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Drucksache - DS/0792/VI
Ich frage das Bezirksamt:
Beantwortung: BezBmin Frau Herrmann
Zu Beginn möchte ich nicht weglassen, dass Sie sicherlich einen Teil meiner Antworten kennen, denn Sie sind ja sehr engagiert. Sie waren bei der Kulturausschusssitzung dabei, Sie haben fleißig Eingaben und Beschwerden geschrieben, die meine Verwaltung und ich Ihnen beantwortet habe, auch zahlreiche Mails, die ich von Ihnen persönlich erhalten habe. Aber ich finde das gut, dass ich hier noch mal in der BVV die Möglichkeit habe, ein paar Dinge deutlich zu machen und als Erstes möchte ich Ihnen doch noch mal deutlich machen, dass ich schon davon ausgehe, dass es hier ein Stückweit vielleicht zu einem kleinen Missverständnis kommt: Unser Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat sich kritisch mit der Erinnerungskultur auseinandergesetzt, hat ein diverses Gedenkkonzept für den öffentlichen Raum erarbeitet und hat da eben auch deutlich gemacht, dass die Frage, wem wir Platz einräumen im öffentlichen Raum, an welche Ereignisse wir erinnern, an welche Personen wir erinnern, dass das noch bei weitem nicht so divers ist, wie unser Bezirk es ist und dass wir das als Verpflichtung sehen, dass wir unser Gedenken im öffentlichen Raum so vielfältig gestalten, wie unser Bezirk ist und dass es eben viele Menschen und Ereignisse gibt, die bisher leider nicht sichtbar sind im öffentlichen Raum. Dazu zählen Frauen, dazu zählen People of Color, dazu zählen Menschen jüdischen Glaubens, dazu zählen auch queere Menschen und all das ist unterrepräsentiert. Und von daher ist der Beschluss der BVV, eine diversere Gedenkkultur zu leben und dem auch Platz einzuräumen, ganz essenziell, der wir in unserer Gedenkpolitik auch folgen. Und schon alleine aus dem Grund, dass dabei die Bezirksverordnetenversammlung uns auch mitgegeben hat, dass wir auch Anwohnende befragen, haben wir das in diesem Fall auch getan. Aber ich möchte noch mal dazu sagen: Es ist nicht ausschließlich eine Frage der Anwohnenden zu entscheiden, wem wir Platz im öffentlichen Raum und wem wir Platz in unserem Gedenken einräumen. Das ist eine gesellschaftliche Frage und am Ende entscheidet das bei Straßennamen die BVV und das ist das demokratisch gewählte Bezirksparlament unseres Bezirkes und das wird auch in diesem Fall passieren und deshalb ist es richtig, dass es so ist. So.
zu Frage 1: Deshalb unterstützt das Bezirksamt die Bezirksverordneten darin, eine Entscheidung zu finden und Sie haben eben dem Bezirksamt mitgegeben, eine Beteiligung auch in diesem Fall ein Meinungsbild einzuräumen. Diese Beteiligung hat stattgefunden, auch über die Anwohner*innen der Straßen, die in diesem Fall in Betracht gekommen sind, hinaus. Bei der Öffentlichkeitsarbeit und der Kommunikation wurden auch Anwohner*innen im besonderen Maße berücksichtigt und eingeladen. Es sind Postkarten in allen Häusern der betroffenen Straße verteilt worden. Darauf ist sorgfältig geachtet worden. Wenn keine Briefkästen vorhanden waren, wurden die Postkarten im jeweiligen Hausflur ausgelegt oder an Pinwände sichtbar befestigt. Zudem wurde zusätzlich zu den betroffenen Haushalten in den vorgeschlagenen Straßen in Einrichtungen des Bezirkes ebenfalls Postkarten ausgelegt, beispielsweise im Rathaus. Es gab darüber hinaus Öffentlichkeitsarbeit z.B. über Pressemitteilungen, die den Beginn des Beteiligungsverfahrens deutlich gemacht haben. Es gab ein FAQ auf unserer extra eingerichteten Homepage www.berlin.de/straßennamen-xhain, es gab mehrere Beteiligungsveranstaltungen u.a. im Friedrichshain-Kreuzberg-Museum am Kottbusser Tor. Der Bezirksverordnetenversammlung ist im Anschluss das komplette Ergebnis dieses Entscheidungsfindungsprozesses übergeben worden einschließlich der abgegebenen Voten. Die Abstimmungsergebnisse sind, wie bereits erwähnt, ein Meinungsbild. Die abschließende Entscheidung trifft diese BVV.
