Nachhaltiger Modewechsel mit Community-Charakter

Kleiderständer im Werkraum der Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda mit Menschen unscharf im Hintergrund

Kleidertauschparty in der Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda

Kleidertauschparty Flyer an Tür vom Werkraum in der Pablo Neruda Bibliothek

Eingang zum Werkraum - Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda

Kleidertauschpartys sind längst mehr als ein Trend. In Berlin gehören sie fest zur nachhaltigen Stadtkultur. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg organisiert die Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda regelmäßig solche Veranstaltungen, bei denen Modebegeisterte zusammenkommen, um Kleidung zu tauschen, Neues zu entdecken und sich zu vernetzen.

Die jüngste Ausgabe, die zehnte ihrer Art, zeigt, wie etabliert und beliebt diese Events inzwischen sind. Das bewährte Konzept zieht ein treues Stammpublikum an und findet zwei bis viermal im Jahr statt. Besonders auffällig ist der hohe Frauenanteil. Beim der Tauschparty Ende April bin ich als einziger Mann bei der Ankunft zunächst allein unter vielen Frauen. Viele Gäste sind pünktlich um zehn Uhr da, aber auch Nachzügler*innen werden regelrecht umlagert, sobald sie neue Kleidungsstücke mitbringen. Die Nachfrage nach frischen Teilen ist groß.

Austragungsort der Kleidertauschpartys ist der Werkraum der Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda. Die zentrale Lage und die einladende Atmosphäre machen diesen Ort zu einem idealen Treffpunkt für nachhaltige Modefans im Bezirk.

Kleiderständer im Werkraum der Bezirkszentralbibliothek Pablo Neruda mit vielen Menschen im Hintergrund

Große Auswahl bei der Kleidertauschparty

Neben dem klassischen Tauschen sorgen regelmäßig wechselnde Specials für Abwechslung. Es gibt spezielle Tauschartys für Kinderkleidung, manchmal wird die Party auch durch ein Nähcafé oder eine Siebdruckwerkstatt ergänzt. Dieses Mal gibt es einen Upcycling-Schwerpunkt. Ein besonderes Highlight ist der Reparatur-Workshop, bei dem zwanzig Teilnehmende ihr Lieblingsstück neu gestalten konnten. Das Prinzip ist einfach: Jede Person bringt maximal zehn Kleidungsstücke mit und kann ebenso viele mitnehmen. Die Kleidung muss frisch gewaschen und in gutem Zustand sein. Unterwäsche und Socken sind ausgeschlossen. Was am Ende übrig bleibt, wird im Foyer ausgelegt. Meist verschwindet alles schnell, denn die Nachfrage ist groß.

Für die aktuelle Ausgabe gab es 120 Anmeldungen, dazu gesellten sich einige spontane Gäste. Die lokale Szene ist gut vernetzt. Diesmal ist „Fashion Revolution Germany“ als Gast vor Ort, um über nachhaltige Mode und globale Lieferketten zu informieren und einen Workshop zu gestalten. Ziel des gemeinsamen Workshops ist es, über das reine Tauschen hinauszugehen und einen praktischen Zugang zu nachhaltiger Mode zu schaffen. Die Teilnehmenden können erleben, wie einfach es ist, Kleidungsstücke selbst zu reparieren oder kreativ umzugestalten. Die zentrale Botschaft: Jede*r kann Teil der Veränderung sein – mit Nadel, Faden und ein wenig Mut.
Die Resonanz auf den Workshop ist durchweg positiv. Viele Teilnehmende sind überrascht, wie niedrig die Schwelle ist, selbst aktiv zu werden. Ein echtes Highlight: Eine Teilnehmerin näht spontan aus einem Body ein neues Oberteil – obwohl sie gar nicht für den Kurs angemeldet war.

Eingang Pablo Neruda Bibliothek

Nach der Kleidertauschparty ist vor der Kleidertauschparty

Für die Organisator*innen sind Reparatur und Upcycling zentrale Säulen einer nachhaltigen Modezukunft. Sie verlängern die Lebensdauer von Kleidung, fördern handwerkliches Können und stärken die persönliche Beziehung zu den eigenen Sachen. Gerade in Berlin, wo Fast Fashion allgegenwärtig ist, bleibt es eine Herausforderung, nachhaltige Alternativen sichtbarer und zugänglicher zu machen. Oft fehlt es an struktureller Unterstützung oder geeigneten Räumen – umso wichtiger sind Initiativen wie diese, die zeigen, wie viel mit Engagement und Kreativität möglich ist.
Allen, die sich für nachhaltige Mode interessieren, raten die Organisator*innen: Einfach anfangen! Ob beim bewussteren Kleiderkauf, beim Stöbern im eigenen Schrank oder beim Besuch einer Kleidertauschparty – jeder kleine Schritt zählt. Wer einmal erlebt hat, wie viel Spaß es macht, Kleidung zu tauschen, zu reparieren oder neu zu gestalten, will meist gar nicht mehr zurück zum schnellen Konsum.

Der nächste Termin ist bereits in Planung. Wer informiert bleiben möchte, kann hierzu den Newsletter der Stadtbibliothek abonnieren.
(Beitrag: Alexander Rost)