Drucksache - DS/0111/IV  

 
 
Betreff: Namensgebung "Bezirkliche Zentralbibliothek"
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:DIE LINKEDIE LINKE
Verfasser:Jösting-Schüßler, LotharJösting-Schüßler, Lothar
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
29.02.2012 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 


 

1.       Wann ist das Bezirksamt überraschenderweise zu der Erkenntnis gelangt, dass die Bezirksbibliothek schon einen Namen hat, nämlich „Pablo Neruda“?

 

 

2.       Lag bei der Festlegung auf den Namen „Pablo Neruda“ eine Entscheidung des Bezirksamts zugrunde, die gegebenenfalls wann getroffen wurde?

 

 

3.       Seit wann trägt die Bezirksbibliothek diesen Namen und warum ist die Bibliothek in den Publikationen des Bezirks – im Gegensatz zu den anderen bezirklichen Bibliotheken – nie mit diesen Namen öffentlich bekannt geworden?

 

 

Beantwortung:  Frau Herrmann

 

Zu Frage 1: Ich kann von mir sprechen, ich weiß das ungefähr seit, also gehört habe ich es seit Ende des Jahres 2011, dass die Bibliothek einen Namen hat. Wann mein Vorgänger direkt davon wusste, kann ich Ihnen nicht sagen.

 

Zu Frage 2: Es gibt kein Bezirksamtsbeschluss zur Namensbenennung Pablo Neruda. Und was wir nicht gefunden haben bisher ist, ob der Rat des Stadtbezirks Friedrichshain einen Beschluss getroffen hat. Da sind wir noch am Recherchieren, weil es gab kein Bezirksamt in der Zeit, als die Bibliothek entsprechend benannt worden ist. Den Rat des Stadtbezirks Friedrichshain, wie bereits gesagt.

Die Bibliothek trägt den Namen seit 1974 und ich glaube und ich finde eigentlich die große Anfrage, wenn wir sie nächsten Monat behandeln sollten oder auch im Kulturausschuss noch mal diskutieren, das Thema, was wir hier gerade haben, ist glaube ich ein Ausdruck dessen, auch dass das eigentlich ein bisschen peinlich ist. Nämlich für die BVV und für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, dass eine ganze Geschichte, anhand einer Bibliothek sieht man das, schlichtweg ignoriert worden ist in den letzten Jahrzehnten. Ich finde Ihre Fragen auch in der großen Anfrage durchaus berechtigt. Wie konnte es eigentlich passieren, dass komplett vergessen worden ist, dass eine Bibliothek einen Namen trägt. Und das ist glaube ich kein Zufall, dass diese Bibliothek den Standort in Friedrichshain hat.

Die Bibliothek ist drei Mal umgezogen. Der Künstler, es gibt eine Büste, die hat der Künstler 1989 in der Wendezeit, in den Wirren der Wendezeit, in Sicherheit gebracht, weil er Angst hatte, dass sie zerstört wird. Wir sind dabei, mit dem Künstler Kontakt aufzunehmen und die Büste wieder zurückzuholen. Dass die Bibliothek 1974 nach Pablo Neruda benannt worden ist, hat etwas mit der Solidarität des chilenischen Volkes zu tun und es hat etwas damit zu tun, das glaube ich ist in der heutigen Zeit mehr denn je aktuell, dass Pablo Neruda bekennender und aktiver Antifaschist war. Und deswegen ist es glaube ich auch gut, dass wir in der heutigen Zeit, wo Friedrichshain nach wie vor der Bezirk ist, mit den meisten faschistischen Übergriffen, uns wieder erinnern. Und ich bin sehr froh, dass diese Bibliothek den Namen Pablo Neruda trägt und ich glaube, es ist in der heutigen Zeit ein wichtiges Signal.

Ich habe mir auch das Brigadebuch der Bibliotheksmitarbeiterin angeschaut. Und deswegen ist das auch nicht einfach nur ein Name, sondern ich konnte nachvollziehen, dass mit der Geschichte des Mannes auch die Kollegen und Kolleginnen der Bibliothek etwas wichtiges verbunden haben. Und warum mir das auch wichtig ist, auf dieses Brigadebuch zu verweisen: 1. ist es ein unglaublicher Vertrauensbeweis, dass eine Weststadträtin in ein solches Buch reinschauen darf, Weil nämlich die Sprachlosigkeit und die Erzähllosigkeit der Kolleginnen und Kollegen aus dem Ortsteil Friedrichshain, die damals schon zu DDR-Zeiten in der Stadtverwaltung gearbeitet haben, sehr deutlich ist. Die wenigsten Kolleginnen und Kollegen trauen sich über die Zeit, über die damalige Zeit zu sprechen, weil sie Angst haben oder weil sie auch den Eindruck haben oder weil sie auch das Erlebnis haben, dass man es lächerlich macht, dass man es diskreditiert, dass man nach Opfer Täter fragt, dass man eben dieses Schwarz-Weiß-Muster ganz schnell aus der Tasche zieht. Und das es keinen Respekt gibt und keine Würdigung dessen, was damals auch ihre Lebensleistung war und ihre Alltagsgeschichte.

Und wir können gerne im anderen Rahmen darüber diskutieren. Das ist genau die Erfahrung, die ich seit vielen Jahren mache und von daher hoffe ich, dass wir dann auch im Rahmen einer großen Anfrage oder eben im Ausschuss uns dazu noch mal in Ruhe verständigen können, auch einen Raum schaffen, um darüber zu sprechen. Und, ich weiß nicht, ob ich es gerade erwähnt habe, es gibt noch Kolleginnen und Kollegen aus der Zeit, aus der alten Zeit sozusagen, die noch in der Bibliothek tätig sind. Von daher weiß ich auch, dass da auch eine Irritation war in den letzten Jahren, warum man es vergessen hat.

