Drucksache - DS/1071/VI  

 
 
Betreff: Nicht freigegebene Mittel der auftragsweisen Bewirtschaftung
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:DIE LINKEDIE LINKE
Verfasser:Jokisch, RenéJokisch, René
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
28.02.2024 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) beantwortet   

Beschlussvorschlag

ALLRIS net Ratsinformation

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Welche Probleme ergeben sich aus der Tatsache, dass auf Landesebene
    in der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung,
    Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung der Titel 2711/68406
    "Ganzjähriges Notübernachtungsprogramm für obdachlose Menschen" bis zur
    Auflösung der PMA vorsorglich komplett gesperrt wurde und damit auch die
    zugesagten Mittel für die auftragsweise Bewirtschaftung für die "Ohlauer
    365" nicht freigegeben werden? (vgl. S.12 des Bericht SenFin:
    (https://www.parlament-berlin.de/adosservice/19/UABezPHPW/vorgang/UABezPHPW19-0228-v.pdf))

 

  1. Welche weiteren Projekte im Bezirk sind von entsprechenden Sperren
    der Mittel der auftragsweisen Bewirtschaftung betroffen?

 

  1. Hat die Landesebene vor oder nach der Entscheidung das Gespräch mit
    dem Bezirksamt und den betroffenen Trägern gesucht?

 

 

Beantwortung:  BezStR Herr Nöll

 

zu Frage 1: Einleitend zunächst einige Worte, nämlich vorab aus Respekt vor Ihnen darüber nachdenken, welche Worte ich nun wähle. Im privaten umgangssprachlichen Ton würde ich mich anders ausdrücken, aber auch so dürfte klar werden, dass ich alles andere als amüsiert bin und mich vom Land nach allen Regeln der Kunst veräppelt fühle. Ich überlasse es Ihnen, das Wort ‚veräppelt‘ durch einen passenderen, vielleicht kräftigeren Begriff zu ersetzen.

Das wird nun ein wenig länger, aber so wird mein Ärger auch nachvollziehbar: Am 26. April des vergangenen Jahres habe ich erstmals mit den Johannitern über die Möglichkeit gesprochen, die während der Kältehilfeperiode in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule untergebrachte Notübernachtung ganzjährig zu öffnen.

Im Nachgang gab es mehrere Gesprächstermine mit mir, dem Leiter des Amtes für Soziales, den Johannitern, aber auch mit dem Träger Fixpunkt, den meisten hier bekannt, der sich bereit erklärt hat, sein in der Nähe befindlichen Tagesangebote konzeptionell anzubinden, sodass sich hier quasi ein 24/7-Angebot ganzjährig zur Verfügung stehen würde.

Im September des vergangenen Jahres habe ich gemeinsam mit den Trägern und der Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann das Vorhaben im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Sowohl sie als auch der für Facilitymanagement zuständige Stadtrat Andi Hehmke, in dessen Fachvermögen die GAS liegt, haben eine solche Einrichtung an dieser Stelle sofort und nachhaltig unterstützt.

Das sollte Ihnen zeigen, dass das Bezirksamt an dieser Stelle parteiübergreifend die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung sieht. Ein spezielles Angebot für Menschen ohne Obdach und mit Suchtproblematiken, und zwar genau an diesem Ort in der Nähe zum Görlitzer Park und dem Kottbusser Tor werden auch hier etwas Ungewöhnliches erleben. Damit ich mich nicht im Ton vergreife lese ich jetzt relativ viel ab. Ansonsten haben Sie ja viel Spaß mit mir, aber an der Stelle ist mir meine Wortwahl wichtig:

Umso erfreuter waren wir alle gemeinsam, dass sich die Landespolitik dieses Anliegen schnell zu eigen gemacht hat. Im Rahmen der Haushaltsberatungen wurden die notwenigen Mittel durch das Abgeordnetenhaus im Kapitel 27.11, Titel 6.8406 beschlossen und selbst der Regierende Bürgermeister Kai Wegner hat im Rahmen des Senatsbesuchen in unserem Bezirk am 23. Januar d. J. noch betont, dass sich Land und Bezirk zwar über den Zaun um den Park nicht einig sind, aber dass es große Übereinstimmung gibt, was die begleitenden sozialen Maßnahmen betrifft.

