Drucksache - DS/2013/III  

 
 
Betreff: Drastische Einsparungen durch das Jobcenter bei der Förderung von Bürgern ohne Arbeit
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:WAS - BWAS - B
Verfasser:Waldukat, RitaWaldukat, Rita
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
24.11.2010 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Welche Einsparungen erfolgen im Jahr 2011 und welche Konsequenzen hat das auf die Arbeitsförderung, wie z.B. AGH und AGH-Entgelt?

  2. Welche Konsequenzen hat diese Einsparung auf die Träger und deren versicherungspflichtig Angestellte, gibt es z. B. Träger von geförderten Maßnahmen, welche ihre Tätigkeit 2011 auf Grund von Streichungen einstellen müssen?

  3. Welchen Einfluss nimmt das Bezirksamt dahingehend, dass Träger von geförderten Maßnahmen, welche erfolgreich im Rahmen der Arbeitsförderung tätig waren und sind, existenziell nicht gefährdet sind?


Zusatzfragen:

  1. Welche Prioritäten setzt das Bezirksamt bei Ihren Festlegungen, welche Anträge von kommunalpolitischem Interesse sind ?

 

  1. Welche Schlussfolgerungen zieht das BA aus der Feststellung des Rechnungshofs, dass der Staat in mehr als der Hälfte der geprüften Fälle von Ein-Euro-Jobs kein Geld hätte geben dürfen.

 

  1. Was unternimmt das Bezirksamt, um das Jobcenter dazu zu bewegen, nicht länger "meist wahllos Arbeitsgelegenheiten" zuzuweisen, zudem ohne die Hilfsbedürftigen weiter zu beraten und individuelle Ziele für die Teilnahme festzulegen.

 

 

Beantwortung: BezStR Herr Mildner-Spindler

 

Einleitung

lassen Sie mich eingehe, aufgrund der von ihnen gewählte Überschrift, eine kurze Verstellung treffen. Es gibt im Jahr 2011 keine drastischen Einsparungen durch das Jobcenter bei der Forderung" Eingliederung in Arbeit".

Ich betone, durch das Jobcenter: es liegt nicht in der Verantwortung der ArGen und der Jobcenter vor Ort, mit welchen drastischen Einschränkungen (die gleich schildern werde) wir im nächsten Jahr im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu rechnen haben.

Die Auswirkungen, die zu beschreiben sind, sind Erscheinungen des hemmungslosen Sozialabbaus, denen die schwarz-gelbe Bundesregierung hier im Hinblick auf aktive Arbeitsmarktpolitik derzeit (und das war ja angekündigt seit der Bundestagswahl) praktiziert. Es wird, von Seiten der Bundespolitik ziemlich einseitig, aufgrund von der Zeit im Moment nachwachsender Nachfrage auf dem ersten Arbeitsmarkt, gesetzt auf den Fetisch erster Arbeitsmarkt, den Blick getrübt, die Sinne nicht scharf genug im Hinblick darauf was man da Abfeiert und welche Konsequenzen man daraus zieht. Ich will nur daran erinnern, Bekanntgabe der Arbeitsmarktzahlen Ende letzten Monats, wo sich der Herr Brüderle auf der Schnellstraße hin auf Vollbeschäftigung wähnte und der alt für die Bundesagentur für Arbeit sagen musste, wenn der Minister sich auf der Schnellstraße wähnt, dann kann ich nur zu vorsichtigem Verfahren raten. Und darauf aufmerksam machte, dass die Agentur für Arbeit nicht so sehr die knappe Unterschreitung der 3 Millionen Arbeitslosenzahlen feiern könne, angesichts dessen, dass im Rechtskreis des SGB II wie SGB III die Agentur zugleich die Verantwortung trage für 1,5 Millionen Beschäftigte, die sich derzeit in Maßnahmen der Qualifizierung oder der Beschäftigung befinden. Im Vergleich dazu, dass man die Augen verschließend vor einem Drittel Langzeitarbeitslosigkeit die kommende Vollzeitbeschäftigung feiert, kann man das was eine aktiver Arbeitsmarktpolitik derzeit vorbereitet und durchgeführt wird nur als Geisterfahrerei bezeichnen. Wenn man bei dem Bild der Schnellstraße bleibt.

