Drucksache - DS/0262/VI  

 
 
Betreff: EA027 - Bärwaldbad
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Einwohner*inEinwohner*in
   
Drucksache-Art:Einwohner*innenanfrageEinwohner*innenanfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
31.08.2022 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Was unternimmt der Bezirk in Gesprächen oder Verhandlungen mit der Senatsverwaltung um sicher zu stellen, dass notwendige finanzielle Mittel zur Sanierung des Bärwaldbades in den nächsten Haushalt des Landes Berlin aufgenommen werden und hierbei Gemeinwohlinteressen verfolgt werden?
     
  2. Was unternimmt der Bezirk, damit bis zu einer Entscheidung über die weitere Nutzung des denkmalgeschützten Bärwaldbades die Bausubstanz (insbesondere das Dach) erhalten wird?
     
  3. Gibt es im Bezirk Konzepte, die eine Zwischennutzung des Bärwaldbades vorsehen, z.B. für die Räume im Gebäude, die sich in verhältnismäßig gutem Zustand befinden oder wäre es möglich, Räume zu vermieten und die Sanierung vom Mieter vornehmen zu lassen? Wenn ja, wie würde dies konkret ausgestaltet werden?
     
  4. Sollte das Bad in Händen des Bezirks bleiben, welche konkrete Nutzung plant der Bezirk für das Bärwaldbad für die umliegenden Schulen, die Sportvereine, die bezirkseigene Verwaltung und sind dem Bezirk die konkreten Raumbedarfe (Förderräume, Fachräume, Mensen, Räume für ergänzende Betreuung, Geschäftsräume, Schulungsräume, usw.) der umliegenden Schulen, Vereine und sonstige gemeinnütziger Initiativen bekannt?
     
  5. Welche Anstrengungen hat der Bezirk unternommen, um eine Öffentlichkeit für den Erhalt und die Entwicklung des Bärwaldbades zu erreichen?

 

 

Ergänzender Hinweis:

Diese Fragen stelle ich nicht nur als Privatperson, sondern auch als GEV-Vorstand der Bürgermeister-Herz-Grundschule, Wilmsstraße 10. Die Schule grenzt direkt an das Bärwaldbad an und hat, ebenso wie sicherlich weitere Schulen und Vereine Interesse an der Erhaltung und öffentlichen Nutzung des Bärwaldbades. In Bezug auf die Schule spielen hier Aufrechterhaltung des Schulschwimmens, Förderung im Rahmen der inklusiven Schule sowie das kostenlose Mittagessen für Grundschulkinder eine herausragende Rolle.

 

 

Beantwortung:  Herr Hehmke

 

Noch mal Entschuldigung, sehen Sie es mir nach, ich dachte, Sie begleiten Frau Wieland, die als Fragestellerin hier auf meiner Unterlage steht, aber Sie übernehmen das in Vertretung. Ich habe Ihnen vorhin eine falsche Auskunft gegeben und gesagt, fragen Sie erst mal, ob Sie als Zuschauer reinkommen. Jetzt sind Sie der Fragesteller.

Selbstversndlich werde ich die Frage trotzdem umfangreich beantworten. Die Frage lag uns ja bereits vor den Sommerferien vor, da war die Fragestellerin verhindert und ich glaube, Sie haben auch ein Anrecht darauf, dass ich das ein bisschen umfangreicher beantworte, als es der Fragentext hergibt, damit man das einordnen kann.

 

zu Frage 1: Zur Beleuchtung des Hintergrundes: Im Jahr 2011 wurde mit dem ehemaligen Betreiber des Bades, dem TSB e.V. ein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen. Das Erbbaurecht wurde am 16.04.2013 ins Grundbuch eingetragen. Seitdem hat der TSB e.V. das Bad in eigener Verantwortung betrieben.

Bereits 2015 wurde das Baerwaldbad aufgrund von Hygienemängeln vorübergehend geschlossen. Nach Erfüllung der Auflagen durch den Erbbaurechtsnehmer wurde die Nutzungsuntersagung zurückgenommen.

Aufgrund von erneuten gravierenden Mängeln wurde das Bad dann 2017 durch das Gesundheitsamt gesperrt, zudem hat die Bauaufsicht eine Nutzungsuntersagung für die gesamte Liegenschaft ausgesprochen.

Die Insolvenz des betreibenden Vereins war einer der Gründe für den Bezirk, den Heimfall auszulösen. Zum 19.12.2018 erfolgte der Nutzen-Lasten-Wechsel, seitdem ist das Bezirksamt wieder Eigentümer.

