Drucksache - DS/0581/VI  

 
 
Betreff: Sanierung des Vorderhauses Graefestr. 13 - Wie weiter nach drei Jahren Stillstand?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPDSPD
Verfasser:Iyidirli, Ahmet 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
25.01.2023 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) beantwortet   

Beschlussvorschlag

ALLRIS net Ratsinformation

 Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Welche Unterstützungsleistungen hat das Bezirksamt den Mieter:innen seit dem Brand am 29.01.2020 bisher angeboten?

 

  1. Welche dieser Angebote wurden von den Mieter:innen angenommen?

 

  1. Wurde den Mieter:innen, wie im konkreten Fall Oranienstr. 169, Unterstützung und Mieterberatung angeboten?

a)             Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

b)             Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Wie hat der Bauherr die Baufortschritte bei der Sanierung der Mietwohnungen im 2. OG links und im 3. OG links gegenüber dem Bezirksamt nachgewiesen?

 

  1. Wie und wie oft hat das Bezirksamt die „glaubhaft nachgewiesenen“ Baufortschritte bei der Sanierung der Mietwohnungen im 2. OG links und im 3. OG links kontrolliert?

 

  1. Wann wurden die Unterlagen vom Stadtplanungsamt bzw. der Gruppe Erhaltungssatzungsgebiete zur Akteneinsicht der SPD-Fraktion dem Rechtsamt übergeben? (Bitte genaues Datum)

 

  1. Waren die Akten zu diesem Zeitpunkt komplett?

a)             Wenn nicht, warum nicht?

b)             Wurden die fehlenden Unterlagen nachgereicht?

  1. Wenn ja, bitte nennen Sie das genaue Datum.
  2. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Eignet sich der Leerstand und die nicht erfolgte Instandsetzung der Wohnungen in der Graefestraße 13 für das vom Senat initiierte Treuhandmodell?

a)             Wenn ja, was unternimmt das Bezirksamt?

b)             Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Welche Nachweise müsste das Bezirksamt erbringen, um die Kriterien des Treuhandmodells zu erfüllen?

 

  1. Haben Vermieter bzw. Vertreter:innen  einen Sanierungsplan für das Haus präsentiert?

a)             Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

 

  1. Wann und wie oft hatte das Bezirksamt Kontakt mit dem Vermieter bzw. Bauherrn, um die Situation im Haus zu besprechen und einen beschleunigten Baufortschritt zu erreichen?

a)             Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

 

  1. Welche erneuten Bemühungen hat das Bezirksamt seit Beantragung der Akteneinsichtnahme unternommen, um die Situation für die Mieter:innen des Hauses zu verbessern, wie z.B. durch eine ressortübergreifende Abstimmung zwischen Stadtplanungs- und Wohnungsamt?

 

 

 

Beantwortung und Wortprotokoll

 

DS/0581/... Große Anfrage zu  TOP ….

 

Leitung: Herr Heck, B‘90/Die Grünen

 

Fragestellung: Herr Iyidirli, SPD

 

Beantwortung: Herr Nöll, Linke

 

Einleitung

 

Herr Iyidirli: Sehr geehrter Vorsteher, verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in vier Tagen, am 29. Januar jährt sich der Brand im Vorderhaus der Graefestraße 13 zum dritten Mal.

Seit drei Jahren konnten die betroffenen Mieterinnen und Mieter nicht zurück in ihre Wohnungen. In den letzten acht Monaten haben wir über die Probleme in der Graefestraße mehrmals in der BVV gesprochen. Es gab auch dazu mehrere Berichte in der Presse.

Es gibt aber immer noch keinen klaren Sanierungsplan, keine klare politischen Signale, wonach den Mieterinnen und Mieter ihr Leben planen können.  Es kann nicht sein, dass den Mieterinnen und Mietern nur gesagt wird ‚haltet durch‘ oder ‚gebt eure Mietverträge nicht auf‘.

Es ist kein Wille des Vermieters erkennbar, die Wohnungen zügig zu sanieren und den Bestandsmieterinnen und -mietern zur Verfügung zu stellen. Man hat eher den Eindruck, dass der Vermieter lieber das Vorderhaus entmieten möchte.

Ich denke, wir als Verordnete können nicht einfach zusehen, dass irgendwelche Eigentümer / Vermieter so willkürlich mit den Mietern in unserem Bezirk umgehen. Wir erwarten natürlich, dass das Bezirksamt mit allen Mitteln gegen solche Vermieter vorgeht und auch mit allen Mitteln, die Mieterinnen und Mieter unterstützt.

Mit dieser Anfrage möchten wir einerseits genauer wissen, welche Hilfeleistungen das Bezirksamt den Mieterinnen und Mietern bisher angeboten hat und deren Ergebnisse natürlich. Andererseits aber möchten wir gerne wissen, was das Bezirksamt konkret zwischenzeitlich unternommen hat.

Ich würde außerdem darum bitten, dass die Fragen auch vorgelesen werden, damit es verständlicher wird. Herzlichen Dank.

 

Herr Heck: Vielen Dank Her Iyidirli. Es antwortet Ihnen der Bezirksstadtrat Herr Oliver Nöll. Herr Nöll bitte.

 

Herr Nöll:

Sehr geehrter Herr Bezirksverordneter Iyidirli,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte.

 

Vorbemerkung:

Die Beantwortung der Fragen erfolgt unter Zulieferung der Abteilung Bauen, Planen, Kooperative Stadtentwicklung von Bezirksstadtrat Herrn Schmidt

 

  1. Welche Unterstützungsleistungen hat das Bezirksamt den Mieter:innen seit dem Brand am 29.01.2020 bisher angeboten?

 

Die Zuarbeit aus dem Bereich von Bezirksstadtrat Herrn Schmidt:

Das Objekt Graefestraße 13 befindet sich im Geltungsbereich der sozialen Erhaltungsverordnung „Graefestraße“, in dem die Zusammensetzung der angestammten Bevölkerungsstruktur als besonders schützenswert einzuschätzen ist. Das Ziel der Verordnung ist folglich die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Gebiet. Bauliche Änderungen, Rückbauten und Nutzungsänderungen unterliegen einem Genehmigungsvorbehalt. Sie dürfen grundsätzlich nicht zu einer Veränderung der Bevölkerungsstruktur führen, auf Grund derer mit negativen städtebaulichen Folgewirkungen zu rechnen wäre. Das Erhaltungsrecht ist allerdings ein öffentliches Baurechtsinstrument. Privatrechtliche Angelegenheiten werden hier nicht geprüft. Die Erhaltungsverordnung dient als städtebauliches Instrument nicht unmittelbar dem Schutz einzelner konkreter Bewohner:innen, sondern dem allgemeineren und längerfristigen Ziel, die Struktur der Wohnbevölkerung zu erhalten.

