Stolpersteine Bleibtreustr. 32

Hauseingang Bleibtreustr. 32, Foto: Bukschat & Flegel

Hauseingang Bleibtreustr. 32, Foto: Bukschat & Flegel

Die Stolpersteine für das Ehepaar Rychwalski wurden auf Wunsch von Wolfgang Knoll am 30.11.2005 verlegt. Max Rychwalski und Wolfgang Knoll gehörten der Freimaurerloge “Zum Spiegel der Wahrheit” an.

Der Stolperstein für Harry Ehrenwerth wurde am 19.6.2012 verlegt und von Hannah B. Sweetman, Melbourne (Australien), gespendet.

Stolperstein Max Rychwalski, Foto: Bukschat & Flegel

Stolperstein Max Rychwalski, Foto: Bukschat & Flegel

HIER WOHNTE
MAX
RYCHWALSKI
JG. 1864
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 31.01.1943

Der Krawattenfabrikant Max Rychwalski wurde am 15. März 1864 in Tirschtiegel (damals Preußen, Provinz Posen, heute Polen) geboren, seine Ehefrau Amalie Rychwalski geb. Meseritz am 12. Januar 1878 in Fürstenwalde/Spree. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Sohn Ernst, geboren 1905 und die Töchter Charlotte und Hilda, geboren 1908 und 1915.

Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 verließen Ernst und Charlotte Deutschland. Ernst Rychwalski, der von Beruf Werbegrafiker war und in Berlin Theaterplakate gestaltete, ging zunächst in die Niederlande, Charlotte nach Paris, wo sie in der Modebranche den Lebensunterhalt für sich und Ihren Mann, den Kunstmaler Alfred Weissenberg, zu verdienen suchte.

Max und Amalie Rychwalski zogen noch im selben Jahr mit ihrer jüngsten Tochter Hilda vom Kurfürstendamm 96 in das Haus Bleibtreustraße 32, das ihm und seiner Schwester Marie Greiffenhagen gehörte.

Im Oktober 1936 traf sich die ganze Familie in Lugano, es sollte das letzte Mal sein. Zwei Monate später verließ Hilda Rychwalski ebenfalls Berlin und reiste, mit einer Arbeitserlaubnis versehen, nach London. Ihr Bruder Ernst lebte inzwischen in Palästina, ihre Schwester Charlotte weiterhin in Paris.

Als Max Rychwalski die Krawattenfabrik Ende 1938 zwangsläufig auflösen musste, konnte er seine Augen nicht weiter vor der zunehmenden Gefährdung der jüdischen Bevölkerung verschließen und bat seinen Sohn um Hilfe bei der Auswanderung nach Palästina.

Die spät beschlossene Emigration sollte nicht mehr gelingen. Am 21. August 1942 wurden Max und Amalie Rychwalski aus der Zwangsunterkunft in der Sächsischen Straße 27 nach Theresienstadt deportiert, wo sie wenige Monate später umkamen. Bei Amalie Rychwalski wurde von den Ghetto-Ärzten Magenkrebs diagnostiziert und „Kräfteverfall“ als Todesursache angegeben (www2.holocaust.cz/de/document/DOCUMENT.ITI.10146 ), was wohl eine perfide Umschreibung für mangelnde medizinische Betreuung war. Bei Max Rychwalski wurde als Todesursache „Schwere Arteriosklerose“ angegeben (www2.holocaust.cz/de/document/DOCUMENT.ITI.15380 ).

Ihre drei Kinder überlebten. Der frühzeitig nach Palästina emigrierte Sohn Ernst Rychwalski blieb bis zu seinem Tod 1987 in Israel. Tochter Charlotte Weissenberg geb. Rychwalski wurde während des Krieges einige Wochen im südfranzösischen Lager Gurs interniert, konnte von dort fliehen und lebte mit ihrem Mann versteckt in Südwestfrankreich, bis es ihnen gelang, zu Fuß über die Pyrenäen nach Portugal zu fliehen. In Lissabon schifften sie sich nach New York ein, wo sie als Charlotte Gutmann geschiedene Weissenberg 1995 starb. Die jüngste Tochter Hilda Kohnstamm geb. Rychwalski fand in England eine neue Heimat und starb 1992 in London.

Alfred Rychwalski, geboren am 13. April 1894 in Tirschtiegel, befand sich zur gleichen Zeit wie sein Onkel Max Rychwalski im Ghetto Theresienstadt, wohin er von Tilsit aus deportiert worden war, und wurde am 6. Oktober 1944 in Auschwitz ermordet.

Weitere zahlreiche Mitglieder der Familie Rychwalski sind von den Nazis umgebracht worden. Siehe: Juden in Charlottenburg. Ein Gedenkbuch. Berlin 2009, S. 244/5.

Recherche und Text: Cristina Konn-Saile. Quellen: Zur Verfügung gestellte Familienkorrespondenz sowie ergänzende Auskünfte von Jackie Kohnstamm

Stolperstein Amalie Rychwalski, Foto: Bukschat & Flegel

Stolperstein Amalie Rychwalski, Foto: Bukschat & Flegel

HIER WOHNTE
AMALIE
RYCHWALSKI
GEB. MESERITZ
JG. 1878
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 13.11.1942

Stolperstein Harry Ehrenwerth, Foto: Bukschat & Flegel

Stolperstein Harry Ehrenwerth, Foto: Bukschat & Flegel

HIER WOHNTE
HARRY
EHRENWERTH
JG.1884
DEPORTIERT 1942
AUSCHWITZ
ERMORDET 23.10.1943

Harry Ehrenwerth , der am 10. Mai 1894 in Berlin geboren ist, war der Sohn von Adolf und Johanna Ehrenwerth, geb. Weiler, die am 14. März 1858 in Peckelsheim (Ostwestfalen) geboren war. Verheiratet war er mit Gertrude Ehrenwerth, geb. Schmidt, über deren Schicksal nichts bekannt ist.
Harry Ehrenwerth war Kunstmaler. Er wohnte und arbeitete in der Bleibtreustraße 32. Nachdem er mit seiner Frau zwangsweise in die Sächsische Straße 72 (4. Stock, links) umgesiedelt worden war, wurde er vermutlich im Jahr 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert, das Datum ist nicht bekannt.

Sterbeurkunde Harry Ehrenwerth

Sterbeurkunde Harry Ehrenwerth

Dokumente:
Die im Archiv des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen erhaltene Todesurkunde aus Auschwitz ist ein Dokument der grenzenlosen Grausamkeit der Nazi-Bürokraten, die für die planmäßige Ermordung der Juden verantwortlich waren. Dort ist registriert, dass Harry Ehrenwerth am 23. Oktober 1943 „in Auschwitz, Kasernenstraße verstorben“ sei. Um ihn als Juden zu identifizieren, wurde der Zweitvorname „Israel“ angefügt und der Zusatz „glaubenslos, früher mosaisch“. Als Todesursache wird angegeben „Sepsis bei Phlegmone“, das bedeutet: eine eitrige Infektion. Ein Dr. med. Rohde habe dies festgestellt. Unterschrieben ist die Urkunde von einem Standesbeamten „in Vertretung“ namens Kristan.

Wie Harry Ehrenwerth sind auch seine in Berlin lebenden Familienangehörigen und Verwandten Elsa (geboren am 25.1.1890), Zilla (geb. Stein, geboren am 25.1.1899), Alfred (geboren am 11.3.1894), Berthold (geboren am 12.1.1886) und Darwin (geboren am 31.12.1888) in Auschwitz ums Leben gebracht worden.