Drucksache - 1463/5
Die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf hat in ihrer Sitzung am 18.06.2020 beschlossen:
"Das Bezirksamt wird aufgefordert, bei der Genehmigung eines Bauantrags verstärkt für die Kombination von extensiver Dachbegrünung in Verbindung mit Photovoltaik zu werben und auf entsprechende Fördermöglichkeiten hinzuweisen. Zugleich wird das Bezirksamt aufgefordert zu prüfen, ob bei künftigen Baugenehmigungen die Verpflichtung einer Errichtung von Photovoltaikanlagen zulässig ist.
Der BVV ist bis zum 30.6.2020 zu berichten.“
Das Bezirksamt teilt dazu Folgendes mit:
Die von der BVV ersuchte Werbung wird von Bezirksamt umgesetzt und durch die Schaffung einer halben Stelle zur Beratung zum nachhaltigen Bauen beim Stadtentwicklungsamt wird verstärkt. Es gibt bereits eine Broschüre für Bauherren, die für die Bauberatung vorliegt (Link: https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/verwaltung/aemter/umwelt-und-naturschutzamt/umweltschutz/artikel.112781.php). Die Fördermöglichkeiten sind beim Neubau allerdings begrenzter, da das neue Dachbegrünungs-Förderprogramm von Sen UVK / IBB prinzipiell nur für Bestandsgebäude gilt. Allerdings gibt es im „Premium-Segment“ eine Chance auch für Neubauten.
Der Anlage von Gründächern bei Neubauten ergibt sich inzwischen relativ häufig • als Folge der Biotopflächenfaktor-Landschaftspläne in der Innenstadt (in etwa das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings), weil die vorgeschriebenen BFF vielfach nur über eine Dachbegrünung erreicht werden können, • als Folge der privatrechtlichen aber wirksamen Regenwassereinleitungsbeschränkungen der Berliner Wasserbetriebe und • als Folge der gängigen Praxis der Stadtplanung zur Vorlage eines qualifizierten Außenanlagenplanes als Voraussetzung für eine Befreiungsentscheidung nach § 31 Bau GB.
Es stellt sich immer im Einzelfall die Frage, ob Photovoltaik in Kombination mit extensiver Dachbegrünung in der Gesamtbetrachtung die sinnvollste Lösung ist. Da intensive Dachbegrünungen i.d.R. als begehbar verstanden werden, sind Absturzsicherungen und zwei Rettungswege erforderlich, die entsprechend im Stadtbild wahrgenommen werden können. Im Sinne von gestalterisch zurückhaltenden Lösungen werden vom Bezirksamt nicht begehbare Dachbegrünungen mit einer höheren Substratschicht als Retentionsdächer befürwortet, da diese einen höheren ökologischen Wert haben als extensive Dachbegrünungen und gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Wasserhaushalt und zum Stadtklima (Verdunstung) leisten können.
Bezogen auf das Stadtklima in der Innenstadt sind diese Gründächer im Vergleich zu Photovoltaikanlagen, die zur Einsparung von Emissionen an Kraftwerksstandorten – also eher außerhalb – führen, daher die vor Ort wirksamere Maßnahme im Umgang mit dem Klimawandel. Daraus ergibt sich eine Präferenz für Gründächer, sofern Photovoltaik mit Retentionsdächern nicht kombinierbar ist.
Für die Überschreitung des Nutzungsmaßes könnte ein Ausgleich hierzu durch die Anlage von Aufenthaltsflächen, wie z. B. Gemeinschaftsdachterrassen ggf. in Kombination mit intensiver Dachbegrünung geschaffen werden. Dabei sind jedoch die Auswirkungen auf das Stadtbild sowie mögliche Störungen der Nachbarschaft zu beachten. daher wurde damit in der Vergangenheit zurückhaltend umgegangen. Eine Kombination solcher Dächer mit Photovoltaik dürfte in der Umsetzung schwierig sein.
Die Forderung nach Photovoltaik im Zusammenhang mit Befreiungen vom Maß der baulichen Nutzung scheint schwer begründbar. Ein Vorhaben wird dadurch nicht städtebaulich vertretbarer als ohne. Dass öffentliche Belange einer Nachverdichtung ohne Photovoltaik entgegenstehen, ist schwierig darstellbar. Durch einen Dachausbau verschlechtert sich das Klima nicht nachweislich soweit, dass Emissionsreduzierungen durch Photovoltaik nötig werden. Zudem leisten Nachverdichtungen im Innenstadtbereich einen Beitrag zur Verkehrs- und damit Emissionsvermeidung.
Für eine verpflichtende Errichtung von Photovoltaikanlagen wird auch umweltrechtlich derzeit keine Rechtsgrundlage gesehen. Sie ist allenfalls eine Möglichkeit zur Erfüllung der Anforderungen aus § 5 EEWärmeG (Anteil erneuerbarer Energien bei neuen Gebäuden; seit Nov. 2020 im Gebäudeenergiegesetz normiert). Derzeit ist PV allenfalls in Segmenten (Eigenstromnutzung) aufgrund des „Solardeckels“ kostendeckend. Um Solaranlagen verpflichtend durchzusetzen, müsste Berlin dem Vorbild anderer Länder folgen und eine gesetzliche Regelung schaffen.
Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.
Reinhard Naumann Oliver Schruoffeneger Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat
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