Drucksache - DS/0391/V  

 
 
Betreff: EA017 - Gesundheitsschädigende Lärmpegel durch Sondernutzung
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Einwohner*inEinwohner*in
   
Drucksache-Art:Einwohner*innenanfrageEinwohner*innenanfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Entscheidung
12.07.2017 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Warum hat das Umweltamt nicht den Auftrag die Lärmpegel im Südkiez regelmäßig festzustellen?

 

  1. In welchen Vierteln im Südkiez wurde bei welchem jeweiligen Schankvorgartenbesatz die letzte Lärmpegelprognoseberechnung mit welchen Ergebnissen durchgeführt?

 

  1. Warum werden Lärmpegelprognoseberechnung zur Beurteilung ob Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes, zum Herausstellen von Stühlen und Tischen, im Sinne der Anwohner*innen-Gesundheitsvorsorge genehmigungsfähig ist, nicht eingesetzt?

 

 

Erläuterungen und Hinweise:

 

Der Lärmpegel erreicht z.B. im Clearing-Bereich der Simon-Dach-Str. nachts Werte zwischen 70 dB (A) und 90 dB (A), für Allgemeine Wohngebiete liegt der Grenzwert bei 40 dB (A) nachts, für Industriegebiete bei 70 dB (A), der allgemein anerkannte gesundheitsrelevante Schwellenwert liegt bei 55 dB(A) nachts.

 

 

Beantwortung: Frau BezStR Herrmann

 

zu Frage 1: Bereits im Umweltausschuss am 04. Mai haben wir ausführlich über die rechtlichen Grundlagen gesprochen und diese erläutert. Daher dürfte das, was ich jetzt ausführe, den Ausschussmitgliedern bekannt sein und auch Sie, Frau Vogel, waren an dem Tag anwesend und haben mitdiskutiert. Warum Lärmprognosen gegenüber Lärmmessungen zu bevorzugen sind, darauf komme ich in der Frage 3 zurück. Zunächst aber die angekündigte Klarstellung zur Rechtslage, zu den Rollen und zu den Zuständigkeiten.

Das Umwelt- und Naturschutzamt ist zuständig, unzulässigen Lärm aus Gewerbebetrieben zu bekämpfen. Sofern die Gewerbebetriebe die Gaststätteneigenschaft nach Gaststtengesetz besitzen, wird es hilfsweise jeweils auf Anforderung für das Ordnungsamt tätig. Das Ordnungsamt ist Frau oder Herr des Gaststättengesetzes. § 4 des Gaststättengesetzes regelt, dass es Versagungsgründe geben kann, Antragsteller*innen die Erlaubnis zu untersagen.

Wenn z.B. die Zulässigkeit nicht gegeben ist oder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes bestehen. Der § 5 des Gaststättengesetzes regelt, dass Gewerbetreibenden jederzeit Auflagen gemacht werden können, auch hier wieder, auch ein gewichtiger Grund, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Das Umwelt- und Naturschutzamt selber erteilt keine Auflagen nach Gaststättengesetz und arbeitet dem Ordnungsamt zu.

Wie bereits ausführlichst am 04. Mai ausgeführt, ist das Umwelt- und Naturschutzamt nicht zuständigr Verkehrslärm oder für verhaltensbedingten Lärm.

 

zu Frage 2: Grundsätzlich erfolgen Berechnungen durch das Umwelt- und Naturschutzamt aufgrund von Stellungnahmeersuchen des Ordnungsamtes. Meistens geht es dabei um die zeitliche Regulierung des Schankvorgartenbetriebs durch eine gaststättenrechtliche Auflage. Zuletzt wurden für das von Ihnen abgefragte Gebiet folgende Prognoseberechnungen vorgenommen:

  • Simon-Dach-Straße 1 - Anpassung der Sperrzeit auf 23.00 Uhr / 24.00 Uhr.
  • Finowstraße 11 - Antrag auf gaststättenrechtliche Erlaubnis für einen Getränkehandel, der ausschließlich für den Außenbereich einen Ausschank beantragt hatte, Reglementierung des Betriebs bis 22.00 Uhr ist erfolgt.
  • Jungstraße 29 - Reglementierung des Betriebs bis 22.00 Uhr ist erfolgt.
  • Simon-Dach-Straße 36 - Reglementierung des Betriebs bis 22.00 Uhr ist erfolgt.

