Drucksache - DS/0968/IV  

 
 
Betreff: Maerker, App und Kralle - Für Sünder eine Falle?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPDSPD
Verfasser:Leese-Hehmke, AnitaLeese-Hehmke, Anita
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
27.11.2013 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg schriftlich beantwortet     

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Wie bewertet das Bezirksamt, die Ermöglichung bzw. Einführung der Meldung von Falschparkern an das Ordnungsamt per Smartphone-App?

 

  1. Warum beteiligt sich das Ordnungsamt Friedrichshain-Kreuzberg nicht an dem Maerker-Projekt, mit dem BürgerInnen z.B. illegale Müllhalden, Schlaglöcher o.ä. melden können?

 

  1. Welche Behörden verwenden im Land Berlin Parkkrallen? 

 

 

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg                                                                      28.11.2013             

Abt. Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport

Bezirksstadtrat                                                                                                                             

 

 

  1. Wie bewertet das Bezirksamt, die Ermöglichung bzw. Einführung der Meldung von Falschparkern an das Ordnungsamt per Smartphone-App?

Zunächst und vor allem ist festzustellen, dass das Ordnungsamt der falsche Adressat für derartige Meldungen ist bzw. wäre. Die Meldungen müssten an die zentrale Bußgeldstelle bei der Polizei gerichtet werden.

 

Das Ordnungsamt ist letztendlich auch nicht in einer anderen Rolle als dies Privatpersonen sind, welche die Smartphone-App (z.B. "Straßensheriff") nutzen.

 

Es zeigt festgestellte Verstöße im ruhenden Verkehr an und überlässt der Bußgeldstelle die weitere Bearbeitung.

 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind außerdem mit der eigenen Feststellung von Ordnungswidrigkeiten vollkommen ausgelastet.

 

Das Amt verfügt über keinerlei Kapazitäten, Meldungen einer App entgegenzunehmen, ggf. gar noch zu überprüfen und letztendlich an die Bußgeldstelle weiterzuleiten.

 

Es ist jedoch auch zu bezweifeln, dass die Bußgeldstelle massenhaft Meldungen entgegennimmt und weiterbearbeitet, die nicht über das gängige System - nämlich die MDEs, mobile Datenerfassungsgeräte - aufgenommen und dorthin übertragen werden.


Nach Kenntnis des Bezirksamtes bearbeitet die Bußgeldstelle zwar auch Anzeigen, die direkt von Bürgerinnen oder Bürgern eingereicht werden (soweit Angaben wie Ort, Zeit, Kennzeichen usw. ausreichen), jedoch nur im Einzelfall und nicht systematisch in einem Massenverfahren.

 

Anonyme Anzeigen werden übrigens überhaupt nicht verfolgt.

 

Es ist stets zwingend die Angabe von Zeugen erforderlich, damit eine Anzeige bearbeitet werden kann.

 

Professionelle Zeugen - wie eben Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Ordnungsämter - werden auch akzeptiert bzw. toleriert.

 

Die massenhafte Ermöglichung des Auftretens Privater als Zeugen hätte demgegenüber eine denunziatorische Komponente, die auf Dauer dazu geeignet sein könnte, das gesellschaftliche Klima zu vergiften; deshalb ist hier Vorsicht geboten.

 

Auch suggerieren Bezeichnungen wie "Straßensheriff"-App das Vorhandensein einer Art Bürgerwehr.

 

Dadurch verschwimmt ggf. das Tätigwerden des Ordnungsamtes als hoheitliche Aufgabe in Richtung einer Aufgabe für jedermann, die bis hin zu einer Art Freizeitsport betrieben werden könnte und mithin den Sinn und Zweck von Verkehrsregeln und der Kontrolle ihrer Einhaltung verfehlen würde.

 

  1. Warum beteiligt sich das Ordnungsamt Friedrichshain-Kreuzberg nicht an dem Maerker-Projekt, mit dem BürgerInnen z.B. illegale Müllhalden, Schlaglöcher o.ä. melden können?

