Drucksache - DS/0992/III  

 
 
Betreff: Entwicklungen im Bereich der ¿Hilfen zur Erziehung"
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:WAS - BWAS - B
Verfasser:Lüdecke, AndreasLüdecke, Andreas
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
22.10.2008 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag
Anlagen:
1. Version vom 29.10.2008 PDF-Dokument
2. Version vom 29.10.2008 PDF-Dokument

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

 

  1. Wie war gegenüber dem Vorjahr die Entwicklung der Verdachtsmeldungen auf Kindeswohlgefährdung?
  2. Konnten alle Verdachtsmeldungen zeitnah überprüft werden und welche Auswirkungen hatte dies auf die Anzahl der notwendigen Aufnahmen wegen Vernachlässigung bzw. Verwahrlosung?
  3. Wie war dem gegenüber die Ausgabenentwicklung ― decken inzwischen die dafür dem Bezirk zur Verfügung stehen Mittel die Ausgaben im Bereich „Hilfen zur Erziehung“?

Frau Herrmann:

Ich habe jetzt eine ganze Menge Zahlen auf meinem Zettel, aber na ja Herr Bürgermeister, ich gebe sie ins Protokoll. Aber nichts desto trotz, wir müssen sehr wohl und zwar bundesweit nicht nur bei uns in Berlin und auch nicht nur bei uns im Bezirk feststellen, dass die Fehlentwicklung familiärer Systeme dramatisch zunimmt und zwar nicht nur im Sinne, dass die Fälle steigen, sondern dass auch die Situation in den Familien immer dramatischer wird, also die Notlagen werden schlimmer und dies hat u.a. auch etwas mit der finanziellen Entwicklung in den Familien zu tun, u.a. auch. Ich will mich nur auf ein paar Zahlen orientieren. Wir haben bei der Verhandlung des Haushaltes 2008 als Jugendstadträte und 2009 als JugendstadträtetInnen von Anfang an gesagt, dass die vom Senat zugewiesenen und letztendlich vom Abgeordnetenhaus bestätigten 319 Mio € im Etat der Hilfe zur Erziehung nicht ausreichen werden. Wir haben damals bereits gesagt, dass wir ca. 20 Mio € mehr brauchen. Nichts desto trotz ist man ja dabei geblieben, bei den 319 Mio €. Sie fragen nach der Entwicklung – da will ich nur eine Zahl nennen. Wir haben 443 Aufnahmen wegen Kindesvernachlässigung bzw. Verwahrlosung  bei uns im Kindernotdienst des bezirklichen Jugendamtes zu verzeichnen, das sind 89,5% mehr als im Vorjahr. Die Zunahme bei den Misshandlungen an Kindern ist um 14,6 gestiegen und bei der Verletzung der Fürsorgepflicht um  29%. Dieses findet sich auch bei den Krisendiensten, also Vergleichbares findet sich auch bei den Krisendiensten der Jugendämter wieder. Auch die Schwere der Fälle letztendlich. Was ebenfalls noch mal bedeutend ist, dass wir durch dieses Netzwerk Kinderschutz, durch die Sensibilisierung letztendlich die auch in dieser Stadt stattgefunden hat, neue Fälle den Jugendämtern bekannt werden, d.h. dass heißt also, dass wir tatsächlich durch dieses neue System und die neue Sensibilisierung an Familien rankommen, bzw. in Familien hineinkommen, die vorher den Jugendämtern nicht bekannt waren. Alleine im Bezirk Treptow-Köpenick, als nur ein Beispiel, waren es über 50%, das ist eine sehr deutliche Zahl letztendlich. Jetzt kann man sagen, das Instrument Netzwerk Kinderschutz, funktioniert an dieser Stelle, aber natürlich und das haben wir immer gesagt, bedeutet es auch, dass wir mehr Mittel brauchen. Zu Ihrer 2. Frage, ob wir den Verdachtsmeldungen immer nachgehen konnten, alle Verdachtsmeldungen konnten im Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg zeitnah geprüft werden, selbst der Fall, der erstmalig stand ja der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, ich  glaube so vor drei Wochen auch in der Zeitung. Das war uns kein ganz unbekannter Fall, da hat aber das Familiengericht gegen die Empfehlung des Jugendamtes entschieden und letztendlich das Kind in der Familie belassen und leider hat sich herausgestellt, dass sich die Empfehlung des Jugendamtes richtig war, aber man