Im Simon-Dach-Kiez haben aktuell 50 Betriebe eine Sperrzeitregelung für die Zeiten Sonntag bis Donnerstag 23.00 Uhr und Freitag bis Samstag 24.00 Uhr.

Elf Betriebe haben eine Sperrzeitauflage ab 22.00 Uhr. In der Summe haben 61 Betriebe eine Sperrzeitauflage.

 

zu Frage 3: Hierzu lieferte das zuständige Ordnungsamt folgende Informationen: Sondernutzungserlaubnisse werden nach dem Berliner Straßengesetz in Verbindung mit der Straßenverkehrsordnung erteilt. Bei der Prüfung der Anträge auf Sondernutzung sind straßenrechtliche Belange zu berücksichtigen und insbesondere die Aspekte der Verkehrssicherheit zu beachten.

Wie ich bereits erläutert habe, wird das Umwelt- und Naturschutzamt mit der Erstellung von Prognoseberechnungen durch das Ordnungsamt beauftragt, wenn Lärmbelästigungen in einem bestimmten Gastronomiebetrieb einem Gastronomiebetrieb zugeordnet werden können.

Die in der Frage implizierte Annahme, es werde nicht zum Mittel der Prognoseberechnung gegriffen, ist falsch. Ich verweise auch auf die Antwort zu Frage 2 und die ausgeführten Prognoseberechnungen bzw. Einschränkungen der Sperrzeitenregelung.

Es bleibt also festzuhalten, dass das Umwelt- und Naturschutzamt selbstverständlich auch im Friedrichshainer Südkiez aktiv ist.

Und jetzt komme ich auf die angekündigte, in der ersten Frage angekündigte Darstellung zurück, warum Prognosen gegenüber Messungen zu bevorzugen sind: Berechnungen sind im Vergleich zu Messungen objektiver und werden vom Gericht als rechtssicherer eingestuft. Ich verweise auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts mit dem Az. OVG 1 N 52.08 zu einem Vorgang aus Tempelhof-Schöneberg. Hier heißt es in der Nummer 15, ich zitiere: „Damit ist klargestellt, dass auch die Vorschriften der TA Lärm - Technische Anleitung - über das Verfahren zur Ermittlung der Emission und Immission anwendbar sind, die - wie ausgeführt - nicht nur die Messungen, sondern auch die rechnerische Prognose zulassen. Auch die Prognose ist danach grundsätzlich eine sachnahe, objektive Beurteilung, während zwangsläufig subjektiv gefärbte Beschwerde der Nachbarn allein einer Auflage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Gastrostätten-Gesetz noch nicht rechtfertigt. Dass die tatchliche Messung des Lärmpegels nicht ohne weiteres sachnäher ist, folgt auch daraus, dass die Gefahrenabwehr auf eine längeren künftigen Zeitabschnitt zielt, der ohnehin nicht in einer einmaligen oder mehrmaligen Messung erfasst werden kann, weil der Lärmpegel ja nach Zeit und Lautstärke der Gäste differieren wird. Dem gegenüber erscheint es sogar sachnäher, langjährig bestätigte Durchschnittswerte rechnerisch einzusetzen.“

So das OVG in dem von mir angesprochenen Urteil.

Erlauben Sie mir zum Schluss kurz was zum Thema stadtverträglich nachhaltiger Tourismus zu sagen, denn das Thema „Lärm ist eins von vielen, die mit dem Thema Touristifizierung verbunden sind. Unser Bezirk hat bereits vor Jahren dieses Thema „stadtverträglicher Tourismus“ auf die Agenda gehoben. Allen voran auch unsere Bezirksmeisterin Monika Herrmann. In den … dafür ist der Bezirk zugegeben vor mehreren Jahren auch teilweise noch sehr belächelt worden. Ich erinnere an das Rollkoffer-Gate oder an die Pantomime …, an das Pantomime-Gate.

