Stolpersteine Wilhelmsaue 134

Wilhelmsaue 134, 13.3.2013, Foto: KHMM

Wilhelmsaue 134, 13.3.2013, Foto: KHMM

Die Stolpersteine wurden am 29.11.2005 verlegt. Außerdem sind die gleichen Texte auf zwei großen Messingtafeln zu lesen, die rechts und links von der Eingangstür angebracht sind.

Stolperstein für Charlotte Stiebel

Stolperstein für Charlotte Stiebel

HIER WOHNTE
CHARLOTTE
STIEBEL
GEB. COHN
JG. 1901
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Lotte (Charlotte) Stiebel, geb. Cohn, kam am 1. Juli 1900 als Tochter des Kaufmanns Israel Cohn und seiner Ehefrau Rosa (Röschen genannt), geb. Rothgießer, in Berlin auf die Welt. Ihr 1862 geborener Vater stammte aus Wreschen in der Provinz Posen und war wie so viele aus dem Osten nach Berlin gekommen. Ihre 1869 geborene Mutter kam aus Ostrowo – auch dies ein Ort in der Provinz Posen. Die Eltern hatten am 24. Oktober 1899 in Berlin geheiratet. Ihre Mutter wohnte zu dieser Zeit in der Klosterstraße in Berlin-Mitte, sie war Schneiderin von Beruf. Als Lotte Cohn im Sommer 1900 geboren wurde, wohnten ihre Eltern in der Straße Siegmundshof 8, fast an der Spree.
Ende des Ersten Weltkriegs war ihr Vater der Verwalter des Hauses Wilhelmsaue 134/135 in Berlin-Wilmersdorf und wurde schnell ein „gewöhnlicher“ Mieter des Hauses. Am 4. Juli 1923 starb Israel Cohn in seiner Wohnung in der Wilhelmsaue. Ein Verwandter seiner Ehefrau, Arthur Rothgießer aus der Wittelsbacher Straße, zeigte seinen Tod an. Lotte Cohn und ihre Mutter blieben in der Wohnung Wilhelmsaue 134/135.
Am 24. Dezember 1928 heiratete Lotte Cohn den 1891 in Kempen in der Provinz Posen geborenen Kaufmann Georg Stiebel. Wann dieser genau nach Berlin gekommen war, ist nicht bekannt. Seine aus Oberschlesien stammenden Eltern hatten 1889 in Kempen geheiratet und dort etliche Jahre gelebt. Später zogen sie nach Breslau, in die Hauptstadt der Provinz Schlesien.
Georg Stiebel wohnte im Jahr seiner Hochzeit in der Kaiser-Wilhelm-Straße 25 in Berlin-Mitte. Dort hatte er wenig später auch seine „Krawattenfabrik“, einen kleinen Betrieb, in dem Krawatten genäht wurden.
Nach der Hochzeit zog Georg Stiebel ebenfalls in die Wilhelmsaue 134/135. In dem bürgerlichen Wohnhaus nicht weit vom Volkspark Wilmersdorf wohnte die Familie im ersten Stock des Vorderhauses.
Am 19. Juni 1930 wurde ihr einziges Kind, der Sohn Wolfgang, geboren. Er wuchs in der ruhigen Wohnstraße auf. Im April 1936 wurde er eingeschult – noch durften die jüdischen Kinder staatliche Schulen besuchen. Der sechsjährige Wolfgang kam in die 5. Gemeindeschule in der Koblenzer Straße 22–24 (heute die Birger-Forell-Grundschule).
Die Schwiegereltern und die verheirateten Schwägerinnen von Lotte Stiebel lebten in Breslau. Ihre Schwiegermutter Berta starb 1937, ihr Schwiegervater Jakob Stiebel im Jahr 1941.
1939 wurde die Firma ihres Ehemannes liquidiert. Das Ehepaar musste wohl Zwangsarbeit leisten. Nach der „Fabrik-Aktion“ Ende Februar 1943 wurden die in der Rüstungsindustrie beschäftigten jüdischen Zwangsarbeiter nach Osten deportiert. Lotte Stiebel wurde mit dem ersten Transport am 1. März 1943 vom Güterbahnhof Moabit nach Auschwitz deportiert. Georg Stiebel wurde mit dem Sohn Wolfgang am 12. März 1943 ebenfalls nach Auschwitz verschleppt. Am 13. März erreichte dieser Transport mit 947 Menschen Auschwitz. Die Kinder wurden sofort ermordet. Auch Georg und Lotte Stiebel kehrten nicht zurück. Die Schwägerinnen in Breslau wurden ebenfalls ermordet.

