Drucksache - DS/0652/III
Die
Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen: Ich frage das Bezirksamt: 1.
Hat das
Bezirksamt Kenntnis davon, dass die ALG II-Empfangenden in Schreiben des
Job-Centers bezüglich möglicher Sanktionen darauf hingewiesen werden, dass sie
im Falle einer 100%igen Kürzung auch nicht mehr krankenversichert sein würden? 2.
Wie oft
ist dieser Schritt vom Job-Center Friedrichshain-Kreuzberg seit Einführung des
SGB II vollzogen worden? 3.
Wie
beurteilt das Bezirksamt diese Androhung vor dem Hintergrund, dass die Krankenkassen
seit 2007 verpflichtet sind, keinen Antragsteller abzuweisen, damit möglichst
alle Menschen in Deutschland krankenversichert sind? Nachfrage: 4.
Was
gedenkt das Bezirksamt gegen diese Praxis zu unternehmen? Herr Mildner-Spindler: Zu 1: Wir haben uns in der Kürze der Zeit von ihrer
Fragestellung und Übermittlung gestern gegen Mittag bis heute Mittag bemüht
sozusagen die konkrete textliche Aufklärung auch dazu zu bekommen. Ich habe
selbst heute nachmittag am Rande einer Veranstaltung noch mal mit dem stellv.
Geschäftsführer gesprochen. Der konnte mir eine konkrete textliche Fassung auch
nicht benennen. Wir werden da dran bleiben und daraus können sie
schlussfolgern, dass es uns in der konkreten Form nicht bekannt gewesen ist,
bisher. Ich möchte aber trotzdem zu dem 1. Pkt. Vielleicht aufklärend noch etwas mehr dazu sagen. Wenn es so
ist, wie sie das hier formuliert haben, dass also im Vorfeld möglicher
Sanktionen Kunden des Jobcenters darauf hingewiesen werden, was eine
Sanktionierung für Konsequenzen haben könnte, dann würde ich das, wenn es so
formuliert ist auch für richtig halten, weil es sozusagen im Rahmen einer
Anhörung, die ist ja wenn es Konflikte zwischen Jobcenter und Kunden des
Jobcenters gibt und eine Sanktionierung erfolgt erst nach Anhörung des Kunden,
dem der entspr. Vorwurf gemacht wird, wenn es also in diesem Zusammenhang einen
solchen Hinwies gäbe, fände ich das für richtig und würde es unterstützen, weil
es dem in einem Konflikt befindlichen im Grunde genommen auch auf die Konsequenzen
seiner Auseinandersetzung gen hinweist. Wir gehen ja davon aus, dass sozusagen
das SGB II so konstruiert ist, dass der Empfang von Leistungen nach dem SGB II
nicht sozusagen ein Blankoempfang ist, sondern das hat der Gesetzgeber so
gewollt. Daran werden sich alle Beteiligten Parteien erinnern, dass sozusagen
die Betreuung über das Jobcenter und der Erhalt von Leistungen nach dem SGB II
an das Gebot der Mitwirkung gebunden ist und das diese Mitwirkung oder die sehr
oft unterstellte mangelnde Mitwirkung ja durchaus ja auch anders zu Konflikten
und Auseinandersetzungen gibt. Ich möchte gleichzeitig noch etwas aufklärend
beitragen, dass sie unterscheiden müssen zwischen einer Kürzung der
Regelleistung von 100%. Kürzung der Regelleistung um 100% bedeutet, dass ja
dann auch erst mal eine Staffelung mehrerer Sanktionen die
Grundsicherungsleistung, also die Leistungen zum Lebensunterhalt bis zu 100% in
dem Zeitraum gestrichen werden können. Bei der Kürzung der Regelleistungen um
100% wird in jedem Fall die Kosten der Unterkunft weitergezahlt, auch es werden
auch die Sozialversicherungsbeiträge weitergezahlt. Es gibt dann sozusagen noch
eine Steigerungsform, das ist die Kürzung aller ALG II Leistungen. Das wäre
dann inklusive der Leistungen der Kosten der Unterkunft. Auch in diesem Fall
ist es noch nicht gegeben, dass jemand nicht mehr krankenversichert wird, weil