zu Frage 2: Die Bezirksverordnetenversammlung hat zuletzt am 24.01.2022 mit der Drucksache 1973 beschlossen, dass eine Straße, ein Ufer oder ein Platz oder eine Brücke in der näheren Umgebung der Synagoge am Fraenkelufer nach Regina Jonas zu benennen ist. Die Nähe zur Synagoge war also ein Kriterium, um die Straßen auszuwählen. Dann wurde ein Gremium gebildet mit der bezirklichen Gedenktafelkommission, das ist unsere Kommission, die sich mit dem Thema ‚Gedenken‘ befasst unter Einbeziehung der Freundinnen und Freunde der Synagoge am Fraenkelufer und dabei sind dann die Straßen ausgewählt worden, die Ihnen bekannt sind und die Brücke, die in diesem Meinungsbild auch erfragt worden sind. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich, dass der Fachbereich Kultur und Geschichte und in diesem Fall auch die Bezirksbürgermeisterin nicht mit Ihnen einer Meinung ist, dass die Kohlfurter Straße ganz unbedenklich ist. Wie wir in dem Ausschuss mitgeteilt haben und in den Beteiligungsverfahren deutlich gemacht haben, ist die Kohlfurter Straße 1949 von Britzer Straße in die Kohlfurter Straße umbenannt worden. Aus heutiger Sicht muss man das revisionistisch bezeichnen, denn die ehemals niederschlesische Stadt, heute Wegliniec, gehörte 1949, wie dargelegt, zu Polen und wurde zu der Zeit bereits nicht mehr Kohlfurt genannt. Im Jahr 2005 hat die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg beschlossen, bei der Benennung von Straßen, Wegen oder Brücken ausschließlich Frauen als Namensgeberin zu ehren, bis mindestens 50% nach Personen benannten Straßen nach Frauen benannt sind. Da sind wir noch nicht ganz angekommen, brauchen wir noch ein bisschen. Und die Umbenennung oder Benennung einer Straßen nach Regina Jonas entspricht diesem Beschluss. Ich muss Ihnen auch sagen, ich war im Kulturausschuss des deutschen Städtetages, da haben wir u.a. über das Thema ‚jüdisches Leben‘ gesprochen und dass unser Bezirk eine Straße nach Regina Jonas benennen wird, das will und wird, das wird deutschlandweit in der Jüdischen Gemeinde wertgeschätzt, gesehen und sie halten das für ein ganz wichtiges Zeichen, dass wir jüdisches Leben auch in Form einer Regina-Jonas-Straße deutlich und sichtbar machen.
zu Frage 3: Die Sorgen der Anwohner*innen und Gewerbetreibenden hinsichtlich des Aufwandes der im Falle der Umbenennung einer Straße entsteht, werden selbstverständlich sehr ernst genommen. Die vergangenen Straßenumbenennungen, wir haben ja auch einige, die laufen, nach der Sommerpause werden wir hoffentlich drei Straßen Um- bzw. Benennungen im Bezirk miteinander feiern können, haben gezeigt, dass die Änderungen von Ausweispapieren, Adressänderungen, bei Versicherungen die Änderungen usw. aufwendig sind, aber keine unzumutbaren Herausforderungen für die Anwohnenden darstellen und vergleichbar sind mit dem Aufwand, wenn man umzieht. Grundsätzlich fallen für die Anwohnenden bei den Behörden keine Kosten an. Sie müssen also, wenn sie dann einen neuen Ausweis beantragen, hier keine Kosten in Kauf nehmen. Bis zum Inkrafttreten einer Straßenumbenennung wird es geschätzt noch ca. 1,5 bis 2 Jahre dauern, da in der Umsetzung noch verschiedene Verwaltungsschritte notwendig sind. Darüber hinaus ist es so, dass ich Sie hoffentlich einlade, dass wir zusammen uns für eine Regina-Jonas-Straße im Bezirk einsetzen können.
zu Frage 4: Ich glaube, ich habe sehr ausführlich das Prozedere dargestellt und das Verfahren noch mal geschildert. Es gibt bisher keine Entscheidung. Die Entscheidung, welche Straße oder Brücke nach Regina Jonas benannt werden wird, das trifft die BVV.
zu Frage 5: Ich habe glaube ich vorhin schon geschildert und deutlich ausgeführt, dass es gerade in der jüdischen Community sehr stark wahrgenommen wird und wertgeschätzt wird, dass Friedrichshain-Kreuzberg Regina Jonas im öffentlichen Raum ehren möchte und ich nehme das in unserer gesamten Bevölkerung und in Friedrichshain-Kreuzberg sehr deutlich wahr, dass auch wir sind betroffen von furchtbaren Vorfällen im öffentlichen Raum von Menschen, die vermeintlichen Minderheiten angehören oder anders aussehen, weil sie vielleicht eine andere Haarfarbe haben, andere Hautfarbe haben, jemand anderen lieben und all diese Gewaltvorfälle und Diskriminierungsvorfälle weisen wir auf das Schärfste zurück und da haben wir eine deutliche gesellschaftliche Mehrheit, die das mit uns gemeinsam tut und umso wichtiger ist es, dass wir Gruppen und Menschen, die eben nicht so viel Platz in unserem öffentlichen Gedenken und im öffentlichen Raum wir bisher einräumen, dass wir ihnen mehr Platz einräumen und auch das gehört dazu und da nehme ich eine sehr große Solidarität wahr, weit über die Frage hinweg, an was oder an wem man glaubt oder ob man an gar keinen Gott glaubt. Danke.
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