 

Im sozialen Erhaltungsgebiet besteht für die Mieter jedoch die Möglichkeit, eine kostenlose Mieterberatung der asum GmbH wahr zu nehmen. Vgl. dies bzgl. die Beantwortung zu Frage 3a. Darüber hinaus erfolgte von Seiten des Stadtentwicklungsamtes im Rahmen der hoheitlichen Pflichtaufgaben keine weiteren Unterstützungsleistungen für die Mieter:innen.

Die bauordnungsrechtlichen, wohnungsaufsichtlichen, zweckentfremdungsrechtlichen und baurechtlichen Möglichkeiten wurden jedoch ab dem ersten Schreiben einer Mietpartei an die Bezirksbürgermeisterin vom 21. Juni 2020 immer wieder in Rücksprachen und internem Schriftverkehr, auch mit der Zweckentfremdung, diskutiert und geprüft.

 

Mit Schreiben vom 03.07.2020 teilte das Büro von Stadtrat Schmidt den Mieter:innen mit, dass die Zweckentfremdung Kontakt zu den Eigentümern aufnehmen werde, dass man aktuell keine Möglichkeit für eine Intervention auf Basis des Erhaltungsrechts sehe und die Bau- und Wohnungsaufsicht noch im Detail prüfe, aber eine gesetzliche Grundlage für ein bezirkliches Einschreiten wahrscheinlich auch hier nicht gegeben sei.

 

Stattdessen empfahl das Büro von Stadtrat Schmidt den Mieter:innen bereits in derselben Mail vom 03.07.2020 unbedingt die Einleitung der notwendigen Schritte, um ihre zivilrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und gab dazu die Empfehlung sich an die vom Bezirk beauftragte asum GmbH zu wenden, falls die Bewohner:innen nicht bereits sowieso mit fachanwaltlicher Beratung diesen Weg beschritten hätten.

Offenbar wurde diese Möglichkeit zu diesem Zeitpunkt und auch später nicht genutzt, da die Mieter:innen bereits anwaltlich vertreten waren (Vgl. auch Antwort 3.a).

 

Am 20.08.2020 gab es einen Vorort-Termin eines Mitarbeiters des Büros von Stadtrat Schmidt, bei dem nochmals die mögliche Hilfeleistung durch die asum angesprochen wurde.

 

Nach dem Vor-Ort Termin im August 2020 gab es interne Austausche mit Amtsleitung, Fachbereichsleitung und Gruppenleitungen zu den Möglichkeiten einer ordnungsrechtlichen Intervention, die jedoch zu dem Ergebnis kamen, dass es keine rechtliche Grundlage für einen Eingriff gab. Auch die Zweckentfremdung sah nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, etwas zu tun und empfahl ebenfalls ein zivilrechtliches Vorgehen durch die Mieter:innen.

 

Über die folgenden Jahre gab es immer wieder Kontakte zu der Mieterschaft, die immer wieder zu einer erneuten Besprechung von bezirklichen Interventionsmöglichkeiten geführt haben. Jedoch immer mit dem Ergebnis, dass die Mieter:innen in allererster Linie zivilrechtlich vorgehen müssen und ansonsten wenig Grundlagen für ein ordnungsrechtliches Einschreiten bestehen. Die gesamte Zeit über hätte die Hilfeleistung der asum in Anspruch genommen werden können.

 

Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet:

 

  1. Welche dieser Angebote wurden von den Mieter:innen angenommen?
  2. Wurde den Mieter:innen, wie im konkreten Fall Oranienstr. 169, Unterstützung und Mieterberatung angeboten?

a)      Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

b)     Wenn nein, warum nicht?

 

Die Beantwortung der Fragen erfolgt unter Zulieferung durch asum:

 

Die bezirkliche Mieterberatung asum hat im September 2022 zu dem meisten Mietparteien Kontakt aufgenommen - extern untergebracht, als auch im Haus wohnend. So konnte mit den meisten Mietparteien die aktuelle Problematik besprochen werden. In diesem Zusammenhang hat die asum Ihr Beratungsangebot den Mietparteien erneut mitgeteilt. Die meisten Mietparteien werden jedoch bereits anwaltlich vertreten, so dass das Angebot bisher nicht angenommen wurde.

 

b)     Wenn nein, warum nicht?

 

Hier verweise ich auf die Beantwortung der Frage 3 a)

 

  1. Wie hat der Bauherr die Baufortschritte bei der Sanierung der Mietwohnungen im 2. OG links und im 3. OG links gegenüber dem Bezirksamt nachgewiesen?

 

Zuarbeit aus dem Fachbereich Bau- und Wohnungsaufsicht:

 

Der Bauherr reicht regelmäßig Bautenstandsberichte beim Wohnungsamt als auch bei der bezirklichen Bau- und Wohnungsaufsicht ein. Diese beschreiben die im Objekt erforderlichen, aktuell stattfindenden bzw. stattgefundenen Instandsetzungsmaßnahmen. Auch werden die Gründe für die Verzögerungen bei der Instandsetzung erläutert. Nach Einschätzung der bezirklichen Bau- und Wohnungsaufsicht sind diese Berichte in der Art plausibel und nachvollziehbar, so dass ein behördliches Vorgehen, z.B. nach dem Wohnungsaufsichtsgesetz (vgl. Beantwortung der Frage 8 b), nicht gerechtfertigt wäre.

 

Zuarbeit aus dem Bereich Wohnungsamt/Zweckentfremdung:

 

Da für die Wohnungen im 2. OG links und um 3. OG links Mietverträge bestehen, sind diese rechtlich und tatsächlich nicht frei, sodass kein Leerstand nach dem Zweckentfremdungsverbot-Gesetz besteht. Es gibt für diese Wohnungen im Wohnungsamt daher keine laufenden Verfahren.

 

  1. Wie und wie oft hat das Bezirksamt die „glaubhaft nachgewiesenen“ Baufortschritte bei der Sanierung der Mietwohnungen im 2. OG links und im 3. OG links kontrolliert?

 

Zuarbeit aus dem Fachbereich Bau- und Wohnungsaufsicht:

 

Die Kontrolle erfolgt durch die Kollegen:innen der Bau- und Wohnungsaufsicht durch Inaugenscheinnahme ca. alle 6 Monate, letztmalig am 12.01.2023. Der Baufortschritt gemäß den eingereichten Bautenstandsberichten war jeweils erkennbar.