Die Eintragung des Landes Berlins als Eigentümer beim Grundbuchamt ist dann letztendlich am 29.05.2019 erfolgt. Die Immobilie befindet sich aktuell im Finanzvermögen des Bezirks.

Der Bezirke zahlte den mit dem Insolvenzverwalter seinerzeit vereinbarten Betrag als Entschädigung an den Verein. Die BVV hat 2018 beschlossen, und zwar einstimmig, am Standort die Sport- und Schwimmnutzung wieder zu ermöglichen. Dazu soll das Bezirksamt sich gegenüber dem Senat dafür einsetzen, dass die Immobilie an die Berliner Bäderbetriebe übertragen und von diesen saniert und wieder als öffentliches Schwimmbad betrieben wird.

In den darauffolgenden Jahren gab es zahlreiche Gespräche und Abstimmungen mit der Senatsverwaltung für Finanzen, der Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport, den Berliner Bäderbetrieben und der Berlin Immobilienmanagement GmbH, kurz BIM, um gemeinsam über die Zukunft des Baerwaldbades zu beraten.

Von der Landesebene wurde der Bezirk seinerzeit aufgefordert, den insolventen Verein, der das Bad nicht verlassen wollte, auf dem gerichtlichen Weg zum Verlassen der Immobilie zu zwingen, das Baerwaldbad inklusive aller Nebenräume mit Ausnahme des denkmalgeschützten Inventars vollständig zu beräumen und ein Bausubstanzgutachten bzw. eine Machbarkeitsstudie insbesondere zur Kostenermittlung für eine Sanierung zu beauftragen.

Alle Forderungen der Landesebene hat der Bezirk erfüllt und dabei im erheblichen Umfang finanzielle Mittel eingesetzt.

Nicht berücksichtigt wurde die Forderung des Bezirks, den Standort in die Bäderplanung der Berliner Bäderbetriebe aufzunehmen und eine Perspektive für die Rückführung des Bades an die Berliner Bäderbetriebe zu eröffnen, die das Baerwaldbad bis vor ca. 20 Jahren betrieben hatten.

Das Angebot des Landes Berlin besteht derzeit darin, dass die BIM im Auftrag des Bezirks und finanziert durch den Bezirk ein Interessenbekundungsverfahren durchführt, um konzeptionell und finanziell tragfähige Modelle für eine zukünftige Nutzung zu sammeln und um mögliche leistungsfähige Nachnutzer für die Immobilie zu finden, die den Standort sanieren und langfristig betreiben können, z.B. im Rahmen eines neuen Erbbaurechtsvertrages.

Selbst für diese Beauftragung hat der Bezirk keine finanzielle Lösung gefunden, jedenfalls bisher nicht. Zwischen der Bürgermeisterin, der SenFin und mir ist jedoch vereinbart, dass es in der nächsten Zeit erneut einen Austausch geben soll, um Bewegung in den Prozess zu bringen.

 

zu Frage 2: Der Bezirk hat das Gebäude zunächst gesichert, beräumt und von den Medien getrennt, um weitergehende Schäden zu verhindern. Darüber hinaus wurden bereits bestehende, gravierende Schäden im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten behoben.

Eine Sanierung der maroden Gebäudeteile und des Daches ist aufgrund fehlender Mittel nicht glich. Der Bezirk erfüllt seine Verkehrssicherungspflicht zur Gefahrenabwehr als Eigentümer aus Mitteln der baulichen Unterhaltung.

 

zu Frage 3: Das ist interessant und die Frage liegt ja nahe, aber es ist leider nicht möglich. Eine Zwischennutzung des Gebäudes ist nicht möglich, da die Immobilie aufgrund ihres baulichen Zustandes aus Sicherheitsgründen durch die Bauaufsicht komplett gesperrt wurde. Es gibt keinen Strom, kein Wasser und keine Wärmeversorgung im Gebäude. Der Heizkessel, das war eine Ölheizung, wurde demontiert. Schwarzschimmel hat sich großflächig ausgebreitet, mehrere Wasserschäden durch eindringendes Regenwasser sind entstanden.

 

zu Frage 4: Um das Baerwaldbad überhaupt wieder irgendeiner Nutzung zuzuführen, muss die Immobilie umfassend saniert werden. Grundlegendes Ziel ist es, so hat es die BVV beschlossen, das Baerwaldbad wieder für die Bevölkerung zu öffnen und dass dieses in Verantwortung der Berliner Bäderbetriebe geführt wird.

