwig hatte drei Schwestern, Therese (*1864), Marie (*1870) und Käthe (*1876), die bereits im Alter von 20 Jahren nach einer langen Erkrankung starb.
Am 11. Oktober 1890 heiratete Hedwig den in Crone an der Brahe (Koronowo, Polen)) geborenen Arnold Aron Ascher.

Verlobungsanzeige

Das Ehepaar zog in die Gitschiner Straße in Kreuzberg. Ein Jahr nach der Hochzeit, im September 1891, brachte Hedwig ein totes Mädchen zur Welt. Die Ehe blieb von da an kinderlos.
Die berufliche Tätigkeit ihres Mannes wird in den Adressbüchern mit „Arnold Ascher, Agentur Commission“ angegeben, was auf eine kaufmännische Tätigkeit hindeutet. Seine Geschäfte müssen gut gelaufen sein, er legte das Geld in Wertpapieren an, sodass Hedwig kurz vor ihrer Deportation noch ein Guthaben von fast 10 000 Reichsmark bei verschiedenen Banken hatte.

Sie verlor nach und nach ihre engsten Familienangehörigen durch Tod. Zuerst starb ihre Schwester Käthe 1896, 1905 ihr Vater Max, 1911 ihre Schwester Therese und 1914 ihre Mutter Eleonore. Zuletzt starb ihr Mann am 17.April 1922 und wurde vier Tage später auf dem Jüdischen Friedhof in Weissensee beigesetzt. Die Witwe blieb bis 1934 in der ehelichen Wohnung in der Kreuzberger Lindenstraße 15 wohnen, ab 1935 lebte sie in der Regensburger Straße 10 mit eigenem Hausstand. Die Wohnung musste Hedwig nach Inkrafttreten des Gesetzes von 1940 über Mietverhältnisse mit Juden zwangsweise verlassen. Sie wurde am 1. September 1941 zur Untermiete in der Heilbronner Straße 22 bei Wodak einquartiert. Für ihr Zimmer musste sie 140 Reichsmark zahlen und bekam dafür auch ein „Mittagsbrot“ von Frau Wodak.

Diese war selbst Jüdin, jedoch mit einem Nichtjuden verheiratet. Hedwig Ascher blieben in diesem letzten Jahr vor ihrer Deportation nur wenige Habseligkeiten, darunter eine minimale Einrichtung ihres Zimmers im Wert von knapp 160 Reichsmark und eine geringe Summe an Barvermögen, wie sie in der erzwungenen „Vermögenserklärung“ vom 9. August 1942 angab.

Aus dem Haus Heilbronner Straße 22 und weiteren Häusern aus der näheren Umgebung wurden zusammen mit Hedwig Ascher zahlreiche ältere Menschen am 14. August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Die unmenschlichen Lebensbedingungen, drangvolle Enge in den Unterkünften, Ungeziefer, Hunger und Seuchen im Getto führten Hedwig Aschers baldigen Tod herbei. Sie wurde am 21. Dezember 1942 ums Leben gebracht, die offizielle Todesursache lautete verharmlosend „Altersschwäche“.

Recherche und Text: Karin Sievert

Quellen: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945 Theresienstädter Gedenkbuch Holocaust.cz Brandenburgisches Landeshauptarchiv www.blha.de Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin Landesarchiv Berlin – WGA und Standesamtseintragungen Deportationslisten

Stolperstein Emmy Hammerstein

HIER WOHNTE
EMMY HAMMERSTEIN
GEB. SALINGER
JG. 1885
DEPORTIERT 13.1.1942
RIGA
ERMORDET

Emmy Salinger wurde am 14. Januar 1885 im havelländischen Rathenow geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Gustav Salinger und seine Frau Rosa geb. Lesser. Emmy hatte drei weitere Geschwister, Flora, geboren am 18.Juli 1877, verstarb bereits im Kindesalter, Georg, * 21. Januar 1879 und Willy, * 30. Dezember 1880.
Foto der

Verlobung der Tochter Emmy

Verlobung der Tochter Emmy

Emmy verlobte sich mit dem Berliner Kaufmann Heinrich Hammerstein, geboren am 1. August 1872. Die Hochzeit fand am 10. September 1908 statt. Im Februar 1910 kam der einzige Sohn Leo auf die Welt. Damals wohnte die Familie in der Schöneberger Speyerer Straße 2. In den 20er Jahren lebte sie in die Regensburger Straße 10- damals Nr. 10a.

