Bezirksbesuch des Senats in Friedrichshain-Kreuzberg

Senatsbesuch Bus auf der Karl-Marx-Allee

Der Berliner Senat war am Dienstag, den 23. Januar, im Zuge seiner Bezirksbesuchstour „Senat vor Ort“ in Friedrichshain-Kreuzberg zu Gast. Der letzte Bezirksbesuch des Senats in unserem Bezirk hatte in der vorigen Legislatur im Oktober 2019 stattgefunden.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und die zehn Senator*innen kamen zu ihrer wöchentlichen Senatssitzung in dieser Woche nicht im Roten Rathaus zusammen, sondern im Rathaus Friedrichshain an der Frankfurter Allee.

Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann eröffnete die Sitzung mit einem Grußwort: „Wir freuen uns, dass der aktuelle Senat als ersten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg besucht. Denn als dicht besiedelter Innenstadtbezirk sind wir ein Seismograph der Stadt. Viele Entwicklungen und Veränderungen in der Gesellschaft und der Stadt beginnen bei uns. Es ist gut, dass der Senat sich heute ein Bild davon macht, wie die Arbeit und die Situation in unserem Bezirk vor Ort im Alltag aussieht und welche Auswirkungen Entscheidungen der Landesebene hier vor Ort für die Bürger*innen, aber auch die Mitarbeiter*innen, haben.“

Im Anschluss daran fand eine gemeinsame Sitzung mit dem Bezirksamt statt. Themen dieser Besprechung waren Verkehrswende und Verkehrssicherheit, ein Schulbauprojekt im Bezirk, Personal in den Bezirksämtern und die im landesweiten „Lenkungsgremium für Sicherheit und Sauberkeit im öffentlichen Raum und zur Vermeidung von Sucht und Obdachlosigkeit“ vereinbarten Maßnahmen.

Senatsbesuch - Interviewsituation

Nach der gemeinsamen Sitzung gaben Kai Wegner und Clara Herrmann Pressestatements. Die Bezirksbürgermeisterin betonte die Bedeutung der Bezirke und ihrer Aufgaben: „Als Bezirke sind wir der Maschinenraum der Stadt. Mit unserer Arbeit und unseren Serviceleistungen prägen wir das Gesicht Berlins. Wir sind die erste Anlaufstelle für Bürger*innen und das Fundament unserer Demokratie. Ein massiver Sparkurs bei den Bezirken ist fatal für das Funktionieren unserer Stadt.“

Der Regierende Bürgermeister und die Bezirksbürgermeisterin machten vor der Presse deutlich, dass bezüglich des nächtlichen Abschließens des Görlitzer Parks weiterhin Uneinigkeit zwischen Land und Bezirk bestehe. Dazu Clara Herrmann: „Wir halten die dauerhafte nächtliche Schließung unseres Parks weiterhin nicht für das richtige Mittel. Wir teilen die Sorge der Anwohnerschaft, dass sich die Situation in den umliegenden Kiezen dadurch verschärfen könnte. Eine Schließung des Parks verdrängt das Problem nur – in Hausflure, Treppenhäuser und Hinterhöfe. Wir haben heute schon die Situation, dass es beispielsweise im Wrangelkiez und rund um das Kottbusser Tor zu starken Belastungen der Anwohner*innen durch Obdachlosigkeit und öffentlichen Drogenkonsum kommt.“

Nach der kurzen Pressekonferenz brachen der Senat, das Bezirksamt und die Pressevertreter*innen gemeinsam mit einem Reisebus zur Tour durch den Bezirk auf. Das Programm bestand aus fünf Stationen. Den Großteil der besuchten Orte hatte das Bezirksamt vorgeschlagen. Den Wunsch, gemeinsam den Görlitzer Park zu besuchen, hatte die Senatskanzlei eingebracht.