dann ist das Jobcenter geboten, dem Sanktionierten Sachleistungen anzubieten,
d.h. für den Fall sollte eine 100%ige Sanktionierung aller Leistungen des ALG
II geschehen, dann würden Lebensmittelgutscheine ausgereicht werden. Wenn
Lebensmittelgutscheine ausgegeben und angenommen werden , dann wäre der
Sanktionierte noch Kunde des Jobcenters und dann würden auch weiter
Krankenversicherungsbeiträge gezahlt. Wenn aber nach einer 100%igen
Sanktionierung alle ALG II Leistungen der Kunde den Kontakt mit dem Jobcenter
abbricht, dann ist er nicht mehr Kunde des Jobcenters und dann ist er auch
nicht mehr krankenversichert. ZU 2: Wir haben nachgefragt, ob es im Jobcenter
Friedrichhain-Kreuzberg (FK) solche Fälle schon gegeben hat. Wir haben das
nicht zum ersten mal nachgefragt, wir beschäftigen uns über die
Trägervertretung und unseren Anteil in der Trägervertretung des Jobcenters
regelmäßig über die Trägervertretung auch mit dem operativen Geschäft des
Jobcenters. Das Jobcenter hat bereits im letzten Jahr und auf unsere heutige
Anfrage erklärt, dass es keine Statistik gibt, die Sanktionierungen gestaffelt
nach Grad der Sanktionierung abbildet. Wie sie vielleicht der Statistik oder
der Kollegen aus ihrer Fraktion geben konnten, ist unser Jobcenter FK, was den
Grad der Sanktionierung betrifft, ein Jobcenter, was relativ häufig mit
Sanktionierungen arbeitet, das wird begründet mit der im Jobcenter gegebenen
Betreuungsdichte, d.h. also, wenn es eine aktive Arbeit zwischen Vermittlern,
Fallmanagern und Kunden des Jobcenters gibt, dann, also wenn aktiv gearbeitet
wird, betreuungsdicht gearbeitet wird, dann gibt es eben auch mehr Konflikte,
als wenn eher eine Betreuungsferne da ist. Wir haben im letzten Jahr
nachgefragt, ob dem Jobcenter FK konkret aus der Praxis des Jobcenters Fälle
einer 100%igen Sanktionierung einer ALG II Leistung bekannt sind. Das ist uns
bisher immer verneint worden. Ich kenne aus einer Nachfrage einen konkreten
Fall aus dem Januar diesen Jahres, wo es eine 100%ige Sanktionierung aller ALG
II Leistungen gegeben haben soll. Das werde ich gegenüber der Geschäftsführung
zumindest insofern thematisieren, dass es uns natürlich interessieren wird, wie
es zu einem solchen Fall kommen konnte. Zu 3: Eine solche Situation, wie ich
sie eben theoretisch geschildert habe, wird das natürlich kontagarien. Das ist
völlig klar. Auf der anderen Seite formal betrachtet, für jemanden, der nicht
mehr Kunde des Jobcenters ist, erlischt sozusagen diese formale delegierte
Funktion des Arbeitgebers im Sozialversicherungsverhältnis. Insofern kann das
Jobcenter dann keine Krankenversicherungsbeiträge mehr zahlen und es wäre die
Frage, ob dann nicht eben aufgrund dieses Drucks, der über eine solche
Sanktionierung oft gemacht wird, derjenige dann doch in ein andersgeartetes
Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Auf jeden Fall werden wir das weiter
thematisieren, um eben genau solche Fälle, wo wir es dann zum Schluss damit zu
tun hätten, dass wir als Sozialamt oder als anderer müssten Krankenscheine
ausgeben, Krankenhauskosten übernehmen usw. nicht durch die Kommune getragen
werden kann. Es kommt aber immer auch wirklich darauf an, wie wird sozusagen
das Verhältnis zwischen Jobcenter und Kunde gestaltet. Da gibt es das Mittel
der Sanktionierung, das kann man bewerten, wie man will. Wir alle wünschen uns,
dass es nicht zu solchen Sanktionierungen kommen muss, aber das ist auch ein
Zweierverhältnis zwischen Jobcenter und Kunde. Wir haben jetzt noch 2
