Drucksache - 1846/5  

 
 
Betreff: Umgang mit dem Klimanotstand In Charlottenburg-Wilmersdorf
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Kempf/Wapler/Centgraf/Drews 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
18.02.2021 
54. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin - Zoom Meeting Hier können Sie die BVV live verfolgen: https://www.youtube.com/watch?v=mxOFeGTkCLM vertagt   
18.03.2021 
55. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin - Zoom-Meeting - Unter diesem LINK können Sie die BVV verfolgen: https://www.youtube.com/watch?v=peOpLDtgOyM vertagt   
22.04.2021 
56. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vertagt   
27.05.2021 
57. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
Große Anfrage
Gr. Anfrage - schriftliche Beantwortung

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

die Große Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:

 

 

  1. Was folgt aus der Anerkennung des Klimanotstandes (1213/5) für das bezirkliche Handeln?

 

Das Bezirksamt hat in seiner Sitzung am 19.1.21 die Vorlage zur Kenntnisnahme an die BVV (Drs. Nr. 0504/5 i.V.m. Nr. 0697/5 i.V.m. Nr. 1007/5 i.V.m. Nr. 1159/5 i.V.m. Nr. 1213/5 i.V.m. Nr. 1575/5 i.V.m. Nr. 1635/5) beschlossen, die eine umfassende Darstellung der Handlungsnotwendigkeiten und Potentiale des Bezirks enthält. Bezüglich der Details verweise ich auf diese Vorlage, die auch einen Überblick über bisherige Maßnahmen und den Strukturaufbau gibt.

Charlottenburg-Wilmersdorf hat sich mit den Beschlüssen zum Nachtragshaushalt 2017 sowie zu den Haushalten 2018/19 und 2020/21 auf den Weg gemacht, eine entsprechende Struktur aufzubauen und personell zu untersetzen. Im Vergleich der Berliner Bezirke nimmt der Bezirk mittlerweile in der Bearbeitung und strukturellen Absicherung von Klimaschutzthemen eine Spitzenstellung ein.

Die Rolle der Kommunen und damit auch des Bezirks definiert sich daher in der Klimapolitik wie folgt:

 

  • Vorbildfunktion und Beeinflussung des politischen Willensbildungsprozesses im Sinne vorbildlichen Handelns, um zu zeigen, was alles möglich ist und wie die klimapolitischen Ziele erreicht werden könnten, wenn alle Akteure entsprechend handeln würden;
  • Breitenwirksame Information und Aufklärung über die Ziele und Instrumente der Klimapolitik und das Aufzeigen individueller Handlungsmöglichkeiten;
  • Politische Bildung bezüglich der weitergehenden Notwendigkeiten politischen Handelns auf allen Ebenen (individuell, kommunal, national, europäisch und global);
  • Sicherstellung, dass kommunales Handeln zur Erreichung der klimapolitischen Zielsetzungen durch Schadstoffminimierung ausreichend (entsprechend der bisherigen Schadstoffemissionen) beiträgt, auch in Kooperation mit anderen Kommunen;
  • Schaffung von Rahmenbedingungen für Individuen, Betriebe und Einrichtungen, um ihrerseits die Erreichung der klimapolitischen Ziele zu befördern (Infrastruktur, Beratung);
  • Nutzung rechtlicher Instrumente, um Maßnahmen und Projekte, die den klimapolitischen Zielen entgegenlaufen, zu verhindern
  • Pilotprojekte auf lokaler Ebene

 

Dem Ziel der gemeinsamen Verständigung auf die klimapolitischen Notwendigkeiten dient auch die Initiierung des Werkstadtforums City-West, in dem eine breite Struktur von Handelnden der City-West (hier nicht nur als Kernzentrum verstanden) über die notwendigen Ziele der Stadtentwicklung auf dem Weg zu einer klimaneutralen, nachhaltigen und sozialen Stadt diskutiert und der Gesellschaft und Politik damit die Möglichkeit geben, sich auf dort konsensual vereinbarte Entwicklungslinien zu beziehen. Wenn es gelingt, die dort entwickelten Grundaussagen zu den Themen Nachhaltigkeit, Klima und Mobilität als Konsens im Bezirk zu verankern und damit grundsätzliche Auseinandersetzungen bei jeder einzelnen Umsetzungsmaßnahme zu vermeiden, wäre dies ein wesentlicher Schritt zur Erreichung klimapolitischer Ziele.