Senatsbesuch - Menschenskinder Bauraum

Besuch bei den Menschenskindern

Die erste Station der gemeinsamen Tour war „Menschenskinder“ in der Fürstenwalder Straße in Friedrichshain. Max Kindler, Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksstadt für die Abteilung Jugend und Familie, hatte den Ort als “Best Practice”-Beispiel für den gemeinsamen Besuch vorgeschlagen. Die Einrichtung in freier Trägerschaft besteht aus einer Kindertagesstätte, einem Familienzentrum und dem MenschenskinderGarten. Menschenskinder ist in einem bezirklichen Gebäude untergebracht, das in den vergangenen Jahren umfangreich saniert wurde.

Senatsbesuch Kita Menschenskinder

Geschäftsführerin Manuela Stuhlsatz begrüßte die Gruppe in den Räumlichkeiten des Familienzentrums, stellte ihr Team vor und erläuterte ihre Idee, Angebote für Mütter*, Väter*, Kinder, Jugendliche und werdende Eltern zu entwickeln. Gemeinsam mit anderen Fachleuten hat sie die Menschenskinder gGmbH 1996 gegründet.

Bei kleinen Rundgängen durch den Kita-Bereich und den Garten konnten die Gäste von Senat und Bezirk mehr über die Einrichtung und ihr Konzept erfahren. Die Kita besuchen insgesamt 90 Kinder. 2018 hat die Kita den zweiten Platz beim Deutschen Kitapreis belegt.

Im MenschenskinderGarten können Kitas, Schulen und Menschen aus der Nachbarschaft eigene Beete bewirtschaften. Der gemeinschaftlich genutzte Gartenbereich hat eine Sitzecke, einen Grillplatz und einen Lehmofen. Der MenschenskinderGarten ist Teil des LebensMittelPunkte-Netzwerks im Bezirk.

Senatsbesuch - Clara Herrmann und Ranija Hemieda

Mittelpunktbibliothek am Kottbusser Tor

Mit dem Bus ging es weiter in die Mittelpunktbibliothek Wilhelm Liebknecht/Namik Kemal in der Adalbertstraße. Auch ohne den hohen Besuch war die Bibliothek gut besucht. Im Café neben dem Eingangsbereich genossen Besucher*innen aus dem Kiez einen kostenlosen Kaffee. Einen Raum weiter war die digitale Sprechstunde im Gange, bei der Nutzer*innen Unterstützung bei alltäglichen Fragen rund um PC, Internet, Tablet oder Smartphone erhalten. Im ersten Stock lief gerade das wöchentliche Bilderbuchkino für die Kleinsten.

Im Obergeschoss stellten Niklas Kahmann und Dr. Laila Atrache vom Quartiersmanagement (QM) den Gästen aus dem Senat gemeinsam die Arbeit in den QM-Gebieten Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße, Wassertorplatz und Mehringplatz vor. Seit 1999 unterstützt das Berliner Quartiersmanagement benachteiligte Stadtteile (Quartiere). Ziel ist es, Stadtteile zu stabilisieren, denen droht, von der gesamtstädtischen Entwicklung abgehängt zu werden. Die Kreuzberger Gebiete werden zu Ende 2027 aus der QM-Förderung entlassen. Ob es eine Art Nachversorgungsstruktur in den jeweiligen Gebieten geben wird und wie diese aussehen könnte steht derzeit noch nicht fest.

Senatsbesuch - Clara Herrmann und Kai Wegner in der Gaming Zone

Die Leiterin der Mittelpunktbiblitothek, Ranija Hemieda, präsentierte ihr Haus als wichtigen Ankerpunkt im Kiez: ein dritter Raum neben Wohnung und Arbeitsplatz/Schule: „Wir sind ein Ort, an dem Menschen sich begegnen und austauschen, ohne kommerziellen Zwängen ausgesetzt zu sein. Ein niedrigschwelliger Ort, an dem man gerne Zeit verbringt und den man auch mitgestalten kann – und an dem sich alle Altersgruppen und Geschlechter geschützt fühlen können. Wir sind ein Ort der Partizipation, so gestalten wir nicht nur Angebote für Anwohner*innen, sondern auch von und mit ihnen, wir sind ein Ort für die Community.“

Im Kiez rund um den Kotti liegt die Kinderarmut bei über 50 Prozent. Daher ist es elementar, dass die Bibliothek mit ihren Angeboten die Kinder und Jugendlichen im Quartier bei Bildungs- und Chancengerechtigkeit unterstützt.
Die Bibliothek unterhält enge Kooperationen mit den Schulen und Kitas im Quartier, die regelmäßig zu Veranstaltungen der Leseförderung in die Bibliothek kommen.