 

 

Vorbemerkung: Die Fragen 6 und 7 werden wegen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

 

  1. Wann wurden die Unterlagen vom Stadtplanungsamt bzw. der Gruppe Erhaltungssatzungsgebiete zur Akteneinsicht der SPD-Fraktion dem Rechtsamt übergeben? (Bitte genaues Datum)
  2. Waren die Akten zu diesem Zeitpunkt komplett?

a)      Wenn nicht, warum nicht?

b)     Wurden die fehlenden Unterlagen nachgereicht?

i. Wenn ja, bitte nennen Sie das genaue Datum.

ii. Wenn nein, warum nicht?

 

Die Beantwortung erfolgt unter Zuarbeit vom Rechtsamt:

 

Die Unterlagen wurden zum Teil als Akten, zum Teil digital und zu unterschiedlichen Zeitpunkten übermittelt:

 

Die Unterlagen der Gruppe Erhaltungsgebiete, die aus 40 Seiten Mailverkehr bestanden, wurden vom Büro der Stadtrats Schmidt am 09.09.2022 (14:30) digital in Form von 2 Dateien (mit Stand 09.09.2022) ans Rechtsamt übermittelt.

 

Die Unterlagen der Bauaufsicht etc. wurden in Papierform zu einem derzeit nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt durch eine Mitarbeiterin des Stadtplanungsamtes im Spätsommer 2022/Frühherbst dem Rechtsamtsleiter übergeben, der dann auch einen Termin zur Akteneinsicht vereinbart hat.

 

Am 19.09.2022 wurde die Akte der Bau- und Wohnungsaufsicht erneut in digitaler Form vom Büro des Stadtrats ans Rechtsamt übermittelt.

 

Per E-Mail wurden dem Rechtsamtsleiter am 19.09.2022 ebenfalls erneut die insgesamt 40 Seiten Mailverkehr zwischen den Beauftragten des Eigentümers und der Gruppe Erhaltungsgebiete in Form von 2 PDF-Dateien übermittelt. Diese Datei wurde zu einem späteren Zeitpunkt durch den Rechtsamtsleiter versehentlich gelöscht, da davon ausgegangen war, dass diese Unterlagen auch in den übergebenen Papierakten beigefügt waren. Dieser Mailverkehr wurde nun rekonstruiert.

 

Im Rahmen der dann durchgeführten Akteneinsicht lagen somit diese durch das Büro des Stadtrats Schmidt per Mail am 09.09.2022 und nochmals am 19.09.2022 übermittelten Unterlagen aufgrund der geschilderten Umstände nicht vor. Insoweit war die Akteinsicht – objektiv – unvollständig. Dieses Thema wurde auch zwischen dem Rechtsamtsleiter und den akteinsichtsnehmenden Personen erörtert.

Ferner wurden – ebenfalls per Mail – am 22. November 2022, insgesamt 12 Vorgänge aus der Gruppe Erhaltungsgebiete an den Rechtsamtleiter übermittelt, der diese dann hat ausdrucken lassen und zur Akteinsicht, die durchgeführt wurde, bereitgestellt. Diese Akteneinsicht war – zu diesem Zeitpunkt – somit hinsichtlich der inhaltlichen Bearbeitung der konkreten erhaltungsrechtlichen Anträge vollständig, hinsichtlich der beschriebenen insgesamt 40 Seiten zum Beratungs- und Kommunikationsvorgängen aus den geschilderten Gründen versehentlich unvollständig.

 

Die Rekonstruktion des versehentlich gelöschten Mailverlaufs konnte – bedingt durch Urlaub, krankheits- und feiertagsbedingter Abwesenheit und der Doppelbelastung des Rechtsamtsleiters als Wahlleiter mit der Notwendigkeit u.a. auch innerhalb kürzester Zeit eine umfangreiche Stellungnahme zum Bundesverfassungsgericht einzureichen, erst am 22.01.2023 erfolgen. Die erwähnten 40 Seiten, bei denen es sich um Mailverkehr zwischen der Gruppe Erhaltungsgebiete und den Beauftragten der Eigentümerin des Objekts Graefestraße 13 handelt, wurden am 23.01.2023 durch den Rechtsamtsleiter Mitgliedern der SPD-Fraktion per E-Mail als PDF-Datei übermittelt. Diese 40 Seiten der Kommunikation gingen den erhaltungsrechtlichen Anträgen, in die bereits Einsicht genommen wurde, voraus. Im Übrigen waren die Akten zum Zeitpunkt der Einsicht vollständig.

 

Da es sich um Laufende Verwaltungsvorgänge handelt, gibt es selbstverständlich immer wieder neuere Teile in den Akten.

 

  1. Eignet sich der Leerstand und die nicht erfolgte Instandsetzung der Wohnungen in der Graefestraße 13 für das vom Senat initiierte Treuhandmodell

a)      Wenn ja, was unternimmt das Bezirksamt?

b)     Wenn nein, warum nicht?

 

Zuarbeit aus dem Fachbereich Bau- und Wohnungsaufsicht:

 

Nein, da die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des § 9b Abs. 1 WoAufG nicht vorliegen. Es liegt keine vollziehbare Anordnung nach dem Wohnungsaufsichtsgesetz vor. Eine solche Anordnung kann nicht erlassen werden, da der Eigentümer seiner Pflicht zur Mängelbeseitigung nachkommt (Verweis auf die Beantwortung der Frage 4).

 

Zuarbeit aus dem Wohnungsamt/Zweckentfremdung:

 

Nein.

Wie auch die Senatsverwaltung in ihrem Rundschreiben vom 13.12.2022 betont hat, ist vor der Umsetzung von Ersatzvornahmen und dem Einsatz von Treuhändern zu prüfen, ob andere mildere Zwangsmaßnahmen, insbesondere das Zwangsgeld, erfolglos angewendet wurden.

 

Im Fall der Graefestraße 13 wurden für drei Wohnungen Genehmigungen des Leerstands erteilt. Dies betrifft die Wohnungen im Vorderhaus 3. OG rechts, 4. OG rechts und 4. OG links. Da die übrigen Wohnungen im Haus vermietet sind, sind diese nicht rechtlich und tatsächlich leer, sodass kein Leerstand nach dem Zweckentfremdungsverbot-Gesetz vorliegt.

 

Aktuell werden auf Grund der vorliegenden Genehmigungen keine Zwangsmaßnahmen vollzogen. Seitens des Eigentümers werden Sanierungsfortschritte nachgewiesen. Da die Einsetzung eines Treuhänders/ einer Treuhänderin nur nach erfolglos angewendeten Zwangsmaßnahmen in Betracht kommt, ist dieser Weg aktuell auf Grundlage des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes nicht eröffnet.