Quellen:
Adressbuch Breslau
Arolsen Archives
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Jüdisches Adressbuch für Gross-Berlin 1929/30, 1931/32
Landesarchiv Berlin, WGA
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.mappingthelives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.statistik-des-holocaust.de/

Vorrecherchen aus dem Nachlass von Wolfgang Knoll

Stolperstein für Wolfgang Stiebel

Stolperstein für Wolfgang Stiebel

HIER WOHNTE
WOLFGANG
STIEBEL
JG. 1930
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Wolfgang Stiebel kam am 19. Juni 1930 als einziges Kind des Kaufmanns Georg Stiebel und dessen Ehefrau Charlotte (genannt Lotte) Stiebel, geb. Cohn, in Berlin auf die Welt. Sein 1891 geborener Vater stammte aus Kempen in der Provinz Posen, seine Mutter war 1901 in Berlin auf die Welt gekommen. Die Eltern hatten 1928 in Berlin geheiratet. Der Vater Georg Stiebel betrieb in der Kaiser-Wilhelm-Straße 25 in Berlin-Mitte eine „Krawattenfabrik“, eine kleinere Firma, in der Krawatten genäht wurden. Die Mutter Charlotte war von Beruf Kontoristin. Sie lebte mit ihrer verwitweten Mutter Rosa Cohn (geb.1869), einer Schneiderin, im Haus Wilhelmsaue 134/135 in Berlin-Wilmersdorf, wo ihr Ehemann nach der Hochzeit einzog. In dem bürgerlichen Wohnhaus nicht weit vom Volkspark Wilmersdorf wohnte die Familie im ersten Stock des Vorderhauses. In der ruhigen und grünen Umgebung wuchs Wolfgang Stiebel auf.
Seine Großeltern Stiebel lebten, wie auch seine Onkel und Tanten, in Breslau, der Hauptstadt der Provinz Schlesien. Die Großmutter Berta Stiebel starb 1937, der Großvater Jakob Stiebel im Jahr 1941. Enkel Wolfgang kann also beide gekannt haben.
1933, zu Beginn der NS-Diktatur, war Wolfgang Stiebel ein Vorschulkind. Im April 1936 wurde er eingeschult. Noch durften die jüdischen Kinder staatliche Schulen besuchen. Der sechsjährige Wolfgang kam in die 5. Gemeindeschule in der Koblenzer Straße 22–24 (heute die Birger-Forell-Grundschule). In der Nr. 22 wurden die Mädchen unterrichtet, in der Nr. 24 die Jungen. Die Schule war nicht weit von seinem Elternhaus entfernt. Die Diskriminierung der Juden hatte längst begonnen. Eine städtische Kindertagesstätte hätte der Junge schon nicht mehr besuchen dürfen. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurde auch der Besuch staatlicher Schulen verboten. Wolfgang Stiebel musste eine jüdische Schule besuchen.
Die „Kinderwelt“ wurde kleiner: Ab Dezember 1938 durften die Kinder nicht mehr auf die Rummelplätze, die Sportplätze und Eisbahnen. Auch Badeanstalten und Museen waren ihnen verschlossen. Ab April 1939 durfte Wolfgang Stiebel die städtischen Jugendbüchereien und Kinderlesesäle nicht mehr betreten, im September desselben Jahres mussten die Juden ihre Rundfunkapparate abgeben. Auch der Kinderfunk fehlte von nun an in seinem Leben. 1939 wurde die Firma seines Vaters liquidiert. Der Vater war kein „Fabrikant“ mehr.
1940 war Wolfgang Stiebel zehn Jahre alt. Alt genug für das Deutsche Jungvolk in der Hitlerjugend (HJ), in der nun die deutschen Jungen ab 10 zwangsweise Mitglied waren. Für ihn galt dies nicht, ohne Uniform gehörte er damit für alle sichtbar nicht zur „Volksgemeinschaft“.
Seit September 1941 musste er, wie auch seine Eltern und anderen Verwandten, den Stern tragen. Und falls er einen Hund besaß: Haustiere waren ab Mai 1942 den Juden verboten.
Am 30. Juni 1942 wurden alle jüdischen Schulen geschlossen. Wolfgang Stiebel war nun zwölf Jahre alt. Seine Bar Mizwah (am ersten Sabbath nach dem 13. Geburtstag) konnte er nicht mehr feiern.
Nach der „Fabrik-Aktion“ Ende Februar 1943 wurden die in der Rüstungsindustrie beschäftigten jüdischen Zwangsarbeiter nach Osten deportiert. Seine Mutter wurde mit dem ersten Transport am 1. März 1943 vom Güterbahnhof Moabit nach Auschwitz deportiert. Wolfgang Stiebel wurde mit seinem Vater am 12. März 1943 ebenfalls nach Auschwitz verschleppt. Am 13. März erreichte der Transport mit 947 Menschen Auschwitz. Die Kinder wurden alle sofort ermordet. Auch seine Eltern kehrten nicht zurück.

