Drucksache - DS/0975/V  

 
 
Betreff: Jugendfreizeitschiff
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:DIE LINKE/SPDDIE LINKE/SPD
Verfasser:1. Nöll, Oliver
2. Vollmert, Frank
 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
26.09.2018 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) gegenstandslos   
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
17.10.2018 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) beantwortet   

Beschlussvorschlag

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Welche Kosten sind in der Summe für den Bezirk durch den

gerichtlichen Vergleich mit den Käufer*innen des Jugendfreizeitschiffes

entstanden? (Bitte aufgeschlüsselt und inklusive indirekter Kosten,

sowie entgangenen Zinsen und Nutzungsentgelten)

 

  1. Wie kommt der Bezirk zu der Einschätzung, dass die "finanzielle

Leistungsfähigkeit des Prozess-Gegners" zu gering ist, um die Klage

fortzuführen (siehe Berliner Morgenpost vom 25.09.2018; Zitat

Bezirksstadtrat Florian Schmidt)?

 

  1. Auf welcher verwaltungsrechtlichen Grundlage wurde diese "finanzielle

Leistungsfähigkeit" vor etwas mehr als zwei Jahren um so viel höher

eingeschätzt, dass - trotz Kritik in den Ausschüssen und vielfach

geäerter Zweifel - man einem Vertrag über 225.000 EUR mit dem jetzigen

Prozessgegner abgeschlossen hat (Bitte Rechtsnorm und Prüfschritte

benennen)?

 

 

Nachfrage:

 

  1. Wurde dieser Vertrag im Bezirksamt besprochen oder gar beschlossen?

 

 

Aus der Sitzung der BVV am 17.10.2018

 

Beantwortung: Herr Hehmke in Vertretung für BezStR Herr Schmidt

 

 

Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass mir eine Zuarbeit aus dem Bereich von Herrn Schmidt nicht vorliegt. Ich habe eine Zuarbeit für die Beantwortung der großen Anfrage. Ich vermute, das ist übersehen worden, in dem Übersichtszettel ist diese Drucksache auch nicht angemarkert. Es tut mir leid, wir können diese Anfrage nur schriftlich beantworten und Ihnen dann schnellstmöglich zureichen.

 

Herr Vollmert: Es passt im Prinzip zu dieser Geschichte dieses Schiffes. Über diesem Schiff hängt ein Fluch und das geht bis in das Büro von Herrn Schmidt. Aber mich irritiert etwas die Zuweisung und die Vertretungslogik von Herrn Schmidt jetzt. Ich hätte mir gewünscht, wenn die Jugendstadträtin, Frau Herrmann, dieses Thema bearbeiten und beantworten würde, weil dieses Thema regelmäßig seit 2014 im Jugendhilfeausschuss besprochen wurde. Danke.

 

Frau Jösting: Vielleicht kann uns das anwesende Bezirksamt ja mal aufklärerisch darstellen, wer im Bezirksamt eigentlich für dieses Schiff zuständig ist. Also ist es jetzt Herr Schmidt wegen Wohnen, Baurecht, Besetzen? Ist es Frau Herrmann, weil das irgendwie permanent Geld kostet? Oder sind es Sie, weil es das Rechtsamt ist und eine Streiterei? Also mir zumindest nicht klar, wer eigentlich hier der Schiffsbeauftragte jetzt ist.

 

Frau Herrmann: Das können wir gerne aufklären. Es ist nicht der Baustadtrat als Baustadtrat, sondern es ist der Facility-Management Stadtrat. Das ist sozusagen im Portfolio der Liegenschaften und das war es übrigens auch vorher schon. Also es liegt in der Verantwortung des Facility-Managements. Die machen die Verträge, beantworten die Anfragen und das Rechtsamt steht zur Beratung zur Verfügung bzw. wenn vor Gericht, dann natürlich das Rechtsamt als unser Rechtsvertreter.

 

Herr Nöll: Also das mit der inhaltlich, fachlichen Beantwortung, das verstehen wir. Allerdings glaube ich, dass zumindest unsere Nachfrage, wo dieser Vertrag im Bezirksamt besprochen oder gar beschlossen, zumindest aus der Erinnerung von Frau Herrmann zu beantworten ist.

 

Frau Herrmann: Ich mag das ja nicht, wenn Politiker das sagen, aber ich muss sagen, ich kann mich nicht erinnern.

