Stolperstein Goethestraße 80

Hausansicht Goethestr. 80

Dieser Stolperstein wurde am 9.6.2015 verlegt.

Stolperstein Richard Frey

HIER WOHNTE
RICHARD FREY
JG. 1874
DEPORTIERT 2.4.1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

Monument Julius Berger, Jüdischer Friedhof Weissensee Feld B VI, Erbbegräbnis Nr.3579

Dieser Stolperstein wurde von Florence Springer Moehl (Berlin) gespendet und am 9.6.2015 verlegt.

Richard Frey wurde am 12. Dezember 1874 in Myslowice bei Kattowitz in Schlesien geboren. Nach dem Abitur am dortigen Gymnasium absolvierte er an der Technischen Hochschule zu Breslau das Architekturstudium.

Von 1914 bis 1918 war er als Soldat im Ersten Weltkrieg eingezogen.
Nach Kriegsende ließ er sich als selbständiger Architekt in Berlin nieder.
Hier heiratete er 1921 die Bankierstochter Gertrud Elkan, geboren am 18. Februar 1886 in Berlin. Sie hatten zwei Töchter, Ingeborg Amalie, geboren 1922, und Gisela Rosa, geboren 1923. Gertrud Frey starb am 26. Dezember 1937 in Berlin und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee beerdigt. Den Grabstein setzte ihr Ehemann. Gertrud Freys Bruder Fred Elkan lebte 1958 in Massapequa, NY, USA.

Beruflich spezialisierte sich Richard Frey auf Sanierung von Altbauten, Umbau von Altbau-Großwohnungen in moderne Kleinwohnungen, Fassadenrenovierung, Bauleitungen. So renovierte er das Mietshaus Motzstraße 30 in Schöneberg, in dem er sein Büro und einen Ausstellungsraum unterhielt, und Mommsenstraße 69 in Charlottenburg, wo er auch die Fassade wiederherstellte.

Er war auch als Bildhauer tätig. So entwarf und errichtete er verschiedene Grabdenkmäler auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee, so in den Jahren 1928/1929 das Mausoleum der Familie Kommerzienrat Julius Berger.

Darüberhinaus war Richard Frey vielseitig künstlerisch und kulturell engagiert, so als Mitglied der Goethe-Gesellschaft. In der Wohnung der Familie Frey fanden Kammermusikabende statt, bei denen Richard den Geigenpart spielte. Er war Schüler des bekannten Violinisten Alfred Wittenberg, der 1939 vor den Nationalsozialisten nach Shanghai floh.

Die Machtübernahme der Nazis 1933 brachte für Richard Frey als Juden zunehmende berufliche Einschränkungen. 1938 wurde gegen ihn ein vollständiges Berufsverbot verhängt. Nach dem Tod seiner Frau Gertrud 1937 konnte seine jüngere Tochter Gisela Rosa 1938 als Jugendliche ins damalige Palästina fliehen.

Richard Frey versuchte sich mit Aufträgen für Grabmäler auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee durchzuschlagen. Aber Emigration und Verarmung der Berliner Juden machten auch diese Möglichkeit zunichte. Zuletzt verdiente er seinen Lebensunterhalt als Arbeiter in einer Steinmetzfirma.

Am 2. April 1942 wurde er zusammen mit 1025 Juden von Berlin aus in das Warschauer Ghetto deportiert und ermordet. Die früher in der Literatur angegebene Zielangabe „Trawniki“ für diesen Transport ist fehlerhaft, sie wurde inzwischen im Gedenkbuch des Bundesarchivs korrigiert. Das weitere Schicksal der Menschen dieses Transportes ist nicht mehr zu klären, da es nur unvollständige Listen – ob Weitertransport oder im Warschauer Ghetto ermordet – dazu gibt.

Seine älteste Tochter Ingeborg Amalie wurde zusammen mit ihrem Sohn aus erster Ehe, Denny Brauer , ihrem zweiten Ehemann Gerd Schlesinger und deren gemeinsamer, vier Wochen alter Tochter Zilla Schlesinger am 4. März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Für sie, ihre beiden Kinder und ihren Mann sind in der Giesebrechtstraße 18 in Berlin-Charlottenburg am 22. September 2010 Stolpersteine verlegt worden.

Recherchen und Text: Florence Springer Moehl
Quellen: Akten des Entschädigungsamts Berlin; Landesarchiv Berlin; Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam; Alfred Gottwald/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, Wiesbaden 2005, S. 190f.