Quellen:
Adressbuch Breslau
Arolsen Archives
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Jüdisches Adressbuch für Gross-Berlin 1929/30, 1931/32
Landesarchiv Berlin, WGA
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.mappingthelives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.statistik-des-holocaust.de/

Vorrecherchen aus dem Nachlass von Wolfgang Knoll

Stolperstein für Georg Stiebel

Stolperstein für Georg Stiebel

HIER WOHNTE
GEORG
STIEBEL
JG. 1881
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Georg Stiebel kam am 15. Juli 1891 in Kempen (heute Kępno/Polen) in der damals preußischen Provinz Posen auf die Welt. Dort gab es eine große jüdische Gemeinde, zu der zum Ende des 19. Jahrhunderts ein Drittel der Einwohnerschaft der Stadt zählte. Seine Eltern stammten aus Oberschlesien: Der 1862 geborene Vater Jakob Stiebel, ein Kaufmann, war aus einem kleinen Ort im Kreis Lublinitz, die 1863 auf die Welt gekommene Mutter Berta, geb. Bensch, aus einem Dorf im Kreis Oppeln.
Die Eltern hatten 1889 in Kempen geheiratet. Ihr Sohn Georg scheint das erste Kind gewesen zu sein. 1897 und 1905 wurden ebenfalls in Kempen seine Schwestern Herta (Hertha) und Ruth geboren. Seine Kindheit hat Georg Stiebel also in Kempen verbracht, aber wie lange seine Familie dort gelebt hat, bleibt unklar.
Später zogen seine Eltern nach Breslau, in die Hauptstadt der Provinz. Auch diese Stadt hatte eine große jüdische Gemeinde und Rabbiner, die in ganz Deutschland bekannt waren. In Breslau lebten Onkel und Tanten, aber nicht alle Verwandten: Der 1864 geborene Onkel Hermann Stiebel war in Oberschlesien geblieben und hatte 1890 in Oppeln geheiratet und eine Familie gegründet.
Wann genau Georg Stiebel Schlesien verließ und nach Berlin ging, ist nicht bekannt. Am 24. Dezember 1928 heiratete er in der Reichshauptstadt die 1901 geborene Kontoristin Charlotte (genannt Lotte) Cohn. Seine Ehefrau war Berlinerin und lebte noch in der elterlichen Wohnung im Haus Wilhelmsaue 134/135 in Berlin-Wilmersdorf. Ihre seit 1923 verwitwete Mutter Rosa Cohn (1869–?), war Schneiderin. Georg Stiebel wohnte zu dieser Zeit in der Kaiser-Wilhelm-Straße 25 in Berlin-Mitte. Dort, zwischen Münz- und Hirtenstraße, hatte er auch seine „Krawattenfabrik“, einen kleinen Betrieb, in dem Krawatten genäht wurden. – In dem Gebäude gab es ganze Reihe von kleinen Firmen, „Fabriken“ und Geschäften, so wurden hier 1931 Strümpfe, Schuhwaren, Wollwaren, Wäsche, Blusen und Partiewaren hergestellt oder verkauft.
Nach der Hochzeit zog Georg Stiebel ebenfalls in die Wilhelmsaue 134/135. In dem bürgerlichen Wohnhaus nicht weit vom Volkspark Wilmersdorf wohnte die Familie im ersten Stock des Vorderhauses.