Das Projekt Ohlauer 365 ist ein zentrales Element dieser begleitenden Sozialmaßnahmen.

Wem das entgangen sein sollte, dieses Interview findet sich sicher noch in der Mediathek des RBB. Es wurde übrigens unmittelbar vor dem Gebäude gegeben, in welchem wir im Anschluss gemeinsam mit der zuständigen Sozialsenatorin Kiziltepe das Konzept vorgestellt haben.

Nun können Sie sich ja vorstellen, wie mir die Gesichtszüge entgleist sind, dass lt. dem von Ihnen angeführten Bericht die hierfür vorgesehenen Mittel komplett gesperrt sind. Zur Untersetzung der pauschalen Minderausgabe der Sozialverwaltung; im Ergebnis würde dies bedeuten, dass eine Maßnahme, die der Bezirk befürwortet, das Abgeordnetenhaus beschlossen hat, sowohl die zuständigen Senatoren als auch der regierende Bürgermeister öffentlich vorgestellt und begrüßt haben, im genau nicht wie ursprünglich geplant im Mai des Jahres an den Start gehen kann.

Ich will jetzt dazu sagen, ich mache hier in dem Bezirk seit fast 13 Jahren Politik, aber so ein Vorgang ist mir noch nicht begegnet und war auch bisher nicht vorstellbar. Und dies, ohne mit uns auch nur einmal das Gespräch zu suchen oder uns in irgendeiner Form schriftlich zu informieren. Wir sind selbst erst über den Bericht der Senatsverwaltung für Finanzen an den Hauptausschuss darüber in Kenntnis gelangt.

Ich sage das in aller Deutlichkeit. Wir haben heute mit dem Träger gesprochen. Wir werden den Zuwendungsantrag nächste Woche erhalten, bearbeiten und erwarten, dass dann die Freigabe der Mittel durch die Sen ASGIVA unmittelbar erfolgt.

Der Kollege Hehmke und ich haben uns verabredet, wir werden diesbezüglich morgen ein Schreiben an den Regierenden Bürgermeister und die Sozialsenatorin richten und sie an die getroffenen öffentlichen Aussagen erinnern.

Ich habe zwar heute auf der Tonspur erfahren, zu den einen oder anderen hat man ja noch Kontakte, dass das alles nichts sei und man da ja doch noch irgendwie und was weiß ich, dann frage ich mich aber, wie das in einem offiziellen Bericht an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses auftauchen kann. Dies zu Ihrer Frage 1.

 

zu Frage 2: Die ist auch nicht dazu geeignet, dass mein Puls sich senkt. Wir sind von zwei weiteren Sperrungen im Titel der Sen ASGIVA unmittelbar betroffen.

Wir können die allgemeine unabhängige Sozialberatung, ich weiß nicht, ob das in den Debatten hier, dass auch vielen hier im Raum am Herzen liegt, nur auf dem Niveau der Zuwendung von 2023 fortschreiben. Was zunächst gut klingt, ist faktisch eine Angebotskürzung, da in diesem Jahr die Mittel aus dem Netzwerk der Wärme nicht mehr zur Verfügung stehen.

Um dies zu kompensieren und auch den Kostensteigerungen Rechnung zu tragen, werden ebenfalls Mittel aus dem bereits genannten Titel notwendig. Auch hier ist zumindest eine Teilsperre verhängt worden, die für den genannten Effekt sorgt.

Noch nicht abschließend klären konnten wir, ob im bisherigen Verlauf, ob die Sperre für die Zuschüsse für Maßnahmen der Berufsorientierung, für die Haushälter*innen unter Ihnen, dass der Titel 1140 bzw. im Kapitel 1140 der Titel 68476 im Einzelplan 11 einen von uns eingereichten Projektantrag im Rahmen der Unterstützung der regionalen Berufsorientierung als Teil der gesamtstädtischen Strategie zur Stärkung der Fachkräftesicherung Berufsorientierung im Bezirk tangiert. Wir gehen aber an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus.

Damit würden folgende von uns geplanten Maßnahmen mit einem Volumen von 25.000,00 EUR nicht durchgeführt werden können.

Maßnahme 1: Elternsprechstunden.

Maßnahme 2: Eltern, Schüler*innen und Lehrkräfte auf Tour.