 

 

  1. Welche strukturellen Veränderungen plant das Bezirksamt, um Maßnahmen für den Klimaschutz und die notwendige Klimaanpassung künftig konsequent im Verwaltungshandeln zu etablieren und wie sollen dafür die Mittel dauerhaft abgesichert werden?

 

Von besonderer Bedeutung ist die regelmäßige Überprüfung des eigenen Handelns auf die klimapolitischen Auswirkungen. Oft gäbe es Alternativen, die die Zielerreichung in wesentlich klimaschonender Art und Wiese ermöglichen würden. Dazu ist eine strukturelle Verankerung eines Klima-Checks unabdingbar und auch im BVV-Beschluss auf Drucksache 1213/5 gefordert. In der Vorlage zur Kenntnisnahme wird dazu folgendes Verfahren vorgeschlagen:

 

Viele Handlungen des Bezirksamtes gehen nicht auf BA-Beschlüsse zurück, sondern sind die Umsetzung von BVV-Beschlüssen, zu denen dann keine gesonderten BA-Vorlagen gefertigt werden, sondern die Beschlussfassung über die Vorlage zur Kenntnisnahme an die BVV erfolgt. Das Bezirksamt wird daher das vorgeschlagene Verfahren sowohl auf BA-Beschlussvorlagen, wie auch Vorlagen zur Kenntnisnahme an die BVV anwenden. Das Bezirksamt hält es nicht für zielführend, ein aufwendiges formalisiertes Verfahren für alle Beschlüsse durchzuführen. Stattdessen wird vorgesehen, neben dem Punkt haushalts- und personalpolitische Auswirkungen in die Vorlagen einen Punkt klimapolitische Auswirkungen aufzunehmen, der jeweils von der erstellenden Verwaltung auszufüllen ist. Die Tagesordnung des BA wird in einem zusätzlichen Exemplar an die „Klimacheckstelle“ versandt. Diese Stelle hat die Aufgabe, bis zu 5% der Vorlagen einer intensiveren Überprüfung zu unterziehen. Dazu werden alle Vorlagen einem Grobcheck unterzogen und ggf. Anmerkungen und Vorschläge zur Verbesserung des Klimaschutzes zur Bezirksamtssitzung gefertigt, die durch die Abteilung Stadtentwicklung in der Bezirksamtssitzung vorgetragen werden. Bei bis zu 5% der Vorlagen wird eine intensivere Prüfung ermöglicht. Auf Wunsch der für den Klimacheck zuständigen Stelle wird die entsprechende Vorlage dafür um bis zu zwei Sitzungen vertagt. Die von der zuständigen Stelle fundiert erstellten Vorschläge zur Verbesserung des Klimaschutzes werden auf Wunsch eines BA-Mitglieds zur Abstimmung gestellt.

 

Eine zweite wesentliche strukturelle Absicherung des Themas Klimapolitik kann durch eine Auditierung erfolgen. Das Bezirksamt hat daher die Teilnahme am Pilotprojekt „European Energy Award“ (eea) am 30.01.2018 beschlossen. Der eea ist ein Managementsystem, das Kommunen unterstützt, Klimaschutz- und Energiepolitik sowie die entsprechenden Konzepte, Projekte und Maßnahmen systematisch, in sinnvoller Reihenfolge und Priorität und effektiv umzusetzen.

Mit dem eea wird im Bezirk ein Prozess eingeführt, der dafür sorgt, dass Klimaschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen für den gesamten Bezirk aus den unterschiedlichen Fachbereichen identifiziert, strukturiert und effizient realisiert werden.

Zurzeit läuft die Erstellung des energiepolitischen Arbeitsprogramms. Die Auditierung und öffentliche Auszeichnung ist für 2022 zu erwarten.

 

Die dritte wichtige Säule zur Absicherung einer aktiven Klimaschutzpolitik ist die Bereitstellung der notwendigen Finanzierung.

