Ehrenamtliches Engagement in Kreuzberg: „Einfach mal aus dem eigenen Kopf rauskommen.“

Alexander Christiansen

Die Möglichkeiten, sich in Friedrichshain-Kreuzberg ehrenamtlich zu engagieren, sind so vielfältig, wie der Bezirk selbst. Egal, ob man sich wöchentlich, monatlich oder unregelmäßig engagieren will, für jede*n ist etwas dabei. Die Willma-Freiwilligenagentur listet aktuelle Angebote und vernetzt Organisationen und Interessierte.

Jeden Abend ist in Kreuzberg beispielsweise ein Team aus Ehrenamtlichen in der Johanniter-Notübernachtung im Einsatz, um den Betrieb rund um Empfang und Essensausgabe für die Gäste zu unterstützen. Alexander Christiansen ist seit Anfang des Jahres 2024 dabei. Er studiert Politikwissenschaft im Master an der Freien Universität und wohnt seit einem Jahr in der Stadt. Vorher hatte er in Kopenhagen sein Bachelor-Studium in Wirtschaft und Politik beendet. Seit einigen Wochen wohnt er selbst in Kreuzberg. Von seiner Wohnung im Wrangelkiez kann er zu Fuß in die Ohlauer Straße laufen. Die Arbeit mit Obdachlosen war für den 24-Jährigen neu. Vorher war er ehrenamtlich im Sportverein aktiv. In seiner Heimatstadt Flensburg war Alexander Christiansen im Sportverein seiner jüngeren Brüder Fußballtrainer für Kinder.

Gruppenfoto

Auch beim Besuch des Regierenden Bürgermeisters und der Bezirksbürgermeisterin war Alexander dabei.

Flexibel einteilbares Engagement

Zur Notübernachtung ist er über einen Freund gekommen, der bereits vorher dort aktiv war. Der Student wurde neugierig und wollte sich die Einrichtung und die ehrenamtliche Tätigkeit dort mal anschauen, da er generell die Idee hatte, sich zu engagieren. Die Aufgaben, das Team und deren Organisation gefielen ihm sofort. „Man hilft den Leuten, die Hilfe benötigen.“
Das Schöne an der Einrichtung sei, dass das Engagement so flexibel und vereinzelt auch spontan zu realisieren sei.

Alexander Christiansen lebt im Kiez, somit fällt es ihm leicht, auch einmal kurzfristig einzuspringen. Man sei nicht verpflichtet, an festen Tagen zu kommen, sondern könne sich das Ehrenamt passend zu Arbeit oder Studium einteilen. Er versucht, im Zwei-Wochen-Rhythmus für jeweils eine Schicht vorbeizukommen. „Manchmal schaffe ich es auch, zweimal die Woche zu kommen. Manchmal klappt es gar nicht. Das ist dann aber auch kein Problem.“ Gerade im Winter in der Erkältungszeit komme es mal vor, dass auch mal jemand kurzfristig wegen Krankheit ausfalle. Dann werde spontan gefragt, ob jemand einspringen könne. „Das ist ein sehr schlanker und unbürokratischer Weg.“

Für die Ehrenamtlichen gibt es immer unterschiedliche Aufgaben. Eine Basisaufgabe ist die Zubereitung des Essens. Hier bereiten die Mitarbeiter*innen der Johanniter den Tag über alles Wichtige vor. Die Ehrenamtlichen übernehmen dann bei Schichtbeginn am frühen Abend alle noch offenen Aufgaben. Auch Betten und Bettwäschepakete müssen vorbereitet werden oder die Schlafsäle durchgewischt. Das Hauptaugenmerk liegt für die Ehrenamtlichen jedoch auf der Essensvorbereitung und -ausgabe, dennoch gibt es noch viele weitere Aufgaben, die sowohl vor, während als auch nach der Essensaufgabe erledigt werden müssen. Die Aufgaben und die Arbeit dort seien auch eine Möglichkeit, einfach mal aus dem eigenen Kopf herauszukommen.

"Mit ganz unterschiedlichen Menschen ins Gespräch kommen."

„Der Stress geht los, wenn wir um 20 Uhr öffnen und die Essensausgabe beginnt.“ Auch dann gibt es unterschiedliche Aufgaben für die Ehrenamtlichen: abwaschen, Essen ausgeben, Koordination, Empfang der Gäste oder Ausgabe von Bettwäsche. „Das sind sehr unterschiedliche Rollen. Je nachdem, was man für einen Tag hatte, möchte man manchmal lieber schweigend den Abwasch übernehmen und an anderen Tagen lieber die Essensausgabe, bei der man sehr viel redet.“ Alexander Christiansens Lieblingsaufgabe? „Auf jeden Fall die Essensausgabe, weil die Zeit dabei im positiven Sinne schnell vergeht und man viele Gespräche führt.“

Der Student hebt die gute Gemeinschaft in der Notübernachtung hervor, die aus den Ehrenamtlichen, Hauptamtlichen, dem Sicherheitspersonal, aber auch den Gästen besteht. „Besonders mag ich die Möglichkeit, mit ganz unterschiedlichen Leuten ins Gespräch zu kommen, sowohl am Empfang als auch beim Essen. „Immer wenn ich in der Schicht kurz Luft habe, versuche ich im Essenssaal mit den Gästen zu sprechen und zu fragen, wie es ihnen geht.“ Auch in der Hektik seiner Schicht sucht Alexander die Menschlichkeit. Die meisten der Gäste kenne er inzwischen schon. Es sei immer schön, bekannte Gesichter zu sehen, und es freue ihn, wenn er die Gäste mit Namen ansprechen könne.

Teil seiner Motivation für das Ehrenamt ist auch, andere Lebenswege kennenzulernen. „Das schafft eine angenehme Abwechslung zum Alltag!“ Im Studium und im Freundeskreis seien sich alle recht ähnlich, hätten ähnliche Hintergründe und ähnliche Lebenswege. In der Notübernachtung komme man in Austausch mit ganz anderen Menschen. „Da sticht das Ehrenamt sehr heraus!“

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Wer Lust hat, sich ebenfalls in der Notübernachtung zu engagieren, kann sich per Mail an ehrenamt.berlin@johanniter.de wenden.

Auch Léocadie Reimers, Kuestan Muhiddin und Faris Al-Mutar engagieren sich in der “Ohauer365”. Ihre Porträts finden Sie ebenfalls im Bezirksticker.