 

Frage 1

Ja, es wird drastische Einschränkungen geben. Im Land Berlin insgesamt werden in 2011 200 Mio € weniger im Bereich der Eingliederung für Arbeit zur Verfügung stehen. Für Friedrichshain-Kreuzberg bedeutet das, dass wir, so wie ich das schon in der Ausschusssitzung vergangene Woche dargestellt habe, mit circa 20 Mio € weniger im Bereich der Beschäftigungsförderung auskommen müssen. 20 Mio € weniger bedeutet, statt 34 Mio € im Haushalt 2010 14 Millionen im Haushalt 2011. Und das vor dem Hintergrund, dass wir im Rechtskreis SGB II mit einer Arbeitslosenquote von nach wie vor 15 % gebeutelt sind; in Friedrichshain-Kreuzberg. 20 Mio € weniger (nur noch 14 Mio €) in der Beschäftigungsförderung, bedeutet, dass wir im nächsten Jahr werden circa 1600 Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsentschädigung organisieren können.  Im Bereich der Arbeitsgelegenheit in Entgeltvariante ganze 200 Plätze und im Bereich der Vergabearbeitsgelegenheiten noch 60 Plätze. Das sind keine 2000 Plätze im Kalenderjahr 2011 / Neubeginner. Zum Vergleich und zur Einordnung dieser Zahl; wir haben aus diesem Jahr (sozusagen in der Weiterführung) 4000 Plätze, die wir in laufenden Maßnahmen in das Jahr 2011 übernehmen. 4000 Plätze die im Verlauf von 2011 auslaufen. 4000 Plätzen denen wir ganze 2000 Neubeginner gegenüber zusetzen haben. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

 

Frage 2

Die Konsequenzen hat der Berliner Verband Ausbildung und Arbeit BVAA rollt er in einem offenen Brief noch mal deutlich allen vor Augen geführt. Wir werden circa 50 % weniger Beschäftigung für Langzeitarbeitslose haben. Wir werden diese Wenigerbeschäftigung für Langzeitarbeitslose zu spüren haben überall dort, wo mithilfe dieser Beschäftigungsförderung soziale und kulturelle Infrastruktur der Bezirke und des Landes eine unverzichtbare Unterstützung erfahren haben. Und wir werden als drittes im Bereich der Maßnahmeträger, in der Tat, uns vor die Situation gesetzt sehen, dass nicht alle Maßnahmeträger in der Art und Weise wie in diesem Jahr werden weiter arbeiten können. Es ist schon jetzt die Rede davon, dass es Sozialpläne, Abwicklung, Beschäftigungsabbau in diesem Bereich geben wird.

 

Frage 3

Diese existenzielle Gefährdung können wir angesichts der Zahlen die ich genannt habe nicht ausschließen. Bei der Maßnahmeplanung stehen die ermittelten Bedarfe an Hand der bestehenden Kundenstrukturen, und daraus resultiert Inhalt und Qualität der Maßnahmen, im Vordergrund. Jeder Beschäftigungsträger trägt letztendlich auch ein unternehmerisches Risiko. Das Jobcenter organisiert Arbeitsgelegenheiten nicht im Hinblick auf die Abwendung wirtschaftlicher Risiken, gegebenenfalls existenzieller Gefährdung von Beschäftigungsträgern; dass ist auch vor dem Hintergrund der Zahlen nicht möglich und ist auch nicht Auftrag des SGB II.

 

Nachfrage 1

Entscheidung über das kommunalpolitische Interesse treffen grundsätzlich die dafür zuständigen Fachabteilungen. Dass Prozedere ist auch im zuständigen Fachausschuss des Öfteren erläutert worden. Dabei sind unter Anderem nachstehende Kriterien eine Entscheidungshilfe.

Gibt es bereits vergleichbare Angebote? Handelt es sich um ein Konzept? Bei einem Konzept um eine Reaktion auf bestimmte Problemlagen und Bedarfe im Bezirk? Handelt es sich um ergänzende und sinnvolle Angebote zu bestehenden Strukturen? Und zwar die Durchführung vergleichbarer Projekte erfolgreich?

 

Nachfrage 2

Mit Verlaub, die Veröffentlichung des Bundesrechnungshofes, die wir vor kurzem zur Kenntnis nehmen durften, angesichts dessen was ich eingangs gesagt habe, erscheinen einem wie bestellt Aussagen.

