HIER WOHNTE
SALLY BERNSTEIN
JG. 1868
DEPORTIERT 3.10.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 15.12.1942
Salomon Sally (auch Salli) Bernstein wurde am 13. Dezember 1868 in Kirchohsen (Ortsteil von Emmerthal), einer Gemeinde im Landkreis Hameln-Pyrmont in Niedersachsen, geboren. Wer seine Eltern waren, ist nicht bekannt. Sally wurde von Beruf Lehrer.
Mit 25 Jahren, am 14. Februar 1894, wurde ihm in Jastrow die Erlaubnis erteilt, die dort bestehende jüdische Privatschule zu leiten und in derselben zu unterrichten. Vier Monate später, am 19. Juli 1894, heiratete er die vier Jahre ältere Rosalie Petzal (* 4. März 1864) aus Jastrow, Kreis Deutsch Krone.
Am 2. Mai 1895 wurde ihre Tochter Meta in Lobsens (Łobżenica) im Landkreis Wirsitz im Regierungsbezirk Bromberg, der preußischen Provinz Posen im Deutschen Reich, geboren.
Fünf Jahre später, am 18. Dezember 1900, kam ihr Sohn Friedrich, genannt Fritz, ebenfalls in Lobsens zur Welt. Der jüngste Sohn Erich Seckel wurde am 10. November 1905 in Schwerin an der Warthe (Skwierzyna) geboren. Es ist anzunehmen, dass Sally auch in Schwerin als Schulleiter und Rabbi tätig war.
Als mit dem Versailler Vertrag von 1919 weite Teile der Provinz Posen wieder zu Polen kamen, wurde Schwerin Kreisstadt des Landkreises Schwerin (Warthe), der neu gebildeten preußischen Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen.
Als Sally und Rosa am 23. November 1919 die Verlobung ihrer einzigen Tochter Meta mit Adolf Abraham Heidemann aus Berlin bekannt gaben, taten sie das aus Schwerin an der Warthe.
Hier fand dann am 15. Februar 1920 auch die Hochzeit der beiden statt. Am 29. Juli 1921 wurden Sally und Rosa zum ersten Mal Großeltern. Ihre Tochter Meta brachte die Zwillinge Hans Joachim und Egon Siegfried zur Welt. Vier Jahre später, am 28. August 1925, wurde die Tochter Gisela Ingeborg geboren.
Wann genau Sally und Rosa Bernstein nach Berlin kamen, ist nicht bekannt. Zum ersten Mal wird Sally Bernstein im Berliner Adressbuch 1933 am Hohenzollerndamm 201 geführt, damals war er in seinem 65 Lebensjahr. Seine Tochter und ihre Familie wohnten ganz in der Nähe in der Pariser Straße 5.
Ihr Sohn Erich wollte Architekt von Beruf werden. Ihr Sohn Fritz hatte sich als Kaufmann für Schals und Tücher in der Charlottenstraße 22 in Berlin-Kreuzberg selbstständig gemacht und wohnte bei seinen Eltern.
Bei der „Minderheiten-Volkszählung“ am 17. Mai 1939 waren Sally Bernstein, Lehrer im Ruhestand, Rosa Bernstein, ihr Sohn Fritz und ihre Schwiegertochter Lotte am Hohenzollerndamm 201 gemeldet.
Ihre Tochter Meta hatte schon im September 1938 mit ihrer Familie Deutschland verlassen. Sie wanderten nach Sydney, Australien aus.
Sein 33-jähriger Sohn Erich war am 17. Mai 1939 von Le Havre nach New York emigriert und heiratete am 23. Juni 1939 die 12 Jahre jüngere Anneliese Ehrlich aus Berlin. Bei der Hochzeit gab er als Beruf Kaufmann an.
Am 14. März 1942 starb Sallys Ehefrau Rosa mit 78 Jahren im Jüdischen Krankenhaus an Herzmuskelschwäche. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt.
Etwa vier Monate später, Ende Juli 1942, mussten Sally, sein Sohn Fritz und seine Schwiegertochter Lotte die langjährig gemietete Wohnung am Hohenzollerndamm 201 verlassen. Seit dem 1. August 1942 war Sally Untermieter bei seinem Sohn Fritz in der Regensburger Straße 13 im Parterre des Gartenhauses.
Schon zwei Monate später bekam Sally den Deportationsbefehl. Er hatte sich im Sammellager in der Gerlachstraße 19/22 einzufinden. Am 28. September 1942 unterschrieb er die Vermögenserklärung. Zusammen mit 959 anderen gelisteten Personen wurde Sally Bernstein mit dem sogenannten 3. Großen Alterstransport (I/71) am 3. Oktober 1942 nach Theresienstadt deportiert.
73 Tage überlebte er das Ghetto Theresienstadt. Er starb am 15. Dezember 1942, zwei Tage nach seinem 74. Geburtstag, aufgrund der unmenschlichen Verhältnisse im Ghetto.
Text und Recherche: Gundula Meiering, Januar 2025
Quellen:
Gedenkbuch, Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945 – Bundesarchiv; Mapping the lives; Berliner Adressbuch; Amtliche Fernsprechbücher Berlin; Arolsen Archives – Karteikarten, Deportationslisten; Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen / über ancestry; My Heritage; Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Potsdam – Vermögenserklärung, Reg.36A (II) 3000 Sally Bernstein;