Der Bezirk kann das Gebäude nicht sanieren und betreiben. Selbst viele dringliche, vom Bezirk für die Investitionsplanung beim Senat angemeldete Sanierungsmaßnahmen, z.B. an Schulen oder die dringend erforderliche Sanierung des Rathauses Kreuzberg, sind verschoben. Es drohen Teilschließungen von Schulen und Bürodienstgebäuden in den nächsten Jahren. Ich sage es droht, es muss nicht sein, aber wir haben eine sehr schwierige Situation und der Investitionsbedarf des Bezirks wird finanziell nicht erfüllt.

Vor diesem Hintergrund würde ein Versuch einer Anmeldung des Baerwaldbades für die Investitionsplanung durch den Bezirk ein erfolgloses Unterfangen bleiben. Voraussetzung für alle künftigen Vorhaben ist zunächst die abschließende Klärung mit der Landesebene, ob das Land Berlin die Immobilie übernimmt.

Eine Sanierung und ein Betrieb des Baerwaldbades durch den Bezirk ist aufgrund fehlender Investitionsmittel auch mittel- und langfristig ausgeschlossen.

Das Bausubstanzgutachten hat einen Sanierungsbedarf von ca. 41 Mio. EUR ergeben. Durch die Entwicklung des Baukostenindex dürften die Kosten mittlerweile bei deutlich über 50 Mio. EUR liegen.

 

zu Frage 5: Das Bezirksamt hat in den Sitzungen des Sportausschusses, bei öffentlichen Veranstaltungen im Abgeordnetenhaus und in der Presse immer wieder über den Sachstand berichtet.

Darüber hinaus arbeiten wir eng mit dem Bezirk und dem Sportbund zusammen, der die Information an die Mitgliedsvereine weitergibt. Eine Sitzung des Sportausschusses hat damals vor der Sperrung durch die Bauaufsicht direkt im Baerwaldbad stattgefunden.

Ich wollte noch ein paar Ausführungen machen zu den sozialräumlichen Bedarfen: Also wir haben definitiv einen Bedarf, der nachgewiesen ist. Die Bürgermeister-Herz-Grundschule verfügt über keine hinreichende Mensenausstattung. Das heißt, eigentlich hat sie gar keine richtige Mensa und die Mittagsessensituation ist dort mehr als prekär. Jetzt liegt der Gedanke nahe, dass im Nachbargebäude, was leer steht, Räume hergerichtet werden, um hier eine ordentliche Mensenversorgung herzustellen.

Natürlich gibt es in allen Sozialräumen weitere Bedarfe. Es gibt Bedarfe an Sporträumen, die Nebenräumlichkeiten des Baerwaldbades waren ja seinerzeit auch von Sportvereinen genutzt und zwar sehr umfangreich. Es gibt Bedarfe im Bereich Kunst und Kultur, im Bereich Soziales, viele freie Träger, die ihre Mietkosten nicht mehr oder nur noch unter großen Mühen bezahlen können. Also Bedarfe ließen sich genug formulieren. Voraussetzung ist aber, dass dieses Gebäude saniert wird und einem Nachnutzungszweck zugeführt wird.

Und ich habe Ihnen versucht darzulegen, warum das sich im Moment ausgesprochen schwierig darstellt. Es stellte sich schon in der letzten Wahlperiode in den Jahren schwierig da, wo das Land Berlin noch dicke Haushaltsüberschüsse machte und sozusagen sehr viele Investitionsmittel bereitstellte. Jetzt haben wir eine Situation, dass zwar die Investitionsmittel nicht gekürzt wurden, aber angesichts des galoppierenden Baukostenindex, die Baukosten sind im Vergleich zum letzten Jahr allein um über 19% gestiegen. Wenn Sie das mal hochrechnen über zwei, drei Jahre, wenn das weitergeht mit dem verfügbaren Geld, kann viel weniger gemacht werden.

Und natürlich steht jede Maßnahme, die wir anmelden, in Konkurrenz zu allen anderen Maßnahmen, auch aus allen anderen Bezirken.

So. Das ist die Ausgangssituation, Ausgang offen. Das Bezirksamt wird weiterhin mit der Landesebene Gespräche führen und wir müssen zu einem gegebenen Zeitpunkt auch mit Ihnen, liebe Mitglieder der BVV, uns auseinandersetzen, wie wir weitermachen und ob diese Zielstellung so, wie sie 2018 formuliert wurde, ggf. modifiziert werden kann oder nicht. Vielen Dank.

 

 

 

 
 

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