Drucksache - 0305/6  

 
 
Betreff: Smart City Hardenbergplatz
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Kempf/Weise/Zimmer/Balkow 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
17.11.2022 
14. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      
15.12.2022 
15. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      
19.01.2023 
16. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      
23.03.2023 
17. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin LIVESTREAM: http://www.youtube.com/live/9nBgbMlskMY      
27.04.2023 
18. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      

Sachverhalt
Anlagen:
Beantwortung Große Anfrage
2. Version vom 09.03.2023

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

 

die Große Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:

 

 

  1. Welche Rolle spielt der Hardenbergplatz als Mobilitätsstandort?

Der Knotenpunkt von U-Bahn, S-Bahn, vielen verschiedenen Bussen und Regionalbahnen machen den Hardenbergplatz zum zentralen Mobilitätsstandort in der City West. In den letzten Jahren haben auch die verschiedenen Angebote der Mikromobilität einen deutlichen Anteil an den Verkehrsbewegungen am Hardenbergplatz gewonnen, was letztendlich mit der Eröffnung von zwei Jelbi-Stationen vor einigen Wochen auch strukturell-räumlich dokumentiert wird. Die Funktion des Platzes wird in den nächsten Jahren noch einmal deutliche Veränderungen erfahren. Im Zusammenhang mit den Neubaumaßnahmen in der Hetzallee Nord muss der dortige Busbahnhof für die Bauzeit verlagert werden und wird die nördlichen Bereiche des Hardenbergplatzes einnehmen. Mittelfristig wird sich die Verkehrsfunktion des Hardenbergplatzes dann auch durch die Endhaltestelle der Straßenbahn erneut verändern.

Neben diesem erheblichen Umsteigeverkehr ist der Hardenbergplatz aber auch der Ankunftspunkt für viele Menschen in der Innenstadt. Zehntausende von Menschen haben den Hardenbergplatz als Zielpunkt des ÖPNV auf ihrem Weg zur Arbeit und auf dem Weg zum Einkaufen, in die Kulturinstitutionen oder zum Sightseeing. Zurzeit definieren sich hierdurch erhebliche Fußgängerverkehrsströme aus den Verkehrsbereichen nach Süden zur Kreuzung Hardenbergstraße/Joachimsthaler Straße. In die andere Richtung nach Norden sind die Besucherinnen und Besucher des Zoos zu nennen, die neben der Querung des Platzes auf ihrem Weg zum Zooeingang bei hohem Besucherandrang den nordöstlichen Platzbereich auch als Wartezone vor den Eingangstoren nutzen.

Neue Fußgängerverkehrsströme Richtung Norden werden durch die geplanten Neubauten in der Hetzallee Nord mit einigen tausend neuen Arbeitsplätzen und dem studentischen Wohnen entstehen.

Für viele Menschen ist der Hardenbergplatz auch Treffpunkt und Aufenthaltsort auf ihrem Weg zur Stadtmission und den dortigen Angeboten für obdachlose Menschen.

Viele auswärtige Menschen, die Berlin besuchen und dabei auch die City-West mit ihren touristischen Attraktionen und dem attraktiven Einzelhandel besuchen wollen, erhalten ihren ersten Eindruck der City-West nach dem Verlassen eines Verkehrsmittels durch den Hardenbergplatz, der damit auch als Visitenkarte der City-West wahrgenommen wird.

Aktuell ist der Hardenbergplatz aber auch noch eine wichtige Adresse für den motorisierten Individualverkehr. Er ist ein großer Parkplatz und er ist trotz der schwierigen Verkehrsführung eine kurze Verbindung nach Norden in Richtung Moabit und Wedding für Fahrzeuge aus den Bereichen Bundesallee/Spichernstraße.