 

Wichtig bei einem solchen Projekt ist es, das Ergebnis bzw. den zu erwartenden Nutzen im Auge zu behalten.

 

Niemandem ist gedient, wenn ein Portal geschaffen wird, durch welches die Behörden Kenntnis über Missstände erhalten.

 

Sinnvoll ist die Sache erst, wenn auch sichergestellt ist, dass die Missstände beseitigt werden.

 

Dies ist bei Maerker nicht gewährleistet,

-                       weil erstens ein gewisser personeller Aufwand für die Betreuung des Portals erforderlich ist; d.h. es gibt die Rolle eines Redakteurs, der die Meldungen sichtet (z.B. beleidigende Texte herausfiltert usw.), ggf. an zuständige Stellen weiterleitet und schließlich die Abarbeitung beobachtet und die Ampel, also das den Bearbeitungsstand anzeigende Symbol bei Maerker bedient

-                       und weil zweitens andere Stellen, die ggf. für die Beseitigung von Missständen zuständig sind, in das Meldesystem eingebunden werden müssen, d.h. es gibt die Rolle von Unterstützern (z.B. die BSR oder die VLB), die im Rahmen der Weiterleitung von Meldungen sofort bereit sein müssen, darauf zu reagieren.

 

Im Rahmen der Pilotierung von Maerker in Berlin durch den Bezirk Lichtenberg blieb die Zahl der Meldungen übersichtlich, so dass der Aufwand für die Betreuung offensichtlich zu vernachlässigen war. Dies muss jedoch nicht überall so sein.

 

Es liegt nahe, dass in einem quirligen Innenstadtbezirk wie dem unseren, mehr Meldungen zu allen möglichen Themen eingehen.

 

Bei der Pilotierung konnten außerdem zwar einige der Unterstützer, jedoch nicht alle, ins Boot genommen werden.

 

Berlin arbeitet indes an einem einheitlichen Anliegen-management-System, welches eine Beschwerdedatenbank unter Einbindung aller Beschwerden - also solcher, die schriftlich, über Telefon, per Fax, E-Mail usw. eingehen - mit einem Internetportal mit ähnlichen Funktionen wie Maerker intelligent verknüpft und idealerweise die angesprochenen Probleme des Bearbeitungsaufwands und der Mitarbeit aller denkbaren Unterstützer lösen kann.

 

Dieses Projekt läuft derzeit und soll 2014 zum Abschluss gebracht werden.

 

Übrigens ist ein Blindzugang - also quasi ein Testzugang zu Maerker  - im Bereich der Bezirksbürgermeisterin eingerichtet worden, so dass zumindest Erfahrungen mit den Funktionalitäten von Maerker auch in diesem Bezirk gemacht werden und ggf. im Rahmen des Projekts genutzt werden können.

 

  1. Welche Behörden verwenden im Land Berlin Parkkrallen?

 

Das Ordnungsamt selbst benutzt keine Parkkrallen.

 

Parkkrallen sind ein Instrument, um Druck auf säumige Schuldner auszuüben.

 

Im Rahmen präventiven Verwaltungshandelns, d.h. bei der Einziehung von Gebühren für Erlaubnisse etc. wird in der Regel die jeweilige Gebühr vor Erteilung der jeweiligen Amtshandlung erhoben.

 

Bei repressivem Tätigwerden, also bei Bußgeldern etc. läuft schrittweise ein vorgegebenes Verfahren ab, d.h. zunächst erfolgen Mahnungen, bei Fristablauf werden in Amtshilfe die zuständigen Finanzämter tätig und vollstrecken für uns aus den Forderungen.

 

Letztes Mittel ist ggf. die Androhung und ggf. Anordnung von Erzwingungshaft.

 

Parkkrallen werden nach Kenntnis des Bezirksamtes insbesondere von Finanzämtern zur Eintreibung ausstehender Steuern, primär von Kfz-Steuern, eingesetzt.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Dr. Peter Beckers

 

 
 

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