 

Zu Frage 3: Warum die Zentralbibliothek Zentralbibliothek genannt worden ist, das habe ich in dem Anschreiben, das Sie bereits erwähnt haben oder das bereits erwähnt worden ist, schon gesagt. Man hat sich auf Zentralbibliothek konzentriert um deutlich zu machen, dass es eben die Zentralbibliothek ist. Nichtsdestotrotz sind Ihre gesamten kritischen Anmerkungen zu allen anderen Bibliotheken, wo die Namen bekannt waren, dieser aber nicht - verstehen Sie mich nicht falsch, ich will das nicht werten -, ich sage trotzdem richtig, weil ich stelle mir diese Frage auch. Und ich finde, das Herangehen oder das Umgehen mit der Bibliothek in Friedrichshain und zwar der einzigen Bibliothek in Friedrichshain nicht richtig und ich hoffe, dass wir gemeinsam einen Weg finden, eben da auch ein bisschen wieder gerade zu bekommen.

Dankeschön.

 

Herr Jösting-Schüßler: Ich gehe mal aus von Ihrer Feststellung, dass Sie ja, Sie sagten gerade seit Dezember davon wussten, dass diese Bibliothek Pablo Neruda Bibliothek heißt und vor diesem Hintergrund stelle ich sofort die beiden Nachfragen, nämlich die eine: Warum wurde denn bei der Pressemitteilung des Bezirksamtes vom 28. Februar, also auch schon eine Woche nach der  KuBi.Ausschusssitzung zur Aufstellung Urban Exploration weiterhin nur die Bezeichnung „Bezirkszentralbibliothek Frankfurter Allee“ verwandt, nicht aber der vermeintliche Name „Pablo Neruda“, der ja, wie schon von Ihnen angesprochen, bei allen anderen Bibliotheken, also der Eigenname jeweils auch in der Vergangenheit verwandt wurde? Das ist also die erste Nachfrage.

Und die zweite Nachfrage: Wann hat denn das Bezirksamt die bisherigen Einreicher der Namensvorschläge für die Zentralbibliothek darüber informiert, dass die Bibliothek nach Auffassung des Bezirksamtes bereit ist, den Namen Pablo Neruda trägt?

 

Zu Nachfrage 1 und 2:  Zu Ihrer letzten Frage: Ich habe der  LuV-Leiterin den Auftrag gegeben, nach der letzten KuBi-Ausschusssitzung.

Zu Ihrer ersten Frage:  Weil es so üblich war bisher und weil ich es war, der Begriff Zentralbibliothek und ich möchte gerne, dass die Bibliothek wieder den Namen öffentlich trägt, den sie hat und das möchte ich gerne auch im Ausschuss diskutieren und diese Entscheidung habe ich auch gegenüber der LuV-Leitung der Bibliotheksleitung so getroffen. Das heißt, wir sind dabei, sowohl die Büste zurückzuholen so es geht und wir werden sicherlich und das ist in Ihrer großen Anfrage auch noch mal deutlich, ist der Architekt miteinbezogen gewesen und, und, und. Alles Nein, d. h. wir werden auch sicherlich uns darüber dann unterhalten müssen, wie das geht. Also eher mit dem Architekten und dem Hochbauamt, wie man den Namenszug so anbringt, dass es mit dem Architekten einvernehmlich geschieht. Da habe ich nämlich jetzt gelernt, das ist nicht so einfach. Ja, gut, das ist nicht mein Ressort, da werden wir sicherlich einen Weg finden.

Ich habe auch die Bibliothek darum gebeten und auch die LuV-Leiterin darum gebeten, den Namen zukünftig analog zu verwenden und zwar so, wie man auch bei den anderen Bibliotheken Standort und Namen verwendet. Und was ich zum Beispiel nicht wusste, das ist entstanden auch in dieser Diskussion, ich wusste zum Beispiel nicht den Namen der Bibliothek in der Dudenstraße. Der war mir auch nicht bekannt. Das war für mich immer Dudenstraße, nur so am Rande. Aber wir werden jetzt den Namen mit der Zentralbibliothek und dem Namen wieder verbinden.

 

Frau Hauser-Jabs: Ja, ich hätte auch eine Nachfrage und zwar an die Weggefährten, die sich in Friedrichshain, im damaligen, so gut ausgekannt haben, weil nach Mauerfall war ich gerne bereit, die ganze Stadt zu erobern und mit der ganzen Stadt zu tun zu haben, aber ich hätte mir gewünscht, dass uns das jemand sagt und an Euch …

 

Zu Nachfrage 3: Es gibt ja einen Antrag, dass wir uns mit der Alltagsgeschichte Friedrichshain in der nächsten Zeit und in dieser Wahlperiode intensiver auseinandersetzen sollen und wollen. Und ich glaube, das ist genau ein Thema. Der Name der Bibliothek, das Vergessen, das Nichterinnern, das Nichtsagen, das Hinnehmen letztendlich, das ist genau auch ein Thema, das man sehr gut anhand der Bibliothek erkennen kann. Das werden wir mit Sicherheit in den nächsten Monaten und Jahren auch miteinander, noch viel miteinander zu diskutieren haben. Das denke ich schon.

 

 
 

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