 

 

 

  1. Welche Ziele verfolgt das Projekt Smart City am Hardenbergplatz?

Das Pilotprojekt SMART SPACE Hardenbergplatz ist eines von fünf Teilprojekten eines Gesamtkonzeptes der Senatskanzlei, das vom Bund gefördert wird. Alle Teilprojekte bearbeiten neue Arbeitsstrukturen und Möglichkeiten im Zusammenspiel von Verwaltung und Bürger*innen, neue Beteiligungsformate und die sich daraus ergebenden Chancen für eine nachhaltige und gemeinwohlorientierte Kommunalpolitik und Verwaltung durch die Digitalisierung. 

Auf dem südlichen Teil des Hardenbergplatzes im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf wird im Rahmen des Umsetzungsprojekts SMART SPACE Hardenbergplatz des Förderprogramms „Modellprojekt Smart Cities – Stadtentwicklung und Digitalisierung“ (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat/BMI) eine typische städtische (Bahnhofs- ) Vorplatzsituation beispielgebend neugestaltet. Hier treffen fast alle Mobilitätsformen (ÖPNV, DB Regional- u. Fernverkehr, MIV, Sharing Mobility) aufeinander. Um Flächen wie den Hardenbergplatz zukünftig bedarfsgerechter zu gestalten, braucht es neue Formen der Governance öffentlicher Flächen, zum Beispiel in Form innovativer Betreibermodelle. Es soll die Frage geklärt werden, wie es unter dem Einsatz von digitalen Tools möglich werden kann, Flächen je nach Bedarf flexibel zuzuteilen und damit unterschiedlich zu nutzen. Dazu ist es notwendig ein Betreibermodell zu entwickeln und neue rechtliche Rahmen zu definieren. Mit Hilfe einer digitalen Verhandlungsplattform sollen in der Projektlaufzeit 2022 bis 2026 Nutzungsbedarfe harmonisiert und bei Bedarf auch vom Hardenbergplatz temporär ferngehalten werden, um dort die Aufenthaltsqualität für Fußgänger*innen zu verbessern. Das bisherige System von Sondernutzungsanträge ist für die flexible (stundenweise, tageweise, monatsweise) völlig ungeeignet. Hierbei sind unzählige Fragen zu klären. Wer entscheidet? Nach welchen Kriterien gibt es Nutzungserlaubnisse? Welche Nutzungen werden monetarisiert? Wie wird die Nutzung dann auch kontrolliert und die ungenehmigte Nutzung sanktioniert?

Deutschlandweit gibt es viele vergleichbare Plätze, deren Gestaltung hinsichtlich multimodaler Mobilitätsangebote bzw. Flächennutzung des öffentlichen Raums zu unflexibel, also veraltet ist. In den kommenden fünf Jahren Laufzeit von SMART SPACE Hardenbergplatz soll ein innovatives Betreibermodell entwickelt werden, das über eine smarte Verhandlungsplattform, die flexible temporäre Nutzung des sich zurzeit vorwiegend im öffentlichen Besitz befindlichen Stadtplatzes ermöglicht. Um Betreiberkonzept und digitale Verhandlungsplattform nicht nur funktionsfähig und finanzierbar, sondern auch rechtssicher und dem Gemeinwohl verpflichtet gestalten zu können, werden sie vom zuständigen Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf gemeinsam mit den zuständigen Senatsverwaltungen, der Wirtschaft, den Anlieger*innen, Verbänden sowie externer Expertise erarbeitet. In der Praxisphase sollen diese beiden Neuerungen anhand von Pop-up-Interventionen und MobilityHubs mit den Elementen Freiraum-Zonierung, Anschlussmobilität, Reisendenlenkung, Aufenthaltsqualität, Sicherheit sowie Nachhaltigkeit getestet und überprüft werden.

Dies ist der formale Projektinhalt. Für den Bezirk ergibt sich damit aber die Chance eine seit vielen Jahren ungeklärte Problemstellung des Nutzungs- und Gestaltungskonzepts für den Hardenbergplatz anzugehen.