Maßnahme 3: Trifft Profis aus einem Wunschberuf.

Maßnahme 4: Betriebserkundung von Schüler*innen aus dem Bezirk im Bezirk.

Erwähnen möchte ich noch, dass dieser Projektantrag eine sehr ausgiebige Vorarbeit und viel Kommunikation mit der Arbeitsverwaltung erfordert hat. An keiner Stelle erreicht uns ein Hinweis, dass diese Mittel eventuell zur Untersetzung der pauschalen Minderausgaben der Verwaltung vorgesehen sind.

 

zu Frage 3: Habe ich im Grundsatz schon durch die Beantwortung der Frage 1 und 2 beantwortet.

Wie man aber Themen wie Fachkräftesicherung, soziale Betreuung der Schwächsten der Gesellschaft und Sozialberatung ohne jede Kommunikation mit den Bezirken im Rahmen der Haushaltswirtschaft beerdigen kann, ist mir unerklärlich. Und ich sagte schon, unter keiner vorgängigen Begehung mir in so einer Form untergekommen.

Abschließend noch eine Bemerkung, da sich Ihre Eingangsfrage auf die Sen ASGIVA bezogen hat, haben sich auch meine Antworten alle auf die SenAskiba bezogen: Ich möchte aber noch deutlich machen, dass das, was ich hier beschreibe, den Effekt, der betrifft nahezu alle Geschäftsbereiche, die auftragsweise Bewirtschaftung durchführen, insbesondere im Bereich von der Kollegin Gerold, die darauf ja schon bei der Beantwortung Einwohner*innenanfrage hingewiesen hat und wo u.a. Projekte im Rahmen der sauberen Stadt betroffen sind – vielen Dank.

 

Herr Jokisch: Ich bin ein bisschen ratlos, aber ich frage einfach trotzdem mal: Haben Sie vielleicht auch darüber nachgedacht, noch mal mit dem Abgeordnetenhaus den Kontakt aufzunehmen, weil es ja eigentlich sehr unüblich ist, dass der Senat Regelungen, die das Abgeordnetenhaus bei den Haushaltsberatungen beschließt, in der Haushaltswirtschaft zurücknimmt?

Normalerweise würden ja Titel, die vom AGH on Top kommen, nicht wieder weggenommen werden können. Das finde ich schon sehr bemerkenswert. Vielleicht ist das noch mal ein Weg, wo man was machen kann.

 

zu Nachfrage 1: Also ich bin Bezirksstadtrat und meine Ansprechpartner*innen sind natürlich die politischen Verantwortungsträger auf Landesebene in den Verwaltungen. Ich möchte aber hinzufügen, dass das Selbstverständnis der Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhaues schon so sein sollte, wenn sie als Haushaltsgesetzgeber Beschlüsse treffen, dass diese dann auch umgesetzt werden. Ich vertraue schon darauf, wir haben hier ja auch Mitglieder der Regierungsfraktion, also der Parteien, die hier die Regierung bilden, dass die diesen Unwillen, den ich eben deutlich gemacht habe, auch entsprechend weitertragen.

 

Herr Jokisch: Dann frage ich doch mal andersrum: Bis wann bräuchten wir sozusagen eine Finanzierung, die steht, damit das Projekt sozusagen nicht Bach runtergeht? Der Träger braucht ja auch eine Planungssicherheit.

 

zu Nachfrage 2: Wie ich vorhin ausgeführt habe, Herr Hehmke und ich hatten heute Morgen eine Videokonferenz mit den Johannitern, haben uns auf die Rahmenbedingungen verständigt. Es sind auch Prüfungen zu baulichen Ertüchtigungen, Umarbeiten, weil wir auch eine Frauenetage planen, notwendig. Wenn man diese Vorläufe berücksichtigt und gehört hat, wir wollen im Mai an den Start gehen. Der Zuwendungsantrag kommt nächste Woche und wir bräuchten dann unmittelbar auch die Freigabe der Mittelt, sonst haut das zeitlich alles nicht mehr hin.

 

Frau Jermutus: Ich frage das Bezirksamt, welche anderen Abteilungen sind denn in welchen Bereichen von Sperrungen betroffen?

