Stolpersteine Kurfürstendamm 101

Hauseingang Kurfürstendamm 101, 23.03.11

Hauseingang Kurfürstendamm 101, 23.03.11

In diesem Haus an der Ecke Kurfürstendamm wohnten am Stichtag der Volkszählung am 17.5.1939 insgesamt 19 jüdische Menschen, die nach 1941 deportiert und ermordet wurden oder sich diesem Schicksal durch Selbstmord entzogen.

Vor dem Haus Kurfürstendamm 101 wurde am 12.05.2006 der Stolperstein für Dr. Hans Michaelis verlegt.
Die Stolpersteine für Leo und Marie Segall wurden am 20.09.2011 verlegt und von Howard Falksohn, London, gespendet.

Die Stolpersteine für Martin Wangenheim, Selma Wangenheim, Fritz Wangenheim wurden am 22.02.2019 verlegt.

Stolperstein für Dr. Hans Michaelis, 23.03.11

Stolperstein für Dr. Hans Michaelis, 23.03.11

HIER WOHNTE
DR. HANS
MICHAELIS
JG. 1875
FLUCHT IN DEN TOD
12.08.1942
VOR DEPORTATION

Hans Michaelis wurde geboren am 11. Dezember 1875 in Berlin. Er studierte in Heidelberg und Berlin Jura. Seine Referendar- und Assessor-Examina legte er in Berlin ab, wo er zum Dr.jur. promovierte.
Er wurde Rechtsanwalt und Notar. Seine Kanzlei hatte er in der Präsidentenstraße 8.
Am 12. März 1912 wurde er in die Freimaurer-Loge Friedrich Ludwig Schröder in Berlin aufgenommen. Seinen Beruf durfte er wie fast alle jüdischen Rechtsanwälte nach 1933 nicht mehr ausüben.

Er schied am 12. August 1942 freiwillig aus dem Leben, um der erwarteten Deportation zu entgehen. Vorher waren mehrere Bewohner seines Hauses abtransportiert worden. Hans Michaelis war 76 Jahre alt.

Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf

Stolperstein Leo Segall, 22.07.2012

Stolperstein Leo Segall, 22.07.2012

HIER WOHNTE
LEO SEGALL
JG. 1886
DEPORTIERT 29.1. 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein Marie Segall, 22.07.2012

Stolperstein Marie Segall, 22.07.2012

HIER WOHNTE
MARIE SEGALL
GEB. FALKSOHN
JG. 1888
DEPORTIERT 29.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Das Studium der im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam vorhandenen Akten, die Leo und Marie Segall zugeordnet werden können, ergibt ein recht aufschlussreiches Bild der Lebensumstände, unter denen diese beiden Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft leben mussten.

Der Justizrat Leo Segall wurde am 3. Juni 1886 in Groß Lonk (Polskie Łąkie) geboren; seine Ehefrau Marie, geborene Falksohn, wurde am 26. Januar 1888 in Moskau geboren. Zum Zeitpunkt ihrer Deportation am 29. Januar 1943 waren sie 57 beziehungsweise 55 Jahre alt. Gottwald/Schulle schreiben in ihrem Buch „Die ‚Judendeportationen‘ aus dem Deutschen Reich 1941-1945“ (Wiesbaden 2005), dass „der Zug den Güterbahnhof Berlin-Moabit am 29.1.1943 um 17.20 verlassen (sollte) und den Güterbahnhof von Auschwitz am folgenden Tag um 10.48 Uhr erreichen. Für die etwa 570 km lange Strecke benötigte er 17,5 Stunden planmäßige Fahrzeit.“ Von den mehr als 1000 Menschen, die mit diesem Zug nach Auschwitz transportiert wurden, sind nach der „Selektion“ an der Bahnhofsrampe 724 Menschen sogleich in den alten Gaskammern von Birkenau getötet worden. Leo und Marie Segall waren unter ihnen.

Leo Segall fiel unter die Bestimmungen des „Gesetztes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom April 1933, mit denen jüdische Beamte aus dem Staatsdienst entlassen wurden. Seit 1934 lebte das Ehepaar in einer 3 ½ Zimmer-Wohnung in der Joachim-Friedrich-Str. 43. 1943 betrug die Miete für diese Wohnung betrug 98,60 RM, was aus den Nachforderungen des Hauseigentümers Griesche hervorgeht, die er für die Monate Februar bis Juni 1943 stellte.

Als letzten Beruf trug Leo Segall in seine Vermögenserklärung ein: Straßenreiniger bei der Berliner Stadtreinigung. Ein Beruf, der in deutlichem Widerspruch zu dem Charakter der Wohnungseinrichtung stand, der sich aus der Inventarliste erschließt. So vermerkt der Gerichtsvollzieher am 17. März 1943 mehrfach den guten Zustand des vorgefundenen Mobiliars, das dann für insgesamt fast 2000 RM versteigert wurde. Eine Sonderstellung im Inventar nimmt der Bronzeleuchter ein, den der Gerichtsvollzieher für die „Landesverteidigung“ reklamiert.
Leo und Marie Segall wurden aus ihrer Wohnung in das Sammellager im Jüdischen Altersheim in der Großen Hamburger Straße gebracht, um von dort zum Güterbahnhof Berlin-Moabit an der Putlitzbrücke gebracht zu werden.

Recherche und Text: Frank Siebold

Stolperstein Martin Wangenheim

HIER WOHNTE
MARTIN WANGENHEIM
JG. 1864
DEPORTIERT 29.1.1943
THERESIENSTADT
ERMORDET 30.1.1943

Stolperstein Selma Wangenheim

HIER WOHNTE
SELMA WANGENHEIM
GEB. TOCKUSS
JG. 1872
DEPORTIERT 29.1.1943
THERESIENSTADT
ERMORDET 24.4.1943

Stolperstein Fritz Wangenheim

HIER WOHNTE
FRITZ WANGENHEIM
JG. 1900
FLUCHT 1939 BELGIEN
INTERNIERT MECHELEN
DEPORTIERT 11.8.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET 4.9.1942