Stolpersteine Wielandstr. 37

Hauseingang - Wielandstraße 37

Die Stolpersteine wurden am 24. September 2024 verlegt.

Walter Loebel - Wielandstraße 37

Stolperstein für Walter Loebel

HIER WOHNTE
WALTER LOEBEL
JG. 1887
DEPORTIERT 2.3.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Selma Loebel - Wielandstraße 37

Stolperstein für Selma Loebel

HIER WOHNTE
SELMA LOEBEL
GEB. LUCHTENSTEIN
JG. 1897
DEPORTIERT 2.3.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Kurt Loebel - Wielandstraße 37

Stolperstein für Kurt Loebel

HIER WOHNTE
KURT LOEBEL
JG. 1923
FLUCHT 1938
MIT HILFE
URUGUAY

Kurt Loebel wurde am 14. Dezember 1923 in Berlin geboren. Er überlebte den Holocaust durch die Flucht nach Uruguay im Jahr 1938. Kurt war der Sohn von Walter Loebel (* 11. November 1887 in Gleiwitz) und Selma Loebel, geborene Luchtenstein (* 18. Dezember 1897 in Grünheide).
Beide Eltern wurden am 2. März 1943 von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet. Seine Schwester, Marianne Loebel, geb. am 27. Juli 1930 in Berlin, starb ebenfalls 1943 in Auschwitz im Alter von nur 13 Jahren.

Kurt Loebel teilte seine Erlebnisse und die Geschichte seiner Familie in einem Oral History Interview mit dem United States Holocaust Memorial Museum im Jahr 2005. In diesem Interview gewährt er einen persönlichen und bewegenden Einblick in das Leben der Familie Loebel, ihre Erfahrungen vor und während des Krieges sowie die Folgen des Holocausts für ihn persönlich. Hier ein Auszug aus diesem Zeitdokument:

Die Familie Loebel lebte zunächst in Wilmersdorf, wo Kurt 1923 und Marianne 1930 geboren wurden. Walter Loebel war Geschäftsführer der Fürstenwalder Holzindustrie Gesellschaft mbH, ein Unternehmen, das im Besitz seines Onkels war und Holzplantagen sowie ein Sägewerk in der Umgebung Berlins und in Polen betrieb. Nach der Schließung des Unternehmens aufgrund der nationalsozialistischen Rassengesetze und der darauffolgenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zog die Familie 1934 nach Charlottenburg in die Wielandstraße 37. Das Haus gehörte Walter Loebel und seinem Onkel je zur Hälfte. Mit der Verwaltung von zwei weiteren Immobilien für Verwandte, konnte Walter Loebel zunächst die wirtschaftliche Grundlage der Familie sichern. 1935 verlor die Familie ihr Kindermädchen Hilde, die aufgrund der neuen Bestimmungen das Haus verlassen musste. Die Verbindung zu ihr riss jedoch nicht sofort ab, und sie blieb zunächst noch in Kontakt mit der Familie.

Der zunehmende Antisemitismus in Deutschland machte sich jedoch immer stärker bemerkbar. Kurt war sich der antisemitischen Tendenzen in seiner Umgebung bewusst und erinnerte sich an die Schilder, die in den Straßen angebracht waren, auf denen „Juden unerwünscht“ stand. 1935 musste Kurt die Schule wechseln, da Juden an vielen Schulen nicht mehr zugelassen wurden. Im Sommer 1938, während Kurt noch das jüdische Gymnasium besuchte, verließ er Deutschland. Die Möglichkeit zur Flucht ergab sich im Sommer 1938, als Kurt mit der Familie eines guten Freundes nach Uruguay emigrierte. Die Eltern hatten ursprünglich geplant, ihm sechs Monate später zu folgen, doch das geschah nie. 1939 erhielt die Familie die Möglichkeit, nach Chile auszuwandern, da ein Bruder Walters dort lebte. Doch die Mutter wollte nicht an die Westküste, weil Kurt im Osten war. Vielleicht spielte auch Walters Alter eine Rolle und seine Hoffnung, dass die Situation vorübergehen würde.

1940 musste die Familie aufgrund von Zwangsmaßnahmen die Wielandstraße verkaufen. Marianne hatte 1940/41 die Möglichkeit mit der Schwester der Familie, die auch Kurt mitnahm, nach Uruguay zu fliehen, doch die Mutter wollte kein weiteres Kind verlieren.
Ende 1941 nahm der „Jüdische Hilfsverein“ Kontakt zu Kurt auf. Mit Hilfe seines Chefs in Uruguay konnte Kurt ein Visum organisieren, das er nach Deutschland schickte. Doch kurz vorher, am 18. Oktober 1941, wurde es Juden verboten, das Land zu verlassen, sodass die Familie nicht mehr fliehen konnte.

