Drucksache - DS/0676/VI  

 
 
Betreff: EA047 - Taubenplage in Friedrichshain
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Einwohner*inEinwohner*in
   
Drucksache-Art:Einwohner*innenanfrageEinwohner*innenanfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
26.04.2023 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Im ganzen Bezirk, auch im Samariterkiez, in dem ich seit 20 Jahren wohne, nimmt die Taubenplage ständig zu. Was hat die Bezirksverwaltung seit dem BVV-Beschluss vom Juni 2022 - der sie aufforderte, die Taubenpopulation einzudämmen - unternommen, um

diesem dringenden Anliegen zahlreicher Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden?

 

  1. Überall im Bezirk, auch in der Voigtstr., in der ich wohne, werden in fehlgeleiteter Tierliebe Tauben massiv gefüttert und damit die Taubenplage verschlimmert - anderes Ungeziefer, z.B. Ratten, wird zusätzlich angelockt. Warum unternimmt die Bezirksverwaltung nichts, um einen landesweiten Beschluss für ein allgemeines Fütterungsverbot herbeizuführen und die Durchsetzung durch geeignete Kontrollmaßnahmen vorzubereiten?

 

  1. Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer, Mieterinnen und Mieter leiden unter Beschädigungen und Verschmutzungen ihrer Wohnungen, Balkone, Innenhöfe und Terrassen. Warum werden sie bei der Beseitigung dicker Schichten von Taubenkot finanziell und administrativ allein gelassen?

 

  1. Es gibt bereits Häuser in der Nachbarschaft, in denen das LaGeSo aus Gesundheitsgnden vor dem Betreten der Innenhöfe warnt, weil mit den Schuhen infektiöse Krankheitskeime in die Wohnungen transportiert werden. Was unternimmt das Bezirksamt, um Bürgerinnen und Bürger des Bezirks vor gesundheitlichen Risiken wie z.B. Taubenzecken zu beschützen?

 

  1. Die ungehemmte Vermehrung der Tauben - verursacht durch mehrfaches Brüten pro Jahr und Fehlen natürlicher Feinde wie z.B. Wanderfalken - führt zu einer ständigen Verschärfung dieser Plage. Warum denkt die Bezirksverwaltung, sie kann das aussitzen und auf eine effektive, durchgreifende und nachhaltige Bekämpfung der Taubenplage verzichten?

 

 

Beantwortung:  BezStRin Frau Gerold

 

zu Frage 1 bis 5: Die Überpopulation von Tauben und die damit einhergehenden Verschmutzungen sind kein im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg alleinig auftretendes Problem. Das Problem kann nicht losgelöst von gesamtstädtischen Strategien behoben werden. Der Senat, siehe Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 19/14695 erarbeitet ein Berliner Stadttaubenkonzept gemäß der Richtlinie der noch aktuellen Regierungspolitik des Landes Berlin mit den primären Zielen, nachteilige Auswirkungen des Status quo auf Berliner Bürgerinnen und Bürger auf das Staatsziel und Verfassungsgut Tierschutz, auf das Stadtbild sowie auch die Umwelt zu reduzieren.

Mit dem Konzept plant der Senat die Verankerung mehrerer, aufeinander abgestimmter und einander bedingender tierschutzgerechter Managementmaßnahmen.

Diese werden nach gegenwärtigem Planungsstand neben dem zentralen Aspekt der Etablierung betreuter Taubenschläge mit darin erfolgenden regelmäßigen Austausch der Eier gegen Gipsattrappen zur Bestandskontrolle und langfristiger Reduktion durch die Bezirke unter Beteiligung von Tierschutzvereinen und Initiativen, auch die Information der Berliner Bürger*innen über einen tierschutzgerechten Umgang mit Stadttauben beinhalten, die Benennung bezirklicher Ansprechpartner*innen, Stadttaubenbeauftragte für die Umsetzung des Berliner Stadttaubenkonzeptes, Maßnahmen zur tierschutzkonformen Vergrämen, insbesondere in der Nähe einzurichtender Taubenschläge sowie Maßnahmen für tierschutzkonformes Bauen.

Weitere Maßnahmen befinden sich in der tierschutzfachlichen und tierschutzrechtlichen Prüfung und werden mit allen an der Erarbeitung des Konzeptes beteiligten Akteur*innen abgestimmt.

Aufgrund der beschriebenen Maßnahmen ist langfristig fest mit einer tierschutzkonformen Eindämmung der Population sogenannter Stadttauben Columba livia forma domestica zu rechnen, insbesondere infolge des in den betreuten Taubenschlägen stattfindenden regelmäßigem Eiaustausches gegen Gipsattrappen.

Die beschriebenen Ziele können bereits durch die Etablierung und den Betrieb von Taubenschlägen an Brennpunkten in ausreichender Anzahl erreicht werden, ohne dass hierfür eine sofortige und deutliche Reduktion der bloßen Anzahl an Stadttauben erforderlich wäre.