Neben seiner oben beschriebenen verkehrlichen Funktion ist der Hardenbergplatz eben auch das Eingangstor in die City-West und damit imagebildend für die City-West. Es gilt also einen Platz zu entwickeln, der seiner hohen verkehrlichen Funktion gerecht wird und trotzdem eine hohe Aufenthaltsqualität hat, der Lust auf das Erkunden immer neuer Angebote und Strukturen macht, der weiterführt in die City West und einen ersten Überblick über die Angebote im Umfeld gibt.

Das Werkstadtforum City-West und auch der nunmehr vorliegende Arbeitsentwurf für die Bereichsentwicklungsplanung City-West definieren den Hardenbergplatz daher auch selbstverständlich nicht singulär, sondern als bedeuten Platz in der Reihung Hardenbergplatz, Breitscheidplatz, Los-Angeles-Platz. Diese Achse der Plätze hat ihren Ausgangs- und Endpunkt für viele Gäste der City-West am Hardenbergplatz.

Die ersten Diskussionen und Abstimmungen im Rahmen der Projektkonzipierung haben deutlich gemacht, dass die Nutzungsansprüche für den Hardenbergplatz nicht alle auf dem Platz erfüllt werden können. Die Einbeziehung der Jebenstraße in die Diskussionen wird sich kaum vermeiden lassen, um Nutzungsdruck vom Platz zu nehmen. Dies ist aber auch notwendig, weil die bisherige Rückseite des Bahnhofs durch die Entwicklungen in der Hertzallee Nord und Süd deutlich aufgewertet wird und eine attraktive Verbindung zu den neuen Quartieren darstellen wird. Klar geworden ist auch, dass die Rolle des motorisierten Individualverkehrs auf dem Hardenbergplatz deutlich reduziert werden muss und die riesigen Parkplatzflächen dort keine Zukunft mehr haben werden.

Die vielfältigen Ansprüche an den Hardenbergplatz werden sich nur durch eine hochflexible Mehrfachnutzung der Flächen erfüllen lassen. Eine Fläche die morgens im Berufsverkehr eine Busfläche ist, dann als Ladezone genutzt wird und am Abend vielleicht ein Kulturstandort ist und am Sonntag noch ein attraktiver Wartebereich für den Zoo. Das wäre die Zukunftsvision von der wir noch weit entfernt sind. Technisch ist das alles mittlerweile möglich, aber das muss gesteuert werden und dazu braucht es eine Struktur. Diese soll entwickelt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

  1. Welche Chancen bietet das Projekt für die Bürger*innenbeteiligung?

Wesentlicher Teil des Projekts ist die Fragestellung, wie die Möglichkeiten der Digitalisierung auch die bisherigen Formen der Bürgerbeteiligung verändern werden. Hier gilt es für uns viele verschiedene Instrumente auszuprobieren. So haben wir in der Eröffnungsveranstaltung am 26.11. Herrn Hardenberg wieder zum Leben erweckt. Der große preußische Verwaltungsreformer wird uns in den nächsten Jahren durch den Prozess begleiten und als zentrale Figur der Kommunikation entwickelt. Er wird über die nächsten Schritte und Planungen berichten, er wird Fragen beantworten, er wird Beteiligungsformate moderieren. Aber natürlich wird es auch Möglichkeiten geben mit einem digitalen Zwilling digital verschiedene Planungen auszuprobieren, anzusehen und zu verstehen. Und wir können flexible Nutzungen einfach mal für ein paar Tage, Wochen oder Monate probieren und schauen, wie sie ankommen, ob sie funktionieren oder ob sie auf dem Platz stören. Wenn wir es gut hinbekommen, dann entwickeln wir am Beispiel des Hardenbergplatzes Bausteine für ein neues Planungs- und Beteiligungsverständnis, das uns dann auch für viele anderen Prozesse zur Verfügung steht.

 

 

Schruoffeneger

 

 
 

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