Drucksache - 0794/5
Die BVV hat in ihrer Sitzung am 21.03.2019 Folgendes beschlossen:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, zur Anerkennung und· Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten bezirklicher Seniorenvertretungen beizutragen und sich entsprechend für die Aufnahme der ehrenamtlich tätigen bezirklichen Seniorenvertretungen in
• das Bezirksverwaltungsgesetz (BezVwG) sowie • das Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordneten-versammlung, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen" (BezVEG) und • die Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen (DVO BezVEG)
einzusetzen mit dem Ziel, eine rechtssichere Regelung für die Mitwirkung der bezirklichen Seniorenvertretungen in den Ausschüssen der Bezirksverordneten-versammlungen (BW) von Berlin zu finden.
Das Bezirksamt teilt dazu mit:
Das Bezirksamt unterstützt die Intention der Drucksache. Deshalb hat sich das Bezirksamt an alle zuständigen Senatsverwaltungen gewandt.
Es sind zwei ausführliche Antwortschreiben eingegangen:
Herr Senator Geisel teilt für die Senatsverwaltung für Inneres und Sport mit:
„Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 3. Mai 2019, in dem Sie die an das Bezirksamt gerichtete Empfehlung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 21. März 2019 (Ds. 0794/5) zur Stärkung der bezirklichen Seniorenvertretungen unterstützen.
Auch ich weiß den ehrenamtlichen Einsatz der Mitglieder der bezirklichen Seniorenvertretungen und deren Bemühungen um seniorenpolitische Interessen sehr zu schätzen. Dank ihrer zahlreichen Initiativen fließen wichtige Anliegen der älteren Bürgerinnen und Bürger in die Beratungen der jeweiligen Bezirksverordnetenversammlung mit ein.
Im Berliner Seniorengesetz (BerlSenG) wird ihre besondere Rolle ausdrücklich gewürdigt. So betont § 4 Absatz 3 Satz 1 BerlSenG die Rolle der bezirklichen Seniorenvertretung bei der Beratung seniorenrelevanter Themen in den Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlungen. Die Regelung bewirkt, dass bei den Mitgliedern der bezirklichen Seniorenvertretung grundsätzlich vom Bestehen der Sachkunde bezüglich seniorenrelevanter Themen auszugehen ist, womit sie vom jeweiligen Ausschuss als sachkundige Personen hinzugezogen werden können. Zudem sind Seniorenvertretungen nach § 4 Absatz 3 Satz 3 BerlSenG berechtigt, ihre Anliegen über die Vorsteherin oder ·den Vorsteher oder das für Seniorinnen und Senioren zuständige Bezirksamtsmitglied der Bezirksverordnetenversammlung bekannt zu machen und sie oder ihn zu ersuchen, diese auf geeignete Weise in die Arbeit der Bezirksverordnetenversammlung einzubringen.
Dass über die bislang bestehenden Rechte hinaus die Motivation der Mitglieder der bezirklichen Seniorenvertretungen besteht, bspw. auch an nichtöffentlichen Sitzungen in den Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlungen in die Diskussion einzugreifen und seniorenrelevante Themen zu erörtern, ist zwar durchaus nachvollziehbar. Aus verschiedenen Gründen halte ich eine Ausweitung der Mitwirkungsbefugnisse für Mitglieder der bezirklichen Seniorenvertretungen jedoch für problematisch.