Ja, ja, ja, ich weiß, ich weiß, ich weiß.

Weil hier die Frage nach Herrn Hehmke kam. Das ist in der letzten Wahlperiode, das hat glaube ich Olli vorhin gesagt, das ist bereits in der letzten Wahlperiode veranlasst worden der Verkauf. Ja, genau, bei Jana Borkamp, genau. Aber wie gesagt, ich kann mich im Moment auch nicht erinnern, aber wir können das gerne auch natürlich schriftlich nachreichen.

 

 

 

Abt. Bauen, Planen und Facility Management                                                     Bezirksstadtrat                                                                                                                                     

 

 

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

1.)    Welche Kosten sind in der Summe für den Bezirk durch den gerichtlichen Vergleich mit den Käufer*innen des Jugendfreizeitschiffes entstanden? (Bitte aufgeschlüsselt und inklusive indirekter Kosten, sowie entgangenen Zinsen und Nutzungsentgelten)

 

In dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin besteht auch für das Land Berlin eine Anwaltspflicht. Mit dem Vergleich trägt das Bezirksamt die eigenen außergerichtlichen Kosten, d.h. die Kosten des vom Bezirksamt beauftragten Rechtsanwaltsbüros. Nach dem vom Landgericht mit Beschluss vom 28.08.2018  festsetzten Streitwert über 260.344,78 € ergeben die auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) berechneten Kosten einen Betrag von 9.907,35 €.

 

Noch nicht rechtskräftig ist die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten einer der Beklagten. Ihr gegenüber hat sich die Räumungsklage in der Hauptsache erledigt aufgrund ihres im Klageverfahren nachgewiesen Auszugs unmittelbar vor Zustellung der Klage. Das Landgericht hat dieser Beklagten deren außergerichtlichen Kosten auferlegt. Gegen diese Entscheidung wurde Beschwerde erhoben. Das Kostenrisiko liegt bei ca. 3800,-- €

 

Mit dem Vergleich fallengelassen wurde die zwischen den Parteien streitige Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Schiffes und die vorgelagerte Grundstückfläche.  Mit der Klage geltend gemacht wurde ab Übergabe des Schiffes (01.11.2016) eine monatliche Nutzungsentschädigung von 1.185, - €r das Grundstück (790m² mal 1,5 € pro m²) und von 1.218,38 €r das Schiff (487,35 m² Nettonutzfläche mal 2,5 € pro m²) auf der Basis einer geschätzten ortsüblichen Miete. Bei einer Fortsetzung des Verfahrens hätte das Gericht vermutlich ein Sachverständigengutachten eingeholt.

 

Weiter wurden mit dem Vergleich fallengelassen die Verzugszinsen für die nicht fristgerechte Zahlung des Kaufpreises für die Zeit ab dem 01.12.2016 bis zum Rücktritt des Bezirksamtes von dem Vertrag, d.h. bis zum 31.08.2017 in Höhe von 6.771,58 €. Geltend gemacht wurde der gesetzliche Verzugszins nach § 288 Abs. 1 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten pro Jahr über dem Basiszinssatz.

 

Weiter wurde mit dem Vergleich fallengelassen die geltend gemachte Vertragsstrafe  von 6.554,50 € (6.754,50 € abzüglich unter Anrechnung von zwei Teilzahlungen über je 100,-- €). Fraglich war hier, inwieweit die Beklagten den Verzug zu vertreten hatten und die Auswirkung des später erfolgten Vertragsrücktritts.

 

Dem Vergleich liegt die Erwägung zugrunde, dass eine zeitnahe Beendigung der rechtswidrigen Nutzung des ehemaligen Jugendfreizeitschiffes im Interesse des Bezirks, der sich immer wieder beschwerenden Anwohner und des Umwelt- und  Naturschutzes liegt.  Die schnellstmögliche Beendigung war nur über den einvernehmlich geschlossenen Vergleich erreichbar. Ein solcher Vergleich bedingt ein gegenseitiges Nachgeben mit Blick auf die Risiken einer streitigen Entscheidung des Gerichtes.

 

Die weitergehenden Zahlungsansprüche auf Nutzungsentschädigung und Verzugszinsen sowie die Vertragsstrafe haben wir aufgrund des offenen Ausgangs des weiteren Gerichtsverfahrens  fallengelassen. Die Beklagten haben die ihrerseits geltend gemachten Gegenansprüche wegen angeblicher, nützlicher Verwendungen in das Schiff ebenfalls fallengelassen.

