Stefan Hückler

Stefan Hückler vor der denkmalgeschützten Ruine derehemaligen Dorfschmiede in Alt-Karow
  • Geschichtsdozent und Historienwanderer
Seitliche Ansicht der Kirche in Alt-Karow

Mit Stefan Hückler auf Historien-Trip

„In Geschichte einzutauchen, fühlt sich an wie eine spannende Schatzsuche.“ So formuliert es „Historienwanderer“ Stefan Hückler, aus Berlin-Karow. Seit 2015 vermittelt er sein geschichtliches Wissen per Spaziergang an der Pankower Volkshochschule.

Mit seinem Dialekt outet sich der 1960 geborene Dozent unüberhörbar als Berliner Pflanze in dritter Generation. War er im „ersten Leben“ in der DDR noch Lehrmeister für Elektronik, Bauleiter und Planer, sammelte Hückler im zweiten Anlauf historisches Wissen in Eigeninitiative als Gasthörer an der Humboldt-Universität. Hinzu kamen ungezählte Tage in Archiven und Geschichtsforen. Dabei fand er Forschungsfelder gleich vor seiner Karower Haustür: „Unser Bezirk besitzt eine hohe Dichte an bronze- und eisenzeitlichen Siedlungen. Alle damaligen Dörfer zeigen noch Strukturen ihrer mittelalterlichen Gründung. Auch erschreckende Fakten treten dabei zutage: Im Bezirk lagen viele Zwangsarbeiterlager und in Buch wurden mehr als 1.000 Patienten ermordet.“

Einmal angesprochen auf historische lokale Details, sprudelt das Wissen aus ihm heraus. Ganze zwei bis drei Stunden am Stück gibt es neben Zahlen und Fakten auch Geschichten und historische Zusammenhänge, die eine Ruine oder ein längst vergangenes Dorfleben verständlich machen.

Stefan Hückler in der historischen Kleidung des Ortsvorstehers um 1860

Aber wie läuft eine solche Exkursion konkret ab? Mit 10 bis 15 Teilnehmenden läuft Stefan Hückler durchschnittlich in drei Stunden fünf Kilometer Strecke ab, denn das Erwandern bietet Vorteile. „Geschichte versteht man am besten, wenn man in sie eintaucht. An der frischen Luft wird das Hirn besser durchblutet und das steigert die Aufmerksamkeit. Dazu spielt neben dem historischen Ort die Kleidung eine wichtige Rolle.“ So ist es kein Zufall, dass man ihn auf Exkursionen schon mal in der Uniform eines Preußischen Pionieroberst oder eines lokalen Ortsvorstehers von 1860 antrifft. In seinem Fundus befinden sich etwa 50 akribisch gepflegte Ausrüstungen. Doch sind derlei Uniformen nun liebevoll gepflegter Edutainment-Spleen, didaktische Erinnerungsanker oder gar Verherrlichung von Militarismus, mag sich der eine oder die andere fragen. „Ich vermittle ein geschichtliches Ereignis. Eine der nachzustellenden Geschichtsepoche angemessene Kleidung ist Voraussetzung, um darin wie mit einem Taucheranzug eintauchen zu können. Um zu verstehen, wie ein französischer Soldat damals getickt hat, muss man sich in sein Leben einfühlen. Das war nicht nur der Kampf, sondern sein Alltag und seine Perspektiven. Dazu trage ich natürlich eine authentische Uniform.“

Und was können die Kursteilnehmenden aus der Geschichte lernen? „Wir dürfen offensichtliche Fehler der Vergangenheit nicht in der Gegenwart wiederholen. So besteht meine größte Sorge darin, dass die Mehrheit einer Partei auf den Leim geht und die Demokratie abwählt.“
Als Zeichen dafür, dass er mit seinen Angeboten ankommt, wertet Stefan Hückler lebhafte Zwischenfragen sowie eine Fülle vertiefender E-Mails.

Hätte er eine Zeitmaschine, würde er wohl die Bronzezeit oder die Epoche Leonardo da Vincis eingeben. Und er wäre gern 1806 beim Rückmarsch der Preußen von Jena und Auerstedt dabei, um noch offene Fragen zu klären.

Auf die Frage, wer seine Uniformen repariert und pflegt, antwortet er verschmitzt: „Ich hatte in der vierten Klasse Nadelarbeit.“

(Der redaktioneller Beitrag wurde erstellt in Zusammenarbeit mit Harald Dudel, akakom Berlin)