 

  1. Welche Nachweise müsste das Bezirksamt erbringen, um die Kriterien des Treuhandmodells zu erfüllen?

 

Zuarbeit aus dem Fachbereich Bau- und Wohnungsaufsicht:

 

Die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des § 9b Abs. 1 WoAufG müssen vorliegen. Wie in der Beantwortung der Frage 8. b) geschildert, liegen diese jedoch nicht vor.

 

Zuarbeit Wohnungsamt/Zweckentfremdung:

 

Grundvoraussetzung für die Einsetzung eines Treuhänders / einer Treuhänderin sind erfolglos angewendete mildere Zwangsmaßnahmen, insbesondere das Zwangsgeld. Das Wohnungsamt müsste demnach mindestens eine Zwangsgeldfestsetzung pro Wohnung beschieden haben, ohne dass der Eigentümer die geforderten Maßnahmen durchführt bzw. nachweislich plant diese durchzuführen.

 

Im weiteren Vorgehen müsste das Wohnungsamt ein externes Gutachten erstellen lassen, welches den Umfang und die Kosten der Sanierungsmaßnahmen angibt.

 

Die Prüfung der Geeignetheit, Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit der Treuhändereinsetzung findet in Zusammenarbeit zwischen Bezirksamt und der Senatsverwaltung für Wohnen statt.

 

Welche Nachweise das Bezirksamt, insbesondere zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Basiskorrektur, darüber hinaus zu erbringen hat, ist bisher nicht bekannt. Entsprechende Pilotprojekt in den Bezirken Mitte und Tempelhof-Schöneberg sollen hier Klarheit schaffen.

 

  1. Haben Vermieter bzw. Vertreter:innen einen Sanierungsplan für das

 Haus präsentiert?

a)      Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

 

Zuarbeit Stadtplanung:

 

Mit Einreichung der erhaltungsrechtlichen Anträge im Stadtentwicklungsamt, Fachbereich Stadtplanung wurden auch Sanierungspläne für die einzelnen Wohnungen eingereicht. Diese lagen bei der Akteneinsicht vor und konnten eingesehen werden.

 

Da die erhaltungsrechtlichen Unterlagen zu den gestellten Anträgen nicht vollständig waren, wurden weitere Unterlagen wie Kostenaufstellungen, Wohnungsbögen und Erläuterungen nachgefordert, um die eingereichten Anträge abschließend bearbeiten zu können. Diese liegen noch nicht vor und das Planungsbüro hat um Fristverlängerung zur Einreichung gebeten, da eine detaillierte Kostenaufstellung erst nach Vorlage von Angeboten möglich ist, was derzeit noch nicht bei allen Gewerken der Fall ist. Instandsetzungsmaßnahmen, wie unter Frage 11. beschrieben, können bereits durchgeführt werden.

 

Wohnungsamt/Zweckentfremdung:

 

Ja, sowohl das Sanierungskonzept als auch der Bauablaufplan wurden dem Wohnungsamt übersandt. Die Sanierungsarbeiten sollen bis Mitte 2024 andauern. Die übersandten Bautenstandsberichte ergaben, dass die Sanierungsarbeiten nach dem vorliegenden Bauablaufplan derzeit in Verzug sind, sodass ein aktualisierter Bauablaufplan angefordert wurde.

 

  1. Wann und wie oft hatte das Bezirksamt Kontakt mit dem Vermieter

 bzw. Bauherrn, um die Situation im Haus zu besprechen und einen

 beschleunigten Baufortschritt zu erreichen?

a)      Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

 

Zuarbeit Stadtplanung:

 

Im Rahmen der durchgeführten Vor-Ort Besichtigungen durch die Kollegen:innen der Bau- und Wohnungsaufsicht (vgl. Frage 5) wurde gegenüber den Bauherrenvertretern auch die zügige Instandsetzung angesprochen.

Die Gruppe Erhaltungsgebiete steht in regelmäßigem Kontakt mit dem durch die Eigentümer beauftragten Planungsbüro zu den erhaltungsrechtlich beantragten Maßnahmen. Erhaltungsrechtlich genehmigt wurden bereits die beantragte Sanierung der beiden Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss sowie die Sanierung der Fassade. Weiterhin wurde dem Planungsbüro mitgeteilt, dass Instandsetzungsmaßnahmen keiner erhaltungsrechtlichen Genehmigung bedürfen. Das betrifft zum Beispiel im gesamten Vorderhaus die Strangsanierung Wasser/Abwasser, den Austausch der Audio-Gegensprechanlage, eine Zählerzentralisation Elektro im Keller sowie die vertikale Installation der Heizungsstränge.

 

Darüber hinaus bestand von Seiten des Stadtentwicklungsamtes kein Kontakt mit dem Vermieter bzw. Bauherren.

 

Wohnungsamt/Zweckentfremdung:

 

Das Wohnungsamt steht in regelmäßigem Kontakt mit den vom Eigentümer beauftragten Personen. Es werden regelmäßig Bautenstandsberichte (inklusive Fotomaterial), z. B. 13.06., 08.08. und zuletzt am 31.12.2022, übersandt. Persönliche Treffen fanden nicht statt.

 

  1. Welche erneuten Bemühungen hat das Bezirksamt seit Beantragung

 der Akteneinsichtnahme unternommen, um die Situation für die

 Mieter:innen des Hauses zu verbessern, wie z.B. durch eine

 ressortübergreifende Abstimmung zwischen Stadtplanungs- und

 Wohnungsamt?

 

Zuarbeit Stadtplanung:

 

Die regelmäßige Zusendung von Bautenstandsberichten wurde eingefordert sowie werden weiterhin Vor-Ort Besichtigungen zur Überprüfung des Baufortschritts durch die Kollegen:innen der Bau- und Wohnungsaufsicht im Stadtentwicklungsamt durchgeführt. Auf Sachbearbeitungsebene findet zudem bei Bedarf ein Austausch zwischen Wohnungsamt und Bau- und Wohnungsaufsicht statt.

 

Angesichts unterschiedlicher Rechtsgrundlagen als auch Zielsetzungen sind die inhaltlichen Berührungspunkte zwischen Wohnungsamt (und hier konkret der Zweckentfremdung) und der Bau- und Wohnungsaufsicht als auch mit der Gruppe Erhaltungsgebiete stark begrenzt bzw. nicht gegeben. Bei Bedarf werden selbstverständlich Unterlagen gegenseitig zur Verfügung gestellt. (Anmerkung: Es wird angenommen, dass mit Stadtplanungsamt das Stadtentwicklungsamt gemeint ist.)

