Abschnitt 18 - Aufbau und Organisation der Einrichtung

§ 99

Einrichtung

(1) Für den Vollzug sind vom Strafvollzug getrennte Anstalten, Teilanstalten oder Abteilungen von Justizvollzugsanstalten (Einrichtung) vorzusehen. Die Gestaltung der Einrichtung muss therapeutischen Erfordernissen entsprechen und Wohngruppenvollzug ermöglichen.

(2) Es ist eine bedarfsgerechte Anzahl und Ausstattung von Plätzen für therapeutische Maßnahmen, schulische und berufliche Qualifizierung, Arbeitstraining und Arbeitstherapie sowie zur Ausübung von Arbeit vorzusehen. Gleiches gilt für Besuche, Freizeit, Sport und Seelsorge. Hierbei kann auch auf ein nach § 10 Absatz 3 zur Verfügung stehendes Angebot zurückgegriffen werden.

(3) Zimmer, Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich und zweckentsprechend auszustatten.

(4) Unterhalten private Unternehmen Betriebe in der Einrichtung, so kann die technische und fachliche Leitung dieser Betriebe ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übertragen werden.

§ 100

Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Einzelbelegung

(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Einrichtung so fest, dass eine angemessene Unterbringung der Untergebrachten gewährleistet ist. § 99 Absatz 2 ist zu berücksichtigen.

(2) Zimmer dürfen nur mit einem Untergebrachten belegt werden.

§ 101

Leitung der Einrichtung

(1) Jede Einrichtung wird von einer Leiterin oder einem Leiter geleitet. Zu ihren oder seinen Aufgaben und Befugnissen als Führungskraft gehören insbesondere

  1. die Gesamtverantwortung für den Vollzug und dessen Gestaltung, auch im Hinblick auf die Eingliederung und sichere Unterbringung der Untergebrachten,
  2. die Vertretung der Einrichtung nach außen,
  3. die Haushalts- sowie Wirtschaftsführung für die gesamte Einrichtung,
  4. die Regelung von Zuständigkeiten in Form eines Geschäftsverteilungsplans,
  5. die Umsetzung der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung nebst dem dazugehörigen Berichtswesen,
  6. das Personalmanagement, insbesondere die bedarfs-, anforderungs- und eignungsgerechte Beschäftigung der Bediensteten und eine gezielte Personalentwicklung und
  7. das Qualitätsmanagement.

(2) Die Einrichtung teilt der Aufsichtsbehörde in regelmäßigen Abständen die im Rahmen ihrer Geschäftsverteilung vorgenommenen personellen Zuständigkeiten hinsichtlich der folgenden Aufgaben mit:

  1. Festsetzung der Nachtruhe nach § 11 Absatz 3 Satz 2,
  2. Entscheidungen nach § 13 oder über Verlegungen nach § 14 Absatz 1 und 2,
  3. Untersagungen oder Überwachungen von Besuchen, Schriftwechseln und Telefonaten nach §§ 28, 30, 31, 33 und 35,
  4. Anordnung der zwangsweisen körperlichen Untersuchung nach § 72 Absatz 7 Satz 2, der mit einer Entkleidung verbundenen körperlichen Durchsuchung nach § 79 Absatz 2, der besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 84 Absatz 1 Satz 1, der Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch nach § 81 sowie der Disziplinarmaßnahmen nach § 94 Absatz 1 Satz 1 und
  5. Erarbeitung und Erlass einer Hausordnung nach § 106.

Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung einzelner Aufgabenbereiche auf andere Bedienstete vorbehalten.

(3) Die Leiterin oder der Leiter der Einrichtung ist hauptamtlich tätig und steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Land.

(4) Ist die Einrichtung eine Teilanstalt oder Abteilung einer Justizvollzugsanstalt, so ist die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter Leiterin oder Leiter der Einrichtung im Sinne des Absatzes 1.

§ 102

Bedienstete

(1) Die Einrichtung wird mit dem für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Personal, insbesondere im medizinischen, psychologischen und sozialen Dienst, im allgemeinen Vollzugsdienst und im Werkdienst, ausgestattet, um eine Betreuung nach § 66c Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs zu gewährleisten. Die Aufgaben der Einrichtung werden von Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten der Einrichtung sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden. Soweit erforderlich, sind zusätzlich externe Fachkräfte einzubeziehen.

(2) Das Personal muss für den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung persönlich geeignet und fachlich qualifiziert sein. Fortbildungen sowie Praxisberatung und Praxisbegleitung für die Bediensteten werden regelmäßig durchgeführt. Die Bediensteten erhalten Gelegenheit zur Supervision.

§ 103

Seelsorgerinnen und Seelsorger

(1) Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde von der jeweiligen Religionsgemeinschaft hauptamtlich oder nebenamtlich berufen. Ist dies aus organisatorischen Gründen einer Religionsgemeinschaft nicht möglich oder rechtfertigt die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Satz 1 nicht, so ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen; Näheres hierzu regelt die Aufsichtsbehörde.

(2) Die Seelsorgerinnen und Seelsorger wirken in enger Zusammenarbeit mit den anderen im Vollzug Tätigen eigenverantwortlich an der Erreichung des Vollzugsziels mit.

(3) Mit Zustimmung der Einrichtung dürfen die Seelsorgerinnen und Seelsorger der Einrichtung sich freier Seelsorgehelferinnen und Seelsorgehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen hinzuziehen.

(4) Seelsorgerische Einzelgespräche und Telefonate mit nach Absatz 1 zugelassenen Seelsorgerinnen und Seelsorgern sind zu gestatten und werden weder beaufsichtigt noch überwacht; seelsorgerischer Schriftwechsel der Untergebrachten mit nach Absatz 1 zugelassenen Seelsorgerinnen und Seelsorgern wird ebenfalls nicht überwacht. Im Übrigen gelten § 29 Absatz 1, 2, 5 und 6 Satz 3 und 4 sowie Absatz 7, §§ 31, 34 Absatz 3, § 35 Absatz 2 Satz 2 und § 36 Absatz 4 entsprechend.

§ 104

Medizinische Versorgung

(1) Die ärztliche Versorgung ist sicherzustellen.

(2) Die Pflege der Kranken soll von Bediensteten ausgeführt werden, die eine Erlaubnis nach dem Krankenpflegegesetz vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442), das zuletzt durch Artikel 35 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2515) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung besitzen. Solange diese nicht zur Verfügung stehen, können auch Bedienstete eingesetzt werden, die eine sonstige Ausbildung in der Krankenpflege erfahren haben.

§ 105

Interessenvertretung der Untergebrachten

(1) Den Untergebrachten wird ermöglicht, Vertretungen zu wählen. Die Vertretungen können in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich ihrer Eigenart nach für eine Mitwirkung eignen, Vorschläge und Anregungen an die Einrichtung herantragen. Diese sollen mit der Vertretung erörtert werden.

(2) Wird die Maßregel in gesonderten Gebäuden oder Abteilungen auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt vollzogen, so gilt Absatz 1 auch für die Teilnahme an der dort bestehenden Interessenvertretung der Gefangenen, soweit Interessen und Belange der Untergebrachten berührt sind.

§ 106

Hausordnung

Die Einrichtung erlässt zur Gestaltung und Organisation des Vollzugsalltags eine Hausordnung auf der Grundlage dieses Gesetzes. Vor deren Erlass oder Änderung wird die Interessenvertretung der Untergebrachten beteiligt. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Genehmigung der Hausordnung vorbehalten. Die Hausordnung ist in die am häufigsten benötigten Fremdsprachen zu übersetzen.