 

2.)    Wie kommt der Bezirk zu der Einschätzung, dass die "finanzielle Leistungsfähigkeit des Prozess-Gegners" zu gering ist, um die Klage fortzuführen (siehe Berliner Morgenpost vom 25.09.2018; Zitat Bezirksstadtrat Florian Schmidt)?

 

Dass die  zum Erwerb des Schiffes als SpreeWohnen gegründete Genossenschaft in Gründung als Vorgesellschaft über kein pfändbares oder verwertbares Vermögen verfügt, liegt auf der Hand. Von den Beklagten wurde durchaus glaubhaft  - erklärt, dass sie die Vermögenswerte in das Schiff und seine Unterhaltung investiert hätten und inzwischen mittellos seien.

 

Im Interesse einer größtmöglichen Sicherheit für einen Herausgabe- und Räumungstitel gegen alle in Betracht kommenden Rechteinhaber richtete sich die Klage  nicht nur gegen die Genossenschaft SpreeWohnen in Gründung, sondern auch gegen die Gründungsmitglieder persönlich und die dort gemeldeten Personen. Wenn die Eintragung der Genossenschaft von den Gründungsmitgliedern aufgegeben worden sein sollte was von diesen im Klageverfahren bestritten wurde -  haften diese  Gründungsmitglieder möglicherweise auch persönlich für die eingegangenen Verpflichtungen.  Ob das Gericht unserer Auffassung einer gesamtschuldnerischen Haftung der Gründungsmitglieder mit der Genossenschaft i.G.  gefolgt wäre, war offen. Hier lag für den Bezirk ein Risiko bezogen auf die gegnerischen Rechtsanwaltskosten im Falle der Klageabweisung.

 

Eine sichere Prüfung der Mittellosigkeit wäre nur im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens möglich. Eine zivilrechtliche Vollstreckung bedarf eines gerichtlichen Titels. Erst wenn dieser vorliegt, kann damit die Zwangsvollstreckung betrieben werden bzw. der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei juristischen Personen gestellt werden. 

 

3.)    Auf welcher verwaltungsrechtlichen Grundlage wurde diese "finanzielle Leistungsfähigkeit" vor etwas mehr als zwei Jahren um so viel höher eingeschätzt, dass - trotz Kritik in den Ausschüssen und vielfach geäerter Zweifel - man einem Vertrag über 225.000 EUR mit dem jetzigen Prozessgegner abgeschlossen hat (Bitte Rechtsnorm und Prüfschritte benennen)?

 

Der, zum Zeitpunkt der Veräerung bestehende BVV- Beschluss, wonach die Einnahmen aus dem Verkauf des Schiffes für die Jugendarbeit zu verwenden sind, impliziert, dass eine möglichst hohe Einnahme erzielt werden soll, so dass der Verkauf an den „Meistbietenden“ erfolgte.

Bei der Veräerung des Schiffes im Jahr 2016 wurde von keinem Bieter die Bonität / finanzielle Leistungsfähigkeit geprüft. Es wurde auf die Angaben der Bieter zu ggf. bestehenden Finanzierungserfordernissen vertraut.

Die Genossenschaft e.G. i.G. hat das höchste Angebot mit einer Aussage verbunden, dass eine Bankfinanzierung des Kaufpreises von der Bank avisiert sei. Zum Zeitpunkt des Kaufabschlusses gingen die Käufer aufgrund von Vorgesprächen mit dem Entwickler des Konzeptes der „floatinglofts“ im Rummelsburger See zudem davon aus, dass sie dort einen Liegeplatz erhalten könnten. Unter der Bedingung, dass ein dauerhafter Liegeplatz und eine meldefähige Wohnanschrift vorhanden sei, war wohl eine Bank bereit, den Kaufpreis zu finanzieren und als Sicherheit ein Grundpfandrecht auf das Schiff einzutragen. Mit dem Wegfall des Liegeplatzes ist dann die Finanzierung zusammengebrochen.

 

Nachfrage:

 

  1. Wurde dieser Vertrag im Bezirksamt besprochen oder gar beschlossen?

 

Der Vertrag wurde im Bezirksamt weder besprochen noch beschlossen, sondern erfolgte in Ausführung der Vorgaben (Veräerung des Schiffes) durch die Verwaltung.

 

 

Freundliche Grüße

 

Florian Schmidt

 

 
 

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