Mitgeplant – mitgebaut – mitgepflegt?!

Die Benjeshecke wurde mit Resten aus dem Baumbeschnitt befüllt.

Die Benjeshecke wurde mit Resten aus dem Baumbeschnitt befüllt.

In der Paul-Hertz-Siedlung entstand eine Musterfläche für einen naturnahen Nachbarschaftstreff

Wie bei fast allen Projekten hängt deren Gelingen von den Menschen vor Ort ab. Dort, wo besonders motivierte Personen Dinge vorantreiben und auch länger „bei der Stange bleiben“, werden Erfolge sichtbar und dauerhaft. Ein gutes Beispiel lässt sich nun in der Paul-Hertz-Siedlung besichtigen. Am Schnittpunkt einer zentralen Wegekreuzung in der Nähe der Schwambzeile gestalteten engagierte Anwohnende am 5. April aus einer verwilderten Fläche einen neuen Nachbarschaftstreff. Etwa 30 Personen von 12 bis 82 Jahren, unter ihnen auch die Gebietsbetreuerin der Gewobag, griffen dafür zu Spaten, Pflanzhacke und Gießkanne. Drei Stunden später präsentierten sie mit großem Stolz ihren neuen grünen Treffpunkt für Bewegung und Muße.

Modell von Anwohnenden

Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens wurde dieser Entwurf aus Naturmaterialien modelliert. Einige Gestaltungsideen konnten für die Pilotfläche aufgegriffen werden.

Für diese Aktion am Samstagvormittag – zu der die Gebietsbetreuung, das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, die Gewobag und das Planungsbüro SWUP einluden – brauchte es einen langen Vorlauf. Sie war nur möglich durch die Mittel aus dem Programm Nachhaltige Erneuerung und die fruchtbare Zusammenarbeit vieler Akteure. Angefangen hatte das Ganze mit der Beteiligung zum „Wege- und Freiflächenkonzept Charlottenburg-Nord“ im Jahr 2021.

Drei Jahre später wurde das damals erarbeitete Konzept im Rahmen des Förderprojekts „Gestaltungskonzept der Freiflächen in der Paul-Hertz-Siedlung“ noch einmal mit dem Ziel verfeinert, ein Netz aus Spiel-, Nachbarschafts- und Natur-Erlebnisorten zu schaffen und die Artenvielfalt zu erhöhen. Auf einer Pilotfläche sollte beispielhaft gezeigt werden, wie man solche Orte mit geringen Investitionen und unter Nutzung nachhaltiger Materialien gestalten kann.

Angießen der Blumen und der Aussaat

Die Familien aus der Siedlung werden die neuen Sträucher, Bodendecker und die Blühwiese nun selbst gießen. Dafür wurde von der Gewobag ein Wasser-Container aufgestellt.

Es folgten viele Abstimmungen zwischen dem Bereich Naturschutz des Bezirks und der Gewobag als Grundstückseigentümerin. In einer Projektwoche erarbeitete die Klasse 5c (inzwischen 6c) der Helmuth-James-von-Moltke-Grundschule mit großer Begeisterung mehrere Modelle für diese naturnahe Fläche.

Wenige Wochen später lud das Büro SWUP auch die Anwohnenden ein, Modelle zu entwerfen und Vorschläge für einen solchen Mehrgenerationen-Treffpunkt zu sammeln. Durch diese breite Beteiligung soll garantiert werden, dass die Umgestaltung und Pflege tatsächlich von den Nachbarn gewollt ist und von ihnen übernommen werden kann.

Kinder pflanzen Bodendecker

450 Töpfe kleinblättriges Immergrün (Vinca minor) wurden auf die Pilotfläche eingesetzt und angegossen. Eine Schulklasse von der Moltke-Grundschule ist mit Eifer dabei.

Um die Kosten für die Gestaltung der Freifläche gering zu halten, kamen viele Elemente im Sinne der Nachhaltigkeit aus Beständen des Grünflächenamtes zum Einsatz. Die Hölzer für die Benjeshecke, die Jung und Alt gemeinsam aufschichteten, sind Überreste aus dem diesjährigen Baumschnitt, genauso wie die Hackschnitzel für den Fußweg. Auch die Stämme von gefällten Bäumen haben hier Verwendung gefunden. Sie dienen nun zum Sitzen oder Balancieren, andere als künftiges „Wildbienen-Hotel“. Dr. Ulrich Heink, Leiter des Fachbereichs Naturschutz, hatte zudem selbst Weidenstecklinge angezogen.

Im Gegenzug organisierte der FM-Dienstleister der Gewobag nicht nur das Werkzeug für die Aktion, sondern auch den Transport der Findlinge vom bezirklichen Werkhof zur neuen Grünfläche, stellte den 1000-Liter-Wassercontainer zum Gießen auf und wird diesen bei Bedarf regelmäßig befüllen. Der Boden wurde gelockert, die Kaninchenbauten eingeebnet sowie die Rhizomsperre für den Hackschnitzelweg eingebaut.

Darüber hinaus finanzierte das Umwelt- und Naturschutzamt die Beschaffung der Wildblumensaat, der Beerensträucher und der 450 Töpfe Kleinblättriges Immergrün. Das soll bald eine dichte Pflanzdecke ergeben, die trockenresistent ist und der Bodenerosion Einhalt gebietet.

Einpflanzen der Weidenruten

Dr. Ulrich Heink leitet den Fachbereich Naturschutz im bezirklichen Umwelt- und Naturschutzamt. Er erklärt den Schülerinnen und Schülern das Prinzip des Weidentipis.

Einige Kinder aus der damaligen 5c erlebten beim Gärtnern ein Stück Selbstwirksamkeit. Je weiter die Arbeiten an den sechs Stationen voranschritten, umso mehr wuchs ihre Begeisterung. Und dies bewog manche der Älteren, die Rückenschmerzen beim Bücken auszublenden und in der Pause am reich gedeckten Picknick-Tisch mit den Jüngeren über dies und das zu plaudern. Dr. Heink erklärte den Schülerinnen und Schülern, wie man die Weidenruten behandeln sollte und die jungen Triebe erkennt. Auch die beiden Fachkräfte, die im Auftrag der Gewobag die anderen Grünflächen der Siedlung pflegen und reinigen, hatten noch ein paar Ratschläge für das künftige, altersgemischte Pflegeteam der Pilotfläche in Sichtweite der Helmuth-James-von-Moltke-Grundschule parat. Denn diese hier soll erst der Anfang dafür sein, wie man mit einem überschaubaren Einsatz von Ressourcen kühlende Orte schafft, wo sich Nachbarn begegnen und wohlfühlen können. Das neue begrünte Areal soll noch um eine Sitzecke erweitert werden. Dort wollen sich die Kinder mit ihren älteren Nachbarn bald zum Schach und zum Kartenspiel treffen.