1927 wurde die Ehe von Emmy und Heinrich geschieden. Heinrich Hammerstein erlag ein Jahr später, am 18. Mai 1928 einem Herzschlag. Sein Leichnam wurde im Krematorium Wilmersdorf eingeäschert und die Urne in einem Familiengrab im Jüdischen Friedhof Schönwalder Allee beigesetzt.

Emmy und ihr Sohn Leo blieben in der Regensburger Straße 10 wohnen. Wie Emmy ihren Lebensunterhalt bestritt ist unklar, möglicherweise erhielt sie Unterstützung durch Leo, der in der Textilfirma „Setanda, Willy Kaltenbach“ als kaufmännischer Angestellter eine verantwortungsvolle Position innehatte. Im Februar 1938 wurde Leo die Anstellung „durch Umstellung im Betrieb“, in Wirklichkeit wegen seiner jüdischen Herkunft, gekündigt. Er heiratete einige Monate später und beschloss mit seiner Frau Vera in die USA auszuwandern. Sie hatten bereits ein Affidavit und waren im amerikanischen Konsulat registriert. Das Einreisevisum ließ jedoch auf sich warten, so beschloss das junge Ehepaar, unter dem Druck der zunehmenden Verfolgung nach den Novemberpogromen, so schnell wie möglich das Land zu verlassen und schiffte nach Shanghai ein. Erst 1948 konnten sie in die USA einreisen. Dort fand Leo Hammerstein zum ersten Mal nach seiner Kündigung im Februar 1938 wieder eine Anstellung.

Emmy Hammerstein blieb allein zurück. Ihr Mutter Rosa war schon im Oktober 1934 im Alter von 82 Jahren verstorben, es hieß an Altersschwäche. Gustav Salinger starb 1941 an den Folgen einer Lungenentzündung. Er wohnte damals in Pankow, in der Berliner Straße. Die letzte Wohnung der Familie Salinger in der Schöneberger Motzstraße hatte er längst verlassen müssen. Auch Emmy war zuvor schon gezwungenermaßen aus der Regensburger Straße 10 ausgezogen. Ihre letzte Unterkunft vor der Deportation war in der Paulsborner Straße 2 als Untermieterin bei Heimann.

Ob Emmy noch Kontakt zu ihren Brüdern hatte, deren Schicksal völlig im Dunkeln liegt, ist nicht bekannt. Da Willy und Georg weder im Gedenkbuch als Opfer des Nationalsozialismus noch in den Bestattungsunterlagen der Friedhöfe zu finden sind, besteht die Möglichkeit, dass sie ihr Leben durch Flucht aus Nazideutschland retten konnten.

Emmy Hammerstein hatte sich Mitte Januar 1942 in der als Sammellager missbrauchten Synagoge in der Levetzowstraße einzufinden, von wo der Weitertransport zum Bahnhof Grunewald organisiert wurde. Schwache, Kranke und Kinder wurden in offenen Lastwagen transportiert, alle anderen mussten auf langen Wegen unter den Augen der Berliner Bevölkerung durch die Stadt laufen. Zusammen mit über 1000 weiteren jüdischen Menschen wurde Emmy Hammerstein am 14. Januar 1942 nach Riga deportiert.

Auf der Deportationsliste wurde Emmy Hammerstein als arbeitsfähig eingestuft, die Berufsangabe war „Pflegerin“. Offenbar sollte sie im Getto noch in einem Krankenhaus arbeiten, bevor sie selbst den unmenschlichen Lebensbedingungen zum Opfer fiel.

