Frauenkrankheit Herzinfarkt

Eine unterschätzte Gefahr

Frauen ab dem 65. Lebensjahr sterben am häufigsten an Herz-Kreislauferkrankungen. Aber auch Frauen über 40 haben ein gestiegenes Erkrankungsrisiko. Rauchen und (zu) spätes Erkennen der zum Teil frauenspezifischen Symptome eines Herzinfarkts gehören zu den Gefährdungspotenzialen

Jede Minute zählt

Die natürliche Östrogenproduktion des weiblichen Körpers trägt maßgeblich dazu bei, dass Erkrankungen der Herzgefäße etwa erst mit dem 60. Lebensjahr – und damit ca. 10 Jahre später als beim Mann – auftreten. Die Annahme, durch Einnahme von Hormonen während der Wechseljahre und danach könnte das Herzinfarktrisiko gesenkt werden, hat sich aber als falsch herausgestellt.

Frauen leiden unter anderen Anzeichen und Symptomen eines Herzinfarkts als Männer. Diese Erkenntnis ist noch immer nicht hinreichend im öffentlichen Bewusstsein verankert. Für das Überleben und die Rehabilitation von Herzinfarktpatientinnen ist es von zentraler Bedeutung, dass schnelle Hilfe erfolgt.

Vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, dass die frauenspezifischen Symptome von Betroffenen wie von Gesundheitsfachkräften erkannt werden. Mittelfristig sollte das auch dazu führen, dass der Anteil der Betroffenen, die am ersten Herzinfarkt sterben, deutlich gesenkt wird. Zurzeit ist ihr Anteil doppelt so hoch wie bei Männern.

Symptome bei Herzinfarkt

Neben den klassischen, geschlechtsunabhängigen Symptomen, z. B. Schmerzen in der linken Brustseite und im linken Oberarm, gibt es weniger bekannte, für Frauen spezifische Symptome. Dies sind zum Beispiel:

  • plötzliche und starke Übelkeit, oft mit Erbrechen
  • Atemnot
  • Schmerzen oder Druckgefühl im Oberbauch
  • Rücken- und Nackenschmerzen
  • Kiefer- und Halsschmerzen
  • ungewöhnliche Müdigkeit und Schwindelgefühle

Wenn einige dieser Symptome unerwartet und heftig auftreten, sollte unbedingt der Notruf – 112 – gerufen werden!

Erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt

Für Menschen mit Bluthochdruck und Diabetes besteht ein erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Aber auch Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht sowie bei Frauen die Einnahme der Pille steigern das Herzinfarktrisiko. Dauerhafter unbewältigter Stress oder Depressionen stellen für Frauen ein höheres Gefährdungspotenzial dar als für Männer. Durch entsprechende Änderungen des persönlichen Lebensstils kann das Herzinfarktrisiko gesenkt werden.

Zahlen und Fakten

  • Bei Frauen treten Herz-Gefäß-Erkrankungen rund zehn Jahre später auf als bei Männern.
  • Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden bei Frauen häufiger nicht behandelt als bei Männern.
  • Frauen sterben am ersten Herzinfarkt beinahe doppelt so häufig wie Männer.
  • Während Todesfälle bei Männern aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen kontinuierlich abnehmen, sinkt die Rate bei Frauen weniger und steigt sogar zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr an. Als eine Ursache dafür wird der gestiegene Anteil an Raucherinnen gesehen.
  • Nicht selten bleibt ein Herzinfarkt bei Frauen unentdeckt.

Frauen mit einem Herzinfarkt werden derzeit in Berlin durchschnittlich 30 Minuten später in ein Krankenhaus eingeliefert als Männer. Als ursächlich dafür wird die von Männern abweichende und weniger bekannte Symptomatik vermutet. Frauen warten länger ab, bis sie sich zu einer (Not-)Behandlung entschließen. Wenn dann die eher unspezifischen Symptome nicht mit einem möglichen Herzinfarkt in Verbindung gebracht werden, kann das zu weiteren Verzögerungen in der Notbehandlung führen.

Versorgungsstruktur zur stationären Behandlung

Insgesamt besitzt Berlin eine sehr gute flächendeckende Versorgungsstruktur zur stationären Behandlung von Herzinfarktpatienten. Laut dem Berlin-Brandenburger Herzinfarktregister (B2HIR) gibt es in Berlin (Stand Januar 2020):
  • 38 Kliniken mit Akutversorgung von Herzinfarktpatienten
  • 18 Notarzteinsatzfahrzeugstützpunkte, davon 15 Standorte an Kliniken
  • 26 Kliniken mit Kathetermessplätzen, inkl. Deutsches Herzzentrum Berlin

Das Berlin-Brandenburger Herzinfarktregister ist ein freiwilliges Instrument des Qualitätsmanagements, das von 23 der 38 Kliniken geführt wird. Die Auswertung zeigt, dass Berlin mit 22,8 Menschen pro 100.000 Einwohner bundesweit die niedrigste jährliche Sterblichkeitsrate an Herzinfarkt hat (Bundesdurchschnitt 2006: 72,8). Überdurchschnittlich gesunken ist dabei die Sterblichkeit von Frauen und von Hochaltrigen. Gleichzeitig stieg der Anteil der Patientinnen und Patienten mit Katheterinterventionen (Erweiterung der Herzkranzgefäße) in den ersten 90 Minuten nach dem Infarkt von 32,9 % auf 84,8 %. Auch die Begleit- und Entlassungsmedikation entspricht nach Angaben des B2HIR immer häufiger den Leitlinien der Fachgesellschaften.

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