Nichtdestotrotz ist es  - denke ich - auch bei diesem Thema wichtig, dass unser Bezirk das Thema stadtverträglicher Tourismus auf die Agenda gehoben hat und auch hier als eine Vorreiter*in aktiv und unterwegs war, auch wenn es teilweise belächelt wurde. Und wir wissen, dass touristische Hotspots eben auch Probleme mit sich bringen. Das ist das Thema Lärm, das ist aber auch das Thema Müll und andere Probleme wie zum Beispiel die Entwicklung von Wohnungsstrukturen, die wir ebenfalls beobachten. Und darauf aufmerksam zu machen, gegen die Ballermannisierung in unserem Bezirk vorzugehen und Maßnahmen zu ergreifen, da hätten wir gerne noch schärfere Schwerter und Instrumente, aber es ist ja nicht so, dass wir hier nicht bereits auch unter dem Vorgängerbezirksamt aktiv geworden sind.

Ich erinnere an die Parkreinigung Görlitzer Park durch die BSR, an größere Mülleimer am RAW-Gelände, die angebracht worden sind oder auch an die Toilettenanlage im Görlitzer Park.

Und es ist auch darauf zu verweisen, dass wir auch in dem Bereich südliches Friedrichshain schon seit längerem einen Prozess mit dem „Fair Kiez“-Prozess angestoßen haben und unterwegs sind, insbesondere im Zusammenarbeit der AG „Fair Kiez“, die abteilungsübergreifend auch dieses Bezirksamt weiterträgt und vor allen Dingen unter Federführung der Wirtschaftsförderung hier einen Mediations-, Kooperations- und Kommunikationsprozess angestoßen worden ist, der auch dieses Jahr fortgesetzt wird.

Letztes Jahr war die Schwerpunktregion der südliche Boxhagener Kiez. Dieses Jahr ist der Schwerpunkt der andere Teil vom Boxhagener Kiez und ich bitte Sie, sich daran aktiv zu beteiligen, sich einzumischen und Ihren Beitrag zu leisten im Mediations-, Kooperations- und Kommunikationsprozess. Danke.

 

Frau Vogel: Ja, Danke für die Antwort Frau Herrmann. Ich wohne ja auch schon seit über 20 Jahren im Kiez und von daher erinnere ich mich daran, schon 2002 / 2003 gab es die Clearingverfahren, die in vielen Bereichen im Südkiez …,  von daher warten wir schon seit über 20 Jahren darauf, dass sich was verändert. Unterdessen haben sich immer noch mehr Kneipen angesiedelt. Also ich kann jetzt gar nicht sehen, wie der Bezirk hier aktiv geworden ist, aber jetzt zu meiner Frage: Dieses Verwaltungspingpong, was hier seit Jahren, Jahrzehnten gespielt wird, das ist für andere wirklich belastend, denn klar, Sie haben es ausgeführt, Sie haben auf der einen Seite das Umweltamt, aber rrm der Gaststätten

Also es ist für Anwohner eben nicht praktikabel und es ändert auch nichts daran, wenn Sie die Verantwortung, die verteilen auf unterschiedliche Genau. Wann kommt hier endlich ein Ansprechpartner, der resortübergreifend sich um diese Sache kümmert? Weil, wir haben keine Lust mehr, vom Ordnungsamt ans Umweltamt, vom Umweltamt an die  Polizei verwiesen zu werden.

 

zu Nachfrage 1/BezStR Herr Hehmke: Frau Vogel, wir spielen hier nicht Pingpong. Also nebenbei bin ich Sportstadtrat, insofern habe ich da auch Leidenschaften für diese Sportart, aber ganz im Ernst: Wir sind ja in einem engen regelmäßigen Austausch und wir machen ja ausdrücklich kein Verwaltungspingpong. Wir haben eine Arbeitsgemeinschaft im Bezirksamt, der gehören von fünf Bezirksamtsmitgliedern vier an. Herr Mildner-Spindler ist nun wirklich fachlich, sachlich für dieses Problem nicht zuständig, aber alle anderen sitzen zusammen.

Und wir verabreden Schrittfolgen. Wir haben zwischen unseren Treffen regelmäßig die Experten in den Teams aus unseren Amtsleitungen, die mit dem Thema befasst sind und wir kommunizieren einheitlich nach außen.

Das heißt, ich glaube nicht, dass hier irgendjemand Pingpong spielt, Frau Herrmann hat Ihnen einzig und allein erklärt, wie die Rechtslage ist. Und da mehrere Rechtskreise berührt sind und da auch im Genehmigungsverfahrenr Gaststättenbetriebe mehrere Rechtskreise berührt sind, sind natürlich auch dann mehrere Ämter am Verfahren beteiligt. Und aufgrund von Lärmprognosen, können Sie natürlich …, hat Frau Herrmann Ihnen ausgeführt, auch die große Zahl an Gaststättenbetrieben, die mit Sperrzeiten belegt sind, können Sie Sperrzeitenregelungen daraus ableiten. Aber Sie können nicht die Genehmigung eines Gaststättenbetriebes und die Genehmigung  von Außenausschank versagen. Das ist einfach so.