Recherche und Text: Karin Sievert

Quellen: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945 Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Entschädigungsbehörde Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Landesarchiv Berlin WGA Deportationslisten Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“ Yad Vashem – Opferdatenbank Archiv Centrum Judaicum

Stolperstein Leonie Hilb

HIER WOHNTE
LEONIE HILB
JG.1885
DEPORTIERT 10.9.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Leonie Hilb wurde am 29. Dezember 1885 in Esslingen am Neckar geboren. Ihre Eltern waren Jakob und Johanna Hilb. Leonie war das dritte Kind nach Martha und Julius. Nach der Heirat übernahm Jakob Hilb den Tuch- und Seidenhandel seines Vater Louis Hilb, was im Adressbuch Esslingen von 1889 zu finden war. Leonie Hilb, die unverheiratet war, zog nach Berlin, wo sie im Jüdischen Adressbuch von Groß-Berlin 1929/1930 und 1931 verzeichnet ist als wohnhaft in Charlottenburg Berliner Straße 54, der heutigen Otto-Suhr-Allee. Von Beruf war sie Stenotypistin und Buchhalterin. Wann und warum Leonie Hilb in die Regensburger Str. 10 umgezogen ist konnte nicht ermittelt werden. Sie war in der Firma „Fliess und Arnold“ als Buchhalterin angestellt. Bis zum Februar 1943 wohnte sie in der Regensburger Straße. Gezwungenermaßen musste sie diese Wohnung verlassen. Ihr vermutlich ebenfalls jüdischer Arbeitgeber Arnold, Mitinhaber der Firma „Fliess und Arnold“ stellte ihr ein teilmöbliertes Zimmer für 25 Reichsmark monatlich zur Verfügung. Die Firma war in der Konstanzer Straße 51. Dort befand sich auch die Wohnung Arnolds. Als Leonie Hilb vor ihrer Deportation gegenüber der Oberfinanzdirektion am 4. September ihre Vermögenserklärung ausfüllte, gab sie an, dass Arnold „ausgewandert“ sei – eine beschönigende Umschreibung für Deportation. Am 10. September 1943 wurde Leonie Hilb nach Auschwitz deportiert. Der Zug mit 49 Personen in einem einzigen Waggon kam am 11. September im Lager an. Es waren überwiegend Juden, die bis zum Aufgreifen durch die Gestapo in der Illegalität versteckt gelebt hatten. Lediglich 9 Frauen dieses Transports wurden in das Lager aufgenommen, die übrigen Menschen wurden sofort nach ihrer Ankunft getötet.

Biografische Zusammenstellung: Siegfried Dehmel

Quellen : Bundesarchiv – Stadtarchiv Esslingen – Jüdisches Adressbuch –Berlin Brandenburgisches Landeshauptarchiv – Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“

Stolperstein Anna Lesser

HIER WOHNTE
ANNA LESSER
JG. 1885
DEPORTIERT 29.11.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Anna Lesser wurde am 24. November 1885 in Berlin geboren. Ihre Eltern Isidor Lesser, von Beruf Kaufmann, und seine Frau Rosalie geborene Blumenkohl hatten insgesamt drei Kinder. Anna war die Älteste, im Dezember 1887 kam Walter auf die Welt und im Mai 1891 wurde Kurt geboren. Kurt wurde nur 23 Jahre alt, er starb im ersten Weltkrieg 1915 als Unteroffizier im Gefecht. Damals lebte er noch bei seiner Mutter in der Goethestraße 8. Der Vater Isidor Lesser war schon 1912 im Alter von 63 Jahren verstorben.

Über Anna Lessers Kindheit, Schul- und Berufsbildung ist nichts bekannt. Sie war unverheiratet.