 

Zuarbeit Wohnungsamt/Zweckentfremdung:

 

Das Wohnungsamt überprüft engmaschig die Fortschritte des Bauablaufplans zu den Wohnungen im Vorderhaus 3. OG rechts, 4. OG rechts und 4. OG links, indem Bautenstandsberichte seitens des Eigentümers zu übersenden sind. Die Überprüfung der Sanierungsfortschritte in den noch vermieteten Wohnungen fällt nicht in die Zuständigkeit des Wohnungsamtes, sodass hier keine Schritte unternommen werden können.

 

 

Herr Heck: Vielen Dank Herr Nöll. Eine Wortmeldung von Herrn Iyidirli.

 

Herr Iyidirli Liebe Kolleginnen und Kollegen, erst einmal herzlichen Dank für diese ausführliche Antwort.  Allgemein sind wir …, also man kann sagen später sind wir alle klüger, vielleicht schätzt man in der Anfangsphase nicht so, dass die Probleme in bestimmte Richtung entwickeln können, aber seit fast einem Jahr haben wir eine ausführliche Diskussion, Auseinandersetzung um dieses Haus.

Ich denke, also ohne irgendjemanden zu beschuldigen usw., also aus diesem Film müssen wir einiges lernen. Also mit erste Anfrage kam ein Prozess, ich hätte erwartet, dass das Bezirksamt, dass die Stadträte danach ein bisschen genauer geguckt hätten, also das wäre mein Wunsch gewesen.

Also was ich während dieser Debatte dort erlebt habe, erstens: Diese Angelegenheit mit Akteneinsicht, das ist eine Kontrollmöglichkeit für Bezirksverordnete. Herr Schmidt, diese Angelegenheit habe ich im Ausschuss angesprochen, hier Anfragen gestellt, über Presse habe ich operiert, Sie, auch wenn ich das …, das war vorletzte Sitzung glaube ich, Ihre Haltung interpretiere ich immer noch, nämlich, Sie haben in diese Debatte …

 

Zwischenruf Herr Schmidt

 

Herr Iyidirli: … es tut mir leid

 

Herr Heck: Herr Schmidt, bitte …

 

Herr Iyidirli: … dort haben Sie gesagt ja, die Akten stehen usw. standen zur Verfügung. Ich habe versucht zu erklären, Sie wollten das nicht wahrhaben und bei der Antwort sehen wir alle, dass wir die Unterlagen nicht sehen konnten. Außerdem, dort wurde auch das Datum von Antragstellung für erhaltungsrechtliche Genehmigungen soweit …, also das ist lange her, ich habe nicht, natürlich nicht alles notiert, aber diese Anträge sind entweder vom September oder vom Oktober 22.

Aber interessant war bei der ganzen Angelegenheit, ich dachte, dass wir als SPD-Fraktion die Einzigen wären, dort Akteneinsicht vorgenommen hätten. Ich habe heute zufällig in der Internetseite der Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg viele Antworten gelesen, die ich in den Akten nicht gesehen hatte, bestimmte Anträge, wann die gestellt wurden, wann die genehmigt worden sind, stehen heute in Internetseite von Friedrichshain, Grünen von Friedrichshain-Kreuzberg. Das ist …

Ich finde wenigsten, das ist nicht okay. Das war mit den Bezirksverordneten so umgeht.

Zu diese Mieterberatungsangelegenheit, also Mieterberatung, mit den Mietern zusammen kommen, Mieterversammlung durchführen, die unterstützen usw., dieses Instrument wurde dort überhaupt nicht eingesetzt, obwohl man … hätte man machen können.

Das wurde aber in der Oranienstraße 169 gemacht. Diesen Unterschied, dass man die Probleme in der Graefestraße 13 nicht so ernst genommen hat, dass man die Wünsche oder Versuche der Bezirksverordneten auch mit Akteneinsicht usw. nicht ernst genommen hat, finde ich problematisch, dass das keine … keine gute Zusammenarbeit.

Letzte Bemerkung: Es gibt auch ein Gutachten in den Wohnungen im linken Strang im 2. und 3. Obergeschoss, nur Rußschaden vorhanden sind. Es gibt so ein Gutachten. Deswegen hätte man dort anders reagieren können. Man konnte noch offensiver agieren können. Herzlichen Dank.

 

Herr Heck: Einen Moment Herr Schmidt. Herr Nöll hatte sich noch vor Ihnen gemeldet. Herr Nöll bitte. Danach dann Herr Schmidt.

 

Herr Nöll: Also ich verstehe Ihre Verärgerung absolut und es geht mir an der Stelle wirklich genauso, aber ich möchte hier zwei Dinge betonen und das mag vielleicht in dem Verlauf der bisherigen Sitzung ein wenig verwundern: Dass die Stadträte dazu nicht in Kontakt stehen, ist absolut falsch. Also wir sind in vielfacher Hinsicht per Mail und per Telefon dazu, Kontakt zuletzt am heutigen Morgen - das in aller Deutlichkeit.

Und ich will noch mal klarmachen, ohne dass ich beurteilen kann, wie diese Ausschusssitzung, auf die Sie sich bezogen haben, gelaufen ist - da war ich nicht anwesend.

Aber ich glaube, dass sowohl  Herr Schmidt wie ich ein großes Interesse haben, dagegen vorzugehen, weil hier geht es …, da geht es tatsächlich nicht um Parteibücher, sondern da geht es um jemanden … ja, gegen die wir leider keine rechtliche Handhabe finden und wie immer sich die neue Regierung nach der Wahl in Berlin bildet, wäre es eine echte Herausforderung, diese etwas unklare Rechtslage und die geringen Möglichkeiten, die wir an der Stelle haben, vielleicht durch die eine oder andere Gesetzesänderung zu verbessern.

 

Herr Heck: Vielen Dank Herr Nöll. Herr Schmidt bitte.

 

Herr Schmidt: Also ich bin wirklich erschüttert, wie hier das Wort ‚Ignoranz‘ in den Mund genommen wird und möchte da eine Spiegel vorhalten: Es wurde jetzt hier wirklich ausführlich zum mehrfachen Mal erklärt, dass, was diese Aktengeschichte betrifft, das Büro des Stadtrats Schmidt detailliert alles abgeliefert hat und das ist eben im Rechtsamt aufgrund der zusätzlichen Belastungen, Mehrfachbelastungen dort Schwierigkeiten gab.

Dennoch haben Sie per Twitter und sonst wo und behaupten es immer wieder, das Ganze mir zugeschoben. Das Rechtsamt ist da überlastet gewesen und konnte es eben mal nicht anders machen und es wird von Ihnen politisch instrumentalisiert und da nennen Sie mich hier ignorant. Da halte ich Ihnen einen Spiegel vor.