 

BezStRin Frau Gerold: Ich möchte ganz kurz exemplarisch, ich habe natürlich jetzt die Summen nicht so schön aufgelistet und vorbereitet da wie Herr Nöll, aber ich kann sagen, dass es zum einen beispielsweise Sondermittel sind, die wir ja sonst auch im Zuge der auftragsweisenden Bewirtschaftung bekommen, beispielsweise ‚saubere Stadt‘, mit der wir ja zusätzliche Reinigung finanzieren, insbesondere in den Grünanlagen. Das ist natürlich auch gerade deshalb, weil wir ja unsere pauschalen Minderausgaben, also die Einsparvorgabe, die wir im Bezirkshaushalt haben, eigentlich nur über die Sachmittel in der Grünunterhaltung erbringen können, dieses Jahr eigentlich besonders notwendig, dass wir diese Mittel bekommen, weil wir ja in unseren eigenen Haushaltstiteln bei der Reinigung kürzen müssen aufgrund des Haushaltsbeschlusses der BVV.

Deshalb brauchen wir dringend wenigstens diese sauberen Stadtmittel, damit wir die Grünanlagenreinigung wenigstens auf dem Niveau 2023 halten können.

Dann ist es so, dass eigentlich alles, was auch im verkehrlichen Bereich neu angemeldet worden wäre, 2024 aktuelle gesperrt ist. Das betrifft u.a. auch die ganze Liste der Fußgänger*innenüberwege, die ich vorhin angesprochen habe, die ich gestern angesprochen habe. Es betrifft bei den Fahrradstraßen beispielsweise die fertigen Planungen Alexandrinenstraße, Modersohnstraße.

Es betrifft aber auch solche Themen, also wir haben dann überlegt, inwieweit wir zum Beispiel selber Stadt- und Landmittel bis zum Bundesförderprogramm beantragen könnten, wie wir das selber beantragen könnten. Da ist es aber so, da muss immer ein Eigenanteil erbracht werden und der Eigenteil, der ist bisher von der Senatsverwaltung erbracht worden und die Senatsverwaltung hat ganz klar kommuniziert, Eigenanteil nur, wenn die Bezirke ihn selber erbringen und die Beantragung muss trotzdem über die Senatsverwaltung erfolgen.

Also das sind sozusagen ein paar Probleme, die wir haben. Ich könnte dazu natürlich noch viel mehr sagen, aber ich glaube, es ist sowohl für die Sauberkeit im öffentlichen Raum, die ja hier auch alleine, wenn ich heute auf die Tagesordnung schaue, ja, immer auch sehr viele zu Recht bewegt, als auch für die Verkehrswende in unserem Bezirk dramatisch.

 

BezStR Herr Schmidt: Bei mir geht es auch schnell. Wir haben ja im Rahmen der Haushaltsberatungen, der Entsperrung von Mitteln Ihnen auch ausführlich dargelegt, was woraus finanziert wird und im Grunde sind die Bereiche, die vom Senat dann noch mal zusätzlich kommen, nämlich die Leitlinien Bürgerbeteiligung, auch die Wohnungsbauprämien, die ja insgesamt einen Betrag von 700.000,00 EUR ausmachen, sind bis heute nicht verbindlich zugesagt und es wird immer wieder angekündigt, dass es dann kommen soll, aber bis heute noch nicht passiert.

Das schränkt schon erheblich ein und es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es jetzt hier zu Verzögerungen kommt bei Bauprojekten, Planungsprozessen  und bei Bürgerbeteiligung.

 

BezStR Herr Hehmke: Ja, an der Stelle kann ich für den Geschäftsbereich von Herrn Kindler keine Auskunft geben. Ich weiß es schlicht nicht. Ich kann nur sagen, in meinem originären Zuständigkeitsbereich ist es relativ übersichtlich. Es ist einmal ein Sportanlagensanierungsprogramm, welches vom Abgeordnetenhaus aufgestockt worden ist um 12 Mio. Das ist von der Sperrung nicht betroffen und es gibt eine Aufstockung der Mittel für die außerschulischen Lernorte. In meinem Bereich betrifft das dann Jugendverkehrsschule und die Gartenarbeitsschule und auch hier ist auch keine Sperrung der Mittel zur Auflösung der PMA landesseitig erfolgt.

 

 

 
 

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