 

Dem Bezirksamt liegt zur Zeit der Vorschlag meiner Abteilung vor, rechnerisch eingesparte Energiekosten durch besondere bauliche Anstrengungen jeweils für einen begrenzten Zeitraum wieder für neue CO2 reduzierende Maßnahmen einzusetzen und damit einen positiven Schneeballeffekt in Gang zu setzen. Als erste darauf anrechenbare Maßnahmen habe ich die Installation von 5 weiteren Photovoltaikanlagen auf Schuldächern, den Bau eines Eisspeichers auf dem Gelände der Bezirksgärtnerei sowie die Umstellung der Wärmeversorgung des Schullandheims Eichhörnchensteig auf Erdwärme vorgeschlagen. Diese drei Maßnahmen würden den jährlichen CO2-Ausstoß der bezirklichen Gebäude um 550 Tonnen jährlich reduzieren.

 

 

  1. Welches sind die wichtigsten Maßnahmen aus den Bereichen Stadtentwicklung, Mobilität sowie Umwelt- und Gesundheitsschutz mit denen der Bezirk zeitnah auf den Klima-Notstand reagieren kann?
     

Unter den Aufgaben des bezirklichen Klimaschutzes haben energetische Quartierskonzepte einen besonderen Stellenwert. Während im Neubau gesetzliche Regelungen eine den klimapolitischen Zielen Berlins adäquate Versorgung mit Strom und Heizwärme sicherstellen könnten, können in Bestandsquartieren einschneidende Hemmnisse für energetische Modernisierungen, wie eine hochgradige Zersplitterung der Eigentümerstrukturen, der Wärmeversorgungslösungen oder die fehlende Nutzung nachhaltiger (lokaler) Wärmequellen nur durch konzertierte Bemühungen vieler involvierter Akteure überwunden werden. Entwickelt und umgesetzt werden Quartierskonzepte mit dem Schwerpunkt Modernisierung der Wärmeversorgungslösungen derzeit in sehr unterschiedlichen Quartieren im Bezirk: Mierendorff-Insel, Eichkamp/Heerstraße und Olympia-Park.

 

Weitere Quartierskonzepte im Klimaschutz befinden sich in Vorbereitung.

 

Im Bereich des Stadtentwicklungsamtes wurde mit dem Haushalt 2020/21 erstmals eine Stelle für die Verkehrsplanung bereitgestellt, die voraussichtlich im Jahr 2021 die Arbeit aufnehmen wird. Neben der Prüfung der maßnahmenbezogenen Mobilitätskonzepte soll hier ein Hauptschwerpunkt der Arbeit auf Quartierskonzepte gelegt werden.

 

Im zweiten Halbjahr 2020 wurde eine neue halbe Stelle direkt der Amtsleitung zugeordnet, die Nachhaltigkeitsthemen insgesamt bearbeiten soll. Mit der Besetzung der Stelle ist im 2. Quartal 2021 zurechnen. Damit soll sichergestellt werden, dass es eine spezialisierte Ansprechperson gibt, die in Planungsprozessen sowie in Fragen der Bauberatung kollegial beratend tätig ist, im Einzelfall aber auch direkt in Bauberatungsprozesse einbezogen werden kann, um private Bauherr*innen die Möglichkeiten zum nachhaltigen und klimaneutralen Bauen näher zu bringen.

 

In der Verkehrspolitik ist neben den bekannten Maßnahmen zur Förderung des Umweltverbundes sicherlich die Umstellung der Lieferlogistik ein wesentlicher Baustein.

Im Jahr 2021 sollen zwei Logistic-Hubs im Bezirk eröffnet werden, die die unzähligen Lieferverkehre mit Klein-LKWs und PKWs vermindern sollen und die Lieferverkehre auf der letzten Meile immer dann, wenn es Gewicht und Größe der zu liefernden Waren zulassen, auf e-Lastenräder verlagern.

 

 

 

Dies soll nicht nur zu einer deutlichen Reduzierung des CO2-Ausstoßes durch Lieferverkehre führen, sondern gleichzeitig die Wohnstraßen von diesen Fahrzeigen entlasten und damit für Fußgänger und Radfahrer sicherer und attraktiver machen. Der erste Hub wird für die Bereiche der Mierendorff-Insel und Charlottenburg-Nord in der Olberstraße eingerichtet, der zweite in der Masurenallee. Dieser soll insbesondere die Kantstraße und die anliegenden Wohnquartiere entlasten.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Oliver Schruoffeneger

 

 

 
 

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