So, jetzt kommen wir noch mal zu Inhalten: …

 

Zwischenruf Herr Forck.

 

Herr Schmidt: Ja, ich werde emotional, wenn man mich beleidigt. Nein, mir gehen keine Argumente aus, ich muss einfach mal loslassen.

 

Herr Heck: Ich bitte, die Zwiegespräche einzustellen.

 

Herr Schmidt: Also kommen wir zurück zu den Inhalten. Ich meine, wir haben ja letztens eine Diskussion gehabt am Südstern, da hat ja Ihre Partei klar erzählt, dass das Instrument, was den Menschen wirklich hilft, nämlich die Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen, dass sie das nicht vertritt, dass es eine Utopie ist, die nicht möglich ist etc. Sie waren ja dabei, aber was Sie hier tun, dass Sie immer darauf rumreiten, als würde hier das Bezirksamt irgendwie irgendwas nicht richtig machen und wir haben es Ihnen jetzt so oft erklärt und immer wieder und immer wieder und wir haben hier einen sog. Maulkorb bekommen von dem Gericht, dass wir das nicht kritisieren dürfen usw. usw.

Und ich muss Ihnen einfach mal sagen, ich verstehe es langsam nicht mehr. Es ist wie so ein Ohrwurm, der irgendwie bei mir langsam im Kopf ist. Ich würde Sie wirklich bitten, lesen Sie einfach noch mal die Unterlagen und vielleicht, vielleicht geht es dann irgendwie. Danke.

 

Herr Heck: Vielen Dank Herr Schmidt. Jetzt als nächstes ist Herr Vollmert dran und dann ist Frau Gottwald.

 

Herr Vollmert: Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Abend, an dem das Bezirksamt aus seiner Rolle fiel.

Aber noch mal zu der Sache und zu der Akteneinsichtnahme und den Verzögerungen und Unvollständigkeiten: Es ist jetzt heute Abend noch mal sehr deutlich geworden, dass dort Verbesserungsbedarf besteht.

Wir haben am Montag nach Antragsfrist und nach Einreichung unserer großen Anfrage weiteres Material zugesendet bekommen. Das war in der Kürze der Zeit, war sehr umfangreich, nicht möglich, das noch mal zu sichten und auch mit diesem Hintergrund, die Fragen auch anders hören zu können.

Deswegen werden wir einen Dringlichkeitsantrag einbringen, wo das Bezirksamt aufgefordert wird, innerhalb von (Zwischenrufe) … Bitte?

Wir werden jetzt, heute einen Dringlichkeitsantrag einbringen, ja, der gewährleisten soll, dass die (Zwischenrufe) … Bitte?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist spät, es ist Viertel nach elf, aber wir haben der Fortsetzung der Sitzung zugestimmt und von daher dürfte ich doch noch ein bisschen um Konzentration bitten.

Dass dieser heute einzubringende Dringlichkeitsantrag das Bezirksamt auffordert, innerhalb von vier Wochen eine Akteneinsicht zu ermöglichen und vor allem darauf zu achten, dass keine Organisationseinheit dieser Aufgabe zugewiesen wird, die absehbar überfordert ist und damit wir gerade unseren Mitarbeiter durch die Reihen gehen, damit Ihnen das auch alle schriftlich vorliegt.

Zu den Fragen selbst: Ja, wir akzeptieren, dass viele Rechtskreise hier betroffen sind. Wir akzeptieren, dass viele unterschiedliche Fachämter sich mit der Graefestraße 13 beschäftigt haben. Aber was wir doch jetzt heute Abend mitnehmen aus den Beantwortungen ist doch die Tatsache, dass die Bewohner*innen der Graefestraße 13 von Recht und Gesetz verlassen sind. Wir haben keinerlei Möglichkeiten. Wir haben alles richtig gemacht und wir haben keinerlei Durchgriffsmöglichkeiten. Und das nach drei Jahren.

Ich frage mich, wenn Herr Nöll sagt, wir werden zukünftig an den Stellschrauben drehen, damit es uns besser möglich ist, ja, hätte man auch ein bisschen früher machen können.

Ich frage mich aber vor allem, wenn dort vor Ort Besichtigungen gewesen sind und ein Baufortschritt nachvollziehbar dokumentiert sein soll oder Inaugenscheinnahme genommen werden konnte und gleichzeitig die ausgebrannte Wohnung und die verrauchte Wohnung oben drüber die Fensterscheiben eingeschlagen sind, nicht ersetzt werden, nach Auskunft der Mieterinnen und Mietern dort Wochen und Monate lang nichts passiert, ich kann nicht verstehen, wie sowohl das Amt zu dieser Auffassung kommt, dass alles Mögliche von Seiten des Investors, des Besitzers getan wird, um die Wohnungen zu sanieren. Das kriege ich nicht zusammen. Das tut mir leid Herr Schmidt.

Sie müssen es nicht nur mir, sondern vor allem den Mieterinnen und Mietern der Graefestraße …

 

Zwischenruf Herr Schmidt

 

Herr Heck: Herr Schmidt.

 

Herr Vollmert: Herr Schmidt. Dann frage ich mich, warum wir uns weiterhin um die Graefestraße 13 bemühen. Uns haben die Mieter*innen nicht gesagt stellt ein, wir haben alles kapiert, wir geben auf, es ist gut. Es ist nicht geschehen Herr Schmidt - tut mir leid.

 

Herr Heck: Vielen Dank Herr Vollmert. Frau Gottwald bitte.

 

Frau Gottwald: Also: Am Sonntag feiern die Mieter der Graefe 13 ihr dreijähriges Dasein ohne Wohnung - das steht schon mal fest.

Was sich mit dem Haus abspielt, ist ein unfassbarer Vorgang. Ein Brandschaden in einer Wohnung führt zur Stilllegung eines ganzes Vorderhauses, da der angeblich innerhalb von drei Jahren nicht behoben werden kann. Das ist natürlich völliger Quatsch.

Was immer die Eigentümerin im Haus macht oder eben nicht, was immer auf Papieren ersponnen wird, die Wirklichkeit ist hart, aber banal, es wird vorgetäuscht, verschleppt, der klassische Fall von Entmietung.

Die Mieter haben jetzt noch mal alte Dokumente und Gutachten zusammengetragen und dokumentiert, was Herr Nöll eben schon erwähnt hat. Das kam gestern Abend erst spät, ich habe versucht, mir das anzusehen.