Nachfragen. Ich glaube, die Nachfrage 4, habe ich in gewisserweise schon
beantwortet. Wir sind sensibel diesem Problem gegenüber. Wir thematisieren es,
wir sprechen es nicht nur an, sondern wir haben ja mit dem Jobcenter im Rahmen
unser kommunalen Aufgaben im SGB II auch eine ganze Reihe von
Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen, Kooperationsvereinbarungen, die vor
allem dafür gedacht sind, dass wir mit unseren Leistungen als Amt soziale
Dienste, aber auch die Zuwendungsempfänger in unserem Bereich psychosoziale
Beratung und Betreuung, Suchtberatung und Betreuung. In Konfliktsituationen, in
Situationen, wo eine Jobcenter und der Kunde vielleicht aus individuellen
Gründen nicht in der Lage ist, in einem solchen Sanktionierungsverfahren seine
Interessen zu vertreten, dann eine Unterstützung und Interessensvertretung
erhält. Die waren aber unserer kommunaler Verantwortung im Rahmen dieser
Kooperation haben wir ja auch über die Fachausschüsse schon desöfteren
dargestellt. Also zu so einer Panne, sag ich jetzt mal, das wäre von Seiten des
Jobcenters aus der Arbeitssituation geschuldete Panne, sollte es erst mal gar
nicht kommen und als letztes darf der Jobcenterkunde darunter nicht der
Leittragende sein. Ich werde das ansprechen. Ich hoffe, dass wir eine Antwort
darauf bekommen und dann werde ich sie ihnen weitergeben.
Herr Lüdecke: Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Sie haben berichtet,
dass das Jobcenter mitgeteilt habe, es habe bisher noch keine solche Fälle
gegeben, wo 100% ig gekürzt worden ist. In dem Zusammenhang die Frage, wie
kommt es eigentlich , dass als wir damals vermittelnd über den
Jobcenterausschuss im letzten Sommer im Arbeitsamt waren, uns , also wir dabei
waren, als gerade ein Kunde beraten wurde, der deshalb kam, weil seine
Leistungen zu 100% gekürzt worden waren und er deshalb mittellos war. Irgendwie
bekomme ich das jetzt mit ihrer Antwort nicht in die Reihe. Gibt das Arbeitsamt
ihnen falsche Auskünfte. Herr Mildner-Spindler: Wie ich schon dargestellt habe, richten wirt unsere Anfragen an
die Geschäftsführung des Jobcenters und müssen uns sozusagen ersteinmal auf
eine Aussage und Einschätzung der Geschäftsführung des Jobcenters verlassen.
Ich habe ihnen dargestellt, dass es keine gestaffelte Statistik gibt aus der
sozusagen der unterschiedliche Grad der Sanktionierung aufgearbeitet
dargestellt werden kann, auf diese Situation aufmerksam gemacht und die Frage
gestellt an die Geschäftsführung des Jobcenters und der Trägervertretung, ob
ihnen Fälle bekannt seien, ist diese Frage verneint worden u.a. auch mit dem
Hinweis darauf, dass bis zu einer 100%igen Sanktionierung das sozusagen eine
sehr lange Zeit der Eskalation eines Konfliktes mit einem Kunden des Jobcenters
vorher ziehen müsse, weil es wird ja sozusagen abgestuft sanktioniert, jedes
Mal mit der Aufforderung an den Kunden des Jobcenters, sich zu den Vorwürfen,
die ganz unterschiedlicher Natur sein können, zu verhalten. Es gilbt also ein
Anhörungsverfahren, was dann sozusagen auch dazu bestimmt ist, ein solchen
Konflikt zu hebeln, bevor es zur Eskalation kommt, insofern ist eine 100%ige
Sanktionierung ein Punkt einer sehr langen Strecke der Eskalation. Ich selbst kennen einem fall, das habe ich
eingeräumt aus dem Januar diesen Jahres, der relativiert diese Aussage der Geschäftsführung
des Jobcenters ein Stück. Wir werden da dran bleiben. |
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