kann gegen die Urteile der Familiengerichte nichts tun. Die AV Kinderschutz von Jugend und Gesundheit vom 8.4.2008 gibt vor, dass das Jugendamt innerhalb von 2 Stunden, nach Meldungseingang eine Gefährdungseinschätzung vornehmen muss und dieses auch entsprechend dokumentiert. Für das Abschätzungsverfahren gilt ebenso verpflichtend das Vieraugen-Prinzip und der unangemeldete Hausbesuch. Das ist eine vorrangig zu erfüllende Aufgabe der Jugendhilfe und wir haben es von 8.00 bis 18:00 Uhr sicherzustellen, in der Zeit davor und in der Zeit danach, ist das Notdienstsystem zuständig und wir können in unserem Bezirk sagen, dass wir das bisher zu 100% erfüllt haben, aber ich muss auch sagen, weil ja immer auch eine unheimlich Angst bei den Sozialarbeitern auch herrscht, dass sie tatsächlich vielleicht auch einmal zu spät was merken, oder, oder oder... wir werden nie zu 100% den Kinderschutz, weder in diesem Bezirk, noch in diesem Bundesland natürlich absichern können. So, man kann es nur eingrenzen, deswegen sag ich auch immer, das Netzwerk Kinderschutz ist ein Netzwerk, das heißt also, es werden immer Löcher bleiben, auch wenn wir sie versuchen so engmaschig wie möglich zu stricken. Die Ausgabenentwicklung für unsren Bezirk, die Sie angesprochen haben. Wir haben z.Z. eine Prognose, dass wir den Haushaltsansatz der Hilfen zur Erziehung um ca. 2,8 bis 2,9 Mio überschreiten werden, im Jahre 2008. Berlinweit, hab ich bereits gesagt, werden die von uns prognostizierten 20 Mio fehlen. Inzwischen ist die Prognose des Landes Berlins zur Hilfen zur Erziehung, dass wir wahrscheinlich ein Finanzbedarf von insg. zwischen 350 und 360 Mio Euro haben werden. Alle Jugendämter Berlins zusammen genommen. 319 haben wir bekommen, Sie sehen, da besteht absoluter Handlungsbedarf und das ist auch nicht von uns alleine als Bezirk zu schultern. Das geht nur, indem alle 12 Jugendstadträte sich dort wieder, sozusagen, in vertrauter Weise zusammenfinden. Es ist keine parteiorientierte Diskussion, sondern hier geht es tatsächlich und da haben wir die auch alle 12 gemeinsam gemacht die Erfahrungen gemacht, dass wir da in diesen Sachen sehr solidarisch sein können. Da werden uns auch die FinanzstadträteInnen unterstützen müssen und wir haben im Bezirksamt jetzt am Dienstag auch darüber gesprochen und haben auch noch mal, gab es auch noch mal Hinweise, genauer darzustellen, wie viel Kinderschutzfälle und und und , dass man es sehr, sehr transparent dokumentiert. Das gilt nicht nur für unseren Bezirk, sondern das müssen alle 12 Bezirke machen, damit auch sehr deutlich wird letztendlich, dass es hier nicht darum geht, das wir nicht steuern...als da vorhin... geht da noch was zu steuern, geht da nichts zu steuern. Das Land Berlin hat in den Jahren 2002 bis 2006 29% der Hilfen zur Erziehung runter gefahren, der Mittel, das darf man nicht vergessen, das in 4 oder 5 Jahren, das wird jetzt deutlich und diese 29% tatsächlich überhaupt verkraften zu können, heißt, dass die Umsteuerungsmomente im Land Berlin ausgeschöpft sind, so dass wir jetzt davon ausgehen müssen, dass diese Größenordnung von 350, 360 Mio Euro ungefähr eine Größenordung ist. Voraussichtlich wird es sich da einpendeln, das geht aber nur, wenn wir das gemeinsam schultern und sehr transparent und deutlich machen, auch Öffentlichkeit, aber auch vor allen Dingen dem Abgeordnetenhaus, weil die das letztendlich entscheiden, wie die Situation im Land Berlin ist und ich glaube nicht, dass sich das in absehbarer und kurzer Zeit reduziert, sondern ich fürchte, dass wir eher auf dem Wege bleiben, wenn nicht sogar noch mehr schlechtere Entwicklung haben werden.

 

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Stadtbezirk Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin

Postanschrift

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Postfach 35 07 01
10216 Berlin