Jeder Gaststättenbetrieb bekommt sozusagen auf der Grundlage …, auf der gesetzlichen Grundlage die …, wenn er die Dinge beibringt, die er beibringen muss, eine gaststättenrechtliche Erlaubnis vom Ordnungsamt und dann geht es weiter, dann geht es zu Herrn Schmidt und da muss auch die Bauaufsicht das besser angucken.

Sie können aber nicht sozusagen aus Lärmprognosen ableiten, dass Sie einen Kneipenbetrieb versagen können. Das ist so. Die rechtliche Handhabe haben wir nicht und ich glaube, wir sind alle ansprechbar, wir haben coopolis in diesem Jahr auch wieder vor Ort als Ansprechpartner, der sich übergreifend um alle kümmert, sowohl um Anwohnerinnen und Anwohner als auch um die Gewerbetreibenden.

Ich selbst war vor zwei Wochen bei einer Veranstaltung, die ausschließlich für und mit Gastronominnen und Gastronomen war und der Prozess geht jetzt weiter. Frau Herrmann und ich haben einen Brief geschrieben, u.a. an den Finanzsenator und an die Wirtschaftssenatorin, und haben noch mal eindringlich darauf hingewiesen, dass die Mittel, die uns zur Verfügung stehen aus der City-Tax, diese 40.000,00 EUR nicht reichen und der Brief ist beantwortet worden. Und wir werden hier nochmal finanziell nachlegen können.

Wir werden unsere Aktivitäten ausweiten und Frau Herrmann und ich sind verabredet mit dem Ordnungsamt, mit dem Umweltamt, dass wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch begleiten in diesem Sommer und nicht nur einmal. Wir werden uns das ganz genau angucken und wir haben ganz viele Dinge verabredet.

Die Situation ist komplex und wir werden uns nach dieser Saison im Herbst hinsetzen und werden die Dinge auswerten. Wir werden noch mal eine andere Form von Datenerfassung machen von Beschwerdelagen, wie wir die erfassen, dass wir Doppelzählungen vermeiden. dass wir konkrete Zuordnungen machen können und werden aufgrund dieser validen Daten dann einen Maßnahmenkatalog für 2018 ableiten. Also dass hier nichts getan wird und einer sagt, gehen Sie mal zum anderen, das stimmt hier ausdrücklich nicht, weil wir hier in sehr enger und verlässiger Abstimmung sind.

 

Frau Vogel: Ja, Ihr Engagement in aller Ehren, aber es ist natürlich für Anwohner wirklich wenig hilfreich, wenn unter dem Strich sich seit Jahren nichts verbessert an der Situation. Deswegen meine Frage: Fair-Kiez haben wir auch nachgefragt, wie das ist, die Anwohner, es gibt ja einige Anwohnervertretungen auch inzwischen …

Tatsächlich zu beteiligen konzeptionell …, denn bislang ist es ja so, dass innerhalb von

Ist eine konkrete Beteiligung an der Konzeptentwicklung möglich, also am Konzept?

 

Herr Hehmke: Also coopolis ist vor Ort und zum Teil nicht nur coopolis. Ich selbst bin gern auch vor Ort und bin ansprechbar, ich nehme die Kollegin Herrmann durchaus auch als ansprechbar wahr. Ich nehme die Bürgermeisterin als ansprechbar wahr und Herrn Schmidt. Also wir gehen doch mit Ihnen in den intensiven Austausch um die besten Lösungen. Wir reden doch mit Ihnen vor Ort und natürlich werden Ihre Anregungen und Haltungen in dem Prozess mit einfließen und werden einen Einfluss darauf haben, welche Entscheidungen wir aus den Dingen, die wir 2017 machen und auswerten, dann ableiten für 2018. Natürlich steht das zur Debatte. Und Sie machen doch zahlreiche Vorschläge mündlich und schriftlich. Das ist doch nicht so, dass wir das nicht aufnehmen, dass das nicht Gegenstand der Debatten ist, die wir hren.

 

 

 

 
 

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