Es gibt mehrere Gutachten von Versicherungen, vor allen Dingen Hausratversicherungen, und Spezialfirmen, die für Reinigung bei Brandschäden usw. zuständig sind, auch im Auftrag der Eigentümerin, die zum Ergebnis kommen unmittelbar nach dem Brand, dass der Brandschaden wesentlich durch fachliche und gründliche Reinigungsarbeiten behoben werden könne. Die Zeit dauert drei bis neun Monate für das ganze Vorderhaus. Kein Scherz.

In einem Gutachten steht, dass man sich das so vorstellen muss wie einen gründlichen Frühjahrsputz.

Es gibt Vorkommen von Asbest, ja, aber in Klebemitteln, die kurzfristig beseitigt werden können. Es gibt Schadensersatz für Mieter, die auch darauf hindeuten, dass es sich um nur geringfügige Schäden handelt, sehr übersichtliche Beträge haben die Mieter erhalten.

Man kann das alles Stundenweise studieren, viel, viel Material, ist auch mit Fotos belegt und kommt zum Schluss, die Schäden durch den Brand hätten recht einfach behoben werden können, zumindest in einer sehr überschaubaren Zeit.

Auf keinen Fall kommen die Gutachten zu dem Schluss, dass man sich auf eine jahrelange Sanierung, Instandsetzung oder wie immer man das nennen will, einstellen muss.

Ich glaube, meine persönliche Meinung ist, passiert ist hier offensichtlich was ganz anders - das kann ich nicht belegen, sondern nur kombinieren aus dem Material und was ich sonst an Informationen habe: Ich denke, der Brand bot Anlass, sich mal grundsätzlich dem Haus zu widmen, dass man über einen langen Zeitraum keinerlei Beachtung fand. Sollte man nicht mal grundsätzlich überlegen, wie man das Haus in Wert setzt, es von Grund auf saniert, wozu dann die Mieter raus müssen.

Im November 2021 erhalten die Mieter ein Schreiben der Anwaltskanzlei des Eigentümers, FPS, ich zitiere: „Die Eigentümerin des Grundstücks Graefestraße 13, die Mende Grundbesitzverwaltung Graefestraße GbR, hat uns gebeten, Sie wie folgt anzuschreiben und zu informieren: Die Kombination der brandbedingten Zerstörung des hohen Baualters des Gebäudes und des überholten Modernisierungsstandes der 1979/80er Jahre bedingt eine umfassende Kernsanierung des gesamten Gebäudes, um letztendlich alle Einheiten wieder nutzbar zu machen. Eine bloß wohnungsbezogene Ertüchtigung ist ausgeschlossen.“

So, das hat nun erst mal gar nichts mit dem Gutachten zu tun, die unmittelbar nach dem Brand gemacht wurden, sondern die liegen mehr als ein Jahr später, liegt diese Einschätzung jetzt vor.

Es folgt eine unglaublich lange Liste von Maßnahmen, die gemacht werden müssen, das wurde eben schon angesprochen, Strangsanierung, Abfluss, Heizung, alles wird neu gemacht.

Vom Wiederaufbau des Vorderhauses ist die Rede, was zwölf bis sechszehn Monate beanspruchen werde. Zitat: „Während dieser Zeit wird das Gebäude überwiegend nicht bewohnbar sein.“ Zitatende.

So, dann folgt die Aussetzung …, die Auflistung. Was dann folgte, beschreiben die Mieter eindrücklich, daher kommt auch bei vielen der Unmut und die Aufregung. Zusammengefasst würde ich sagen, erstens wurde alles Mögliche nach dem Brand herausgerissen, Böden, Wände etc. Sie reden, also die Mieter reden von Zerstörung der Wohnungen.

Zweitens wurde weitgehend nichts weitergemacht. Es wurden kaum Tätigkeiten im Haus gesehen, gesichtet. Mal sind Handwerker da, mal nicht, meistens nicht. Das geht über Jahre. Es wurde sogar ein Gerüst abgebaut im Hinterhof an der Hinterwand, obwohl gar nichts gemacht wurde.

Es stimmt, es wurde immer wieder ein Bauablaufplan eingereicht, ob man das Bautagebuch mal eingesehen hat, weiß ich nicht, da müssten eigentlich sehr große Lücken drin sein, weil die Mieter denken sich das ja nicht aus, dass nichts passiert und es gibt ja auch keine Ergebnisse.

Ich denke, mit diesem Kasperkram muss Schluss sein. Man muss die Mieter vor der Willkür des Eigentümers schützen und ihm daher die Oberhoheit über das Geschehen entziehen.

Damit in dem Wohnhaus wieder gewohnt werden kann, es seinem Zweck wieder zugeführt wird, muss es einen staatlichen Eingriff geben. Daher fordern wir die Anwendung des Treuhändermodells und begrüßen, dass der Senat dazu finanzielle Mittel bereitstellt. Eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft könnte dann das Haus wieder zügig bewohnbar machen.

Ein solcher Schritt könnte auch dienlich sein zur Abschreckung von Eigentümern, die meist aus der Branche kommen - oft hoch professionell und geplant die Verdrängung von Mietern betreiben. Die Eigentümer der Graefe kommen aus der Branche. Sie besitzen etliche Firmen der Vermögens- und Liegenschaftsverwaltung und Immobilienentwicklung in München. Ich könnte jetzt die ganzen Firmen vorlesen, aber ich glaube, da hat jetzt keiner mehr Lust zu.

So, ich habe das wohl vernommen, was Herr Nöll gesagt hat, dass nach der bisherigen Prüfung die Anwendung eines Treuhändermodells nicht möglich wäre. Ich glaube aber, wenn man sich die neuen Akten ansieht, dass man dann zu anderen Erkenntnissen kommt und ich hoffe, dass wir in diesem Fall noch mal eine Wende kriegen. Danke.

 

Herr Heck: Vielen Dank Frau Gottwald. Frau Haberer bitte.

 

Frau Haberer: Ja, sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrtes Bezirksamt, sehr geehrte Verordnete, liebe Gäste, auch uns beschäftigt der Leerstand in der Graefestraße 13 nun seit geraumer Zeit und wir haben hier in der BVV hier schon ausführlichst über diesen Missstand gesprochen.

Der traurige Fakt ist: Die Mieter*innen konnten noch immer nicht in ihre Wohnungen zurückziehen und die Eigentümergesellschaft, deren Name nicht genannt werden darf, hat anscheinend genug Zeit und Ressourcen gegen das Bezirksamt und gegen die Redefreiheit der BVV vorzugehen. Das Unternehmen hat aber keine Ressourcen und keine Zeit, das Haus so instand zu setzen, dass die Mieter*innen zurückziehen könnten.

Das ist eine bittere Pille und was wir davon halten, das steht geschwärzt in einem Protokoll.