Am 19. Juni 1930 wurde ihr einziges Kind, der Sohn Wolfgang, geboren. Er wuchs In der ruhigen und grünen Umgebung auf. Im April 1936 wurde er eingeschult – noch durften die jüdischen Kinder staatliche Schulen besuchen. Der sechsjährige Wolfgang kam in die 5. Gemeindeschule in der Koblenzer Straße 22–24 (heute die Birger-Forell-Grundschule).
Die beiden Schwestern von Georg Stiebel heirateten, beide lebten in Breslau. Seine Mutter Berta starb 1937, sein Vater Jakob Stiebel im Jahr 1941 in seiner Breslauer Wohnung.
1939 wurde die Firma von Georg Stiebel liquidiert – er war kein „Fabrikant“ mehr. Er und seine Ehefrau werden in die Zwangsarbeit gepresst worden sein. Nach der „Fabrik-Aktion“ Ende Februar 1943 wurden die in der Rüstungsindustrie beschäftigten jüdischen Zwangsarbeiter nach Osten deportiert. Lotte Stiebel wurde mit dem ersten Transport am 1. März 1943 vom Güterbahnhof Moabit nach Auschwitz deportiert. Georg Stiebel wurde mit seinem Sohn am 12. März 1943 ebenfalls nach Auschwitz verschleppt. Am 13. März erreichte der Transport mit 947 Menschen Auschwitz. Die Kinder wurden sofort ermordet. Auch Georg und Lotte Stiebel kehrten nicht zurück.
Die verheirateten Schwestern von Georg Stiebel, Ruth Hoffmann und Herta (Hertha) Raphael, wurden ebenfalls ermordet. Sein Onkel Hermann Stiebel konnte in die USA entkommen.

Quellen:
Adressbuch Breslau
Arolsen Archives
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
Jüdisches Adressbuch für Gross-Berlin 1929/30, 1931/32
Landesarchiv Berlin, WGA
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.mappingthelives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.statistik-des-holocaust.de/

Vorrecherchen aus dem Nachlass von Wolfgang Knoll

Stolperstein für Dagmar Süsskind

Stolperstein für Dagmar Süsskind

HIER WOHNTE
DAGMAR SÜSSKIND
GEB. GLÜCKMANN
JG. 1870
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
TREBLINKA

Stolperstein für Alexander Süsskind

Stolperstein für Alexander Süsskind

HIER WOHNTE
ALEXANDER
SÜSSKIND
JG. 1865
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
TREBLINKA

Stolperstein für Gertrud Süsskind

Stolperstein für Gertrud Süsskind

HIER WOHNTE
GERTRUD
SÜSSKIND
JG. 1898
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
RIGA

Charlotte Stiebel geb. Cohn, am 01. Juli 1901 in Berlin, wurde am 1.3.1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Georg Stiebel, geboren am 15. Juli 1891 in Kempen, und Wolfgang Stiebel, geboren am 19. Juni 1930 in Berlin, wurden am 12.3.1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Alexander Süßkind, geboren am 06. Februar 1865 in Czempin, und Dagmar Süßkind geb. Glückmann, am 18. August 1870 in Moschin, wurden am 2.9.1942 nach Theresienstadt deportiert und am 29. September 1942 in Treblinka ermordet.
Gertrud Süßkind, geboren am 13. Januar 1898 in Posen, wurde am 5.9.1942 nach Riga deportiert und dort am 8.9.1942 ermordet.