Nach der Einführung gab es für die Gäste die Möglichkeit für eine kurze Tour durch Haus und Gespräche mit den Besucher*innen – im Bereich der Kinder- und Jugendbibliothek, bei der Hausaufgabenhilfe, aber auch in der digitalen Sprechstunde. Clara Herrmann und der Kai Wegner spielten in der Gaming Zone eine Runde Mario Kart, bei der der Regierende Bürgermeister gewann.

Görlitzer Park

Die nächste Station des Bezirksbesuchs war der Görlitzer Park. Dort sollte Umweltsenatorin Manja Schreiner die bereits umgesetzten Maßnahmen aus dem Lenkungsgremium, wie Instandsetzung von Lampen und Grünschnitt, erläutern. Im Park hatte sich bei der Ankunft des Reisebusses bereits eine Demonstration mit rund 200 Personen versammelt, die teils lautstark gegen den vom Senat geplanten Ausbau der Zaunanlage und die angedachte nächtliche Schließung protestierten. Durch diese Demonstration fiel der Besuch des Parks kürzer aus als geplant. Statt wie angedacht mit den vom Bezirk im Park und seinem Umfeld eingesetzten Parkläufer*innen und Kiezhausmeister*innen ins Gespräch zu kommen und aus deren Arbeitsalltag zu hören, bahnte sich die Besuchsgruppe unter Polizeischutz den Weg durch den Park in den Reichenberger Kiez zur nächsten Station.

Ohlauer 365

In der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule, einer bezirklichen Liegenschaft, in der Ohlauer Straße/Reichenberger Straße wurden die Senats- und Bezirksamtsmitglieder von den Mitarbeitern der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. empfangen. Von November bis Ende April betreiben die Johanniter im alten Schulgebäude aktuell eine Notübernachtung der Kältehilfe für rund 80 Männer.

Björn Teuteberg und Jörge Bellin von den Johannitern stellten gemeinsam mit dem stellvertretenden Bezirksbürgermeister Oliver Nöll das Konzept „Ohlauer 365“ vor. Dieses ganzjährige Notübernachtungsangebot für obdachlose Menschen mit und ohne Suchterkrankungen soll gemeinsam mit dem Verein Fixpunkt umgesetzt werden. Alle Beteiligten wollen mit dem Vorhaben im Frühjahr 2024 starten, sofern die Finanzierung sichergestellt werden kann.

Die Gäste von Bezirk und Senat hatten die Möglichkeit, sich die Speise- und Schlafräume der Notübernachtung anzuschauen und die tägliche Arbeit der Mitarbeiter*innen und Ehrenamtlichen erläutern zu lassen.

Senatsbesuch - Campus Ohlauer

Campus Ohlauer Straße

Die letzte Station auf der Bezirkstour war der Campus Ohlauer Straße, der auf dem ehemaligen Schulhofgelände der Gerhart-Hauptmann-Schule entstanden ist. Bausenator Christian Gaebler und Baustadtrat Florian Schmidt stellten das bereits abgeschlossene Wohnungsbauprojekt der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE vor, das in Kooperation mit karitativen Trägern umgesetzt wurde. Insgesamt befinden sich auf dem 3900 Quadratmeter großen Grundstück 120 Wohnungen, die Geflüchteten, wohnungslosen Frauen mit Kindern, Studierenden und einkommensschwachen Familien kostengünstigen Wohnraum bieten. Im Erdgeschoss des Gebäudes gibt es eine Kindertagesstätte.
Gemeinsam wurde dort zum Abschluss eine Wohneinheit im Erdgeschoss besucht.