Drucksache - 1940/5
Die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf hat in ihrer Sitzung am 17.03.2022 beschlossen: „Das Bezirksamt wird gebeten, zu prüfen, ob es im Bereich Westend auf den Parkplätzen des Olympiastadions und der Waldbühne Potenziale für Infrastruktur und bezahlbares Wohnen vorhanden sind und mit dem Senat über die Entwidmung von Parkplätzen zu verhandeln. Der BVV ist bis zum 31.05.2022 zu berichten.“ ___________________________________________________________________
Das Bezirksamt teilt dazu Folgendes mit: Die Potenzialprüfung für „Infrastruktur und bezahlbares Wohnen“ im Bereich der Parkplätze des Olympiastadions und der Waldbühne bedarf der Unterscheidung zwischen potenziellen Wohn- und Infrastrukturnutzungen sowie einer Differenzierung zwischen den vorhandenen Parkplatzflächen. Zum Olympiagelände und der Waldbühne Abbildung: Darstellung Olympiagelände und Waldbühne mit Parkplatzflächen Durchschnittlich finden im Olympiastadion pro Jahr ca. 20 Heimspiele von Hertha BSC, ca. 6–8 Konzerte sowie ca. 3–4 sonstige Großveranstaltungen statt. Darüber hinaus wird der Olympiapark für Veranstaltungen wie dem ISTAF, der Pyronale, dem Lollapalooza, den FINALS und dem alljährlichen DFB-Pokalfinale in Anspruch genommen. Hinzu kommen 1–2 Reitturniere, das Familiensportfest des LSB, das Polo-Turnier und ca. 1–2 Messen. In der Waldbühne finden ca. 20–30 Musikveranstaltungen unterschiedlichen Charakters statt. Für einen Teil der Veranstaltungen werden regelmäßig Auflagen hinsichtlich der Lärmemissionen erteilt. Während Großveranstaltungen werden die Parkplätze P01 und P07 mitunter von der Messe Berlin angemietet und per Shuttle-Service an selbige angeschlossen. In Anbetracht des tatsächlichen gegenwärtigen Mobilitätsverhaltens der Besucherinnen und Besucher würde eine potenzielle Reduktion des Parkplatzangebotes zu einem erhöhten Parkdruck und Parksuchverkehr in den angrenzenden Wohngebieten führen, diese deutlich belasten und sollte deshalb bei Großveranstaltungen mit verkehrsorganisatorischen Maßnahmen begleitet werden. Das gesamte Olympiagelände ist denkmalgeschützt und wurde bereits in der Bauordnung vom 29.07.1966 als Baudenkmal ausgewiesen. Darüber hinaus ist es als denkmalgeschützte Gesamtanlage sowie Gartenanlage Olympiapark in der Berliner Denkmalliste eingetragen.[1] Schwere denkmalfachliche Bedenken bestehen gegen eine Bebauung in unmittelbarer Umgebung der denkmalgeschützten Gesamtanlage. Eine zusätzliche Verdichtung im Bereich der denkmalgeschützten Gartenanlagen sowie einer Baumasse in Konkurrenz zum Solitär des Olympiastadions sowie den Teilobjekten würde zu einer weiteren Verschleifung der Architektur führen. Die Nutzung des Olympiageländes als Sport- und Veranstaltungsstätte für große übergeordnete Veranstaltungen muss darüber hinaus als Konfliktpotenzial für eine Wohnbebauung gesehen werden. Diese würde dem eigentlichen Zweck der Anlage entgegenstehen und diese zusätzlich in Ihrer Nutzungsmöglichkeit einschränken. In den vergangenen Jahren wurden die Zusatzbebauungen aus dieser Zeit zurückgebaut um auch die daraus folgenden Beschränkungen in der Nutzung zu beseitigen und die Anlage in Ihrer historischen Qualität wiederherzustellen. Potenziale Wohnnutzung Auf allen Parkplatzflächen bestehen keine Potenziale zur Entwicklung von Wohnen. Diese Einschätzung gebietet sich aus der Betrachtung der Belange der gegenwärtigen genehmigten und ausgeübten Nutzung, des Denkmalschutzes und des geltenden Bauplanungsrechts. Planungsrechtlich betrachtet befinden sich alle Parkplatzflächen des Olympiastadions im Außenbereich im Sinne von § 35 BauGB. Die Durchführung von Vorhaben im Außenbereich sind nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich und öffentliche Belange dürfen nicht entgegenstehen. Eine potenzielle Wohnnutzung ist gemäß § 35 Abs. 1 BauGB nicht privilegiert. Sie entspricht im Sinne des § 35 (3) BauGB nicht den Darstellungen des Flächennutzungsplans, gegen eine Bebauung bestehen schwere denkmalfachliche Bedenken und eine potenzielle Wohnbebauung würde erheblich an die bestehende kulturelle und sportliche Nutzung heranrücken, von der typischerweise eine teils erhebliche Lärmbelästigung, sowie im Bereich P07 eine erhebliche Geruchsbelastung (schädliche Umweltauswirkungen) ausgehen, was einen Konflikt mit der genehmigten Bestandsnutzung begründen würde. Auch im Rahmen von möglichen Bebauungsplanverfahren dürften die Belange des Denkmalschutzes (denkmalgeschützter Olympiapark, denkmalgeschützer U Bahnhof Ruhleben/Rossiter Platz nahe P01), die vom Olympiapark ausgehenden Lärmemissionen, sowie im Bereich des P07 der zusätzlichen Geruchsemmissionen – ausgehend von dem benachbarten Reitstall – nicht konfliktfrei gelöst werden können. In der jüngsten Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 19/11592 vom 12.04.2022 über die Organisation störender Ereignisse auf dem Gelände des Olympiaparks des Herrn Abgeordneten Ariturel Hack (CDU) werden die Lärmereignisse aufgezählt. Ein weiteres Heranrücken einer Wohnbebauung könnte Abwehransprüche und Nutzungsbeschränkungen des Olympiaparks hervorrufen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Entwicklung der Parkplatzflächen für Wohnnutzungen nicht den bestehenden Zielen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Bezirk entspricht. Potenziale Infrastrukturnutzung Der Flächennutzungsplan (FNP) stellt das Olympiagelände als Sonderbaufläche mit hohem Grünanteil dar. Eine bauliche Entwicklung in diesem Bereich ist daher besonders kritisch zu betrachten. Dies trifft auf alle Parkplätze mit Ausnahme von P01 (Rossitter Platz), P04 (Trakehner Allee), P05 (Südtor Rechts) und P07 (teilweise; Passenheimer Str.) zu. Hier stellt der FNP Grünfläche (teils mit den Zweckbestimmungen Energie bzw. Parkanlage) dar. Eine potenzielle Infrastrukturentwicklung in diesem Bereich in den Grenzen des FNP-Entwicklungsrahmens (vgl. AV FNP) ist vorstellbar. Entwickelbar wären „Sondergebiete für Erholung“ (i. S. v. § 10 BauNVO), im Einzelfall Flächen für den Gemeinbedarf und im Regelfall Grünflächen sämtlicher Zweckbestimmungen. Möglich wäre die Entwicklung von Baulichkeiten zu Sportanlagen und Spielplätzen. Das übergeordnete Ziel der Erhaltung und Entwicklung der im FNP dargestellten Fläche macht eine eingehende Prüfung und Begründung erforderlich. Ergebnis Nutzungspotenziale Aus Sicht des Bezirksamtes bestehen auf den Parkplätzen des Olympiageländes und der Waldbühne aus oben angeführten Gründen keine Potenziale für Wohnnutzungen. Auf den Parkplätzen P01 (Rossitter Platz) und P07 (Passenheimer Str.) ist eine eingeschränkte infrastrukturelle Nutzung aus städtebaulicher und planungsrechtlicher Sicht vorstellbar. Einer detaillierten Prüfung zu unterziehen wären konkrete Vorhaben sportaffiner Nutzungen für die breite Öffentlichkeit unter freiem Himmel. Auch die kritische Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit des Ortes ist in diesem Rahmen vorstellbar. Zu berücksichtigen und in die Abwägung einzustellen sind stets die Bedarfe des Olympiageländes als überregional bedeutsamer Ort für Großveranstaltungen.
Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.
Kirstin Bauch Fabian Schmitz-Grethlein Bezirksbürgermeisterin Bezirksstadtrat
[1] Berliner Denkmalliste vom 9. August 1995 (ABl. Nr. 23 vom 29. Mai 1997)*, letzte Veröffentlichung ABl. Nr. 29 vom 14. Juni 2001. |
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