Drucksache - DS/0682/VI  

 
 
Betreff: Die Bundeswehr an Schulen in unserem Bezirk
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die GrünenB'90 Die Grünen
Verfasser:Koterewa, OljaKoterewa, Olja
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
26.04.2023 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) schriftlich beantwortet     

Beschlussvorschlag

ALLRIS net Ratsinformation

Ich frage das Bezirksamt: 

 

  1. Wie bewertet das Schulamt die Tatsache, dass im Rahmen einer Veranstaltung der Berufs- und Studienorientierung am Andreasgymnasium Vertreter*innen der Bundeswehr für den Dienst bei der Bundeswehr geworben haben?
  2. Welche weiteren Schulen in unserem Bezirk wurden in diesem Jahr von der Bundeswehr zur Anwerbung für den Dienst aufgesucht?
  3. Welche Haltung vertritt das Schulamt grundsätzlich gegenüber den Schulen bezüglich Einladungen an Vertreter*innen der Bundeswehr?

 

 

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg     

Abteilung Schule, Sport und Facility Management

 

 

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt.

 

  1. Wie bewertet das Schulamt die Tatsache, dass im Rahmen einer Veranstaltung der Berufs- und Studienorientierung am Andreasgymnasium Vertreter*innen der Bundeswehr für den Dienst bei der Bundeswehr geworben haben?

 

Veranstaltungen zur Berufs- und Studienorientierung gehören grundsätzlich nicht zum Verantwortungsbereich des Schul- und Sportamtes bzw. des Bezirksstadtrats. Es handelt sich um innere Angelegenheiten der Schule, für die die regionale Schulaufsicht bei der Sen BJF zuständig ist.

 

Die gesetzlichen Grundlagen dafür finden sich im Schulgesetz. Der § 7 SchulG normiert die schulische Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Abs. 2 bestimmt dabei Folgendes:

 

„Jede Schule gestaltet und organisiert im Rahmen der staatlichen Verantwortung und der Rechts- und Verwaltungsvorschriften den Unterricht, die Erziehung, das Schulleben sowie ihre personellen und sächlichen Angelegenheiten selbständig und in eigener Verantwortung. Die Schulbehörden sind verpflichtet, die Schulen in ihrer Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu unterstützen.“

 

Es steht der Schule demnach frei, im Rahmen berufsvorbereitender Veranstaltungen verschiedene Arbeitgeber*innen und Organisationen einzuladen, sofern dies dem oben beschriebenen Bildungsauftrag entspricht und keine Rechtsvorschriften verletzt. Die Teilnahme von Vertreter*innen der Bundeswehr, die über die dortigen beruflichen Möglichkeiten informieren, dürfte diesen Vorgaben entsprechen. Es handelt sich auch um keine exklusive Veranstaltung der Bundeswehr, sondern es werden verschiedene Arbeitgeber*innen aus unterschiedlichen Bereichen vorgestellt. Niemand ist gezwungen, mit den Vertreter*innen der Bundeswehr zu sprechen.

 

Die Zuständigkeit des Schulamts beschränkt sich zudem gemäß § 109 SchulG auf die äußeren Schulangelegenheiten, d. h.  auf die Schaffung der äußeren Voraussetzungen für das Lehren und Lernen in der Schule. Dazu gehören u. a. die Zuständigkeit für Bau, Ausstattung und Unterhaltung, die Einhaltung der Schulpflicht und die Schulorganisation (Einrichtung von Klassen etc.).

 

Der Schulaufsicht (und damit der Senatsverwaltung für Bildung) obliegen gemäß § 105 SchulG die inneren Schulangelegenheiten wie die Schulentwicklung, die Umsetzung bildungspolitischer Vorgaben sowie die Ziele, Inhalte, Organisation, Qualitätsanforderungen des Unterrichts.

 

Aus Sicht der Schulaufsicht, die wir um eine Stellungnahme gebeten haben, gehört die Bundeswehr grundsätzlich wie alle anderen Arbeitgeber*innen zu denjenigen, für welche sich junge Menschen bei der Berufswahl entscheiden können.

Grundsätzlich besteht der gesetzlich verbriefte Auftrag von Schule auch in der Berufsberatung der Heranwachsenden. Es soll erreicht werden, dass die Jugendlichen am Ende ihrer Schullaufbahn selbstbewusst, reflektiert und begründet auf einer breit angelegten Wissens- und Erfahrungsgrundlage für sich eine Entscheidung hinsichtlich der Berufswahl treffen können.

 

 

  1. Welche weiteren Schulen in unserem Bezirk wurden in diesem Jahr von der Bundeswehr zur Anwerbung für den Dienst aufgesucht?

 

Darüber hat das Schul- und Sportamt keine Kenntnis.

 

  1. Welche Haltung vertritt das Schulamt grundsätzlich gegenüber den Schulen bezüglich Einladungen an Vertreter*innen der Bundeswehr?

 

Das Schul- und Sportamt hat dazu keine Haltung, weil diese Frage nicht zu seinem Aufgabenbereich gehört. Als zuständiger Stadtrat bitte ich, zwei Möglichkeiten von Besuchen der Bundeswehr an Schulen zu unterscheiden. Eine Möglichkeit sind Auftritte von Vertreter*innen der Bundeswehr im Unterricht oder in unterrichtsähnlichen schulischen Veranstaltungen, z.B. im Sozialkundeunterricht/ Politische Weltkunde. Hierbei halte ich es für zwingend geboten, im Sinne des „Beutelsbacher Konsens“ das Kontroversitätsgebot zu beachten. Es müssten zu solchen Themen dann z.B. zivilgesellschaftliche Initiativen ebenfalls anwesend sein, die sich für friedliche Konfliktlösungen einsetzen. Diese müssten dieselbe Zeit für das Vorbringen ihrer Argumentationen haben und die SuS sollten sich mit allen Pro- und Contra-Argumenten auseinandersetzen. Ein anderes Beispiel ist das in der Anfrage aufgerufene Beispiel einer Veranstaltung im Rahmen der Berufsorientierung. Hierbei muss m.E. SuS freigestellt werden, mit welchen potenziellen Arbeitgeber*innen sie sich auseinandersetzen wollen oder nicht, und zwar auch bei der Vor- und Nachbereitung dieser Veranstaltung. Ethische oder anders motivierte Vorbehalte könnten ggf. bei SuS auch ggü. anderen potenziellen Arbeitgebern bestehen.

 

Da die Frist zur Beantwortung dieser Anfrage zu kurz war, werde ich mich im Nachgang der BVV noch einmal bei der Hauptverwaltung erkundigen, welche untergesetzlichen rechtlichen Bestimmungen oder auch Handlungsempfehlungen für Schulen ggf. zum Umgang mit der Bundeswehr vorliegen und inwiefern die Schulen darüber auch aktuell informiert sind. Grundsätzlich ist meine Haltung, dass in Schulen Dinge, die in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, ebenfalls kontrovers diskutiert werden sollten und müssen. Zudem liegt es mir fern, als oberster Vertreter des Schulträgers meine Kompetenzen zu überschreiten und in die Entscheidungshoheit der eigenverantwortlichen Schule einzugreifen. Die in dieser Anfrage aufgerufenen Themen sollten u.a. auch Gegenstand von Diskussionen in den demokratisch legitimierten schulischen Gremien sein.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Andy Hehmke

Bezirksstadtrat

 

 
 

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