Anna Lesser blieb bis mindestens 1931 in der elterlichen Wohnung in der Goethestraße wohnen, von 1935 bis 1941 ist sie als Frl. Lesser unter der Adresse Regensburger Straße 10 verzeichnet. Eine Berufsbezeichnung ist nicht hinzugefügt. Dass sie eine Verwandte des seit 1914 im selben Haus lebenden Wirtschaftprüfers Ernst Lesser war, kann nur vermutet werden.

Anna Lesser musste ein Jahr vor ihrer Deportation ihre eigene Wohnung räumen. Sie wurde bei anderen Mietern am Savignyplatz 4 einquartiert. Die großen Wohnungen in den bevorzugten Gegenden wurden frei gemacht, um Wohnraum für Funktionäre des NS – Regimes und für Bombengeschädigte zu schaffen. Wir wissen nicht, unter welchen Umständen Anna im letzten Jahr vor ihrem Tod leben musste – abgesehen von den hinreichend bekannten Diskriminierungen und Schikanen im öffentlichen Bereich. Die „Vermögenserklärung“, die Juden wenige Tage vor ihrem Abtransport gegenüber der Oberfinanzdirektion abgeben mussten und die Aufschluss über ihren letzten Besitz gaben, ist für Anna Lesser nicht mehr vorhanden. Meistens waren es nur wenige Habseligkeiten, die den Menschen in ihrer letzten Unterkunft geblieben waren.

Am 29. November 1942 wurde Anna Lesser zusammen mit fast 1000 anderen Menschen nach Auschwitz deportiert. In diesem Transport befanden sich auch 36 Kinder aus dem Auerbach’schen Waisenhaus. 20 von ihnen waren jünger als 5 Jahre. Anne Lesser galt mit ihren 57 Jahren noch als arbeitsfähig. Man kann davon ausgehen, dass sie nach Ankunft noch im Lager registriert und zu Arbeitseinsätzen gezwungen wurde.

Recherche und Text: Karin Sievert

Quellen: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945 Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin Landesarchiv Berlin Deportationslisten Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“ Yad Vashem – Opferdatenbank

Stolperstein Pauline Meyer

HIER WOHNTE
PAULINE MEYER
GEB. WOLFF
JG. 1874
DEPORTIERT 26.6.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 19.10.1942

Am 4. März 1874 kam Pauline als Tochter von Wilhelm Wolff und seiner Frau Selma geb. Ball in Berlin auf die Welt. Sie hatte noch einen älteren Bruder, Martin, der am 26. September 1872 geboren worden war. Wilhelm Wolff war Ingenieur und ließ seinen Sohn Martin am Französischen Gymnasium das Abitur machen und danach Jura studieren. Pauline erlernte keinen Beruf.

Sie heiratete am 9. April 1897 im Alter von 23 Jahren den Chemiker Richard Joseph Meyer. Während ihrer Ehe hat sie sich um den Haushalt gekümmert und ihrem Mann den „Rücken freigehalten“. Auch die Erziehung der am 28. März 1899 geborenen Tochter Elisabeth war – wie damals üblich – der Mutter vorbehalten
.
Richard Joseph Meyer hatte bereits 1890 ein Studium der Naturwissenschaften, Mathematik und Philosophie abgeschlossen und promoviert. Ab 1900 bis 1933 lehrte er als außerordentlicher, nicht verbeamteter Professor für anorganische Chemie in Berlin. 1931 wohnten Pauline und ihr Mann lt. Jüdischem Adressbuch in der Meineckestraße 8, die Tochter Elisabeth, obwohl nicht verheiratet, lebte nicht mehr bei den Eltern. In der Volkszählungskartei von 1939 war sie im Bezirk Tiergarten verzeichnet.