So sollte bedacht werden, dass die Aufwertung einer einzigen gesellschaftlichen Gruppe stets die Gefahr birgt, dass andere Teile der Gesellschaft dies als Abwertung ihrer eigenen Interessen erachten. Beispielsweise Kinder, Jugendliche, Frauen oder Bürgerinnen und Bürger mit Einwanderungsgeschichte könnten sich die Frage stellen, was Seniorinnen und Senioren mehr als andere Gruppen dafür qualifiziert, bspw. mitgliedschaftliche Rechte innerhalb der Bezirksverordnetenversammlung wahrnehmen zu dürfen. Zumal Seniorenvertretungen nicht durch Wahlen aller Einwohnerinnen und Einwohner des Bezirks legitimiert sind. Andererseits können auf Basis der derzeit geltenden Rechtslage die jeweiligen Bezirksverordnetenversammlungen selbst den Interessen der Seniorinnen und Senioren bereits jetzt mehr Gewicht einräumen, ohne dass es hierfür rechtlicher Anpassungen bedürfte. So wäre im Rahmen des Selbstorganisationsrechts der Bezirksverordnetenversammlung z.B. denkbar, einen Ausschuss ausschließlich für seniorenrelevante Themen einzurichten, in dem wiederum bis zu vier Bürgerdeputierte zu vollwertigen Ausschussmitgliedern gewählt werden könnten. Diese würden nach § 7 des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen vom 29. November 1978 (BezVEG) eine Entschädigung für jede Sitzung nach den Bestimmungen des § 3 BezVEG und eine Erstattung der Kosten für Dienstreisen nach den Bestimmungen des § 5 BezVEG erhalten.“
Frau Senatorin Breitenbach teilt für die Senatsverwaltung Integration, Arbeit und Soziales mit:
„Velen Dank für Ihr Schreiben zur Anerkennung und Stärkung der bezirklichen Seniorenvertretungen vom 03.05.2019. Auch ich kenne die Seniorenvertretung Charlottenburg-Wilmersdorf als verlässliche und wichtige Größe und freue mich, dass ihr Engagement in den Ausschüssen ebenso hoch geschätzt wird.
ln den vergangenen Jahren gab es von anderen Bezirken ähnliche Forderungen zur Stärkung der bezirklichen Seniorenvertretungen. Diese waren unter anderem Thema in den Bezirksstadträtesitzungen vom 25.04.2018 und vom 12.09.2018 sowie im Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation vom 17.09.2018. Es stellte sich heraus, dass beispielsweise die einfache Aufnahme der bezirklichen Seniorenvertretungen in den Regelkreis der DVO BezVEG nicht ohne weiteres möglich ist. Zu einer solchen Aufnahme bedarf es einer grundsätzlichen Änderung der Rolle und Rechte der bezirklichen Seniorenvertretungen. Ein ·derartiges Vorhaben würde einen aufwendigen gesetzlichen Neuregelungsprozess mit komplexen Einbeziehungs- und Abstimmungsverfahren mit sich ziehen, welcher jedoch von den entscheidenden Akteuren bisher abgelehnt wurde. Außerdem haben bereits einige Bezirke alternative Wege gewählt, die Arbeit der Seniorenvertreter*innen finanziell zu unterstützen.
Mir ist bewusst, dass für eine erfolgreiche Mitwirkung der bezirklichen Seniorenvertretungen in bezirklichen Angelegenheiten zielführende, angemessene strukturelle und organisatorische Regelungen unerlässlich sind. Der Rahmen für diese wird durch die Inhalte des Berliner Seniorenmitwirkungsgesetzes beschrieben. Die Ausgestaltung dieses Rahmens erfolgt in bezirklicher Zuständigkeit. ln dieser Zuständigkeit kann die BW ihre Geschäftsordnung selbstständig in bestimmten Bereichen (z.B.: Ausbau des Rederechts) zur Anerkennung und Stärkung der bezirklichen Seniorenvertretungen ändern.“
Sowohl die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung als auch die Senatsverwaltung für Finanzen haben auf die Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport verwiesen.
Das Bezirksamt teilt die Einschätzung der Senatsverwaltungen, dass bei einer besonderen Stärkung der Rechte der Seniorenvertretung zwingend zu berücksichtigen ist, dass dadurch nicht der Eindruck entstehen darf, dass die Rechte anderer besonderer Personengruppen vernachlässigt werden. Seniorinnen und Senioren haben durch Präsenz und Rederecht der Vertreter der Seniorenvertretung in allen Ausschüssen der BVV ein besonderes Gewicht bei den Entscheidungen der BVV.
Der Verweis auf eine mögliche Änderung der Geschäftsordnung der BVV sollte deshalb innerhalb der BVV erneut diskutiert und beraten werden. Darüber hinausgehende gesetzliche Änderungen erscheinen derzeit nicht möglich.
Auf der Ebene des Bezirksamtes sind damit die Möglichkeiten der Einflussnahme entsprechend der Intention der Drucksache umfassend ausgeschöpft worden.
Das Bezirksamt bittet, den Beschluss als erledigt zu betrachten.
Reinhard Naumann Detlef Wagner Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat
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