Zwangsverheiratung

Eine eklatante Menschenrechtsverletzung

Hiervon sind auch in Berlin lebende junge Menschen betroffen, insbesondere Mädchen und junge Frauen. Der Berliner Senat kämpft aktiv gegen diese besonders schwerwiegende Form häuslicher und häufig auch sexueller Gewalt.

Was ist Zwangsverheiratung

Zwangsverheiratung ist eine Form von Gewalt, von der hauptsächlich Mädchen und junge Frauen betroffen sind. In der öffentlichen Debatte wird Zwangsverheiratung häufig mit bestimmten Kulturen und Religionen in Verbindung gebracht, wobei oftmals Klischees und Stereotypen bedient werden. Dies wird dem sehr komplexen Phänomen und erst recht den Betroffenen in keiner Weise gerecht. Zwar steht Zwangsverheiratung in Zusammenhang mit bestimmten kulturellen Traditionen, die in unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen lebendig sind und zu denen insbesondere ein patriarchalisch geprägtes Verhältnis der Geschlechter untereinander und ein spezifischer Ehrbegriff zählen. Diese kulturellen Traditionen führen jedoch nicht zwangsläufig zu Zwangsverheiratung. Vielmehr weisen Familien, in denen Zwangsverheiratung praktiziert wird, in der Regel eine Vielzahl von Problemen auf, die eine konstruktive Lösung familiärer Konflikte erschweren oder verhindern.
Eine Zwangsverheiratung liegt dann vor, wenn die Betroffene sich zur Ehe gezwungen fühlt und entweder mit ihrer Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich zu widersetzen, weil Eltern, Familie, Verlobte und Schwiegereltern mit den unterschiedlichsten Mitteln versuchen, Druck auf sie auszuüben.
Zwangsverheiratung ist eine Form von Gewalt, von der hauptsächlich Mädchen und junge Frauen betroffen sind. Aber auch männliche Jugendliche werden gegen ihren Willen in eine Ehe gedrängt. Während in vielen Fällen beide Betroffene in Deutschland aufgewachsen sind, kann eine Zwangsverheiratung auch bedeuten, dass eine junge Frau aus dem Ausland nach Deutschland geholt oder während eines Ferienaufenthaltes in ihrem Herkunftsland verheiratet wird.

Zwangsverheiratung als Straftatbestand

Am 1.7.2011 ist das „Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften“ in Kraft getreten. Es definiert Zwangsverheiratung als eigenständigen Straftatbestand (§ 237 StGB). Bis dahin stand Zwangsverheiratung als schwere Form der Nötigung unter Strafe.
Im Zusammenhang mit der Änderung des Strafgesetzbuches sind auch einige Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Aufenthaltsgesetzes geändert worden. So ist beispielsweise die Frist für die Aufhebung der Ehe in Fällen einer Zwangsverheiratung von einem auf drei Jahre angehoben worden. Das Aufenthaltsgesetz sieht nun Regelungen vor, die der besonderen Situation von Mädchen und jungen Frauen gerecht werden sollen, die in Deutschland aufgewachsen sind und ins Ausland verheiratet wurden. Im Gegenzug zu den damit verbundenen Erleichterungen ist allerdings an anderer Stelle eine Verschärfung vorgenommen worden: Personen, die im Rahmen des Ehegattennachzuges ihre Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, müssen nun statt bisher zwei Jahre, mindestens drei Jahre in der ehelichen Lebensgemeinschaft gelebt haben, bevor sie ein eigenständiges, das heißt vom Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft unabhängiges Aufenthaltsrecht erhalten.

Unterstützung für Betroffene

In Berlin existiert ein umfangreiches Beratungs-, Unterstützungs- und Unterbringungsangebot, insbesondere für Mädchen und Frauen, die von Zwangsverheiratung bedroht oder betroffen sind. Hierzu zählen Einrichtungen der Jugendhilfe wie der Jugend- und Mädchennotdienst und die Kriseneinrichtung Papatya sowie die Frauenhäuser und Zufluchtswohnungen. Zusätzlich bieten zahlreiche Anti-Gewalt- und Migrantinnenberatungsstellen sowie die Integrationsbeauftragte des Senats und die Migrations- und Gleichstellungsbeauftragten der Berliner Bezirke Hilfe an. Als besonders niedrigschwelliges Angebot steht die online-Beratung SIBEL zur Verfügung.

Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung

Der Arbeitskreis wurde 2001 in Berlin ins Leben gerufen, in dem neben den Projekten aus dem Migrantinnen-, dem Jugend- und dem Anti-Gewalt-Bereich auch Mitarbeiterinnen der Berliner Bezirke, der Polizei und der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung sowie weitere Expertinnen mitarbeiten. Der Arbeitskreis ist gut mit dem Hilfesystem bei häuslicher Gewalt vernetzt.

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