Im Zuge der ersten Maßnahmen 1933 gegen die jüdische Bevölkerung war Richard Joseph Meyers Lehrtätigkeit an der Universität eingeschränkt worden. Die Familie Meyer verließ in diesem Jahr die Wohnung in der Meineckestraße 8 und zog in die Landshuter Straße 11, wo sie bis 1936 wohnte. Bis 1939 ist Prof. Dr. phil. R. Meyer unter der Adresse Schlüterstraße 52 eingetragen. Am 18. Juni 1939 starb Paulines Mann. Über die Todesumstände ist nichts bekannt. Die zunehmende Entrechtung und Verfolgung der Juden werden mit Ursache seines Todes gewesen sein. Pauline Meyer beerdigte ihren Mann in einem Familiengrab auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee.

Pauline, nun auf sich allein gestellt, zog in die Regensburger Straße 10. Sie lebte vermutlich zur Untermiete, ihr Name taucht in den Adressbüchern jedenfalls als Haushaltsvorstand nicht auf.

Ihr Bruder Martin Wolff, inzwischen ein angesehener Jurist und Hochschullehrer, der wegen seiner jüdischen Abstammung schon 1934 von seinem Lehrstuhl an der Friedrich–Wilhelms–Universität verdrängt worden war, hatte 1938 Nazideutschland verlassen und war nach England geflohen.
Die weiteren drei Jahr bis zu ihrer Deportation 1942 nach Theresienstadt, werden für Pauline von Angst und Not geprägt gewesen sein. Immer neue Verordnungen und Erlasse schränkten die Lebensbedingungen der jüdischen Bevölkerung in unerträglicher Weise ein. Da für Pauline Meyer keinerlei Akten der Oberfinanzdirektion mehr existieren, wissen wir nichts über ihre finanziellen Mittel, über die sie vielleicht noch verfügen konnte. Ebenfalls ist über die Lebensumstände ihrer Tochter Elisabeth nichts bekannt.

Pauline und Elisabeth Meyer wurden zusammen am 26. Juni 1942 in das Getto Theresienstadt deportiert. Ihre letzte gemeinsame Unterkunft in Berlin war die Georg – Wilhelmstraße 12 in Halensee.

Im Getto war Pauline war mit ihrer 43jährigen Tochter im selben Block, jedoch in verschiedenen Räumen untergebracht. Elisabeth, noch als arbeitsfähig eingestuft, erlag den unmenschlichen Lagerbedingungen am 24. Januar 1944.
Pauline Meyer starb im Getto am 19. Oktober 1942, knapp vier Monate nach ihrer Einlieferung. Dass in der Todesfallanzeige als Todesursache „Cachexia – Erschöpfung“ angegeben wurde, verrät, wie grausam die Lebensbedingungen in diesem Konzentrationslager waren.

Recherche und Text: Karin Sievert

Quellen: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945 Theresienstädter Gedenkbuch Holocaust.cz Brandenburgisches Landeshauptarchiv www.blha.de Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin Landesarchiv Berlin Deportationslisten Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“ Yad Vashem – Opferdatenbank https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Joseph_Meyer https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wolff_(Rechtswissenschaftler)

Stolperstein Hertha Scheer

HIER WOHNTE
HERTHA SCHEER
JG. 1891
DEPORTIERT 19.1.1942
RIGA
ERMORDET

Hertha Scheer lebte in der Regensburger Str. 10 in Berlin Wilmersdorf. Die Geburtsurkunde gibt Auskunft darüber, dass sie am 9. April 1891 in Berlin geboren wurde. Ihr Vater Max Scheer hat am 11. April 1891 beim Standesamt die Geburt seiner Tochter angezeigt. Die Mutter war Ernestine Scheer geborene Hirschson. Im Berliner Adressbuch von 1930/31 wohnte sie in Berlin W 30, in der Schwäbischen Straße 29, wann sie in die Regensburger Str, 10 umgezogen ist konnte nicht festgestellt werden, aber in der Volkszählung von 1939 ist sie verzeichnet und man kann daraus schließen, dass es der letzte Wohnsitz gewesen ist. Hertha Scheer wurde am 19. Januar1942 nach Riga deportiert.