Es zählt zum zentralen Maßnahmenkonzept eines jeden neu errichteten und in Betrieb zu nehmenden Taubenschlags, dass die in der Nähe noch auf der Straße lebenden Tiere im neuen Taubenschlag gezielt mit artgerechtem Futter angefüttert und so Schritt für Schritt ggf. unter Zuhilfenahme von Lockvögeln von der Straße in ihr neues Zuhause umgesiedelt werden, wo die Tiere aufgrund ihrer großen Standorttreue dann die meiste Zeit des Tages verbringen, insbesondere zur Nahrungsaufnahme, Kotabgabe und zum Brüten.

Dies entspricht den Erfahrungswerten zahlreicher Kommunen, die bereits Taubenschläge etabliert haben. Nach erfolgter fach- und sachgerechter Eingewöhnung, Umsiedlung in neu etablierte Taubenschläge werden sich selbst im Falle einer zunächst konstant bleibenden Taubenzahl das Straßenbild, die öffentliche Reinlichkeit am vorherigen Brennpunkt der Tierschutz und die Bürger Stadttaubenkonflikte spürbar verbessern.

Ein Fütterungsverbot ist nach derzeitigem Planungsstand im Senat nicht vorgesehen, da aufgrund der Herkunft der Stadttauben bereits auf tierschutzfachlicher Ebener im Falle der Reduzierung des Futterangebots als Folge einestterungsverbots nicht von einem vergleichbaren Reproduktionsrückgang der Stadttauben auszugehen wäre, wie dies bei nicht domestizierten Tieren der Fall wäre.

Gleichzeitig ist zu konstatieren, dass Stadttauben auch im Falle eines isolierten Fütterungsverbotes, also eines Fütterungsverbotes ohne nahegelegenen Taubenschlag mit kontrollierter Fütterung gerade an Brennpunkten wie Bahnhöfen weiterhin Essensreste finden würden, sodass allein aufgrund eines isolierten Fütterungsverbotes nicht mit Gewissheit von einem Reproduktionsrückgang ausgegangen werden könnte.

Isolierte Fütterungsverbote sind also nicht zur Verfolgung der primären Ziele des Berliner Stadttaubenmanagement geeignet, nachteilige Auswirkungen des Status quo auf Berliner Bürger*innen auf das Stadtziel und das Tierwohl, auf das Stadtbild sowie auf die Umwelt zu reduzieren.

r das Jahr 2023 sind Pilottaubenschläge in den Bezirken geplant. Nach Einschätzung des Senats können je nach konkret anfallenden Kosten für die in 2023 geplanten Pilottaubenschläge in den Bezirken abhängig vor allem von Zahl und Art der geplanten Taubenschläge, diese durch die der Landestierschutzbeauftragten in 2023 zur Verfügung stehenden Mittel finanziert bzw. jedenfalls mitfinanziert werden.

Ob und welche zusätzlichen finanziellen Aufwände bei den Bezirken im Zuge der Einrichtung der Taubenschläge selbst entstehen, hängt davon ab, ob diese kostengünstig umgesetzt werden können, zum Beispiel durch den Ausbau eines Dachbodens mit entsprechenden Holzboxen für die Tiere oder ob hierbei höhere Kosten entstehen, zum Beispiel weil zusätzlich ein Nutzungsentgelt für die Überlassung eines Dachbodens anfällt oder weil in Abhängigkeit des Standortes ein ganz anderer Taubenschlagtyp wie ein Container oder Turm gewählt werden muss.

Der den Bezirken entstehende personelle Mehraufwand, zum Beispiel durch die nötige Kooperation mit privaten Taubenschutzinitiativen bei der Suche nach geeigneten Standorten und der Umsetzung der Einrichtung sowie der kontinuierliche Kontakt mit den Ausführenden, idealerweise koordiniert durch ein der Bezirksverwaltung angehörenden Taubenbeauftragten, kann durch die Landestierschutzbeauftrage im derzeitigen Pilotplanungsstadium noch nicht beziffert werden und wird in der Praxis von verschiedenen Variablen standortsbezogenen Faktoren, die ich eben ausgeführt habe, abhängen.

Die Landestierschutzbeauftragte prüft die Aufnahme des Stadttaubenmanagements in den haushaltsrechtlichen Produktkatalog für die Bezirke und berücksichtigt hierbei auch die Einstellung zusätzlicher Stellenanteile, für die in den Bezirksverwaltungen anfallenden zusätzlichen Aufgaben im Zusammenhang mit dem Stadttaubenmanagement.

Aus unserer Sicht und aus Sicht der Bezirke, von denen ich Kenntnis habe, gibt es noch offene Punkte, da personelle Ressourcen für Fragen und Belange im Zusammenhang mit Bau, Unterhalt, Evaluation und Betreuung des Pilottaubenschlags sowie finanzielle Ressourcen u.a. für Tiernahrung, tierärztliche Untersuchungen und Unterhaltungskosten der Taubenschläge aktuell nicht vorhanden sind.

 
 

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