Ende 1941 erhält Kurt keine Nachrichten mehr von seinen Eltern.
Mit der Wannseekonferenz 1942 verstärkten sich die Verfolgungsmaßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung. Am 2. März 1943 wurden Walter, Selma und Marianne Loebel mit dem 32. Transport von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Nach dem Krieg erhielten Kurt und sein Onkel das Gebäude der Wielandstraße 37 rückübereignet. Sie reparierten das Haus und kümmerten sich um die Verwaltung, bis sie es 1961 verkauften – vermutlich auf Drängen seines Onkels, der bereits deutlich älter war als Kurt und da die politischen Verhältnisse äußerst unsicher erschienen.

2000 legte Kurt Loebel Gedenkblätter für seine Eltern und seine Schwester in Yad Vashem an.
Das Haus Wielandstraße 37 ist in dem Forschungsprojekt ‚Zwangsräume‘ gelistet.

Quellen:
Oral history interview with Kurt Loebel Accession Number: 1999.A.0122.1099 | RG Number: RG-50.477.1099 | 09.03.2005 United States Holocaust Memorial Museum https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn518388
https://www.mappingthelives.org
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de&advancedSearch=true&sln_value=L%C3%B6bel&sln_type=synonyms&sfn_value=Kurt&sfn_type=synonyms
https://zwangsraeume.berlin/de/
https://arolsen-archives.org/events/mapping-deportations-from-berlin/
Berliner Handelsregister Ausgabe 61.1925 (Public Domain)
Berliner Telefonbücher 1933
Deportationsliste des 32. Osttransport, 02.03.1943 von Berlin nach Auschwitz

Marianne Loebel - Wielandstraße 37

Stolperstein für Marianne Loebel

HIER WOHNTE
MARIANNE
LOEBEL
JG. 1930
DEPORTIERT 2.3.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

  • Walter Loebel

    Walter Loebel

  • Marianne Loebel

    Marianne Loebel

  • Selma Loebel

    Selma Loebel

  • Selma Loebel mit Kurt und Marianne

    Selma Loebel mit Kurt und Marianne

  • Einwanderungskarte Kurt Loebel

    Einwanderungskarte Kurt Loebel

Ernst Sommer - Wielandstraße 37

Stolperstein für Ernst Sommer

HIER WOHNTE
ERNST SOMMER
JG. 1882
DEPORTIERT 13.6.1942
SOBIBOR
ERMORDET

Die Familie Sommer lebte seit dem 1. April 1918 im Vorderhaus der Wielandstraße 37 in Berlin. Nur kurz vorher am 30. März 1918 heiratete Ernst Sommer, geboren am 19. März 1882 in Berlin, Paula Sommer, geborene Meyer, die am 15. August 1889 geboren wurde. Zusammen hatten sie einen Sohn, Rolf Sommer, geboren am 24. August 1919. Der Name von Rolf Sommer wurde später zu „Ralph Summers“, als er nach seiner Auswanderung einen englischsprachigen Namen annahm.
Ernst Sommer war Kaufmann. Zum Zeitpunkt der Deportation am 13. Juni 1942 war er als Zwangsarbeiter bei der Firma Alfred Hanne, einer Blech- und Eisenwarenfabrik in Berlin-Weißensee, beschäftigt. In seiner Wohnung in der Wielandstraße lebten drei weitere jüdische Untermieter.
Paula Sommer, die Frau von Ernst, starb bereits am 11. August 1941 an einer Krebserkrankung. Ihr Sohn, Rolf Sommer, war bereits vor der Deportation seines Vaters und dem Tod seiner Mutter aus Deutschland ausgewandert. Über Sosúa in der Dominikanischen Republik emigrierte er weiter nach New York. Im Jahr 1955 stellte Rolf Sommer einen Wiedergutmachungsantrag.
1988 legte Ralph Summers ein Gedenkblatt für seinen ermordeten Vater Ernst Sommer in Yad Vashem an.

Das Haus Wielandstraße 37 ist in dem Forschungsprojekt ‚Zwangsräume‘ gelistet.

Ernst Sommer, geb. 19. März 1882 in Berlin, lebte mit Ehefrau und Sohn in der Wielandstraße 37
Paula Sommer, geb. Meyer, geb. 15. August 1889, gest. 11. August 1941
Rolf Sommer (später Ralph Summers), geb. 24. August 1919, weitere Daten unbekannt

Quellen:
https://www.mappingthelives.org
https://yvng.yadvashem.org
https://zwangsraeume.berlin/de/
https://arolsen-archives.org/events/mapping-deportations-from-berlin/
Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin- Brandenburg (II) Signatur: 36A (II) 36315
Sterbeurkunde Paula Sommer
Berliner Telefonbücher 1933
Deportationsliste Transport 15 von Berlin, Berlin (Berlin), Stadt Berlin, Deutsches Reich nach Sobibor, Vernichtungslager, Polen am 13/06/1942