Leider hat sich an der rechtlichen Lage nichts geändert. Wie wir gehört haben, ist die Sanierung bzw. Regulierung des Brandschadens in der Hand des Eigentümers. Die Ordnungsmaßnahmen sind vom Gesetz nur vorgesehen, wenn sich der Eigentümern weigert, Schäden zu beheben, untätig bleibt oder Arbeiten ungenügend durchführt. Das ist in der Graefestraße 13 nicht der Fall, da Arbeiten nachweislich geplant werden und leider nur im sehr geringen Umfang auch umgesetzt werden.

Das Bezirksamt hat dazu aktuell keine rechtliche Handhabe, um gegen die Eigentümerin vorzugehen.

Wir Grüne haben uns hier um eine Darstellung des Falls bemüht und im FAQ veröffentlicht und übrigens dafür die Antworten von der schriftlichen Anfrage von Frau Gottwald ausgewertet. Die können Sie auch einsehen Herr Iyidirli.

Wir freuen uns trotz der Einschätzung des Bezirksamts dennoch gemeinsam mit der Linken und der SPD, diesen Antrag miteinzubringen, das stumpfe Schwert des Treuhänders endlich zu schärfen.

Wir diskutieren fast jedes Mal über Leerstand in unserem Bezirk und wir müssen Wohnungsamt und Wohnungsaufsicht endlich so ausstatten, dass wir auch effizient dagegen vorgehen können. Auf Landesebene fordern wir das bereits seit 2016 und die zuständige Senatsverwaltung hätte auch hier schon früher tätig werden können.

Deswegen ist eine Prüfung der Graefestraße 13 hier richtig und wichtig und wir hoffen doch, dass dieses Instrument für den Fall nutzbar gemacht werden kann, denn eins ist klar: Wir müssen alles in Gang setzen und den betroffenen Mieter*innen einen Rückzug in ihre Wohnungen zu ermöglichen und den Hauseigentümer*innen klarmachen, dass sie so mit ihren Mieter*innen nicht umgehen können.

Herr Iyidirli, ein Kommentar zur großen Anfrage, weil Sie jetzt auch noch mal angedeutet haben, dass das Bezirksamt sich nicht im gleichen Maße für die Graefestraße 13 wie für die Oranienstraße 169 eingesetzt hätte: Die beiden Fälle sind nicht vergleichbar und haben nichts miteinander zu tun. Es gibt keine Verkaufsabsichten des Eigentümers der Graefestraße 13. Falles es anders ist, wird sich das Bezirksamt sicher freuen, auch hierfür eine Überführung des Hauses in gemeinwohlorientierte Hände sich einzusetzen, denn das ist die wohnungspolitische Agenda unseres Bezirks. 50% des Wohnbestandes in gemeinwohlorientierte Hand zu überführen durch Bestandserhaltung durch präventiven Erwerb und auch durch die Vergesellschaftung renditeorientierter Unternehmen. Dankeschön.

 

Herr Heck: Vielen Dank Frau Haberer. Herr Alter bitte.

 

Herr Alter: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrtes Bezirksamt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache es ganz kurz zu so später Stunde: Das Thema beschäftigt uns schon eine ganze Weile. Ich muss zugeben, kam für mich jetzt ein bisschen unerwartet, dass ausgerechnet auch aus der Links-Partei mal der Vorschlag kommen würde, eine Treuhand einzusetzen, aber wir schauen uns das Modell, das ja auch vom Senat kommt, mit großem Interesse an. Bitte?

Wir würden diesen Antrag aber tatsächlich ganz gerne überweisen, und zwar einmal Stadtentwicklung und Wohnen auch auch PHI. Das Gutachten, dass ja ergeben soll, das löst sicher ein paar Kosten aus und zudem, so habe ich es jetzt verstanden, betreten wir damit schon ein bisschen juristisch unklares Fahrwasser.

Der zuständige SPD-Staatssekretär zu dem Thema hat jetzt glaube ich im Dezember dazu auch gesagt, er würde Prozesskosten auf Senatsebene auch stützen. Das ist ja erst mal gut. Wie weit das jetzt noch nach der Wahl geht, das wissen wir jetzt gar nicht so genau, also ich zumindest nicht und ja, die Erfahrung unter dem grünen Stadtrat hier im Bezirk, aber auch unter Rot-Rot-Grün im Land, wenn es um Prozesse im Bereich Bauen und Wohnen geht, lassen für mich persönlich jetzt nicht unbedingt was Gutes erahnen, deswegen würden wir jetzt erst mal ein bisschen vorsichtiger Vorgehen entsprechend das Thema überweisen PAI und Stadtentwicklung Wohnen. Danke.

 

Herr Heck: Vielen Dank Herr Alter. Ich habe den Überweisungsantrag notiert und würde den gleich, wenn ich die Drucksache aufrufe, dann entsprechend zur Abstimmung stellen.

Weitere Wortmeldungen … Doch, Herr Forck - den habe ich schon notiert, aber ich sehe keinen weiteren.

 

Herr Forck: Es ist spät und man könnte sich wünschen, es würden sich nicht mehr alle melden. Nun verstoße ich gegen mein eigenes Gebot.

Aber ich wollte dazu nun doch noch mal was sagen. Ich glaube, dass wir hier mit dem Treuhandmodell tatsächlich einen guten Weg mitbeschreiten, dass eben auch die Senatsebene und das Land Berlin hier diese Pilotprojekte bereits mit unterstützt und ich glaube, wenn sich die Möglichkeit hier doch noch ergeben sollte, dann sollten wir das hier auch schnellstmöglich anwenden, denn, wie gesagt, kommendes Wochenende feiern die Bewohner*innen dort dreijähriges Jubiläum dieses Unzustandes und sie brauchen darauf Antworten und die sollten wir ihnen daher heute auch liefern und nicht noch lange darauf warten und dem Bezirksamt eben hier auch den klaren Auftrag mitgeben, sollte es dort die Möglichkeit haben, eben darauf zurückzugreifen, denn ich glaube, denn all das, was wir hier gesehen haben, ist tatsächlich ein Missbrauch von Eigentum und eine Zweckentfremdung von Wohnraum hier in Berlin und dem muss entgegengewirkt werden und dementsprechend hoffe ich auch intensiv, dass dieses Treuhandmodell dort eben dann auch seine Anwendung finden kann und ja, ob man nun in dem Moment wieder polemisierend sein muss und dabei der Linken vorhält, dass sie nun einen Treuhändler mit einsetzen, gut, das kann man machen, aber das ist halt … na ja, die Mentalität derjenigen, die vielleicht die Wiedervereinigung für sich gewonnen sehen. Dankeschön.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 

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