Die pauschale Feststellung des Bundesrechnungshofes die hier zitiert wird, wird vom Bezirksamt so nicht geteilt. Darüber hinaus wäre auch eine solche allgemeine pauschale Bewertung "wir teilen das, wir teilen das nicht" keine sachgerechte Bewertung dessen, was der Bundesrechnungshof dieses Jahr im Sommer aufgeschrieben hat. Vielmehr sind die im Einzelnen aufgeführten Beanstandungen einer Prüfung hinsichtlich vorliegender Relevanz auch für das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg gegebenenfalls zu überprüfen. So richtete sich Kritik auch gegen die teilweise mangelhafte Dokumentationen und Begründung getroffene Entscheidungen. Dieser Mangel in verwaltungsmäßiger Abwicklung stellt die Rechtmäßigkeit einer Forderung aber nicht infrage. Und schon gar nicht die Sinnhaftigkeit von bestimmten Angeboten. Sowohl die Geschäftsführung des Jobcenters, als die Agentur für Arbeit, als auch wir als Bezirksamt teilen die Einschätzung, dass Arbeitsgelegenheiten insbesondere Kunden mit komplexen Profillagen zugute kommen, die wegen mehrfacher individueller Defizite für eine Arbeitsaufnahme oder Qualifizierung noch nicht die erforderliche Erfolgswahrscheinlichkeit aufweisen. Der Anteil von Kunden mit komplexen Profillagen (wie das so schön im Arbeitssprech der Agentur für Arbeit heißt) im SGB II-Bereich unseres Bezirkes liegt bei 60 %. Die Förderung mittels Arbeitsgelegenheit ist daher ein unverzichtbares Instrument im Portfolio der Arbeitsförderung. Vorrangig ist hierbei eine Heranführung an den allgemeinen Arbeitsmarkt. Sie dient insbesondere dazu, einerseits soziale Integration zu fördern, als andererseits die Beschäftigungsfähigkeit aufrechtzuerhalten beziehungsweise wiederherzustellen. Sie trägt auch dazu bei, die Qualität im Bereich sozialer Dienstleistung zu steigern und durch bestehende gesellschaftliche Problemlagen zu mindern.

 

BV Schmidt-Stanojevic

Herr Stadtrat, vielleicht können Sie mir die Frage beantworten: Wie viele Frauen würden von diesen Sparmaßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik betroffen sein? (Und wenn ja, können Sie mir dann eine Zahl nennen?)

 

BezStR Herr Mildner-Spindler

Zu meinem Bedauern kann ich derzeit keine Zahl nennen.

 

BV Kliesch

Ist dem Bezirksamt bekannt, wie unter dem zu erwartenden Mehraufwand an Beratungsaufgaben; wie im Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg zu gewährleisten sind, wo bundesweit 4000 Beschäftigte in den Jobcentern beziehungsweise in der Agentur für Arbeit abgebaut werden sollen?

 

BezStR Herr Mildner-Spindler

Ja, die Arbeitssituation im Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg ist dem Bezirksamt, ist mir konkret bekannt, da wir allwöchentlich im Austausch mit der Geschäftsführung stehen. Kurze Zahlen dazu genannt, orientiert an einem Fallzahlenschlüssel der erreicht werden soll, fehlen im Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg derzeit 64 Beschäftigte. Trotz vorhandenen Haushalts, Beschäftigte einzustellen, ist es der Geschäftsführung des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg derzeit aufgrund der Deckelung von Beschäftigtenzahlen, Ausschluss von Neueinstellungen, nicht möglich, das Geld in Anspruch zu nehmen was zur Verfügung stände. Sowohl das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg, als auch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg haben darüber hinaus momentan keine klare Vorstellung, wie aufgrund des Kurzfristig kampagnenhaft und nicht geplanten Bildungs- und Teilhabepakets was am 1. Januar 2011 umzusetzen ist, gerade im Leistungsbereich der zusätzliche Verwaltungsaufwand gestemmt werden soll. Wir haben nach Überschlag 15.000 Kinder und Jugendliche die in den Genuss dieses Paketes und der Angebote kommen dürften. Wenn alle Bedarfsgemeinschaften die davon betroffen sind nur dreimal im Jahr einen Antrag stellen würden, für eine ein Tagesfahrt, für Schul Essen, für Nachhilfeunterricht und Ähnliches, dann können Sie sich vorstellen, welcher Verwaltungsaufwand damit verbunden ist. Wofür es keinerlei Personal gibt.

 

 
 

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