Quellen : Gedenkbuch – Standesamt – Adressbuch Berlin

Text: Siegfried Dehmel

Stolperstein Dr. Ephraim Grünspohn Regensburger Straße 10

Stolperstein Dr. Ephraim Grünspohn

HIER WOHNTE
DR. EPHRAIM
GRÜNSPOHN
JG. 1895
VERHAFTET 21.6 1941
LAGER GROSSZIETHEN
AUSGEWIESEN JULI 1941
SOWJETUNION
GEFÄNGNIS LUBJANKA
ÜBERLEBT

Familie Grünspohn 1957 in Riga

Das Bild zeigt Ephraim und Sinaida mit Ruth und deren Tochter Inna, 1957 in Riga.

Ephraim Grünspohn und Sinaida Grünspohn geb. Fischmann stammten aus Lettland. Beide wurden in Riga geboren, Ephraim am 8. August 1895, Sinaida am 11. März 1891. Kennengelernt haben die beiden sich in Berlin, wo Ephraim seit 1919 lebte und bis 1922 Medizin studierte. Sinaida hatte in Dorpat (heute: Tartu) Zahnmedizin studiert und heiratete Ephraim in Berlin im Jahre 1921. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor, Ruth Fitingof geb. Grünspohn, geboren am 22. März 1924.

Ephraim war zu der Zeit von Ruths Geburt schon so erfolgreich als Arzt in Berlin tätig, dass er bereits im Jahre 1923 das damalige Grundstück Lichtenberger Straße 4 in Berlin-Friedrichshain erwerben konnte, das heute zum Teil Bestandteil des „Platz der Vereinten Nationen“ ist. Seine Praxis hatte Dr. Grünspohn in der Gossowstraße 3. Gewohnt hat die Familie in der Regensburger Straße 10, bis sie nach dem Überfall des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion als „Feindstaatsangehörige” verhaftet und deportiert wurden.

Das rettete ihnen zwar das Leben, doch bedeutete es nicht die Freiheit: Ephraim wurde von den Sowjets als möglicher deutscher Spion verhaftet, im berüchtigten Lubjanka-Gefängnis verhört und ein Jahr inhaftiert, bevor er in ein Arbeitslager in Kotlas, einer Stadt im Norden Russlands, verbannt wurde. Erst 1946 wurde er entlassen. Ein Wohnsitz in einer Großstadt blieb ihm jedoch weiter verboten, sodass die Familie in die lettische Heimat zog, wo Ephraim in der Kleinstadt Ludza praktizierte. Erst nach seiner Pensionierung durfte er seinen Wohnsitz wieder in seiner Geburtsstadt Riga nehmen, wo er 1966 verstarb. Sinaida und Ruth konnten 1981 gemeinsam mit Ruths Mann und der Tochter Inna in die USA auswandern.

Verfasser: Mark Swatek- Evenstein

Quellen:
Jüdisches Adressbuch für Groß-Berlin, Ausgabe 1929/30 bzw. 1931
Bundesarchiv BArch R 1509
Felicity Barringer, “Flight from Sorrow”, New York: Atheneum (1984)
Privatarchiv Familie Grünspohn/Fitingof
Foto aus Privatbesitz

Ruths Enkel David war bei der Stolpersteinlegung anwesend.

Stolperstein Sinaida Grünspohn Regensburger Straße 10

Stolperstein Sinaida Grünspohn

HIER WOHNTE
SINAIDA GRÜNSPOHN
GEB. FISCHMANN
JG. 1891
INTERNIERT JUNI 1941
LAGER GROSSZIETHEN
AUSGEWIESEN JULI 1941
SOWJETUNION
ÜBERLEBT

Stolperstein Ruth Grünspohn

Stolperstein Ruth Grünspohn

HIER WOHNTE
RUTH GRÜNSPOHN
VERH. FITINGOF
JG. 1924
INTERNIERT JUNI 1941
LAGER GROSSZIETHEN
AUSGEWIESEN JULI 1941
SOWJETUNION
ÜBERLEBT