Working first

Friederike Krenz_05

“Work is the most important means for a person to become part of society“ ließ die schwedische Regierung schon im Jar 2014 verlauten. Die Aufgabe Zugewanderte möglichst schnell in den schwedischen Arbeitsmarkt zu integrieren, hat Priorität. Die Arbeitslosigkeit in Schweden ist auf dem tiefsten Stand seit 2008 und liegt ungefähr bei 6,4 % (Juli 2018). Die Nachfrage nach Arbeitskraft ist hoch und ähnlich wie in Deutschland ist es für Arbeitgeber*innen in bestimmten Berufsgruppen schwer ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Migration wird in Schweden als ein wichtiger Bestandteil wahrgenommen, um die Lücke nach Fachkräften zu schließen. Außerdem wird in Anbetracht der alternden schwedischen Gesellschaft schlicht die Notwendigkeit von Migration betont, um den Wohlfahrtsstaat zu erhalten. Die Geburtenrate in Schweden liegt übrigens bei knapp 1,8 Kinder pro Frau, einem der höchsten Werte in Europa. Von diesen Werten ist Deutschland weit entfernt, u.a. ist das zurück zuführen auf die großen Anstrengungen in Bezug auf strukturelle Gleichberechtigung der Geschlechter.

introduction-process

Die Grundvoraussetzung um Zugewanderte schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren ist, laut der Stockholmer Arbeitsmarktverwaltung, zum einen Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt zu flexibilisieren sowie die politischen Rahmenbedingungen in Bezug auf Bildung, Wohnen und Gesundheit anzupassen.
In Stockholm ergaben Analysen, dass viele Zugewanderte zu lange in den Sprachkursen SFI (Swedish for immigrants) verbleiben und nicht auf den regulären Arbeitsmarkt gelangen. Da in Schweden fast alle Schüler*innen auf ein Gymnasium gehen und ebenfalls ein hoher Anteil von ihnen ein Studium abschließt, ist es für Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüsse fast unmöglich in reguläre und damit gut bezahlte Positionen zu kommen. Analysen haben gezeigt, dass nach 2-3 Jahren nur 30 % der ehemaligen Geflüchteten eine Arbeit gefunden haben . Daraus resultiert, dass es seit diesem Jahr einige Veränderungen gibt und die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und nationalen Behörden (wie der Arbestförmedlingen = Public Employment Service) die im Integrationsprozess involviert sind, intensiviert wurden.

Seit 2010 wurde die Zuständigkeit für Neuzugewanderte von den Kommunen zur nationalen Behörde Arbetsförmedlingen übertragen. Auf Seite der Kommune Stockholm Stads ist die Arbeitsmarktverwaltung, die koordinierende Verwaltung. Da es im Gegensatz zu Berlin keine separate Integrationsverwaltung gibt. Deswegen findet meine Hospitation in der Arbeitsmarktverwaltung statt. Auf lokaler Ebene ist die Kommune Stockholm für praktische Maßnahmen verantwortlich wie die Organisation der Sprachkurse, civic orientation, Unterbringung, Schule bzw. Kinderbetreuung.
Sobald Asylbewerber*innen eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, werden sie nach einem bestimmten Schlüssel einer Kommune zugewiesen. Jede Person im erwerbsfähigen Alter (20-64 Jahre) bekommt einen Termin bei der Arbetsförmedlingen, wo ein individueller Introduction plan (Etablering) mit Hilfe von Studienberater*innen erstellt wird. Dieser Prozess beinhaltet ein Feststellen von bisherigen Abschlüssen, Fähigkeiten und Kompetenzen (eine Art Kompetenz-Mapping) und das Abstimmen eines Introduction plans, der für jeden individuell verschieden aussehen kann. Dieser Plan wird für 24 Monate erstellt in dieser Zeit erhält jeder Zugewanderte eine Finanzierung durch die Arbetsförmedlingen (einen Tagessatz, zusätzlich ist es möglich eine Art Wohngeld zu beantragen), solange der Plan eingehalten wird. Der Plan ist auf 40h pro Wochen ausgelegt, für Eltern mit Kindern bzw. Menschen mit besonderen Bedürfnissen gibt es Ausnahmen. Die Zeiten sind flexibel, sowohl Vormittags- als auch Abend-Kurse können besucht werden. Der Plan beinhaltet verschiedene Module wie den obergenannten SFI-Kurs, Civic orientation-Kurs (wo es um die schwedische Gesellschaft geht, dieser Kurs ist nicht auf Schwedisch sondern in der jeweiligen Herkunftssprache), berufsvorbereitende Kurse zu spezifischen Berufen. Interessant finde ich, dass es auch Kurse gibt, in denen Arbeitgeber*innen teilnehmen, die reale Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Diese werden von der Arbeitsmarktverwaltung akquiriert. Eine tolle Möglichkeit für beide Seiten. Außerdem wurden „fast tracks“ für Zugewanderte geschaffen, die bereits Erfahrungen oder Qualifizierungen in Berufen haben, in denen es in Schweden einen Mangel gibt wie Kranken- und Pflegepersonal, Köch*innen, Busfahrer*innen.

Mir wird erklärt, dass ich mir die verschiedenen Modelle des Introduction plans wie Puzzleteile vorstellen kann, die mehr auf das Individuum fokussieren und letztlich dazu führen schneller als bisher auf den regulären Arbeitsmarkt zu gelangen. Denn wie am Anfang erwähnt ist die Möglichkeit finanziell unabhängig zu sein elementarer Bestandteil der schwedischen Gesellschaft.
Da viele der Maßnahmen erst in diesem Jahr implementiert wurden, gibt es noch keine belastbaren Daten, ob sich die Mehrausgaben für diese Maßnahmen und die veränderten Strukturen positiv auf die Integration in den Arbeitsmarkt auswirken.

Friederike Krentz